BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 57 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />
sich ein genauer Blick auf den klassischen Schaffensprozess<br />
kreativer Inhalte. Am Ursprung der Schaffung kreativer<br />
Werke hat sich nichts verändert: Der kreative<br />
Mensch investiert sein Talent, seine Zeit und seine Gedanken<br />
in die Schaffung eines Werkes.<br />
Auch die Weiterentwicklung solcher Werke, also die Darbietung<br />
und Aufnahme einer Komposition durch einen<br />
Künstler, das Planen und Abdrehen eines Films, die Entwicklung<br />
eines Computerspiels bleibt ein hochkomplexer,<br />
zeit- und kostenintensiver Vorgang zur Schaffung originärer<br />
Inhalte. Die digitale Entwicklung hat indes für<br />
zahlreiche Vereinfachungen und Hilfen gesorgt. Dies gilt<br />
für die Produktion kreativer Inhalte wie auch für deren<br />
Distribution.<br />
3.1.1 Produktion<br />
3.1.1.1 Musik<br />
Auf den ersten Blick erscheint durch die digitale Entwicklung<br />
auch dem Endnutzer die Produktion kultureller<br />
Inhalte möglich: Er kann mittels relativ einfacher technischer<br />
Werkzeuge über sein eigenes Studio verfügen, das<br />
ihn in die Lage versetzt, eigene Musikwerke herzustellen<br />
beziehungsweise aufzunehmen. Dabei kann sich die Nutzerin<br />
oder der Nutzer bereits vorhandener Songs bedienen,<br />
Samples oder vorgegebene digitale Instrumente verwenden<br />
oder gegebenenfalls eigene Einspielungen aufnehmen.<br />
Dies sorgt für eine erhebliche Vielfalt und die Ermöglichung<br />
der Partizipation an (auch technischen) Schaffensprozessen.<br />
Allerdings wird der Laie oder Hobby-Produzent<br />
bei der Nutzung von relativ intuitiven Programmen wie<br />
GarageBand oder BeatMaker schnell bemerken, dass die<br />
Schaffung einer Aufnahme, die auch nur einen untersten<br />
Qualitätsstandard aufweist, viel investierte Zeit sowie Arbeit<br />
bedeutet und fachliches Können voraussetzt.<br />
Jenseits des Hobby-Bereichs, das heißt in der Welt der<br />
professionellen Musikschaffenden, ist man in der Regel<br />
mit deutlich höheren Qualitätsansprüchen des Publikums<br />
beziehungsweise der Nutzer konfrontiert. Es ist heutzutage<br />
durchaus möglich, sich für etwa 2500 Euro ein basisdigitales<br />
Studio aus Computer, Soundkarte, Mikrofon und<br />
Software zu erstellen. Bei einigen Musikstilen kann dies<br />
sogar auch ausreichend sein. Der Bedarf des Marktes aber<br />
zeigt, dass in der Regel vorrangig professionelle Musik-<br />
Produktionen verlangt werden. Natürlich weist nicht jede<br />
Produktion Qualitäten auf, die beispielsweise den Klangwelten<br />
des Produzenten Timbaland oder des Künstlers<br />
Matthew Herbert nahekommen.<br />
Allerdings muss zwischen professionell arrangierter, hergestellter<br />
und aufgenommener Musik und den Aufnahmen<br />
auf Hobby-Niveau deutlich unterschieden werden.<br />
Daran hat sich auch im digitalen Zeitalter nichts geändert.<br />
Die Hörgewohnheiten der Endkonsumenten sind anspruchsvoll<br />
und unterliegen darüber hinaus bestimmten<br />
Moden in sich verkürzenden Zyklen. Ein professioneller<br />
Produzent verfügt daher in der Regel nach wie vor über<br />
ein (digital steuerbares) Mischpult, Aufnahmeequipment<br />
und Instrumente. Zahlreiche Instrumente lassen sich mittlerweile<br />
aber auch durch immer bessere Synthesizer reproduzieren.<br />
Dies kann allerdings nur bis zu einem gewissen<br />
