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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 22 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund<br />

steht. 96 Eine Formalbeleidigung ist eine Äußerung, die<br />

schon aufgrund der Form oder Umstände eine Beleidigung<br />

darstellt. Andere sehen diese Äußerungen zwar vom<br />

Schutzbereich erfasst, lassen aber im Rahmen der Abwägung<br />

dann das andere Rechtsgut vorgehen. 97<br />

1.2.3.3 Eingriff<br />

Ein Eingriff in die Meinungsfreiheit kann auf verschiedene<br />

Weise erfolgen. Zum Beispiel indem eine Äußerung<br />

komplett beziehungsweise für einen gewissen Zeitraum<br />

verboten wird oder wenn sie Sanktionen nach sich zieht. 98<br />

Da auch die Art und Weise geschützt wird, liegt ebenso<br />

ein Eingriff vor, wenn zwar nicht die Meinungsäußerung<br />

an sich, aber die Umstände eingeschränkt werden. 99<br />

1.2.3.4 Schranken<br />

1.2.3.4.1 Beschränkungen der Meinungsfreiheit<br />

Gemäß Artikel 5 Absatz 2 GG findet die Meinungsfreiheit<br />

ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen<br />

Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze<br />

der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Ein<br />

Eingriff kann durch ein Gesetz, das den Anforderungen<br />

des Artikel 5 Absatz 2 GG entspricht, gerechtfertigt sein.<br />

Unter dem Begriff „allgemeine Gesetze“ versteht das<br />

Bundesverfassungsgericht Gesetze, „die nicht eine Meinung<br />

als solche verbieten, sondern vielmehr dem Schutze<br />

eines Rechtsguts dienen, das gegenüber der Meinungsfreiheit<br />

Vorrang genießt“. 100<br />

Das BVerfG hat eine Ausnahme zu dem Erfordernis der<br />

Allgemeinheit von einschränkenden Gesetzen anerkannt.<br />

So kann ausnahmsweise auch Sonderrecht eine zulässige<br />

Schranke bilden, wenn das entsprechende Verbotsgesetz<br />

gerade darauf abzielt, das nationalsozialistische Regime<br />

in den Jahren zwischen 1933 und 1945 gutzuheißen. 101<br />

Grund dafür ist, dass die Ablehnung und die Distanzierung<br />

von der Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus<br />

ein prägender Bestandteil des Grundgesetzes sind. 102 In<br />

dieser Entscheidung stellte das Gericht dann auch fest,<br />

dass § 130 IV StGB, der gerade solch ein Sonderrecht<br />

darstellt, aus eben genanntem Grund eine zulässige<br />

Schranke für Artikel 5 GG darstellt. 103<br />

Ein Eingriff kann aber außer durch einfache Gesetze<br />

ebenso durch Schranken gerechtfertigt sein, die sich unmittelbar<br />

aus der Verfassung ergeben. 104 Somit sind mögliche<br />

Schranken also auch kollidierende Grundrechte und<br />

Rechtsgüter von Verfassungsrang.<br />

1.2.3.4.2 Einfache Gesetze als Schranke für<br />

Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz<br />

Beispielhaft seien Gesetze genannt, die als Schranke für<br />

den Artikel 5 Absatz 1 GG in Frage kommen:<br />

§ 90a StGB, Verunglimpfung des Staates und seiner<br />

Symbole<br />

§ 90a StGB schützt vor Verunglimpfungen des Staates.<br />

Geschützt werden die Bundesrepublik Deutschland und<br />

ihre Bundesländer in der Form eines freiheitlich demokratischen<br />

Rechtsstaates und die verfassungsmäßige Ordnung.<br />

105 Unter Beschimpfung versteht man die Kundgabe<br />

von Missachtung, die nach Form oder Inhalt besonders<br />

verletzend ist. 106 Die Einschätzung der Äußerung als verletzend<br />

oder nicht, richtet sich nach dem Urteil eines unbefangenen<br />

und auf religiöse Toleranz bedachten Dritten.<br />

107<br />

§ 166 StGB, Beschimpfung von Bekenntnissen,<br />

Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen<br />

§ 166 StGB enthält einen Straftatbestand für Beschimpfungen,<br />

unter anderem gegen religiöse und weltanschauliche<br />

Bekenntnisse, die geeignet sind, den öffentlichen<br />

Frieden zu stören. Die Vorschrift schützt den öffentlichen<br />

Frieden und nicht – wie es der Wortlaut nahelegen könnte –<br />

die Weltanschauung oder die Religion an sich. 108 Unter<br />

Beschimpfung versteht man, wie bereits festgestellt, die<br />

Kundgabe von Missachtung, die nach Form oder Inhalt<br />

besonders verletzend ist. 109 Die Einschätzung der Äußerung<br />

als verletzend oder nicht, richtet sich auch hier nach<br />

dem Urteil eines unbefangenen und auf religiöse Toleranz<br />

bedachten Dritten. 110<br />

§ 130 StGB, Volksverhetzung<br />

§ 130 StGB schützt (Gruppen von) Menschen, die aus<br />

Gründen ihrer nationalen, rassischen, religiösen oder ihrer<br />

ethnischen Herkunft verbal angegriffen werden. Der<br />

Schutzzweck dieser Norm ist der Schutz des öffentlichen<br />

Friedens und der Menschenwürde des Einzelnen. 111<br />

§ 130 Absatz StGB sanktioniert die sogenannte „Holocaustleugnung“.<br />

Diese ist – wie oben bereits erwähnt –<br />

aufgrund der erwiesenen Unwahrheit dieser Tatsache<br />

schon nicht vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit erfasst.<br />

96 Vgl.: Schulze-Fielitz, Helmuth: Artikel 5 Absatz 1 und 2 GG,<br />

Rn <strong>17</strong>9. In: Dreier, Horst (Hrsg.): Grundgesetz Kommentar. Bd. 1,<br />

2. Aufl., Tübingen: 2004.<br />

97 Vgl.: Grimm, Dieter: Die Meinungsfreiheit in der Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichts. A. a. O., S. <strong>17</strong>03.<br />

98 Vgl.: Grimm, Dieter: ebd., S. <strong>17</strong>00.<br />

99 Vgl.: ebd.<br />

100 Siehe: BVerfGE 7, 198 (209).<br />

101 Siehe: BVerfGE 124, 300 (327 f.).<br />

102 Siehe: BVerfGE 124, 300 (328).<br />

103 Siehe: BVerfGE 124, 300 (327 ff.).<br />

104 Siehe: BVerfGE 66, 116 (136).<br />

105 Vgl.: Valerius, Brian: § 90a, Rn 3. In: Heintschel-Heinegg von,<br />

Bernd (Hrsg.): Beck’scher Online-Kommentar StGB, Stand: 15. Juni<br />

2012, Edition: 19.<br />

106 Vgl.: Valerius, Brian: § 90a, Rn 4. A. a. O.<br />

107 Vgl.: Valerius, Brian: § 90a, Rn 7. A. a. O.<br />

108 Vgl.: Valerius, Brian: § 166, Rn 1. A. a. O.<br />

109 Vgl.: Valerius, Brian: § 166, Rn 9 in Verbindung mit § 90a, Rn 4.<br />

A. a. O.<br />

110 Vgl.: Valerius, Brian: § 166, Rn 9. A. a. O.<br />

111 Vgl.: Schäfer, Jürgen: § 130, Rn 1 ff. In: Joecks, Wolfgang/Miebach,<br />

Klaus (Hrsg.): Münchener Kommentar zum StGB. 2. Aufl., München:<br />

2012.

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