BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 83 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />
Eingriffe in die unternehmerische Freiheit auszugleichen.<br />
Hier wäre ein mögliches Anreizsystem um<br />
Kompensationsregelungen zu ergänzen.<br />
Zu Internet und Vermachtungsfragen<br />
– Nach Auffassung der Enquete-Kommission trägt das<br />
geltende Kartellrecht, das allein auf nationale Märkte<br />
und damit auf nationale Medienmärkte bezogen ist,<br />
der globalen Entwicklung und den veränderten Wettbewerbsbedingungen<br />
nicht ausreichend Rechnung. Daher<br />
empfiehlt die Enquete-Kommission dem Gesetzgeber,<br />
kurzfristig zu prüfen, ob und wie das deutsche<br />
Kartellrecht der Entwicklung im Internet (beispielsweise<br />
bei der Bildung von Plattformen) Rechnung tragen<br />
und an die veränderten Wettbewerbsbedingungen<br />
angepasst werden kann.<br />
Die Kommission empfiehlt dem Gesetzgeber darüber<br />
hinaus, im Einzelnen zu prüfen, ob für den Bereich der<br />
medienrelevanten Märkte ein Sondertatbestand geschaffen<br />
werden sollte, der es (bereits) dem Bundeskartellamt<br />
ermöglicht, bei seiner Beurteilung von Zusammenschlussvorhaben<br />
auch die globale Perspektive<br />
zu berücksichtigen. 395<br />
Zu Intermediären<br />
Das Internet hat es nicht nur Anbietern von originären Inhalten<br />
oder Dienstleistungen ermöglicht, diese schnell,<br />
effizient und direkt zu verbreiten, sondern auch zur Entstehung<br />
von Online-Intermediären geführt. Diese bieten<br />
keine selbsterstellten Inhalte an. Ihr Wertschöpfungsbeitrag<br />
besteht vielmehr in der Gewinnung, Aggregation,<br />
Darstellung und gegebenenfalls Vermarktung existierender<br />
Inhalte. Sie können ebenso ihren Mitgliedern ein<br />
Forum zum Meinungsaustausch, zur Diskussion, für konkrete<br />
Fragen und deren Beantwortung, Produktbewertungen<br />
etc. bieten. Konkrete Beispiele dafür sind:<br />
– Suchmaschinen (wie Google, Bing),<br />
– soziale Netzwerke (wie Facebook, MySpace),<br />
– App-Portale (wie iTunes, Google Play),<br />
– elektronische Märkte (wie eBay, iTunes, etsy.com),<br />
– Buchungs- und Bewertungsportale (zum Beispiel für<br />
Flüge, Hotels, Mietwagen),<br />
395 Alternatives Sondervotum der Fraktionen SPD, DIE LINKE.,<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Sachverständigen<br />
Dr. Jeanette Hofmann, Prof. Dr. Wolfgang Schulz und Alvar Freude:<br />
„Der Vorschlag, den die Mehrheit im Hinblick auf einen Sondertatbestand<br />
vorgelegt hat, begegnet gewichtigen Bedenken. Er weist dem<br />
Bundeskartellamt eine wirtschaftspolitische Rolle zu, die nicht mit<br />
seiner Kernfunktion kompatibel ist und für die es auch keine Legitimation<br />
besitzt. Zudem ist es verfehlt, grundsätzlich Wettbewerbsbeschränkungen<br />
im Inland mit den Chancen von Unternehmen im<br />
Ausland zu rechtfertigen. Selbst wenn man dies wollte, ist nicht ersichtlich,<br />
warum nur Medienunternehmen davon profitieren sollten.<br />
Stattdessen sollten Kartellrecht und Medienrecht besser verzahnt<br />
werden, um Meinungsvielfalt und den Erhalt publizistischer Einheiten<br />
als Ziel effektiv verfolgen zu können.“<br />
– Preisvergleichsportale (wie pricegrabber.com),<br />
– Bloghoster (wie blogger.com) und<br />
– andere themenspezifische Communitys. 396<br />
