BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 14 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
einige wenige wie große Zeitungsverlage und Rundfunkveranstalter<br />
ist aufgehoben. Somit muss auch die oder der<br />
Einzelne, wenn sie oder er Massenkommunikation betreibt,<br />
von Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG geschützt sein,<br />
sobald es Sachverhalte betrifft, die über die Zulässigkeit<br />
der einzelnen Meinung hinausgehen. Problematisch ist<br />
nur, ob der Einzelne von der Pressefreiheit oder von der<br />
Rundfunkfreiheit erfasst wird oder gar unter den Schutz<br />
einer neuen Freiheit zu fassen ist.<br />
1.1.4 Bisheriger Stand der Wissenschaft/<br />
Rechtsprechung zum Schutz<br />
inhaltsneutraler Tätigkeiten durch<br />
Kommunikationsgrundrechte<br />
1.1.4.1 Schutz von inhaltsneutraler Tätigkeit<br />
durch Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz <br />
(Bundesverfassungsgericht/Presse-<br />
Grosso)<br />
38 Anmerkung: Das Presse-Grosso-System ist derzeit Gegenstand gerichtlicher<br />
Auseinandersetzungen (zum Ganzen: Gersdorf, Hubertus:<br />
Presse-Grosso: Gewährleistungsverantwortung des Staates für Pressevielfalt.<br />
In: AfP 2012, S. 336–345), in denen es um die kartellrechtliche<br />
Zulässigkeit sowohl des Systems der Alleinauslieferung<br />
(vgl. BGH, AfP 2011, S. 569 ff.; siehe hierzu: Alexander, Christian:<br />
Pressevertrieb im Umbruch. Die Grossistenkündigung-Entscheidung<br />
des BGH. In: ZWeR 2012, S. 215–229; Bach, Albrecht: Gescheiterte<br />
Selbstregulierung im Pressegrosso. Selbstregulierung und Einschränkungen<br />
des Diskriminierungsverbots. In: NJW 2012, S. 728–732;<br />
Paal, Boris P.: Presse-Grosso auf dem Prüfstand. In: AfP 2012,<br />
S. 1–9) als auch des zentralen Verhandlungsmandats des Bundesverbandes<br />
<strong>Deutscher</strong> Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten e.V.<br />
geht (vgl. LG Köln, AfP 2012, S. 195 – nicht rechtskräftig; der Bundesverband<br />
Presse-Grosso hat gegen das Urteil Berufung eingelegt,<br />
OLG Düsseldorf, Az. VI U 7/12 [Kart].).<br />
39 Siehe: BVerfGE 77, 346 (354).<br />
40 Siehe: BVerfGE 57, 295 (319).<br />
41 Siehe: BVerfGE 77, 346 (354).<br />
Hinsichtlich der grundrechtlichen Einordnung in Bezug<br />
auf Artikel 5 GG von (presseexternen) inhaltsneutralen<br />
Tätigkeiten hat sich das Bundesverfassungsgericht bisher<br />
nur in Bezug auf die Presse-Grossisten 38 geäußert. Das<br />
BVerfG musste 1988 entscheiden, ob die Tätigkeit der externen<br />
Presse-Grossisten, die an sich eine inhaltsneutrale<br />
Tätigkeit ausüben, auch von dem Schutzbereich des Artikel<br />
5 Absatz 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit) erfasst wird.<br />
Auch wenn der Schutzbereich der Pressefreiheit recht<br />
weit gefasst wird, da es um die Frage geht, ob eine ungehinderte<br />
Meinungsverbreitung möglich ist, wird gleichwohl<br />
nicht jede selbstständige Tätigkeit von dem Schutzbereich<br />
des Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG erfasst, die der<br />
Presse lediglich zugute kommt und für diese funktionswichtig<br />
ist. Maßgebend ist ein ausreichender Inhaltsbezug<br />
der Tätigkeit. 39 Nur wenn dieser vorliegt, kann die<br />
Tätigkeit unter den Schutzbereich der Pressefreiheit gefasst<br />
werden, da der Schutz im Interesse der freien Meinungsbildung<br />