Qualitätsgrad geschehen. So ist beispielsweise<br />
denkbar, ein Cello-Quartett zu synthetisieren. Bei einem<br />
gesamten Orchester allerdings geschieht dies nur selten,<br />
da hier die Qualitätsunterschiede schwer zu überbrücken<br />
sind. Somit relativieren sich auch die potenziellen Einsparungen<br />
der professionell tätigen Produzentinnen und<br />
Produzenten durch die neuere Technik. Zwar haben sich<br />
die Anschaffungskosten etwa für Mischpulte durch die<br />
Digitalisierung reduziert, allerdings sind aktuell häufiger<br />
Software-Updates und die Anlizenzierung von aktuellen<br />
Sound-Datenbanken oder Sound-Libraries erforderlich.<br />
Daneben ist für das Betreiben eines hochwertigen Tonstudios<br />
nach wie vor das Vorhalten zahlreicher Gerätschaften<br />
und Instrumente notwendig. Hier sind die Erstinvestitionen<br />
noch immer relativ hoch. Die entsprechenden<br />
Kosten lassen sich jedoch steuerlich abschreiben. Zudem<br />
haben die Gerätschaften und Instrumente eine lange Lebensdauer.<br />
Die digitalen Instrumente und Sounds hingegen<br />
unterliegen dem oben beschriebenen schnellen Wandel.<br />
Der Anteil nationaler Produktionen an den im Auftrag des<br />
Bundesverbandes Musikindustrie e.V. von media control<br />
ermittelten offiziellen deutschen TOP 100 Longplay<br />
Charts betrug im Jahr 2011 insgesamt 55 Prozent. Dabei<br />
stammen drei der fünf erfolgreichsten Alben des Jahres<br />
2011 von deutschsprachigen Interpreten. 288 Deutsche Musikproduktionen<br />
unterliegen allerdings gerade im Bereich<br />
Rock/Pop/Hip Hop einem enormen internationalen Konkurrenzdruck.<br />
Dazu sagt Jörg Koshorst von Valicon<br />
Entertainment: „Ob bewusst oder unbewusst, der Musiknutzer<br />
merkt, ob man neben den Originaleinspielungen<br />
qualitativ hochwertige Sounds verwendet. Unabhängig<br />
davon, ob man für den deutschsprachigen Raum oder für<br />
internationale Märkte produziert: Um bei Musikproduktionen<br />
mit der internationalen Konkurrenz mithalten zu<br />
können, muss man stets über die neuesten Datenbanken<br />
und Sounds verfügen und das ganze Team muss sich kontinuierlich<br />
fortbilden.“ 289<br />
Insgesamt aber hat die digitale Entwicklung für eine Verbesserung<br />
der Arbeitsabläufe gesorgt. Daneben sichert<br />
der Aufbau neuer Talente die Basis für einen ständigen<br />
Erneuerungsprozess im Musikbereich und ist ein Schlüssel<br />
der kreativen Vielfalt in der Musikwirtschaft.<br />
Welche Rolle den Musikfirmen dabei zukommt, wurde<br />
unlängst in einer aktuellen Studie der International Federation<br />
of the Phonographic Industry (IFPI) untersucht. 290<br />
288 Vgl.: Offizielle deutsche TOP 100 Longplay Charts, ermittelt von<br />
media control im Auftrag des Bundesverbandes Musikindustrie e.V.<br />
In: Bundesverband Musikindustrie e.V.: Musikindustrie in Zahlen<br />
2011. Berlin: 2012. Online abrufbar unter: http://www.musikindus<br />
trie.de/uploads/media/Jahrbuch_BVMI_2011.pdf<br />
289 Zit. nach: Mündliches Zitat – in die Projektgruppe eingebracht durch<br />
Prof. Dieter Gorny, Sachverständiger der Enquete-Kommission Internet<br />
und digitale Gesellschaft sowie Vorstandsvorsitzender des<br />
Bundesverbandes Musikindustrie e.V., der deutschen Organisation<br />
des internationalen Verbandes der Tonträgerhersteller IFPI.<br />
290 Vgl.: IFPI: Investing in Music. Report 2011. Online abrufbar unter:<br />
http://www.ifpi.org/content/section_news/investing_in_music.html