BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 12 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
breitungsform vorgenommen. Bei elektromagnetischer<br />
Verbreitung von Kommunikationsinhalten an die Allgemeinheit<br />
handelt es sich um Rundfunk, bei gegenständlicher<br />
Verbreitung dagegen um Presse. 34 Während also die<br />
klassische Pressetätigkeit durch verkörperte Texte und<br />
Bilder geprägt ist, sind dies beim Rundfunk das bewegte<br />
Bild und/oder der Ton. (Zu den aktuellen Abgrenzungsproblemen<br />
siehe auch Kapitel 1.1.6 Lösungsvorschläge<br />
aus der Literatur.)<br />
1.1.3 (Technische) Veränderungen und neue<br />
grundrechtliche Einordnungsprobleme<br />
1.1.3.1 Das Internet<br />
Aufgrund der technischen Veränderungen hat sich auch<br />
die Kommunikationsstruktur verändert. Zum einen hat<br />
sich durch die Entwicklung des Internet eine neue Plattform<br />
eröffnet, auf der Kommunikation stattfinden kann.<br />
Die klassische Massenkommunikation wie die Pressetätigkeit<br />
und die klassische Rundfunktätigkeit wird nun<br />
auch im Internet ausgeübt. Für diese bietet das Internet<br />
eine neue Plattform, um ihre Inhalte anzubieten. Aber<br />
auch die Individualkommunikation hat über das Internet<br />
neue Formate gefunden (beispielsweise E-Mail oder Messenger-Dienste).<br />
Die Kommunikationsmöglichkeiten haben<br />
sich also erweitert. Zudem kann nun auch jeder Einzelne<br />
ohne großen finanziellen und zeitlichen Aufwand<br />
Massenkommunikation betreiben, etwa indem er einen<br />
eigenen Blog betreibt und dort Inhalte zur Verfügung<br />
stellt. Somit hat heute jede und jeder die Möglichkeit,<br />
eine unbestimmte Vielzahl von Personen mit ihren/seinen<br />
Inhalten zu erreichen.<br />
Zum anderen hat sich durch die weitere Entwicklung des<br />
Internet zu einem Web 2.0 auch die Rolle des Einzelnen<br />
im Kommunikationsprozess verändert. Während früher<br />
streng zwischen dem Anbieter und dem Nutzer der Information<br />
unterschieden werden konnte, steht heute die Interaktion<br />
zwischen Anbieter und Nutzer im Vordergrund.<br />
Der Einzelne kann auch dadurch Massenkommunikation<br />
betreiben, dass er durch verschiedene Dienste eine Vielzahl<br />
von unbestimmten Personen mit seinen Inhalten erreichen<br />
kann, indem er fremde Beiträge kommentiert. Da<br />
in fast jedem veröffentlichten Inhalt dem Nutzer wiederum<br />
die Möglichkeit eingeräumt wird, zu reagieren, verändert<br />
sich die Massenkommunikation von einer One-to-<br />
Many- (wobei „One“ früher nur die klassischen Medien<br />
waren) heute zunehmend zu einer Many-to-Many-Kommunikation.<br />
1.1.3.2 Abgrenzung innerhalb der Massenkommunikation<br />
Presse – Rundfunk<br />
Aufgrund der Konvergenz der Medien ist die Abgrenzung<br />
zwischen Presse und Rundfunk teilweise schwierig geworden.<br />
Sowohl Verlage als auch Rundfunkveranstalter<br />
verbreiten im Internet Texte sowie Audio- und Videoangebote.<br />
Problematisch ist dabei die verfassungsrechtliche<br />
34 Vgl.: Schemmer, Franz: Artikel 5 GG, Rn 67. In: Epping, Volker/<br />
Hillgruber, Christian (Hrsg.): Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz.<br />
Stand: 1. Juli 2012, Edition: 15.<br />
Einordnung als Rundfunk oder Presse. Wenn man weiterhin<br />
