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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 18 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

Presse, Videodienste wie YouTube und auch Mischdienste,<br />

die Text und Videos enthalten, erfasst sein. 62<br />

1.2.1 Bundesrepublik Deutschland<br />

1.1.6.1.4 Einordnung des Jedermanns, der<br />

Massenkommunikation betreibt<br />

Sobald sich der Einzelne im Internet an eine unbestimmte<br />

Vielzahl von Personen richtet, betreibt er Massenkommunikation<br />

und ist mithin auch von den Gewährleistungen<br />

des Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG geschützt. Von welcher<br />

Gewährleistung im Einzelnen entscheidet sich anhand der<br />

oben genannten Ansichten – abhängig davon, wie man<br />

die Internetaktivitäten grundrechtlich einstuft.<br />

1.2 Hate Speech im Internet – Sachstand und<br />

erste Maßnahmen 63<br />

Mit dem Begriff Hate Speech (englisch für Hass-Sprache<br />

oder Hass-Rede) werden all jene sprachlichen Äußerungen<br />

bezeichnet, die ausgrenzend beziehungsweise benachteiligend<br />

gegen bestimmte Personen oder Personengruppen<br />

gerichtet sind und im Extremfall sogar einen<br />

Anreiz zur Gewalt gegen diese darstellen.<br />

Der Begriff lehnt sich insbesondere an eine in den USA<br />

geführte Diskussion an, bei der mit Hate Speech allgemein<br />

die Diskriminierung extremistischer Gruppen, wie<br />

beispielsweise die religiöser Fanatiker, bezeichnet wird.<br />

In diesem weit gefassten Sinn wird der Begriff in den<br />

USA in juristischen, politischen und soziologischen Kontexten<br />

verwendet: „In den Vereinigten Staaten werden<br />

freie Meinungsäußerungen geschützt, die nicht tatsächlich<br />

einen Aufruf zu Gewalt darstellen. Die Kriterien sind<br />

dabei streng ausgelegt: Selbst eine Rede, die Gewalt<br />

rechtfertigt oder rassistische Beleidigungen enthält, wird<br />

weitgehend geschützt, wenn nicht beweisbar ist, dass es<br />

zu „unmittelbarer Gewaltausübung“ kommen wird. Allerdings<br />

haben viele private amerikanische Institutionen,<br />

insbesondere Universitäten, eigene, strengere Richtlinien<br />

gegen Hate Speech in ihrem Bereich erlassen. Vorschriften<br />

öffentlicher Universitäten, welche entsprechende Verhaltensweisen<br />

verbieten sollten, wurden jedoch durch<br />

amerikanische Gerichte immer wieder eingeschränkt.“ 64<br />

Anders aber als beispielsweise in Deutschland, wo versucht<br />

wird, der Problematik mit Verboten beizukommen,<br />

setzen die USA im Kampf gegen Hate Speech im Internet<br />

auf den freien Austausch von Ideen. 65<br />

62 Vgl.: ebd.<br />

63 Anmerkung: Das folgende Kapitel basiert auf der Ausarbeitung<br />

„Hate Speech im Internet.Sachstand“ des Wissenschaftlichen Dienstes<br />

des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es vom 31. Oktober 2012 und ist in<br />

einigen Passagen auch nahezu wortgleich daraus übernommen.<br />

WD 10-3000-097/12, Autorin: Sabine Böger. Die Ausarbeitung entstand<br />

auf Antrag der Projektgruppe Kultur, Medien und Öffentlichkeit<br />

der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft.<br />

64 Anmerkung: Die Definition basiert auf Einträgen der freien Enzyklopädie<br />

Wikipedia. Zu den rechtlichen Bestimmungen im Hinblick auf<br />

Hate Speech in einzelnen Ländern siehe auch: http://en.wikipedia.org/wiki/Hate_speech<br />

