BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 45 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />
Werbeeinnahmen gesunken. 230 Zwar sind in einigen Verlagen<br />
die Umsätze und Gewinne insgesamt stabil oder inzwischen<br />
sogar gestiegen. 231 Der durchschnittliche Verdienst<br />
von freien Journalisten aber ist flächendeckend<br />
anhaltend gering. 2008 lag der Durchschnittsverdienst eines<br />
freien Journalisten bei 2 147 Euro brutto/Monat –<br />
nach Abzug der Betriebsausgaben und 15-jähriger freiberuflicher<br />
Tätigkeit. Fast 40 Prozent der freien Journalisten<br />
verdienen monatlich unter 1 000 Euro, so eine Studie des<br />
Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV). 232 / 233<br />
Matthias Spielkamp stellt in der Studie Arbeit 2.0 – Urheberrecht<br />
und kreatives Schaffen in der digitalen Welt fest,<br />
dass die Honorare der freien Journalisten in „den vergangenen<br />
20 Jahren nicht nur nicht gestiegen [sind], sondern<br />
sogar in vielen Fällen gefallen. Zahlte etwa die Badische<br />
Zeitung im Jahr 1988 pro Zeile zwischen 30 Cent<br />
(60 Pfennig) und 75 Cent (1,47 DM), so waren es im Jahr<br />
2006 zwischen 25 und 66 Cent“. 234<br />
Sascha Lobo gab im Oktober 2012 in einem Artikel für<br />
SPIEGEL Online mit dem Titel Zyklus der Zerstörung an,<br />
dass „freien Journalisten (…) ernsthaft ein Zeilengeld von<br />
20 Cent angeboten (wird), was umgerechnet bedeutet,<br />
dass die jeden Monat ein etwa 200seitiges Buch schreiben<br />
müssten, um 2 000 Euro brutto zu verdienen“. 235 Lobo<br />
konstatiert in dem Beitrag nicht nur einen Niedergang der<br />
papiernen Zeitungskultur, sondern sieht den schriftlichen<br />
Journalismus insgesamt in Gefahr, da noch kein flächig<br />
funktionierendes Mittel zu seiner Refinanzierung im Netz<br />
gefunden ist. 236<br />
230 Vgl.: Röper, Horst: Zeitungen 2010. A. a. O.<br />
231 Anmerkung: So gab zum Beispiel der Axel Springer Verlag für das<br />
dritte Quartal 2011 einen Umsatz von 2,3 Mrd. Euro und einen Gewinn<br />
von 446 Mio. Euro an – ein Plus von 16 Prozent gegenüber 2010. Als<br />
Grund für das Plus bei Umsatz und Gewinn nannte Springer das Internetgeschäft.<br />
(Vgl.: http://www.manager-magazin.de/finanzen/<br />
boerse/0,2828,796232,00.html )<br />
232 Vgl.: <strong>Deutscher</strong> Journalisten-Verband: Arbeitsbedingungen freier<br />
Journalisten. Bericht zu einer Umfrage unter freien Journalisten. In:<br />
freien infos, Ausgabe 02/2009.<br />
233 Anmerkung: Es gibt keine neueren Daten. Allerdings zeigt der Vergleich<br />
der Umfrage von 2008 des DJV zur Umfrage 1998, dass sich<br />
die Einkommenssituation der Journalistinnen und Journalisten nicht<br />
verbessert hat. Das spricht dafür, dass bis heute die Arbeitsbedingungen<br />
und auch das Einkommen nicht besser geworden sind, da die<br />
Verlage aktuell mit Einbußen sowohl beim Werbebudget als auch bei<br />
den Abonnentenzahlen umgehen müssen. Für die Zukunft rechnen<br />
zumindest die Zeitschriftenverlage mit einem weiterem Rückgang im<br />
Printbereich: „Die Einnahmen von 4 Mrd. Euro werden auf etwa<br />
3,6 bis 3,8 Mrd. Euro im Jahr 2015 sinken. (…) Diese Prognose legte<br />
der Zeitschriftenverlegerverband VDZ mit einer Studie der Unternehmensberatung<br />
McKinsey auf seinem Jahreskongress vor“.<br />
(Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Zeitschriftenverlage rechnen mit<br />
Rückgang“ vom 8. November 2012)<br />
234 Zit. nach: Spielkamp, Matthias et al.: Arbeit 2.0 – Urheberrecht und<br />
kreatives Schaffen in der digitalen Welt. Eine Untersuchung zu urheberrechtlicher<br />
Erwerbsarbeit in fünf Schlüsselbranchen. Abschlussbericht.<br />
Berlin: 2009, S. 236. Online abrufbar unter: http://irights.<br />
info/fileadmin/texte/material/Abschlussbericht.pdf<br />
