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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 41 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />

Bürgermedien in Rundfunk und Fernsehen sind die sogenannte<br />

„dritte Säule“ im dualen Rundfunksystem und<br />

unterscheiden sich von öffentlich-rechtlichen beziehungsweise<br />

privaten Medienanbietern vor allem durch ihre nichtkommerzielle<br />

und lokale Ausrichtung. Sie sind entweder<br />

selbstverwaltet (Bürgerfunk, Freie Radios, Universitätsradios<br />

etc.) oder Einrichtungen der Landesmedienanstalten<br />

(einige offene Kanäle, Aus- und Weiterbildungskanäle).<br />

In den meisten Bundesländern werden diese<br />

lokalen elektronischen Medien neben Eigenmitteln sowie<br />

Spenden auch anteilig aus Mitteln der Landesmedienanstalten<br />

finanziert und vor allem durch ehrenamtliches<br />

Engagement getragen. Bis zur Massenverbreitung des Internet<br />

waren diese oft aus sogenannten Piratenradios entstandenen<br />

Initiativen auf Frequenzzuteilungen und Kabelsendeplätze<br />

angewiesen. Damit standen sie immer in<br />

Konkurrenz zu den öffentlich-rechtlichen und privaten<br />

Anbietern. Heute finden vor allem die lokalen Rundfunkangebote<br />

auch über Internet-Streaming oder Podcast-<br />

Formate Verbreitung.<br />

Genuin im Internet haben sich neue textbasierte Regional-<br />

und Lokalmedien neben den Webauftritten klassischer<br />

Zeitungen in Form von Nachrichtenportalen, Foren<br />

oder Blogs entwikkelt. Dazu gehören Blogs mit regionaler<br />

Reichweite (zum Beispiel „Ruhrbarone“) ebenso wie<br />

stadtweite Angebote (zum Beispiel „Halle-Spektrum“)<br />

und Kiez-Zeitungen. Die Organisationsformen reichen<br />

dabei von ehrenamtlichen Anwohnerprojekten bis hin zu<br />

kommerziellen Auftritten. Häufig handelt es sich um Projekte,<br />

die von freien Journalistinnen und Journalisten betrieben<br />

werden, die im Zuge von Sparmaßnahmen der<br />

großen Medienhäuser ihren Job verloren haben. Durch<br />

den Abbau insbesondere von Lokalredaktionen ist in vielen<br />

Gebieten ein Mangel an lokaljournalistischen Angeboten<br />

entstanden, der durch solche Projekte zum Teil<br />

kompensiert wird. Sie sind oft als Selbstverlage organisiert<br />

und profitieren von einer guten Vernetzung der beteiligten<br />

Akteure in der politischen, kulturellen und<br />

gesellschaftlichen Landschaft vor Ort, die von zentral organisierten<br />

Redaktionen nicht mehr im selben Ausmaß<br />

geleistet werden kann. Die Monetarisierung erweist sich<br />

jedoch häufig als schwierig.<br />

Hinzu kommen Projekte, die eine Mischform aus Bürgerinitiative<br />

und Lokaljournalismus darstellen, so etwa der<br />

Verein „Köln kann auch anders“, der sich nach dem Einsturz<br />

des Kölner Stadtarchivs gegründet hat. Die von<br />

Freiwilligen und vielen Nicht-Journalisten getragene Initiative<br />

leistet eine kontinuierliche Recherchearbeit zu den<br />

Hintergründen der Lokalpolitik. Die Zugänglichkeit dieser<br />

Informationen im Netz spielen dabei eine besonders<br />

wichtige Rolle. Hier zeigen sich Ansätze eines partizipativen<br />

Bürgerjournalismus jenseits der klassischen publizistischen<br />

Strukturen.<br />

Neben den lokal ausgerichteten Formaten haben sich mit<br />

dem Internet und den günstigen Produktions- und Distributionsmitteln<br />

diverse weitere Angebotsformen entwickelt,<br />

die sich von traditionellen Medien unterscheiden.<br />

So gibt es eine Vielzahl von Themenblogs, Podcasts oder<br />

Videocasts, die innerhalb und jenseits etablierter Medienstrukturen<br />

in ihren Themenbereichen Reichweiten haben,<br />

