BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 34 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
Die Rechte und Möglichkeiten des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks haben die Länder im Drei-Stufen-Test (§ 11f<br />
Absatz 4 RStV) geregelt, der mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag<br />
(RStV) im Juni 2009 in Kraft trat und<br />
die Zulässigkeit der Angebote der Anstalten im Internet<br />
regelt. Danach dürfen die Rundfunkanstalten ihre Programme<br />
und Begleitinformationen nach der Sendung in<br />
der Regel sieben Tage im Internet zum Abruf bereit halten.<br />
Darüber hinausgehende Angebote sind nur dann länger<br />
zulässig, wenn sie in ein sogenanntes Telemedienkonzept<br />
der Rundfunkanstalt aufgenommen sind.<br />
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nutzen seit<br />
langem das Internet als Übertragungsweg und unterbreiten<br />
hier auch nicht-lineare Angebote. Die Auseinandersetzung<br />
um die Zulässigkeit der Finanzierung der letztgenannten<br />
Angebote durch Rundfunkgebühren (heute:<br />
Rundfunkbeiträge) war lange umstritten und führte zu einem<br />
Beihilfeverfahren bei der Europäischen Kommission,<br />
das mit einem Kompromiss endete. <strong>17</strong>0 Das Ergebnis<br />
ist ein Rechtsrahmen im Rundfunkstaatsvertrag, der dem<br />
öffentlich-rechtlichen Rundfunk nun genuin das Angebot<br />
von Telemedien als Auftrag zuweist. Bestimmte Arten<br />
von Telemedienangeboten sind direkt im Gesetz genannt<br />
(etwa das Angebot im Fernsehprogramm ausgestrahlter<br />
Sendungen zum Abruf in der Mediathek für grundsätzlich<br />
sieben Tage gemäß § 11d Absatz 2 RStV). Dem öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk ist es gemäß § 11d Absatz 2<br />
RStV jedoch untersagt, bestimmte Angebote, wie „nicht<br />
sendungsbezogene presseähnliche Angebote“, online zur<br />
Verfügung zu stellen. Darüber hinaus haben die öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunkanstalten die Möglichkeit,<br />
ihren Programmauftrag selbst zu konkretisieren und Konzepte<br />
für Telemedien zu erstellen, die dann nach Durchlaufen<br />
des Drei-Stufen-Tests Bestandteil ihres Auftrags<br />
werden. <strong>17</strong>1<br />
Auf dieser Grundlage bieten die öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunkanstalten nicht nur Online-Angebote zur Nutzung<br />
mit Web-Browsern an, sondern auch Applikationen<br />
wie beispielsweise die der Tagesschau, die im Sommer<br />
2012 Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen<br />
wurde. <strong>17</strong>2<br />
Darüber hinaus haben öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten<br />
auf der Grundlage des Staatsvertrages die Möglichkeit,<br />
Inhalte etwa nach Ablauf der Sieben-Tage-Frist<br />
kommerziell auch im Internet zu verwerten.<br />
Im Rahmen der Drei-Stufen-Tests und der sich darum<br />
rankenden Diskussion wurde deutlich, dass sich insbesondere<br />
bei jüngeren Nutzerinnen und Nutzern die Informationsrepertoires<br />
so ändern, dass sie über traditionelle<br />
<strong>17</strong>0 Vgl.: <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>: Protokoll zum öffentlichen Expertengespräch<br />
der Projektgruppe Kultur, Medien und Öffentlichkeit am<br />
5. November 2012 im Deutschen <strong>Bundestag</strong>. Teil 2, a. a. O.<br />
<strong>17</strong>1 Anmerkung: Überblick zu den einzelnen Kriterien des Drei-Stufen-<br />
Tests bei Eifert, Martin. In: Hahn, Werner/Vesting, Thomas:<br />
Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht. 3. Aufl., München:<br />
2012, § 11 f. RStV, Rn. 55 ff.<br />
<strong>17</strong>2 Siehe zur Unzulässigkeit der Tagesschau-App als presseähnliches<br />
