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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 94 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

6 Dokumentation der Blogparade<br />

„Verhaltensregeln im Netz“ und weiterer<br />

Beteiligungsmöglichkeiten der<br />

Öffentlichkeit<br />

6.1 Dokumentation der Blogparade<br />

„Verhaltensregeln im Netz“<br />

Die Blogparade zum Thema „Was geht (gar nicht) im<br />

Netz?“ wurde am 29. Oktober 2012 von dem sachverständigen<br />

Mitglied der Enquete-Kommission Nicole Simon<br />

mit einem ersten Aufschlag zum Thema initiiert. 427 Dieser<br />

rief dazu auf, persönliche Top-3-Regeln für die Kommunikation<br />

im Netz zu formulieren. Die jeweiligen Beiträge<br />

und Reaktionen sollten durch einen Link auf diesen<br />

Artikel miteinander verknüpft werden. Dazu diente auch<br />

der Twitter-Hashtag #eidg. Ursprünglich war eine Laufzeit<br />

von fünf Wochen bis zum 30. November 2012 vorgesehen,<br />

die dann noch einmal bis zum 16. Dezember 2012<br />

verlängert wurde. In diesem Zeitraum erreichten die Projektgruppe<br />

insgesamt 13 Beiträge aus der Öffentlichkeit,<br />

die hier im Volltext dokumentiert werden:<br />

6.1.1 Partizipation – Wir sind neu hier!<br />

Dieser Beitrag wurde von Claus Junghanns am 5. November<br />

2012 eingereicht (http://www.kritikkultur.de/<br />

2012/11/05/partizipation-wir-sind-neu-hier):<br />

„Wie sieht sie aus, die gute Debatte im Netz? Gibt es ein<br />

Rezept, ein Handbuch oder vielleicht sogar eine Checkliste?<br />

Schließlich ist es doch im Grunde ganz einfach: Wir<br />

wollen die offene, freie, ehrliche, zielorientierte und für<br />

alle Beteiligten gewinnbringende Debatte im Netz. Das<br />

sollte doch kein Ding sein!<br />

Leider ist es genau das. Ein Ding. Und kein leichtes.<br />

Schließlich ist die kurze Geschichte der Online-Partizipation<br />

gepflastert mit großen Ideen und ehrenwerten Ansprüchen<br />

– aber eben auch mit meist überschaubaren<br />

Erfolgen oder gescheiterten Projekten. Die Liste der erfolgreichen<br />

Online-Dialoge ist kurz. Ganz besonders,<br />

weil der Erfolg zu oft an Ergebnissen gemessen wird.<br />

Denn wenn diese Ergebnisse nicht dem erklärten Ziel des<br />

Wertenden entsprechen, war es das mit dem Erfolg.<br />

An dieser Stelle wird ein Grundproblem deutlich, das mir<br />

bereits an anderer Stelle aufgefallen ist, als ich mich mit<br />

dem Phänomen der politischen Beteiligung im Rahmen<br />

von Bürgerinitiativen und anderen Ein-Thema-Gemeinschaften<br />

beschäftigt habe. Ein Problem, das leider auch<br />

immer mehr zum politischen Geschäft gehört:<br />

Unserer Debattenkultur fehlt der Wille zum Ausgleich.<br />

Wir begeben uns heute nicht mehr mit dem Bewusstsein<br />

in eine Auseinandersetzung, dass am Ende der Abwägung<br />

verschiedener Positionen und Argumente ein Konsens<br />

steht. Wir agieren nach dem Highlander-Prinzip: Es kann<br />

nur einen geben.<br />

427 Vgl.: Blog-Eintrag vom 29. Oktober 2012. Online abrufbar unter:<br />

http://blog.internetenquete.de/?p=596<br />

Warum das so ist, kann ich nicht abschließend sagen.<br />

Mein Eindruck ist, dass wir zur Ideologisierung des Alltäglichen<br />

