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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 38 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

eine Zulassung von Rundfunkveranstaltern erforderlich<br />

ist. 189<br />

In einigen Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht<br />

die Strukturen der dualen Rundfunkordnung geprägt,<br />

die zwar nicht verfassungsrechtlich vorgegeben<br />

sind, aber bestimmten verfassungsrechtlichen Leitlinien<br />

folgen müssen, wenn der Gesetzgeber sich für eine solche<br />

Ordnung entscheidet. Dazu gehört, dass – anders als in<br />

anderen Staaten – öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht<br />

als kompensatorisch ausgleichend für die Bereiche verstanden<br />

wird, in denen private Angebote nicht in hinreichender<br />

Qualität zur Verfügung stehen, sondern die<br />

Rundfunkordnung – so formuliert es ein Teil der rechtswissenschaftlichen<br />

Literatur – „strukturelle Diversifizierung“<br />

anstrebt. Das heißt, die Qualität des Gesamtprogramms<br />

gewinnt dadurch, dass private und öffentlichrechtliche<br />

Rundfunkveranstalter in einen publizistischen<br />

Wettbewerb treten, bei dem sie unterschiedliche Vor- und<br />

Nachteile durch ihre Finanzierungsweise mitbringen. Für<br />

den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat das Bundesverfassungsgericht<br />

zudem eine verfassungsrechtlich gesicherte<br />

Bestands- und Entwicklungsgarantie festgestellt. 190<br />

Auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur ist diese<br />

Interpretation der Verfassung umstritten. Es wird auch gefordert,<br />

dass öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter<br />

Angebote liefern, die private Sender so nicht zur Verfügung<br />

stellen.<br />

Für den Rundfunk insgesamt gilt der Grundsatz der<br />

Staatsferne. Das heißt, staatliche Stellen dürfen weder<br />

selbst Rundfunk veranstalten, noch durch Präsenz in Aufsichtsgremien<br />

oder andere Maßnahmen beherrschenden<br />

Einfluss gewinnen.<br />

Darüber hinaus sind einige Regelungsmaterien für bestimmte<br />

Dienste europarechtlich koordiniert. In der<br />

Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste finden sich<br />

etwa Regelungen zur Werbung und zum Jugendschutz,<br />

aber auch zu weiteren Regelungsmaterien. Die AVMD-<br />

Richtlinie unterscheidet nach linearen Angeboten (nach<br />

deutscher Diktion „Rundfunk“) und Angeboten auf Abruf,<br />

für die nur eingeschränkte Regelungen gelten.<br />

1.4.6.2 Einfachgesetzlicher Regelungsrahmen<br />

Auf dieser Grundlage ist die Kommunikationsordnung in<br />

der Bundesrepublik Deutschland grob zweigeteilt. Es<br />

existieren allgemeine Regelungen, die für alle Angebote<br />

in gleicher Weise gelten, wie beispielsweise äußerungsrechtliche<br />

Regeln, die die Rechtmäßigkeit von Berichterstattung<br />

über Personen betreffen.<br />

189 Siehe: BVerfGE 74, 295.<br />

190 Siehe: BVerfGE 83, 238.<br />

Darüber hinaus existieren für die Presse nur ordnungsrechtliche<br />

Vorschriften in den Landespressegesetzen, für<br />

den Rundfunk und zum Teil für Telemedien dagegen spezifische<br />

Vorgaben im Rundfunkstaatsvertrag und in einzelnen<br />

Gesetzen der Länder. Ein Kernregelungsziel für<br />

den Rundfunk ist die Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht<br />

(§§ 26 ff. RStV). Diese Regelungen greifen<br />

nur, wenn jedenfalls auch ein Rundfunkveranstalter betroffen<br />

ist. Im Bereich der Werberegulierung existieren<br />

die Werbemengen begrenzenden Regelungen nur für den<br />

linearen Rundfunk, nicht für Telemedien. Ob diese Sonderrolle<br />

des Rundfunks so noch sachgerecht ist und an die<br />

richtigen Kriterien angeknüpft wird, ist umstritten.<br />

1.4.7 Auswirkungen der Digitalisierung und<br />

der Konvergenz für den deutschen<br />

Mediensektor<br />

Die föderale Struktur des Medienbereichs findet seinen<br />

Ausgang im Aufbau einer neuen, dezentralen deutschen<br />

Medienlandschaft unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg.<br />

Strukturell erfolgte dieser zunächst in den drei<br />

westlichen Besatzungszonen. In der Folge wurden die<br />

Gesetzgebungskompetenzen der Länder für den Rundfunkbereich<br />

im Grundgesetz verankert. Durch die Leitentscheidung<br />

des Bundesverfassungsgerichts in Sachen<br />

„Deutschland-Fernsehen“ 191 sowie in jüngerer Zeit durch<br />

die Föderalismus-Kommission 2003 bis 2004 (Autonomie-Wahrung)<br />

wurde die prägende Rolle der Bundesländer<br />

abgesichert. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben,<br />

dass stets Rundfunk und Pressewesen im Fokus<br />

der Medienpolitik gestanden haben. Das erklärte Ziel der<br />

klassischen Medienpolitik liegt in der Sicherung von vielfältigen<br />

Medieninhalten. Vor diesem Hintergrund gibt es<br />

somit in der deutschen Medienpolitik eine historisch gewachsene<br />

Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern.<br />

Der fortschreitende europäische Integrationsprozess<br />

und das damit verbundene Ziel der Entwicklung eines gemeinsamen<br />

Binnenmarktes führte dazu, dass Ende der<br />

1980er Jahre mit der Europäischen Gemeinschaft eine zusätzliche<br />

Ebene prägenden Einfluss auf die Medienpolitik<br />

in Deutschland gewann.<br />

Mit dem Aufkommen des Satelliten- und Kabelfernsehens<br />

erarbeiteten das Europäische Parlament und der Rat<br />

die 1989 verabschiedete Richtlinie Fernsehen ohne<br />

Grenzen, die 1997 sowie 2007 überarbeitet und 2010<br />

schließlich kodifiziert wurde. 192 Im Jahr 2010 hat die Europäische<br />

Union in der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste<br />

Regeln festgelegt, die die EU-weite Harmonisierung<br />

nationaler Gesetzgebung für alle audiovisuellen<br />

Medien, sowohl herkömmliche Fernsehsendungen (linear)<br />

als auch Dienste auf Abruf (nicht-linear), regelt. Zu<br />

den Vorgaben zählen unter anderem die Einführung europaweit<br />

gültiger Regeln für die Bereiche der Werbung und<br />

des Jugendschutzes. Mit dieser Richtlinie schuf die Europäische<br />

Union einen gemeinsamen Rechtsrahmen für audiovisuelle<br />

Mediendienste, unabhängig vom Verbreitungsweg<br />

und von der genutzten Technologie. Ähnlich<br />

wie bei der Regulierung der Telekommunikationsmärkte<br />

ist es ein Ziel des EU-Rechtsrahmens, einen Binnenmarkt<br />

für audiovisuelle Medien zu schaffen. Vor diesem Hinter-<br />

191 Siehe: BVerfGE 12, 205 (1961).<br />

192 Siehe: Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechtsund<br />

Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung<br />

audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle<br />

Mediendienste).

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