die zwar in ihrer Rezeption nicht zwingend lokal begrenzt<br />

sind, aber durch ihre Themenkonzentration eine Besonderheit<br />

darstellen. Bei Blogs sind dabei vor allem die<br />

Themen Medien, (Netz-) Politik und Popkultur reichweitenstark.<br />

Es gibt jedoch im sogenannten Long Tail unzählige<br />

Spezial- und Nischenangebote zu allen möglichen<br />

Themen.<br />

Einer der ersten namhaften Podcasts aus Deutschland war<br />

2005 „Schlaflos in München“ der Journalistin Larissa<br />

Vassilian, der regelmäßig etwa 10 000 Hörerinnen und<br />

Hörer erreicht. 202 Einer der bekanntesten deutschen Podcaster<br />

ist Tim Pritlove, der Podcasts in Eigenregie und als<br />

Auftragsarbeiten produziert. Die Podcasts in Eigenregie<br />

werden dabei vorrangig durch Hörerspenden finanziert.<br />

Pritlove hat Anfang Mai 2012 offen gelegt, dass er bis zu<br />

2 500 Euro im Monat allein über den Microspendendienst<br />

Flattr einnimmt und auf diese Weise innerhalb von zwei<br />

Jahren insgesamt von über 5 900 und regelmäßig von<br />

rund 1 700 Hörerinnen und Hörern unterstützt wird. 203<br />

Das ist beachtlich, stellt allerdings eher eine Ausnahme<br />

als die Regel dar.<br />

Auch die ARD/ZDF-Onlinestudie 2012 hebt die zunehmende<br />

Bedeutung von Audioinhalten hervor, insbesondere<br />

in der mobilen Nutzung. Zwölf Prozent der Nutzerinnen<br />

und Nutzer haben im Jahr 2012 Radioprogramme<br />

zeitversetzt angehört. Der Abruf von Audiopodcasts liegt<br />

stabil bei vier Prozent. Sowohl bei den abonnierten Podcasts<br />

als auch bei jenen auf den Internetseiten der Rundfunksender<br />

seien zudem „die anspruchsvolleren Inhalte<br />

aus Politik, Gesellschaft und Kultur häufig vertreten. Es<br />

scheint, dass mit diesen Angeboten überproportional wortorientierte<br />

Hörer angesprochen werden, die die Inhalte<br />

außerhalb des üblichen Live-Programmschemas an- oder<br />

auch nachhören möchten“. 204<br />

Videocasts sind insbesondere im Bereich Comedy und<br />

Entertainment äußerst erfolgreich. Hier gibt es eine Reihe<br />

kommerziell erfolgreiche Formate mit mehreren<br />

100 000 Zuschauerinnen und Zuschauern pro Video und<br />

bis zu 850 000 Abonnenten. Dieses Phänomen hat bisher<br />

erst vereinzelt Aufmerksamkeit in den professionellen<br />

Nachrichtenmedien gefunden, beispielsweise aufgrund der<br />

Finanzierung der angesprochenen Formate über Beteiligung<br />

an den Werbeeinnahmen der Videoplattform You-<br />

Tube oder aufgrund des überraschend hohen Mobilisierungspotenzials<br />

der Abonnentinnen und Abonnenten dieser<br />

Angebote bei den Anti-ACTA-Protesten Anfang 2012. 205<br />

202 Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Larissa_Vassilian<br />

203 Vgl.: Pritlove, Tim: Zwei Jahre Flattr. Eintrag vom 1. Mai 2012.<br />

Online abrufbar unter: http://tim.geekheim.de/2012/05/01/zwei-jah<br />

re-flattr<br />

204 Vgl.: Eimeren, Birgit van/Frees, Beate: 76 Prozent der Deutschen<br />

online. Neue Nutzungssituationen durch mobile Endgeräte. Ergebnisse<br />

der ARD/ZDF-Onlinestudie 2012. In: Media Perspektiven 7–8/<br />

2012, S. 362–379, hier S. 374 f.<br />

205 Vgl. zum Beispiel: Böhm, Markus: Deutsche Web-Stars. Wie man<br />

mit YouTube-Klamauk Geld verdient. Online abrufbar unter: http://<br />

www.spiegel.de/netzwelt/web/deutsche-web-stars-wie-man-mit-you<br />

tube-klamauk-geld-verdient-a-781475.html und Beckedahl, Markus:<br />

YouTube-Stars gegen ACTA. Eintrag vom 8. Februar 2012. Online<br />

abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2012/youtube-stars-gegen-acta

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