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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 149 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />

leicht zu bewerkstelligende Installation ermöglichen und<br />

der Nutzer die Anordnung von Apps nach eigenen Präferenzen<br />

vornehmen kann, ist auch in diesem Bereich keine<br />

regulatorische Neuerung erforderlich. In diesem Zusammenhang<br />

plädierte auch der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz<br />

und Vorsitzende der Rundfunkkommission der<br />

Länder Kurt Beck im Rahmen der Veranstaltung medienpolitik@IFA<br />

dafür, dass es dem Zuschauer auch künftig<br />

überlassen bleiben müsse, welche Programme und Inhalte<br />

er auf seinem Fernseher zulässt. Insofern stelle Smart TV<br />

keine Gefahr, sondern eine inhaltliche Bereicherung dar,<br />

die bei genügend offenen Browsern eine Regulierung seitens<br />

der Politik nicht erforderlich mache. 446<br />

Abschließend kann konstatiert werden, dass die Einführung<br />

regulatorischer Instrumente, die in Anlehnung an<br />

den Gedanken des „Must Carry“ eine „Must Be Found“-<br />

Regel für den Rundfunk in neuen Diensten etablieren,<br />

weder rechtlich vorgesehen noch in tatsächlicher Hinsicht<br />

umsetzbar erscheinen. Ein solcher Ansatz ist auch verfassungsrechtlich<br />

nicht angezeigt. Grundsätzlich sollte bei<br />

allen Regulierungsüberlegungen, die die konvergente<br />

Welt des Internet betreffen, die Entwicklungsoffenheit im<br />

Vordergrund stehen: Eine Medienordnung für die digitale<br />

Welt muss Raum für Innovation schaffen. Dies gilt besonders<br />

für die Dienste und Angebote des Internet, welche<br />

dem Nutzer unter anderem durch die Loslösung von<br />

Übertragungskapazitäten neue Souveränität und Wahlfreiheit<br />

verschaffen.<br />

(Vgl. Frage 4: Das heutige Medienkonzentrationsmodell<br />

ist sehr fernsehorientiert. Was könnte man künftig tun,<br />

damit Meinungsbildungsprozesse und Bewertungen des<br />

Medienkonzentrationsmodells sich stärker im Kontext des<br />

Internet bewegen?)<br />

446 Vgl.: http://www.medienwoche.de/2012/medienpolitiknetzpolitikrueckblick<br />

447 Siehe: Ständige Rechtsprechung, mit dieser Begründung seit<br />

BVerfGE 57, 295, 323; vgl. zuletzt BVerfGE 119, 181, 216.<br />

448 Siehe: BVerfGE 97, 228, (256 f.) „Leitmedium“.<br />

Im Rahmen der Antwort auf Frage 3 wurde bereits darauf<br />

hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht die dienende<br />

Rolle des Rundfunks in seiner Rechtsprechung zu<br />

Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG besonders hervorhebt. Hiernach<br />

käme insbesondere dem Fernsehen als „Leitmedium“<br />

schlechthin konstituierende Bedeutung für den<br />

Meinungsbildungsprozess zu. Das herausragende Wirkungspotenzial<br />

des Rundfunks ergibt sich aus seiner besonderen<br />

Meinungsrelevanz, welche an der Begriffstrias<br />

„Suggestivkraft, Breitenwirkung und Aktualität“ festgemacht<br />

wird. 447 Das Fernsehen verfügt über die größte<br />

Suggestivkraft, denn es kombiniert Text, bewegtes Bild<br />

und Ton miteinander und vermittelt dadurch in besonderer<br />

Weise Authentizität der dargestellten Inhalte. 448 Die<br />

Breitenwirkung ergibt sich daneben aus der Reichweite<br />

des Fernsehens in der Gesamtbevölkerung und der Möglichkeit<br />

der Beeinflussung großer Bevölkerungsteile. Die<br />

Aktualität erfolgt aus der schnellen, sogar zeitgleichen<br />

Übertragungsmöglichkeit von Fernseh-Inhalten an den<br />

Zuschauer. Das Internet, das eine Vielfalt neuer dynamischer<br />

Dienste ermöglicht, stellt im Lichte der Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichts nicht in Frage, dass<br />