neigen, weil uns die großen Ideologien vor etwas<br />

mehr als 20 Jahren abhanden gekommen sind. Jens<br />

Best stellt dieser These aber die sehr reizvolle Position<br />

entgegen, dass wir es mit persönlichen Engstirnigkeiten<br />

zu tun haben, weil wir in einer Gesellschaft leben, die<br />

„eine übersteigerte Bedeutung der Individualität wie eine<br />

Monstranz vor sich herträgt“.<br />

Wie auch immer. Das Problem ist benannt – und die<br />

Frage ist, wie wir nun damit umgehen können. Helfen<br />

verschärfte Regeln in Online-Foren? Braucht es Schließzeiten,<br />

Heerscharen von Moderationsteams oder viel digitale<br />

Prominenz, um einen Online-Dialog auf die Startseite<br />

von SPIEGEL Online zu spülen? Ich denke nicht.<br />

Wenn alle diese Fragen mit ja beantwortet werden, ist das<br />

oben beschriebene Grundproblem noch nicht einmal in<br />

Sichtweite. Ich denke, es braucht in erster Linie einen langen<br />

Atem. Ein Dialog braucht Zeit. Gerade dann, wenn er<br />

nicht in einem debattenerfahrenen Umfeld stattfindet.<br />

Und die Grundannahme jedes Bürgerdialogs muss deshalb<br />

sein, dass der potenzielle Teilnehmer unerfahren ist.<br />

Es ist bei der Online-Partizipation wie beim Umzug in<br />

eine neue Stadt. Wenn ich die Gegebenheiten vor Ort<br />

nicht kenne, mir der Einblick in Beziehungsgeflechte<br />

fehlt und mir in meinem Umfeld schlicht niemand bekannt<br />

ist, gehe ich erst einmal langsam vor. Ich schaue zu,<br />

höre mir an, was gesprochen wird und wer wie reagiert.<br />

Sollte ich einen Anknüpfungspunkt finden, steige ich ein.<br />

Wenn nicht, dann nicht.<br />

Natürlich gibt es auch die Hans Dampfs, die überall Anschluss<br />

finden, spontan in Debatten einsteigen und keine<br />

Berührungsängste haben. Der Regelfall sind sie aber meines<br />

Erachtens nicht.<br />

Bin ich dann im besten Fall angekommen und bereit mitzumachen,<br />

passe ich mich und mein Verhalten an die Gegebenheiten<br />

an. Und wenn ich dann merke, dass hier das<br />

Highlander-Prinzip gilt, stelle ich mich darauf ein. Leider<br />

sind die Begleiterscheinungen genau das, was wir eigentlich<br />

nicht wollen. Die Polemik ist allgegenwärtig, Sachthemen<br />

werden personalisiert und die mehr oder minder<br />

formvollendete Beleidigung gehört genauso zum vermeintlich<br />

guten Ton wie der gelegentliche Schritt über die<br />

Grenzen des guten Geschmacks. In verschiedenen Eskalationsstufen<br />

lässt sich das in Debatten des <strong>Bundestag</strong>es,<br />

bei Kommentaren in Online-Medien und bis zu Fanseiten<br />

von Politikern und ihren Parteien verfolgen. Es wird gestänkert,<br />

gepöbelt und – Achtung! Neues Wort: getrollt.<br />

Dem wird man nur Herr, wenn die Moderation eines Forums<br />

auf Basis von klaren Regeln agiert und mit einer<br />

Engelsgeduld dafür sorgt, dass diese Regeln eingehalten<br />

werden. Und das heißt im Zweifel: löschen. Wer pöbelt<br />

und beleidigt, fliegt raus. Wer die Kommentarfunktion für<br />

Co-Referate nutzt, ohne sich konstruktiv zu beteiligen,<br />

fliegt raus. Und es fliegt auch raus, wer eine Debatte torpediert<br />

und stört, weil sie sich nicht in seine Richtung bewegt.

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