65 Vgl.: Timofeeva, Yulia A.: Hate Speech online – restricted or protected?<br />

Comparison on Regulations in the United States and Germany.<br />

In: Journal of Transnational Law & Policy, Vol. 12:2 (2003),<br />

S. 253–286. Online abrufbar unter: http://law-wss-01.law.fsu.edu/<br />

journals/transnational/vol12_2/timofeeva.pdf<br />

Im Gegensatz zu den USA ist die Diskussion in Deutschland<br />

nahezu ausschließlich auf rechtsextreme Inhalte konzentriert.<br />

Insbesondere die gemeinsame Zentralstelle der<br />

Bundesländer für Jugendmedienschutz im Internet, Jugendschutz.net<br />

66 , verfolgt seit dem Jahr 2000 die Entwicklungen<br />

in diesem Bereich kontinuierlich – vor allem<br />

mit Blick auf rechtsextreme Websites und Inhalte, die<br />

sich an Heranwachsende richten.<br />

Im Jahr 2011 waren 1671 eigenständige Internetangebote<br />

der organisierten rechtsextremen Szene und von Einzelpersonen<br />

Gegenstand des Monitoring. Zwei Jahre zuvor<br />

hatte Jugendschutz.net mit 1 872 entsprechenden Websites<br />

den bisherigen Höchststand seit Beginn der Auswertung<br />

im Jahr 2000 dokumentiert. Aktuell zeichnet sich<br />

deutlich der Trend ab, dass die rechtsextreme Szene ihre<br />

(propagandistischen) Aktivitäten immer stärker ins Social<br />

Web, das heißt in Communitys, Soziale Netzwerke oder<br />

auf Videoplattformen, verlagert. Jugendschutz.net zählte<br />

hier im Jahr 2011 etwa 4 000 rechtsextreme Beiträge,<br />

67 Prozent davon allein auf YouTube und Facebook. Insbesondere<br />

gesellschaftlich stark diskutierte und emotional<br />

besetzte Themen wie Finanzkrise, Arbeitslosigkeit oder<br />

sexueller Missbrauch werden von Rechtsextremen genutzt,<br />

um in Communitys wie Facebook möglichst viele<br />

Nutzerinnen und Nutzer zu erreichen. Auf diese Weise<br />

gelingt es oft auch, Menschen außerhalb rechtsextremer<br />

Kreise anzusprechen, die spontan reagieren und den Aktionen<br />

über „likes“ und „shares“ Gewicht verleihen. Derartige<br />

Kampagnen wurden 2011 in erster Linie über You-<br />

Tube und Facebook, aber auch auf Twitter initiiert. Der<br />

Microblogging-Dienst wird von Rechtsextremen zunehmend<br />

stärker frequentiert. 2011 dokumentierte Jugendschutz.net<br />

141 Kanäle – etwa doppelt so viele wie im<br />

Vorjahr (2010: 73). Vor allem Neonazigruppen und die<br />

NPD nutzen den Dienst.<br />

Im Monitoring 2011 entfielen rund 40 Prozent der insgesamt<br />

1 607 Meldungen, die Internetnutzerinnen und -nutzer<br />

mit Blick auf jugendgefährdende Inhalte an Jugendschutz.net<br />

richteten, auf Beiträge im Web 2.0. Auf diese<br />

Hinweise bezogene Anfragen bei den Providern führten<br />

in den meisten Fällen zu einer Löschung der Inhalte. Jugendschutz.net<br />

beklagt allerdings, dass dies häufig nur<br />

den Zugriff aus Deutschland betrifft, da die Inhalte im<br />

Ausland legal sein können.<br />

66 Anmerkung: Jugendschutz.net ist eine gemeinnützige Gesellschaft<br />

der Jugendministerien der Länder, die auf der Grundlage des § 18 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag<br />

(JMStV) auf die Einhaltung des<br />

Jugendmedienschutzes in den sogenannten Telemedien, also insbesondere<br />

im Internet, achtet und darauf drängt, dass Anbieter problematische<br />

Inhalte umgehend ändern, löschen oder für Kinder und Jugendliche<br />

unzugänglich machen. Neben Websites, Blogs und Foren<br />

kontrolliert Jugendschutz.net auch Videoplattformen, Communitys,<br />

Chats und Instant Messenger auf jugendgefährdende Inhalte. Finanziert<br />

wird Jugendschutz.net von den Landesmedienanstalten und den<br />

Ländern. Organisatorisch ist die Gesellschaft seit Inkrafttreten des<br />

JMStV 2003 an die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) angebunden<br />

und unterstützt diese ebenso wie die obersten Landesjugendbehörden<br />

in deren Arbeit.

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