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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 37 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />

Ungeachtet der Frage, ob sich bereits momentan Tageszeitungen<br />

und Online-Nachrichtenportale in einem Substitutionsverhältnis<br />

zueinander befinden, steht in jedem<br />

Fall fest, dass die etablierten Verlagshäuser sich inmitten<br />

von tiefgreifenden Veränderungen befinden. Schon heute<br />

zehren die Druck- und Distributionskosten für (überregionale)<br />

Tageszeitungen die Abonnenten- und Einzelverkaufserlöse<br />

(weitgehend) auf. Die Werbeerlöse stagnieren<br />

und entwickeln sich – auch wegen der Konkurrenz der<br />

Online-Medien – rückläufig. All das deutet darauf hin,<br />

dass sich die wirtschaftliche Situation der klassischen<br />

Printmedien künftig noch weiter verschärfen wird. Langfristig<br />

wird sich der Verbreitungsweg durchsetzen, der im<br />

publizistischen und wirtschaftlichen Wettbewerb besteht.<br />

Die Substitution der gedruckten Zeitung durch die<br />

Online-Zeitung setzt voraus, dass sich auch im Online-<br />

Bereich entsprechende Werbeerlöse generieren beziehungsweise<br />

entsprechende Bezahlformen implementieren<br />

lassen.<br />

Auch ist zu berücksichtigen, dass die Zeitungslektüre in<br />

erheblicher Weise von den (haptischen) Gewohnheiten<br />

der Leserinnen und Leser geprägt ist. Diejenigen Zeitungsleser,<br />

die in der analogen Welt sozialisiert sind, werden<br />

auf die gedruckte Zeitung kaum verzichten wollen<br />

und digitale Versionen beziehungsweise Angebote lediglich<br />

als Ergänzung verstehen. Für die jüngere, (im Wesentlichen)<br />

durch das Internet sozialisierte Generation<br />

mag etwas anderes gelten. Aus demografischen Gründen<br />

wird ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung im Vergleich<br />

zu den bisherigen Generationen nur verhältnismäßig gering<br />

ansteigen. Die demografische Entwicklung wird<br />

auch insoweit die technologische Entwicklung in der<br />

Bundesrepublik Deutschland bremsen und den Migrationsprozess<br />

von der gedruckten zur digitalen Zeitung<br />

verzögern.<br />

Der Übergang auf die digitale Verbreitungsform birgt<br />

nicht nur Risiken, sondern mittel- und langfristig auch erhebliche<br />

Chancen. Wie bereits erwähnt, sind die (ständig<br />

steigenden) Druck- und Distributionskosten des Printbereichs<br />

ein wesentlicher Kostenfaktor bei klassischen Zeitungen<br />

und Zeitschriften. Bei überregionalen Zeitungen<br />

verschlingen die Druck- und Distributionskosten nahezu<br />

vollständig die Abonnenten- und Einzelverkaufserlöse.<br />

Online-Zeitungen und -Zeitschriften verfügen über eine<br />

ungleich schlankere Kostenstruktur und damit über einen<br />

Effizienzvorteil im Vergleich zu den klassischen Printmedien.<br />

Aktuell hat dieser Effizienzvorteil noch keine Bedeutung,<br />

weil es sich kaum ein Verlagshaus leisten kann, auf die<br />

klassische Printform zu verzichten. Deshalb kumulieren<br />

die Kosten für beide Vertriebsformen, ohne dass Zielgruppe<br />

und Umsätze entsprechend wachsen. Erst bei einer<br />

vollständigen Substituierung des Printvertriebs durch<br />

den Online-Vertrieb lassen sich die Effizienzvorteile der<br />

digitalen Vertriebsform generieren. Dieser Effizienzvorteil<br />