Angebot in ihrer Version vom 15. Juni 2011. LG Köln, Urteil vom<br />
27. September 2012, Az.: 31 O 360/11.<br />
lineare Rundfunkangebote zunehmend schwerer erreichbar<br />
sind. <strong>17</strong>3 Unter anderem vor diesem Hintergrund haben<br />
die öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter ihre Digital-Strategie<br />
entwickelt.<br />
Der Bereich öffentlich-rechtlicher Online-Angebote ist<br />
weiterhin umstritten. Folgende Punkte prägen die Diskussion:<br />
– Aus der Sicht vor allem der Presseverlage, aber auch<br />
des privaten Rundfunks sind die Regelungen zu öffentlich-rechtlichen<br />
Online-Angeboten immer noch zu<br />
wenig konkret und auch zu weit gefasst. Insbesondere<br />
würde nicht hinreichend darauf abgestellt, dass das<br />
Angebot von kostenfreien Apps – selbst wenn sie mit<br />
freien Internet-Angeboten inhaltsgleich sind – den<br />
Markt für entsprechende privatwirtschaftliche Angebote<br />
verkleinert und damit der Presse die Möglichkeit<br />
beschränkt, ihre journalistisch-redaktionellen Angebote<br />
zu refinanzieren und wegbrechende Abonnement-Einnahmen<br />
auszugleichen. Zudem wird die Organisationsstruktur<br />
des Drei-Stufen-Tests kritisiert. An<br />
die Stelle der Prüfung durch die Kontrollgremien des<br />
öffentlich-rechtlichen Rundfunks müsse – so die Kritik<br />
– eine Prüfung durch ein externes Gremium treten,<br />
ebenso wie dies bei der Prüfung des Finanzbedarfs des<br />
öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Kommission<br />
zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten<br />
(KEF) der Fall ist.<br />
– Aus der Sicht öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter<br />
stellen insbesondere die für öffentlich-rechtliche<br />
Anbieter untersagten Inhalte eine Beschränkung<br />
ihrer redaktionellen Autonomie und der Möglichkeit<br />
dar, sich veränderten Nutzungsgewohnheiten und auch<br />
den neuen journalistischen Darstellungsformen<br />
(Online-Journalismus) anzupassen. Der Drei-Stufen-<br />
Test als Möglichkeit, die europarechtlichen Anforderungen<br />
mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen<br />
der Entwicklungsgarantie und der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks in Einklang zu bringen,<br />
hat im Ergebnis ein aufwändiges Verfahren erzeugt.<br />
Verbraucherschützer monieren die kurzen<br />
Verweildauern von Material, das durch die Beiträge<br />
von den Bürgerinnen und Bürgern finanziert wurde.<br />
– Die Abgrenzungsbegriffe, die die Rechtsgrundlagen<br />
enthalten, wie etwa den Begriff der „Presseähnlichkeit“<br />
haben in der Praxis Anwendungsschwierigkeiten<br />
hervorgerufen. Ob sich die Erwartung realisiert, die<br />
Beteiligten würden in Form von Absprachen zu aus<br />
ihren Kernkompetenzen abgeleiteten Angebotsprofilen<br />
gelangen, die sich wechselseitig nicht übermäßig<br />
behindern, wird unterschiedlich beurteilt.<br />
– Inwieweit die Möglichkeit einer Creative Commons-<br />
Lizenzierung <strong>17</strong>4 von öffentlich-rechtlichen Produktio-<br />
<strong>17</strong>3 Vgl.: Hasebrink, Uwe/Schmidt, Jan-Hinrik: Informationsrepertoires<br />
der deutschen Bevölkerung. In: Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts<br />
Nr. 24, Hamburg: 2012, S. 15, 54.<br />
<strong>17</strong>4 Vgl.: <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>: Dritter Zwischenbericht der Enquete-<br />
Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“/Urheberrecht. <strong>Bundestag</strong>sdrucksache<br />
<strong>17</strong>/7899 vom 23. November 2011. Online abrufbar<br />
unter: http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/<br />
Urheberrecht/11-11-23_PGUR_Zwischenbericht_Urheberrecht.pdf