besteht. 40 Bei den presseinternen, inhaltsfernen<br />
oder sogar inhaltsneutralen Hilfstätigkeiten ist der<br />
Inhaltsbezug und somit der Schutz durch die Pressefreiheit<br />
durch die organisatorische Verflechtung mit dem<br />
Presseunternehmen begründet. 41 Bei den presseexternen<br />
Hilfstätigkeiten ist der Schutz regelmäßig aufgrund mangelnden<br />
Inhaltsbezugs hingegen nicht gegeben. Es sei<br />
denn:<br />
– eine selbstständig ausgeübte, nicht die Herstellung<br />
von Presseerzeugnissen betreffende Hilfstätigkeit, die<br />
typischerweise pressebezogen ist 42 (= presseexterne<br />
Hilfstätigkeit) weist eine<br />
– enge organisatorische Bindung an die Presse 43 (erstens,<br />
wenn Presseunternehmen für den freien Verkauf<br />
ihrer Erzeugnisse auf Grossisten angewiesen sind;<br />
zweitens, wenn die Verleger auch umgekehrt einen erheblichen<br />
Einfluss auf die Vertriebstätigkeit der Grossisten<br />
haben) 44 auf,<br />
– ist für das Funktionieren einer freien Presse notwendig<br />
45 und eine<br />
– staatliche Regulierung dieser Tätigkeit würde sich zugleich<br />
einschränkend auf die Meinungsverbreitung<br />
auswirken. 46<br />
Da das BVerfG diese Kriterien hinsichtlich der Tätigkeit<br />
der Presse-Grossisten als erfüllt ansah, bescheinigte es ihnen<br />
den Schutz der Pressefreiheit. Hinsichtlich anderer<br />
Anbieter inhaltsneutraler Tätigkeiten hat sich das BVerfG<br />
noch nicht geäußert.<br />
1.1.4.2 Schutz von inhaltsneutraler Tätigkeit<br />
durch Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz<br />
Fraglich ist nun, inwieweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />
fruchtbar gemacht werden kann,<br />
wenn es um den Grundrechtsschutz hinsichtlich des Artikel<br />
5 Absatz 1 GG für die neuen inhaltsneutralen Akteure<br />
geht. Eine Parallele zu der Presse-Grosso-Rechtsprechung<br />
wurde bereits für die Kabelnetzbetreiber hinsichtlich<br />
ihrer inhaltsneutralen Tätigkeit – des Transports der<br />
Inhalte der Rundfunkveranstalter – gezogen. 47 Vor einigen<br />
Jahren wurde die Übertragung der Presse-Grosso-<br />
Rechtsprechung auf die Kabelnetzbetreiber gefordert. 48<br />
Dabei muss unterschieden werden zwischen der reinen<br />
Transporttätigkeit durch Programmübermittlung einerseits<br />
und der Programmbündelung und -vermarktung andererseits.<br />
Während die reine Programmübermittlung<br />
keinen Inhaltsbezug aufweist, ist dieser bei der Programmbündelung<br />
gerade durch die Auswahl der Programme,<br />
die eingespeist werden sollen, gegeben. Für die<br />
Frage des Grundrechtsschutzes der Kabelnetzbetreiber<br />
aus der Rundfunkfreiheit wird die Rechtsprechung des<br />
BVerfG zum Presse-Grosso, die hinsichtlich der Pressefreiheit<br />
ergangen ist, auf die Rundfunkfreiheit übertra-<br />
42 Siehe: ebd.<br />
43 Siehe: ebd.<br />
44 Siehe: BVerfGE 77, 346 (355).<br />
45 Siehe: BVerfGE 77, 346 (354).<br />
46 Siehe: ebd.<br />
47 Vgl.: Gersdorf, Hubertus: Grundzüge des Rundfunkrechts. Nationaler<br />
und europäischer Regulierungsrahmen. München: 2003, S. 54 ff.<br />
und Wichmann, Anja: Vielfaltsicherung in digitalisierten Breitbandkabelnetzen.<br />
Rechtsprobleme der Nutzung digitalisierter Rundfunk-<br />
Kabelnetze durch Fernsehveranstalter. Berlin: 2004, S. 51.<br />
48 Vgl.: Gersdorf, Hubertus: Grundzüge des Rundfunkrechts. a. a. O.,<br />
S. 54 ff. und Wichmann, Anja: a. a. O., S. 43 ff.