ist auch und gerade im Zusammenhang mit der Diskussion<br />

über die Zukunft des Qualitätsjournalismus in<br />

den Online-Medien zu berücksichtigen.<br />

Im Hinblick auf die Herausforderungen für die Presse, die<br />

sich aus der zunehmenden Bedeutung des Internet ergeben,<br />

werden folgende größere Diskussionslinien verfolgt:<br />

– An der Forderung der Verleger nach einem Leistungsschutzrecht<br />

hat sich die Frage nach der Rolle von Intermediären<br />

im Internet kristallisiert. Aus der Sicht der<br />

Verlage erzeugen Intermediäre Aufmerksamkeit für<br />

ihre Angebote unter Rückgriff auf die Leistungen der<br />

Verlage. Andersherum wird argumentiert, dass die<br />

Online-Reichweiten von Verlagsangeboten zu einem<br />

erheblichen Anteil auf Verweise dieser Intermediäre<br />

zurückzuführen sind. So argumentiert beispielsweise<br />

Google, dass etwa die Hälfte aller Visits auf Verlagsseiten<br />

über Google zustande kämen.<br />

– Auch wenn es nicht nur die Presse betrifft, so wird die<br />

Frage der nachhaltigen Finanzierung journalistisch-redaktioneller,<br />

qualitätsvoller Inhalte vor allem mit<br />

Blick auf die Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen<br />

geführt. Es scheint nicht sichergestellt, dass die traditionellen<br />

Geschäftsmodelle die Refinanzierung dieser<br />

Funktion dauerhaft sichern.<br />

1.4.6 Grundlagen der Kommunikationsordnung<br />

1.4.6.1 Verfassungsrechtliche und europarechtliche<br />

Basis<br />

In Kapitel 1.1 Grundrechtsfragen: Anwendung der Kommunikationsgrundrechte<br />

auf die Internetkommunikation/<br />

Lücken/Einordnungsschwierigkeiten dieses Berichtes wurde<br />

bereits die Struktur der in Artikel 5 Absatz 1 GG gewährleisteten<br />

Kommunikationsfreiheiten beschrieben. Jedenfalls<br />

für den Rundfunk geht das Bundesverfassungsgericht<br />

davon aus, dass freie individuelle und öffentliche<br />

Meinungsbildung nur möglich ist, wenn der Gesetzgeber<br />

eine Rundfunkordnung gestaltet, die die unterschiedlichen<br />

Interessen in diesem Feld zum Ausgleich bringt. 187<br />

Der Gesetzgeber besitzt hier einen breiten Gestaltungsspielraum,<br />

von dem die Länder im Rundfunkstaatsvertrag,<br />

in den einzelnen Landesmediengesetzen und Staatsverträgen<br />

Gebrauch gemacht haben. Geht man davon aus,<br />

dass solche ausgestaltenden Maßnahmen nur für den Bereich<br />

des Rundfunks verfassungsrechtlich zulässig sind,<br />

wird die Frage bedeutsam, ob es sich bei einem bestimmten<br />

Angebot verfassungsrechtlich um Rundfunk handelt<br />

oder nicht. 188<br />

Für den Rundfunk geht das Bundesverfassungsgericht dabei<br />

auch davon aus, dass der Markt allein als Instrument<br />

zur Machtkontrolle nicht ausreicht und es entsprechend<br />

spezifischer Regelungen bedarf – beim klassischen Rundfunk<br />

sogar in Form einer vorherigen Kontrolle, so dass<br />

187 Siehe etwa: BVerfGE 57, 295 (319 ff.), dieses Grundkonzept wird<br />

immer noch grundsätzlich bestritten; vgl. dazu auch: Degenhart,<br />

Christoph: Artikel 5 Absatz 1 und 2, Rn 643 und 644. In: Waldhoff,<br />

Christian/Dolzer, Rudolf/Graßhof, Karin (Hrsg.): Bonner Kommentar<br />

zum Grundgesetz. Stand: September 2004.<br />

188 Anmerkung: Siehe Kapitel 1.1.6.1 Abgrenzung Presse und Rundfunk<br />

in diesem Bericht.

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