In diesem Zusammenhang wird häufig auch von User Generated<br />
Content gesprochen. Die Praxis auf sozialen<br />
Netzwerken wie Facebook, aber auch auf der digitalen<br />
Pinnwand pinterest.com wurde in jüngster Vergangenheit<br />
mit Blick auf das Urheberrecht häufig kritisch diskutiert,<br />
insbesondere dann, wenn die Nutzerinnen und Nutzer die<br />
Inhalte nicht selbst in kreativer Eigenleistung erstellen,<br />
sondern lediglich reproduzieren (beispielsweise durch das<br />
Posten eines Links beziehungsweise des eigentlichen Inhalts).<br />
397 Die Grenzen zwischen Teilen, Posten und unrechtmäßigem<br />
Kopieren verlaufen in der Praxis nicht eindeutig,<br />
auch wenn im vergleichsweise strikten deutschen<br />
Recht, anders als in den USA, keine Fair Use-Klausel<br />
existiert. (Vgl. dazu Ratgeber.ARD.de: Urheberrecht im<br />
Internet: Bloggen, Posten, Teilen – bis der Anwalt abmahnt.)<br />
398 Der genannte Artikel geht auf die Rechtslage<br />
und die Praxis ein: Insbesondere die Frage, ob „(…) Vorschaubilder<br />
in Social Networks ebenfalls unbedenklich<br />
sind, ist leider noch nicht ganz geklärt. Mit einem reinen<br />
Text-Link ist man jedoch auf der sicheren <strong>Seite</strong>.“ 399<br />
Ebenso bezieht sich die diskutierte Planung eines Leistungsschutzrechts<br />
für Presseartikel auf die Rolle von Intermediären<br />
(insbesondere Suchmaschinen), die neben<br />
dem Link zum Inhalt auch Textanrisse enthält.<br />
Der Begriff „Intermediäre“ als Sammelbegriff für die<br />
oben genannten Dienste hat sich in der Diskussion etabliert<br />
und wird auch in diesem Bericht verwendet. Der<br />
Begriff selbst trägt aber noch nichts zur Problemlösung<br />
bei. Vielmehr bedarf es einer genauen Analyse und Bewertung<br />
dahingehend, welche Formen der Einflussnahme<br />
auf Inhalte, welche Folgen (etwa der Haftung oder der<br />
Zurechnung von Meinungsmacht) haben sollen. Angesichts<br />
der Vielgestaltigkeit der Angebote wird es künftig<br />
voraussichtlich keine einfache Typisierung (Medien mit<br />
bestimmten Lasten beziehungsweise Privilegien und alle<br />
anderen Angebote) mehr geben.<br />
Bei der Gestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
für die Internet-Kommunikation sind Fragen nach der<br />
Haftung und der Durchsetzbarkeit von Rechten von Anbietern,<br />
Nutzern und Dritten von besonderer Bedeutung.<br />
Mithin können diese Fragen strukturbildende Funktion<br />
haben beziehungsweise zum Angebot oder auch Nicht-<br />
Angebot von einzelnen Diensten führen. Die gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen sind teilweise bereits durch den<br />
396 Vgl.: Neuburger, Rahild/Clemens-Ziegler, Brigitte: eBusiness-Entwicklung<br />
für kleine und mittelständische Unternehmen. Berlin: 2003.<br />
397 Vgl.: Reißmann, Ole: Pinterest, Facebook und Co. Ein Klick – zack,<br />
Hunderte Euro weg. In: Spiegel Online, 7. Februar 2012. Online abrufbar<br />
unter: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/pinterestfacebook-und-co-ein-klick-zack-hunderte-euro-weg-a-813571.html<br />
398 Vgl. dazu: Ratgeber.ARD.de: Urheberrecht im Internet: Bloggen,<br />
Posten, Teilen – bis der Anwalt abmahnt. Online abrufbar unter:<br />
http://www.ard.de/ratgeber/multimedia/urheberrechtiminternet/-/id=<br />
13302/nid=13302/did=2383958/nri6s0/index.html<br />
399 Zit. nach: ebd.