235 Zit. nach: Lobo, Sascha: S.P.O.N. Die Mensch-Maschine: Zyklus der<br />
Zerstörung. In: Spiegel Online, 2. Oktober 2012. Online abrufbar unter:<br />
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/zyklus-der-zerstoerung-a-<br />
859005.html<br />
236 Vgl.: ebd.<br />
Freie Journalistinnen und Journalisten verdienen zumindest<br />
bei den Tageszeitungen deutlich weniger als ihre festangestellten<br />
Kollegen. (Im Radio und Fernsehen können<br />
freiberufliche Journalisten und Moderatoren aber durchaus<br />
auch besser verdienen als festangestellte Mitarbeiter). Bei<br />
der Künstlersozialversicherung haben freie Journalisten ein<br />
durchschnittliches Jahreseinkommen von 16 983 Euro angegeben.<br />
Das sind monatlich 1 415,25 Euro netto, ausschließlich<br />
für die journalistische Tätigkeit im Bereich<br />
Wort. 237<br />
Die Zahl derjenigen, die eine Weiterbildung – gefördert<br />
durch den sogenannten Bildungsgutschein – beginnen<br />
konnte, ging 2011 gegenüber 2010 stark zurück. Bereits<br />
2010 wurden 25 Prozent weniger Personen durch eine berufliche<br />
Weiterbildung neu gefördert als 2009, 2011 waren<br />
es noch einmal 45 Prozent weniger.<br />
Festangestellten Journalisten geht es deutlich besser: Mit<br />
Tarifvertrag erhalten sie zwischen 1 607 Euro brutto monatlich<br />
im ersten Ausbildungsjahr als Volontäre und<br />
4 467 brutto als Redakteure mit mindestens elfjähriger<br />
Berufserfahrung. Redakteure in besonderer Stellung erhalten<br />
bei deutschen Tageszeitungen nach Tarifertrag<br />
monatlich bis zu 5 636 Euro brutto. Chefs vom Dienst,<br />
Stellvertretende Chefredakteure und Chefredakteure vereinbaren<br />
ihr Gehalt frei. 238<br />
Durch die angespannte Lage bei einigen Verlagen und<br />
Nachrichtenagenturen sind viele Arbeitsplätze bedroht:<br />
40 000 gelten als gefährdet oder sind inzwischen gestrichen.<br />
239 Die Jahresstatistik der Arbeitsagenturen meldete<br />
für 2010 insgesamt 5 200 arbeitslose Redakteure und<br />
Journalisten. Das sind zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor.<br />
Gleichzeitig gibt es mehr Menschen als je zuvor, die<br />
hauptberuflich vom Journalismus leben. 2010 waren es<br />
schätzungsweise 160 000 Festangestellte und Freiberufler<br />
gegenüber etwa 127 000 im Jahr 2000. 240<br />
Freie Journalisten sind in der Regel über die Künstlersozialkasse<br />
versichert.<br />
In der Folge des durch die journalistische Tätigkeit erzielten<br />
geringen Einkommens arbeiten viele Freiberufler zusätzlich<br />
als Text-Trainer oder als Dozenten an Journalistenschulen,<br />
Akademien beziehungsweise Hochschulen.<br />
Einige verdienen ihr Geld auch im Bereich Public Relations.<br />
Fallen hier Fördermittel für die Weiterbildung weg,<br />
wird auch bei ihnen das monatliche Einkommen noch<br />
prekärer. 241 Arbeitslosengeld (ALG) I bekommen derzeit<br />
mehr als 3 200 Journalistinnen und Journalisten. Arbeits-<br />
237 Vgl.: Hooffacker, Gabriele: Ein Leben zwischen Extremen. O. O.:<br />
2011. Online abrufbar unter: http://mmm.verdi.de/archiv/2011/11/<br />
journalismus/ein-leben-zwischen-extremen<br />
238 Vgl.: Ver.di: Tarifvertrag Tageszeitungen. Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen<br />
und Redakteure an Tageszeitungen. Online abrufbar<br />
unter: http://dju.verdi/tarif/tarifvertraege/data/TV_Zeitung_RedGehalt<br />
_2011_WEB.pdf<br />
239 Anmerkung: Beispielsweise listet Ver.di unter http://druck.verdi.de/<br />
zeitungsverlage Stellenstreichungen und die Zusammenlegung beziehungsweise<br />
das Schrumpfen von Redaktionen chronologisch auf.<br />
240 Vgl.: Statistisches Bundesamt: Mikrozensus. Bevölkerung und Erwerbstätigkeit.<br />
Beruf, Ausbildung und Arbeitsbedingungen der Erwerbstätigen<br />
in Deutschland. Wiesbaden: 2011.<br />
241 Vgl.: Hooffacker, Gabriele: Ein Leben zwischen Extremen. A. a. O.