BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 87 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />
– Der Anspruch auf „angemessene Vergütung“ muss<br />
durchsetzungsstark ausgestaltet werden. Die gesetzlichen<br />
Vorgaben für die Aushandlung „gemeinsamer<br />
Vergütungsregeln“ sollen so gestaltet werden, dass<br />
Verwerter sich den Verhandlungen nicht entziehen<br />
können und innerhalb klar definierter Zeiträume<br />
Schlichtungsverfahren greifen, indem das Widerspruchsrecht<br />
der betroffenen Parteien entfällt und das<br />
Votum der Schlichtungsstelle (§ 36a UrhG) zunächst<br />
verbindliche Wirkung entfaltet. Die Möglichkeit einer<br />
gerichtlichen Anfechtung bleibt hiervon unberührt.<br />
– Stärkung der Kündigungs- und Rückrufrechte der Urheberinnen<br />
und Urheber.<br />
– Die Enquete-Kommission empfiehlt, die Ausbildung<br />
der Journalistinnen und Journalisten in Hochschulen,<br />
Journalistenschulen und Weiterbildungsinstitutionen<br />
stärker auf das Unternehmersein, die Vermarktung eigener<br />
Inhalte, die Dialogfähigkeit und den Datenjournalismus<br />
auszurichten.<br />
– Bislang sind im Internet nur wenige tages- oder wochenaktuelle<br />
Publikationen von Zeitungen oder Zeitschriften<br />
profitabel. Auch ist bisher kein durchgängig<br />
erfolgreiches Geschäftsmodell gefunden worden, die<br />
vorhandenen Lücken zu schließen. Gleichzeitig verkleinern<br />
immer mehr Zeitungsverlage ihre Redaktionen,<br />
schaffen gemeinsame Mantelausgaben und einige<br />
Verlage stellen ihre Zeitungen und deren Onlineausgaben<br />
ein. Es sind daher neue Instrumente zur Finanzierung<br />
von Journalismus und Recherche on- wie offline<br />
zu diskutieren und auf ihre verfassungsmäßige Umsetzung<br />
zu prüfen. 407<br />
4.2 Öffentlichkeit<br />
Welche Angebote im Internet wegen ihrer besonderen<br />
Bedeutung für die Meinungsbildung besonderen Privilegien<br />
und Bindungen unterliegen sollen, bedarf der genaueren<br />
Betrachtung. Hier hat zur Definition des „medialen“<br />
Teils des Internet der Begriff „journalistisch-redaktionell“<br />
eher unsystematisch Einzug in die Gesetzgebung gefunden.<br />
Es ist zu prüfen, ob er in allen Fällen eine systematische<br />
Abgrenzung erlaubt und gegebenenfalls eine Konkretisierung<br />
erforderlich ist.<br />
Die Möglichkeit, an einer Öffentlichkeit, die nicht von<br />
Massenmedien bestimmt ist, aktiv teilzunehmen, sich mit<br />
eigenen privaten und politischen Vorstellungen in diese<br />
Öffentlichkeit einzubringen, sie zu gestalten und im Dialog<br />
mit Dritten eigenverantwortlich zu verändern, ist eine<br />
Errungenschaft des Internet, die es zu schützen gilt.<br />
Durch die Digitalisierung sind Öffentlichkeiten entstanden,<br />
die sich den Beschränkungen der alten Massenmedien<br />
entziehen. Meinungs- und Kommunikationsfreiheit<br />
müssen auch im Internet gegen andere Grundrechte und<br />
407 Ergänzendes Sondervotum der Fraktionen SPD und DIE LINKE.:<br />
„Dabei soll insbesondere ergebnisoffen geprüft werden, welche Rolle<br />
Stiftungen übernehmen können. (Vgl.: www.wissenschaftsjournalis<br />
mus.org/fileadmin/content_wj/Studie_Stiftungsfinanzierter_Journalis<br />
mus_in_USA_final.pdf)“<br />
Freiheiten abgewogen werden, wobei die herausragende<br />
Bedeutung der Kommunikationsgrundrechte für die Demokratie<br />
maßgeblich zu berücksichtigen ist. 408<br />
Zur Teilnahme an der demokratischen Medienöffentlichkeit<br />
ist die im Telemediengesetz festgeschriebene Verpflichtung<br />
der Provider zum Angebot von pseudonymen<br />
beziehungsweise anonymen Nutzungsmöglichkeiten bei<br />
der Nutzung von Telemedien ein wichtiger Faktor. Forderungen<br />
nach einem Klarnamenzwang für Internetveröffentlichungen<br />
oder einer Identifikationspflicht für jeglichen<br />
Internetzugang lehnt die Enquete-Kommission ab.<br />
Hierzu verweist die Kommission weiter auf die Behandlung<br />
des Themas „Anonymität im Internet“ durch die<br />
Projektgruppe Demokratie und Staat. 409<br />
Die Pressefreiheit muss auch gelten, wenn Journalisten<br />
Informationen von Geheimnisträgern erhalten haben. 410<br />
Es gilt zu prüfen, ob und wie diese Regelung ebenso auf<br />
journalistische Blogs Anwendung findet, die eine meinungsbildende<br />
Relevanz haben. 411<br />
Maßstab für staatliches Handeln bei der Regulierung von<br />
Internet-Öffentlichkeiten muss sein, eine demokratischpartizipative<br />
Teilhabe an der mit dem Internet entstandenen<br />
dialogischen, allgemein zugänglichen Öffentlichkeit<br />
in größtmöglichem Umfang zu gewährleisten.<br />
– Möglichkeiten, sich direkt in Meinungsbildungsprozesse<br />
einzubringen und in Kooperation mit unterschiedlichen<br />
Akteuren zu einer Auseinandersetzung<br />
über die Relevanz bestimmter Themen und über gesellschaftlichen<br />
Handlungsbedarf zu kommen, sind zu<br />
unterstützen und auszubauen.<br />
– Wo Bürgerinnen und Bürger ihre Interessen durch<br />
netzpolitische Interaktion in höherem Maße als bisher<br />
selbstbestimmt und eigenverantwortlich vertreten,<br />
verdient dieses Engagement gefördert und strukturell<br />
unterstützt zu werden. 412<br />
– Die Bedeutung von App-Plattformen für die Regelungsstrukturen<br />
wird noch nicht hinreichend erkannt.<br />
Sie werden durch Vertragsgestaltungen sowie die Softwarearchitektur<br />
wirksam und haben erhebliche Bedeutung<br />
für die öffentliche Kommunikation, etwa wenn<br />
Medienanbieter oder andere Anbieter von kommunikativen<br />
Inhalten keinen Zugang zu marktbeherrschenden<br />
App-Plattformen erhalten.<br />
408 Ergänzendes Sondervotum der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Sachverständigen<br />
Dr. Jeanette Hofmann siehe Kapitel 5 dieses Berichtes.<br />
409 Vgl.: <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>: Siebter Zwischenbericht der Enquete-<br />
Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“/Demokratie und<br />
Staat. A. a. O.<br />
410 Siehe: BVerfGE 1<strong>17</strong>, 244 – Cicero-Urteil.<br />
411 Ergänzendes Sondervotum der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Sachverständigen<br />
Dr. Jeanette Hofmann: „Auch der gesetzliche Schutz für sogenannte<br />
Whistleblower muss verbessert werden.“<br />
412 Ergänzendes Sondervotum der Fraktionen SPD und DIE LINKE.:<br />
„Nicht zuletzt zum Schutze dieser, oft nichtkommerziellen öffentlichen<br />
Räume kann eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung nicht<br />
Teil einer demokratiefördernden Netzpolitik sein.“