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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 88 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

4.3 Kultur<br />

Veränderungen der Produktion, Distribution und<br />

Nutzung von künstlerischen Werken/kreativen<br />

Inhalten<br />

Bislang sind die Veränderung der Produktion, Distribution<br />

und Nutzung künstlerischer Werke und kreativer Inhalte<br />

sowie die Auswirkung der Digitalisierung auf Kulturgüter<br />

und das Einkommen Kreativer nicht umfassend<br />

und unabhängig erforscht. Es gibt einzelne Aufsätze und<br />

Vorträge sowie Selbsteinschätzungen von Kreativenverbänden<br />

und Produzentenseite sowie zahlreiche, oft interessensgeleitete<br />

Einzelstudien. Entsprechend weist auch<br />

der Sachstandbericht der Enquete-Kommission hier deutliche<br />

Leerstellen auf.<br />

Die Enquete-Kommission empfiehlt daher die Ausschreibung<br />

und Finanzierung einer unabhängigen Studie, die<br />

diese Veränderungen und Auswirkungen für alle Bereiche<br />

(privatwirtschaftlicher Sektor, öffentlich geförderter Bereich,<br />

freie Szene) sowohl ökonomisch als auch kulturwissenschaftlich<br />

erforscht und mögliche Folgen sowie<br />

gesetzgeberische Einflussmöglichkeiten auf die Entwicklung<br />

skizziert.<br />

Es ist kein systematisches Argument zu erkennen, wonach<br />

elektronische und gedruckte Medien bei der Umsatzbesteuerung<br />

unterschiedlich behandelt werden sollten. Allerdings<br />

ist eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf elektronische<br />

Bücher und damit eine Angleichung an gedruckte<br />

Bücher nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der Europäischen<br />

Union derzeit nicht zulässig. Die Enquete-Kommission<br />

hält daher eine Überprüfung des Gesamtkataloges<br />

der Mehrwertsteuersätze für richtig und fordert die Bundesregierung<br />

auf, sich auf europäischer Ebene für eine Harmonisierung<br />

einzusetzen – mit dem Ziel, die Umsatzbesteuerung<br />

für E-Books zu reduzieren.<br />

Archivierung<br />

Ein bisher noch nicht befriedigend gelöstes Problem stellt<br />

die dauerhafte und systematische Archivierung und Bereitstellung<br />

von digitalen und audiovisuellen Medieninhalten<br />

dar. Zwar ist der Sammlungsauftrag der Deutschen<br />

Nationalbibliothek im Jahr 2006 auf digitale Publikationen<br />

ausgeweitet worden, gleichwohl findet dort eine Archivierung<br />

von Websites bislang noch nicht statt. Hörfunk<br />

und Fernsehen sind in Deutschland von der staatlich organisierten<br />

Sammlung von Kultur- und Archivgütern sogar<br />

gänzlich ausgeschlossen. Ihre Sicherung und Verfügbarkeit<br />

ist damit allein in das Ermessen der Produzenten gestellt,<br />

die in ihren Archivbeständen primär eine Produktionsressource<br />

sehen.<br />

Dadurch stehen den großen Chancen, die sich aus der<br />

Existenz digitaler und digitalisierter Sammlungen für Bildung,<br />

Forschung und Kulturarbeit im Sinne einer Wissensressource<br />

ergeben, in der Praxis oft schwer zu überwindende<br />

Hürden gegenüber. Hinzu kommen weitgehend<br />

in der Praxis schwer anzuwendende urheberrechtliche<br />

Beschränkungen, die die Arbeit mit audiovisuellem Material<br />

in Bildung und Forschung unnötig behindern. Konkret<br />

gilt es,<br />

(1) eine zertifizierte Langzeitarchivierung digitaler Inhalte<br />

in einem geeigneten professionellen Rahmen zu<br />

forcieren,<br />

(2) über die Bundesländer zu erreichen, dass die Rundfunkanstalten<br />

die endarchivische Ausrichtung der<br />

Rundfunkarchive 413 derart organisatorisch und finanziell<br />

sicherstellen, dass ein nutzerorientierter Zugang<br />

für Bildung, Forschung und Kultur gewährleistet<br />

wird und<br />

(3) die urheberrechtlichen Vorschriften so zu konkretisieren,<br />

dass die Nutzung audiovisueller Werke für die<br />

genannten Zwecke erleichtert wird. Das nationale<br />

Kulturerbe beruht schon heute in hohem Maße auf digitalen<br />

beziehungsweise audiovisuellen Inhalten. Deren<br />

Sicherung und Verfügbarkeit in der Gegenwart<br />

und für die Zukunft müssen daher an jenen Standards<br />

gemessen werden, die im Bereich der Schriftüberlieferung<br />

seit langem etabliert und selbstverständlich<br />

sind.<br />

Das Einsammeln, Bereitstellen, Nutzen und Langzeitarchivieren<br />

von frei im Internet verfügbaren digitalen Dokumenten<br />

muss gerade für Organisationen, die das kulturelle<br />

Erbe bewahren, rechtssicher erlaubt sein.<br />

Es muss geprüft werden, wie die Bereitstellung, Nutzung<br />

und Langzeitarchivierung von digitalen Pflichtexemplaren,<br />

die digitale Vervielfältigung körperlicher Werke<br />

sowie die dazu erforderlichen redundanten Vervielfältigungen<br />

in den Räumen zum Beispiel einer Pflichtexemplarbibliothek<br />

rechtssicher erlaubt sein könnten. Auch<br />

sollte geprüft werden, wie zum einen das Vorhalten mehrerer<br />

Vervielfältigungen auf unterschiedlichen Speichersystemen<br />

aus Gründen der Sicherheit, zum anderen die<br />

technische Veränderung von digitalen Werken (Umformatierung,<br />

Konvertierung) rechtssicher erlaubt sein<br />

könnten.<br />

Für verwaiste Werke gibt es trotz der in Kraft getretenen<br />

Richtlinie auf europäischer Ebene national derzeit noch<br />

keine Möglichkeit, ein Nutzungsrecht zur Erstellung und<br />

öffentlichen Zugänglichmachung digitaler Kopien zu erwerben.<br />

Deshalb ist bei der dringlich gebotenen Umsetzung<br />

der Richtlinie besonders auf die Bedürfnisse der Archiveinrichtungen<br />

zu achten. „Für vergriffene Werke (…)<br />

ist es oft unangemessen mühsam, Nutzungsrechte zur Erstellung<br />

und öffentlichen Zugänglichmachung digitaler<br />

Kopien zu erhalten.“ 414 Hier könnten gesetzliche Rege-<br />

413 Vgl.: European Convention for the Protection of the Audiovisual Heritage.<br />

European Treaty Series No. 183, 8. November 2001. Online<br />

abrufbar unter: http://conventions.coe.int/Treaty/en/Reports/Html/<br />

183.htm; Protocol to the European Convention for the Protection of<br />

the Audiovisual Heritage, on the Protection of Television Productions.<br />

European Treaty Series No. 184, 8. November 2001. Online<br />

abrufbar unter: http://conventions.coe.int/Treaty/en/Reports/Html/<br />

184.htm<br />

414 Vgl.: Stellungnahme der Deutschen Nationalbibliothek zu einem Expertengespräch<br />

des Rechtausschusses des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />

am 19. September 2011, S. 5. Online abrufbar unter: http://www.bun<br />

destag.de/bundestag/ausschuesse<strong>17</strong>/a06/anhoerungen/archiv/13_Urhe<br />

berrecht/05_Stellungnahmen/Stellungnahme_Niggemann.pdf

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