BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 63 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />
dene Einrichtungen wahr. Im Fall von Publikationen<br />
– einschließlich Musik – tut dies unter anderem mit Inkrafttreten<br />
des entsprechenden Gesetzes am 22. Juni 2006<br />
die Deutsche Nationalbibliothek (DNB). Das ihr zugehörige<br />
Deutsche Musikarchiv sammelt, erschließt, verzeichnet<br />
und archiviert all die körperlichen und unkörperlichen<br />
Medienwerke (Netzpublikationen), die der DNB zur<br />
Kenntnis gelangen. 3<strong>17</strong> Dazu zählen Darstellungen in<br />
Schrift, Bild und Ton, die in öffentlichen Netzen zugänglich<br />
gemacht werden. Für den Bereich des unveröffentlichten<br />
schriftlichen Kulturguts ist auf nationaler Ebene<br />
das Bundesarchiv zuständig, das das Archivgut des Bundes<br />
verwahrt, nutzbar macht und wissenschaftlich verwertet.<br />
Das Bundesarchiv bewahrt darüber hinaus mittels<br />
seiner Abteilung Filmarchiv auch einen wesentlichen Teil<br />
des deutschen Filmerbes.<br />
Welche Herausforderungen aber ergeben sich aus dieser<br />
Aufgabe für das digitale Erbe? Digitale Daten bestehen<br />
aus logischen Ketten von Nullen und Einsen, die auf physischen<br />
Datenträgern kodiert – beispielsweise in magnetischer<br />
Ausrichtung – gespeichert werden. Diese Nullen<br />
und Einsen werden durch Computersoftware interpretiert<br />
und dadurch für den Menschen zu nutzbaren Informationen<br />
(Texte, Bilder, Musik, Programme etc.).<br />
Für die digitale Bestandserhaltung, verstanden als die<br />
dauerhafte Zugänglichhaltung der Daten für die Öffentlichkeit,<br />
muss es im ersten Schritt darum gehen, diese logischen<br />
Ketten aus Nullen und Einsen, den sogenannten<br />
Bitstream, zu erhalten. Grund dafür ist, dass die physikalische<br />
Speicherung auf einem Datenträger mit der Zeit<br />
Ausfälle aufweist und so bei längerer Aufbewahrung Fehler<br />
im Bitstream entstehen können. Solche minimalen<br />
Fehler können anders als bei analogem Material fatale<br />
Folgen haben, denn die Interpretation der Nullen und Einsen<br />
durch Software kann schon bei der Änderung von nur<br />
einem Bit (einer Null oder Eins) eine völlig andere sein.<br />
Während also der Kratzer auf einem Film nur zu einer<br />
Schadstelle auf einem ansonsten nutzbaren Bild führt,<br />
kann ein Kratzer auf einem digitalen Datenträger dazu<br />
führen, dass sämtliche darauf gespeicherten Bilder verloren<br />
sind.<br />
Zugleich aber hilft die digitale Speicherung beim Umgang<br />
mit diesem Problem. Denn dadurch, dass jedes Objekt<br />
vollständig durch die logische Kette aus Nullen und<br />
Einsen beschrieben ist, besteht keine Abhängigkeit von<br />
einem bestimmten Datenträger. Das Objekt bleibt vollkommen<br />
identisch, egal ob es auf Datenträger A oder B<br />
gespeichert ist. Somit können problemlos identische<br />
Kopien erstellt und aufbewahrt werden (sogenannte<br />
Backups), die im Fall von Beschädigungen der ersten<br />
Speicherung vollwertigen Ersatz bieten. Des Weiteren<br />
kann einem zeitlichen Verfall des Datenträgers zuvorgekommen<br />
werden, indem der Bitstream rechtzeitig auf einen<br />
neueren Datenträger überführt wird. Anders als bei<br />
3<strong>17</strong> Vgl.: §§ 2 ff. Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek (DNBG)<br />
und Deutsche Nationalbibliothek: Sammelrichtlinien. Juni 2009.<br />
Online abrufbar unter: http://www.dnb.de/DE/Netzpublikationen/<br />
netzpublikationen_node.html<br />
Kopien von analogen Objekten tritt dabei keinerlei Verlust<br />
