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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 74 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

oder dass Einkünfte aus weiteren künstlerischen und<br />

nicht-künstlerischen Quellen zum Lebensunterhalt genutzt<br />

werden. Jede und jeder Vierte erhielt Vergütungen<br />

von der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Häufig erfahren<br />

die Betreffenden daneben auch eine Unterstützung<br />

durch Familie, Freunde und Kollegen. 358<br />

Die Auswertung der Antworten zur Zusammensetzung<br />

des Gesamteinkommens zeigen: Die zentralen Aktivitäten,<br />

der Verkauf von Kunstwerken und die Durchführung<br />

von Aufträgen für künstlerische Werke bilden nur für<br />

rund zehn Prozent der Umfrageteilnehmer die alleinige<br />

Erwerbsquelle. 359 Die Studie belegt zudem die Folgen,<br />

die das geringe Einkommen und die Notwendigkeit des<br />

Zuverdienstes für den Zugang zur Künstlersozialkasse<br />

und die spätere Rente haben.<br />

3.3.4.7.2 Darstellende Künstlerinnen und<br />

Künstler<br />

Bei den darstellenden Künstlern war die abhängige Beschäftigung<br />

lange Zeit die klassische Erwerbsform. Gerade<br />

hier aber wächst heute die Zahl der Selbstständigen<br />

kontinuierlich. Zudem bewegen sich immer mehr der<br />

freien Theaterschaffenden im Graubereich zwischen<br />

Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung. Der Befund<br />

von Carroll Haak zur Situation in diesem Berufsfeld<br />

insgesamt lautet: „Selbstständige darstellende Künstler<br />

arbeiten trotz ihres hohen Bildungsniveaus zu höheren<br />

Anteilen im Niedrigeinkommenssegment unter fünf Euro<br />

pro Stunde. Lagen diese Anteile im Jahr 2005 noch bei<br />

etwa 23 Prozent, so sind sie innerhalb eines Jahres auf nahezu<br />

30 Prozent angestiegen. Bei den abhängig Beschäftigten<br />

gingen die Anteile in diesem Einkommenssegment<br />

dagegen von etwa zwölf auf sechs Prozent zurück. Bei<br />

den abhängig Beschäftigten erwirtschaften insgesamt<br />

etwa 50 Prozent aller Erwerbstätigen Einkommen zwischen<br />

fünf und zehn Euro pro Stunde, bei den Selbstständigen<br />

liegen die Anteile der darstellenden Künstler in diesem<br />

Einkommenssegment im Jahr 2005 leicht über<br />

50 Prozent, im Jahr 2006 bereits bei über 60 Prozent. Außerdem<br />

zeigen die Analysen, dass befristet Beschäftigte<br />

sowohl mit einem höheren Risiko des Arbeitsplatzverlustes<br />

als auch mit einem geringerem Lohnniveau konfrontiert<br />

sind als ihre unbefristet engagierten Kollegen.“ 360<br />

358 Vgl.: ebd., S. 11 und S. 37 ff.<br />

359 Vgl.: ebd., S. 40.<br />

360 Vgl.: Haak, Caroll: Die Arbeitsmärkte der darstellenden Künstler.<br />

Arbeitsplatzunsicherheit und geringe Einkünfte. In: Kulturpolitische<br />

Mitteilungen, Heft 125, II 2009, S. 30.<br />

Nach der empirischen Studie zum Report Darstellende<br />

Künste liegt das durchschnittliche jährliche Gesamteinkommen<br />

bei den freien Theater- und Tanzschaffenden,<br />

die vielfach eine akademische Ausbildung haben, etwa<br />

40 Prozent unter dem aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

in Deutschland, einschließlich geringfügig<br />

Beschäftigter. In der Studie wird eine wachsende Gruppe<br />

von „Wanderern zwischen den Welten“ ausgemacht, die<br />

nicht eindeutig dem öffentlichen oder freien Bereich zugeordnet<br />

werden können und deshalb weder von der Sozialversicherung<br />

der Angestellten erfasst, noch in der<br />

Künstlersozialkasse versichert sind. Freischaffende ohne<br />

