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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 50 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

das Potenzial, das Verhältnis von Journalistinnen und<br />

Journalisten zu ihrem Publikum grundlegend zu verändern.<br />

1.6.9.2 Rechtliche Implikationen<br />

Besondere rechtliche Regelungen – seien es Privilegien,<br />

seien es Bindungen – knüpft das Recht derzeit an bestimmte<br />

Funktionserwartungen von Angeboten. Insbesondere<br />

den traditionellen Massenmedien Presse und<br />

Rundfunk wird – auch verfassungsrechtlich – eine besondere<br />

Funktion für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung<br />

zugeschrieben, die vom Gesetzgeber zu<br />

würdigen ist.<br />

An vielen Stellen ist deutlich geworden, dass die Funktionsleistung,<br />

um die es geht, nicht unbedingt mit traditionellen<br />

Formen von gedruckter Presse oder linearem<br />

Rundfunk einhergehen muss. Viele auch nicht-professionelle<br />

Angebote im Internet tragen zu dieser Funktion für<br />

die Gesellschaft bei. Bundes- und Landesgesetze haben<br />

hier an vielen Stellen den Begriff „journalistisch-redaktionell“<br />

als Grenzbegriff eingeführt, der etwa Blogs, die<br />

eine besondere meinungsbildende Funktion erfüllen, von<br />

anderen, beispielsweise eher persönliches Erleben schildernden<br />

Online-Angeboten abgrenzen soll. So wird etwa<br />

in § 54 Absatz 2 RStV für Telemedien mit journalistischredaktionell<br />

gestalteten Angeboten verlangt, dass diese<br />

anerkannten journalistischen Grundsätzen entsprechen.<br />

Andersherum haben Anbieter solcher Telemedien ein<br />

Auskunftsrecht gegenüber Behörden, das dem von traditionellen<br />

Rundfunkanbietern entspricht. Allerdings bezieht<br />

sich das datenschutzrechtliche Medienprivileg nach<br />

§ 41 Absatz 1 BDSG allein auf Unternehmen und Hilfsunternehmen<br />

der Presse und nicht auf einzelne Blogs<br />

oder Ähnliches, was jedoch mit der Datenschutz-Richtlinie<br />

95/46/EG unvereinbar ist, die in Artikel 9 einen<br />

weiterreichenden Schutz verlangt („Verarbeitung personenbezogener<br />

Daten, die allein zu journalistischen …<br />

Zwecken erfolgt“). Der Programmauftrag öffentlichrechtlicher<br />

Rundfunkanstalten für Telemedien ist auf<br />

solche mit „journalistisch-redaktionellem“ Inhalt oder<br />

journalistisch-redaktionell veranlassten Telemedien beschränkt.<br />

Auch bei der Frage, was als Rundfunk anzusehen ist, ob<br />

dies beispielsweise jedes Zugänglichmachen einer Webcam<br />

im Internet sein kann oder nicht, wird gemäß § 2 Absatz<br />

3 RStV davon abhängig gemacht, ob es sich um journalistisch-redaktionell<br />

gestaltete Inhalte handelt. Im<br />

Bereich des Datenschutzes knüpfen die sogenannten Medienprivilegien,<br />

also die Befreiung von bestimmten<br />

datenschutzrechtlichen Bindungen, die die Funktionserfüllung<br />

des Journalismus gefährden könnten, an journalistisch-redaktionelle<br />

Angebotsformen. Was genau als<br />

journalistisch-redaktionell angesehen werden kann, ist<br />

aber im Einzelfall durchaus umstritten.<br />

Festzuhalten bleibt, dass hier eine bislang wenig reflektierte<br />

Unterscheidung Eingang in die Gesetzgebung gefunden<br />

hat, die hohe Relevanz für die rechtliche Prägung<br />

unterschiedlicher Angebotstypen im Internet besitzt. 273<br />

1.7 Perspektiven öffentlicher Förderung von<br />

Medieninhalten<br />

Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk hat sich – wie in Kapitel 1.4.3<br />

dieses Berichtes dargelegt – mit der technologischen Entwicklung<br />

bereits vor 30 Jahren normativ von den dem<br />

Begriff „Rundfunk“ zugrunde liegenden Übertragungstechnologien<br />

gelöst. Damit einhergehend trat gleichzeitig<br />

der objektivrechtliche Funktionsbezug der Rundfunkfreiheit<br />

zur demokratischen Willensbildung gestärkt hervor.<br />

Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, wie sich die fortschreitende<br />