auf und die Kopie ist nicht vom Original unterscheidbar.<br />
Ein Original im eigentlichen Sinne gibt es somit im<br />
digitalen Bereich nicht. Aus diesen und aus Effektivitätsgründen<br />
ist es daher sinnvoll, Objekte von verschiedenen<br />
(möglicherweise gefährdeten) Datenträgern auf zentrale<br />
Datenspeicher zu überführen.<br />
Da Speichertechnologien, aber auch die Technik selbst<br />
kontinuierlich veralten, unterliegen die für die Langzeitarchivierung<br />
verantwortlichen Gedächtniseinrichtungen<br />
dem Zwang, das gespeicherte Material permanent auf logische<br />
Korrektheit und Zugreifbarkeit hin zu überprüfen<br />
und im Zweifelsfall neu zu kopieren. Dabei geht es nicht<br />
allein darum, das digitale Objekt selbst zu speichern. Um<br />
dessen Verfügbarkeit in der Zukunft sicherzustellen, müssen<br />
mit dem Objekt auch Informationen gespeichert werden,<br />
die das Objekt inhaltlich und technisch beschreiben.<br />
Neben der Erhaltung der logischen Struktur der Objekte<br />
umfasst die digitale Bestandserhaltung aber weit mehr:<br />
Jedes digitale Objekt ist für die Interpretierbarkeit durch<br />
eine Systemumgebung ausgelegt, welche zum Zeitpunkt<br />
der Veröffentlichung dem Stand der Technik entsprach.<br />
Da sich die Technologien und damit die Systemumgebungen<br />
ständig ändern, ist die dauerhafte Nutzbarkeit der<br />
archivierten digitalen Objekte in einer aktuellen Systemumgebung<br />
nicht zu erwarten. Konkret besteht eine Systemumgebung<br />
(derzeit und in absehbarer Zukunft) aus einer<br />
bestimmten Hardware, einem Betriebssystem und einer<br />
Software (sogenannte Viewer), die eingesetzt wird, um bestimmte<br />
Dateiformate zu nutzen. Digitale Objekte bestehen<br />
entweder aus Dateien bestimmter Formate, für die passende<br />
Viewer benötigt werden, oder sind selbst Software,<br />
die direkt auf einem bestimmten Betriebssystem läuft.<br />
Wenn keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, wird<br />
jedes digitale Objekt – auch wenn es gelingt, den Bitstream<br />
zu erhalten – mit fortschreitendem technischen Wandel<br />
nicht mehr nutzbar (der Inhalt nicht mehr zugänglich) sein,<br />
weil das Datenformat mit der aktuellen technischen Arbeitsumgebung<br />
nicht interpretiert werden kann.<br />
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Verfahren, um die<br />
Interpretierbarkeit in nicht mehr den ursprünglichen Systemumgebungen<br />
entsprechenden Umgebungen zu ermöglichen.<br />
Erstens Migration: Das Dateiformat des digitalen Objekts<br />
wird in ein anderes konvertiert, für das es in aktuellen<br />
Systemumgebungen Viewer gibt. Metainformationen der<br />
inhaltlichen und technischen Beschreibung des digitalen<br />
Objekts müssen hierbei erhalten und ergänzt werden. Zweitens<br />
Emulation: Mit Hilfe von spezieller Software, den sogenannten<br />
Emulatoren, kann in einer aktuellen Systemumgebung<br />
eine alte Umgebung nachgestellt werden, in der<br />
dann das digitale Objekt wieder nutzbar wird.<br />
Beide Verfahren sind aufwändig und beinhalten prinzipiell<br />
die Gefahr des unbeabsichtigten beziehungsweise nicht erkannten<br />
Informationsverlustes. Praktisch eignet sich die<br />
Migration für statische Objekte wie Bilder oder Texte,<br />
während die Emulation für ausführbare Programme, etwa<br />
Multimedia-CD-ROM, notwendig ist. Grundsätzlich gibt<br />
es neben diesen beiden gängigen Verfahren auch andere<br />
Möglichkeiten wie beispielsweise die Pflege oder Aufrechterhaltung<br />
einer historischen Betriebsumgebung (Technik-