KSK-Versicherung, die teils auch sozialversicherungspflichtigen<br />

Tätigkeiten nachgehen, haben durchschnittlich<br />

ein geringeres künstlerisches Einkommen, kompensieren<br />

dies jedoch durch zusätzliche nicht-künstlerische<br />

Einkünfte. Die KSK-Versicherten verbessern ihre Einkommenslage<br />

vor allem durch künstlerische Nebeneinkünfte,<br />

die durchschnittlich 30 Prozent der Gesamteinkünfte<br />

ausmachen, insbesondere in der kulturellen<br />

Bildung. Nach diesem Report hat sich die wirtschaftliche<br />

Lage der Theater- und Tanzschaffenden im Vergleich zur<br />

ersten großen Studie von 1973 insgesamt deutlich verschlechtert.<br />

361<br />

Die Autoren der Studie Arbeit 2.0 – Urheberrecht und<br />

kreatives Schaffen in der digitalen Welt bestätigen dieses<br />

Bild über die Einkommenslage der Kreativen auch für<br />

jene Branchen, die stärker als die genannten Sparten von<br />

der Digitalisierung geprägt sind wie Presse, Musik und<br />

Film beziehungsweise erst mit ihr entstanden, wie die<br />

Games-Branche und die Internetwirtschaft. Kreative verfügen<br />

in diesen Bereichen meist über einen Hochschulabschluss,<br />

haben aber zumindest als Freischaffende kein<br />

dementsprechendes Einkommen. Freie Journalisten arbeiten<br />

oft für einen Stundenlohn von sechs Euro. Deutliche<br />

Unterschiede gibt es zwischen angestellten, arbeitnehmerähnlichen<br />

freien und freiberuflichen Kreativen.<br />

Die Einkommen der Freiberufler liegen in allen Branchen<br />

deutlich unter denen der Festangestellten. Die Ergebnisse<br />

dieser Studie bestätigen auch den Befund der Kulturwirtschaftsberichte,<br />

nach denen in der Kultur- und Kreativwirtschaft<br />

immer mehr die selbstständigen Kreativen<br />

dominieren (Ausnahmen bilden die Software- und die<br />

Games-Branche). Die soziale Unsicherheit in diesen Bereichen<br />

wächst mit der Tendenz, in Verlagen, Filmstudios<br />

wie auch beim Radio und Fernsehen feste Stellen abzubauen<br />

und durch freie Mitarbeiter zu ersetzen – mit deutlichen<br />

Folgen für die Einkommenshöhe und soziale Absicherung.<br />

In der Internetwirtschaft und Games-Branche<br />

zeigt sich zudem eine charakteristische Aufteilung in fest<br />

angestellte Techniker und freischaffende Grafiker. 362<br />

Auch in den neuen Wirtschaftszweigen entsteht so ein<br />

hochqualifiziertes Prekariat. Für die Internet-Branche hat<br />

Alexandra Manske diese Tendenz zur „Prekarisierung auf<br />

361 Vgl.: Fonds Darstellende Künste (Hrsg.): Report darstellende Künste.<br />

Symposium, Studien, Diskurse. Wirtschaftliche, soziale und arbeitsrechtliche<br />

Lage der Theater- und Tanzschaffenden in Deutschland.<br />

Essen: 2010, S. 45 f.<br />

362 Vgl.: iRights.info/Institut für Informatik der Humboldt-Universität<br />

zu Berlin: Arbeit 2.0 – Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen<br />

Welt. A. a. O., S. 13; vgl. zu den Arbeitsbedingungen und der<br />

sozialen Lage der Journalistinnen und Journalisten auch: <strong>Deutscher</strong><br />

Journalisten-Verband (Hrsg.): Arbeitsbedingungen freier Journalisten.<br />

Bericht zu einer Umfrage unter freien Journalisten. In: freien infos,<br />

Ausgabe 02/2009; vgl. zur Situation im Filmbereich auch:<br />

Agneskirchner, Alice/Langer Jörg: Untersuchung der AG DOK zur<br />

beruflichen Situation von Dokumentarfilmautoren und Dokumentarfilmregisseuren<br />

(m/w). 25. Oktober 2012. Online abrufbar unter:<br />

www.agdok.de/download_open.php?id=76992

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