auf die verkörperte beziehungsweise nichtverkörperte<br />
Verbreitungsform abstellt, würde es sich bei im Internet<br />
verbreiteter Massenkommunikation, egal ob es um Texte,<br />
Audio- oder audiovisuelle Beiträge geht, um Rundfunk<br />
handeln. Das würde dazu führen, dass die gleiche Tätigkeit,<br />
die in einer Zeitschrift abgedruckt als Presse eingeordnet<br />
wird, als Rundfunk einzustufen ist, wenn sie im Internet<br />
veröffentlicht wird (vgl. hierzu auch Kapitel 1.1.6<br />
Lösungsvorschläge aus der Literatur).<br />
1.1.3.3 Neue Dienste und eine Einordnung in<br />
Individual- beziehungsweise<br />
Massenkommunikation<br />
Das Medium Internet an sich, ist nicht pauschal als Massenmedium<br />
einzustufen. Es kann ebenso der Massen- wie<br />
auch der Individualkommunikation dienen. Entscheidend<br />
dabei ist der einzelne Dienst, der genutzt wird. 35 So gibt<br />
es verschiedene Dienste im Internet, die zunächst einmal<br />
der Kommunikationsart zugeordnet werden müssen, um<br />
eine rechtliche Bewertung vornehmen zu können, denn<br />
der Massenkommunikation kommt aufgrund der besonderen<br />
Meinungsmacht eine besondere Bedeutung innerhalb<br />
einer demokratischen Gesellschaft zu. 36 Eine generelle<br />
Einordnung der neuen Internetdienste in Individualbeziehungsweise<br />
Massenkommunikation ist schwierig,<br />
da es immer auf die konkrete Ausgestaltung des Dienstes<br />
und die jeweiligen persönlichen Einstellungen des Nutzers<br />
ankommt. Entscheidend für die Abgrenzung ist jedoch<br />
der Kreis der Adressaten, an die die Kommunikationsinhalte<br />
gerichtet sind. Ist der Inhalt an eine oder<br />
mehrere bestimmte Personen gerichtet, handelt es sich<br />
um Individualkommunikation. Ist der Inhalt dagegen an<br />
eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtet, liegt<br />
Massenkommunikation vor.<br />
Unterschieden werden kann aber auch auf der <strong>Seite</strong> des<br />
Sich-Äußernden. Man fragt also danach, ob sich nur eine<br />
Person äußert oder mehrere Menschen Kommunikationsinhalte<br />
bereitstellen. Insofern gibt es die One-to-One-<br />
Kommunikation, die als Individualkommunikation einzuordnen<br />
ist, und die One-to-Many-Kommunikation, die<br />
Massenkommunikation darstellt. Dabei ist zu beachten,<br />
dass unter One-to-One auch mehrere Adressaten angesprochen<br />
werden können, die jedoch bestimmt sind.<br />
Gleichsam ist Many-to-One auch Individualkommunikation,<br />
wenn gilt, dass unter „One“ auch mehrere Personen<br />
erfasst werden, die bestimmt sind. Many-to-Many ist als<br />
Massenkommunikation aufzufassen. An dieser Einordnung<br />
orientiert sich auch die im Folgenden dargestellte<br />
Tabelle, die die verschiedenen Kanäle (Dienste) einer Art<br />
der Kommunikation (Massen- oder Individualkommunikation)<br />
zuteilt.<br />
35 Vgl.: Holznagel, Bernd/Schumacher, Pascal: Kommunikationsfreiheiten<br />
und Netzneutralität. In: Kloepfer, Michael (Hrsg.): Netzneutralität<br />
in der Informationsgesellschaft. Beiträge zum Informationsrecht,<br />
Bd. 27, Berlin: 2011, S. 47–66 (hier: S. 55).<br />
36 Vgl.: Koreng, Ansgar: Zensur im Internet. Der verfassungsrechtliche<br />
Schutz der digitalen Massenkommunikation. Baden-Baden: 2010,<br />
S. 40.