Digitalisierung und die daraus resultierenden<br />

technologischen Konvergenzentwicklungen auswirken<br />

werden. Dazu gehören zum Beispiel die Annäherung von<br />

ursprünglich voneinander unabhängigen Trägertechnologien<br />

für Presse, Rundfunk und Film auf Basis digitaler<br />

Kommunikationsprotokolle sowie das Zusammenfließen<br />

von Merkmalen bisher getrennter Mediengattungen in<br />

neuen Programmformaten. Entsprechend sind auch die<br />

veränderten Mediennutzungsgewohnheiten wie die deutlichen<br />

Unterschiede zwischen den Generationen hinsichtlich<br />

der Online- oder Fernseh-Nutzung 274 sowie der wirtschaftliche<br />

Wettbewerbsdruck und die Konkurrenz um<br />

Aufmerksamkeit zwischen den Anbietern und Medienformaten<br />

mit zu beachten.<br />

Auf politisch-regulatorischer <strong>Seite</strong> wird beispielsweise darum<br />

gerungen, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen<br />

öffentlich-rechtliche Sendeanstalten Online-<br />

Content erstellen, anbieten und vorhalten dürfen. Erinnert<br />

sei an den Streit um die Tagesschau-App oder die Sieben-<br />

Tage-Regelung für Inhalte aus den Online-Mediatheken<br />

der öffentlich-rechtlichen Sender. Dabei bleibt der Status<br />

quo der Rundfunkregulierung im Wesentlichen erhalten,<br />

wobei die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Internet<br />

auferlegten Grenzen nicht zuletzt mit Blick auf die Interessen<br />

der privaten Rundfunk- und Online-Anbieter, der<br />

Verleger, der Beitragszahlenden und der sich im Internet<br />

engagierenden Bürgergesellschaft mal enger, mal weiter<br />

ausfallen können. Hierbei ist zu fragen, welche Auswirkung<br />

bestimmte Begrenzungen der Online-Auftritte öf-<br />

273 Vgl.: Hasebrink, Uwe/Schulz, Wolfgang/Deterding, Sebastian/<br />

Schmidt, Jan-Hinrik/Schröder, Hermann-Dieter/Sprenger, Regine:<br />

Leitmedium Internet? Mögliche Auswirkungen des Aufstiegs des Internet<br />

zum Leitmedium für das deutsche Mediensystem. Gutachten<br />

für den Deutschen <strong>Bundestag</strong>, vorgelegt dem Büro für Technikfolgenabschätzung<br />

beim Deutschen <strong>Bundestag</strong> (TAB) im April 2010.<br />

TAB-Bericht 2010 (unveröffentlicht).<br />

274 Anmerkung: So ist beispielsweise der Fernsehkonsum in der Altersgruppe<br />

der 14- bis 29-Jährigen rückläufig, während der Hauptteil der<br />

Mediennutzung im Internet stattfindet. Gleichzeitig erreicht das ZDF<br />

mit seinen Online-Angeboten um zehn bis 15 Jahre jüngere Nutzerinnen<br />

und Nutzer als mit seinem klassischen TV-Programm. (Vgl.:<br />

Beckert, Bernd/Riehm, Ulrich: Gesetzliche Regelungen für den Zugang<br />

zur Informationsgesellschaft. Endbericht zum Monitoring. Büro<br />

für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen <strong>Bundestag</strong>, Arbeitsbericht<br />

149, Berlin: Juni 2012, S. 45 f. Online abrufbar unter: http://<br />

www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-<br />

Arbeitsbericht-ab149.pdf)

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