der besondere Ordnungsrahmen zur Sicherung der Meinungsvielfalt<br />

initial mit Blick auf das Fernsehen konstruiert<br />

ist. 449<br />

Mit der hier aufgeworfenen Frage wird dagegen suggeriert,<br />

dass vielfaltssichernde Maßnahmen nicht mehr am<br />

Fernsehen orientiert werden sollten, sondern Ausgangspunkt<br />

eines spezifischen Medienkonzentrationsmodells<br />

auch einzelne Dienste des Internet sein müssten. Eine solche<br />

Haltung widerspricht unseres Erachtens nicht nur der<br />

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, sondern<br />

auch den tatsächlichen Gesichtspunkten, die eine gesonderte<br />

– unabhängig von der ex post Kontrolle des Kartellrechts<br />

– medienspezifische Regulierung von Meinungsmacht<br />

rechtfertigen könnten. 450<br />

Die umfassende Untersuchung von Neuberger/Lobigs 451<br />

zeigt, dass der Meinungsbildungsprozess weiterhin durch<br />

traditionelle Massenmedien dominiert ist, auch wenn daneben<br />

neue Angebote des Internet an Bedeutung gewinnen<br />

können. Der professionelle Internetjournalismus ist<br />

nach dem für die Kommission zur Ermittlung der Konzentration<br />

im Medienbereich (KEK) erstellten Gutachten<br />

immer noch fast ausschließlich in den Medienorganisationen<br />

von Presse und Rundfunk angesiedelt. 452 Suchmaschinen<br />

können dabei im Internet eine wichtige technische<br />

Suchhilfe darstellen. Ihre Rolle als Wegweiser zu<br />

den besonders meinungsrelevanten Angeboten (der traditionellen<br />

audiovisuellen Medien) darf jedoch nicht<br />

überbewertet werden, da sie nicht den gesamten Bereich<br />

der Suche im Internet abdecken.<br />

Um den Zugang zu meinungsrelevanten Inhalten zu erlangen,<br />

werden nach der Untersuchung von Neuberger/<br />

Lobigs 453 weitere Suchhilfen wie zum Beispiel RSS-<br />

Feeds, Tagging, Rankings, Hyperlinks, persönliche Bookmarks<br />

im Browser und das Domainnamen-System herangezogen.<br />

Weiterhin ist zu beachten, dass nicht bei jeder<br />

Nutzung Suchhilfen erforderlich sind, sondern dass das<br />

Internet in hohem Maße habitualisiert genutzt wird, also<br />

bestimmte, bereits bekannte Websites regelmäßig aufgesucht<br />

werden. Dies gilt besonders für die bekannten Marken<br />

des Fernsehens, die ihre Web-Adressen selbstreferentiell<br />

in ihren Programmen und darüber hinaus bewerben.<br />

Dies gilt ebenso für die großen Presseverlage mit ihren<br />

Online-Angeboten wie Bild.de, SPIEGEL Online und<br />

FOCUS Online. Universelle Suchmaschinen haben – so<br />

449 Siehe: BVerfGE 19, 181 (215 ff.) „2. Gebührenurteil“.<br />

450 Vgl. zur Bedeutung des Spannungsverhältnisses zwischen vom Gesetzgeber<br />

auszugestaltender Rundfunkordnung und entgegenstehender<br />

unternehmerischer Freiheit der Medienunternehmen sowie ihnen<br />

auch individuell zustehender Rundfunkfreiheit BayVGH, Urteil vom<br />

15. Februar 2012 – 7 BV 11.285 (Fortsetzung der Anbietertätigkeit<br />

von Fernsehveranstaltern nach Veränderung von Beteiligungsverhältnissen,<br />

MMR 2012, 489, 491 ff.).<br />

451 Neuberger, Christoph/Lobigs, Frank: Die Bedeutung des Internets im<br />

Rahmen der Vielfaltssicherung. Gutachten im Auftrag der Kommission<br />

zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK).<br />

Berlin: 2010.<br />

452 Vgl.: ebd., S. 37.<br />

453 Vgl.: ebd., S. 45 f.

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