BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 90 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
denbruchteile wieder eingestellt werden. Diesen Vorgang<br />
darüber hinaus mit einem vorherigen Beschwerdesystem<br />
zu versehen, hieße, ihn sinnlos werden zu lassen. Ziel<br />
muss es vielmehr sein, Wiederholungsverletzungen zu<br />
vermeiden und ein Notice-and-stay-down zu etablieren.“<br />
Zu Perspektiven der öffentlichen Förderung von<br />
Medieninhalten<br />
Ergänzendes Sondervotum der Fraktion DIE LINKE.<br />
(Fußnote 404):<br />
„– Die Enquete-Kommission ist der Auffassung, dass der<br />
Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks,<br />
einen Beitrag zum demokratischen Willens- und Meinungsbildungsprozess<br />
und für das kulturelle Leben zu<br />
erbringen, unabhängig von seiner konkreten technischen<br />
Übermittlungsform und unter den Bedingungen<br />
der sich abzeichnenden Strukturveränderungen der<br />
Öffentlichkeit hin zu einer vernetzten Öffentlichkeit<br />
fortbesteht. Er bedarf angesichts des digitalen Medienwandels<br />
und zur Wahrung seiner Akzeptanz allerdings<br />
einer gesellschaftlichen Neuaushandlung und Neufassung:<br />
Die demokratiefördernde, der Gemeinschaft dienende<br />
Funktion des öffentlich-rechtlichen Statuts ist<br />
angesichts einer zunehmenden Internet-basierten Meinungsbildung<br />
sowie unter Wahrung vor Begehrlichkeiten<br />
des Staates und Zwängen des Marktes in<br />
Richtung der Auffindbarkeit von Inhalten und neuer<br />
Formen der Navigation und Kommunikation sowie<br />
neuer Inhalte und Formate weiterzuentwickeln. Eine<br />
Übertragung der bestimmenden Strukturelemente der<br />
Rundfunkordnung auf das Internet geht damit ausdrücklich<br />
nicht einher.<br />
– Entsprechend sind nach Auffassung der Enquete-<br />
Kommission explizit auf das Internet bezogene Einschränkungen<br />
in der Verbreitung öffentlich-rechtlicher<br />
Medieninhalte, wie sie mit der im Rundfunkstaatsvertrag<br />
festgeschriebenen Depublikationspflicht etwa in<br />
Form der Sieben-Tage-Regel bestehen, nicht im Sinne<br />
des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrags.<br />
– Bezugnehmend auf in der Gesellschaft geführte Debatten<br />
über die freie Verfügbarkeit von mit Rundfunkbeiträgen<br />
finanzierten Produktionen sowie auf vorliegende<br />
Vorschläge zur gesonderten gemeinwirtschaftlichen<br />
Förderung digitaler Inhalte, aber auch mit Blick auf<br />
die anhaltende Kritik an den aktuellen Strukturen und<br />
kommerziellen Tätigkeiten der öffentlich-rechtlichen<br />
Sendeanstalten, spricht sich die Fraktion DIE LINKE.<br />
dafür aus, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach<br />
den Prinzipien Zugang und Nachhaltigkeit, Transparenz<br />
und Beteiligung sowie Unabhängigkeit und<br />
Staatsferne zu reformieren. Dazu sollte insbesondere<br />
zählen:<br />
– die Verpflichtung zu freiem Zugang, indem vollumfänglich<br />
beitragsfinanzierteInhalte netzöffentlich<br />
nutzbar gemacht werden und die vollumfängliche<br />
Finanzierung von Inhalten deutlich ausgeweitet<br />
wird;<br />
– die Gewähr von Nachhaltigkeit, indem die Rundfunkarchive<br />
bewahrt, digitalerschlossen und netzöffentlich<br />
nutzbar gemacht werden;<br />
– die Herstellung von Transparenz, indem Gremiensitzungen<br />
im Internetübertragen werden und Beschlussvorlagen,<br />
Protokolle sowie Haushaltspläne,<br />
Auftragsvergaben und weitere, nicht personenbezogene<br />
Daten netzöffentlich und in maschinenlesbarer<br />
Form bereitgestellt werden;<br />
– die Schaffung von Beteiligung, indem Bürgerinnen<br />
und Bürgern Mitspracherechteerhalten und unabhängige<br />
Rundfunkbeauftragte mit ähnlichen Rechten<br />
wie Rechnungshöfe und ähnlichen Berichtspflichten<br />
wie Datenschutzbeauftragte als Beschwerdeinstanzen<br />
eingesetzt werden;<br />
– die Stärkung der Unabhängigkeit der Gremien, indem<br />
ihnen den Parlamenten vergleichbare Rechte<br />
zugestanden werden und ihre Zusammensetzung<br />
entsprechend der bestehenden gesellschaftlichen<br />
Vielfalt wie Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung,<br />
Religion, ethnische Herkunft und Behinderung<br />
besetzt werden;<br />
– die Gewährleistung der Staatsferne, indem der direkte<br />
und indirekte Einfluss der Politik in den Aufsichtsgremien<br />
deutlich beschnitten wird und Regierungen<br />
dort nicht mehr vertreten sein dürfen.<br />
Dazu gehört aber auch, den Umfang des Funktionsauftrags<br />
im Informations-, Bildungs-, und Unterhaltungsbereich<br />
und damit die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />
genauer zu definieren und regelmäßig zu überprüfen.<br />
Dabei kann es weder darum gehen, das öffentlich-rechtliche<br />
Angebot zugunsten privater Medienanbieter in ein<br />
Nischenangebot zu verwandeln. Noch muss es dauerhafte<br />
Aufgabe sein, aktuelle Auswüchse des Systems in Form<br />
hochdotierter Moderatorenproduzenten, die Gagen und<br />
Gehälter zugleich mit Gewinnen aus ihrer Unternehmertätigkeit<br />
beziehen, der Mehrfach- und Parallelberichterstattung<br />
über vermeintliche oder tatsächliche Großereignisse<br />
wie Adelshochzeiten und Sportevents und des<br />
undurchsichtigen Geflechts an sendereigenen, kommerziell<br />
agierenden Beteiligungsgesellschaften zu erhalten.<br />
– Darüber hinaus wird empfohlen, die gemeinwirtschaftliche<br />
Förderung von Medieninhalten den Potenzialen<br />
des Internet und der Digitalisierung schrittweise anzupassen<br />
und durch verschiedene Förderinstrumente wie<br />
beispielsweise Projektausschreibungen, Förderfonds<br />
oder Förderstiftungen zu gestalten und damit bestehende<br />
Strukturen zu ergänzen und auf lange Sicht umzuwandeln.<br />
Dazu zählt des Weiteren eine stärkere Förderung<br />
nicht-linearer Inhalte und neuer netzbasierter<br />
Formate.<br />
– Langfristig sollte für eine Umwandlung und Neufassung<br />
des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrags – wie<br />
oben beschrieben – der Rundfunkbeitrag in eine Medienabgabe<br />
umgestaltet werden. Dabei sollte den Bürgerinnen<br />
und Bürgern die Möglichkeit eingeräumt<br />
werden, einen Teil ihrer Abgabe im Sinne eines Bei-