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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 112 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

Textwerkstatt 1<br />

„Kunst digital“<br />

Thema und Beschreibung des Vorschlags:<br />

Die Ergebnisse kreativen Schaffens hängen stark von den<br />

technischen und künstlerischen Mitteln ab, die den Kreativen<br />

zur Verfügung stehen und die auf sie einwirken. Auch<br />

die Rezeption von Kunst hängt wiederum mit der Präsentationsform<br />

zusammen und damit gegebenenfalls auch von der<br />

technischen Entwicklung ab. Insofern haben Internet und<br />

Digitalisierung zwingend Einfluss auf Kunst und Kultur.<br />

Wie sieht dieser Einfluss aus? Haben die Verbreitungsund<br />

Bekanntmachungsmöglichkeiten der Digitalisierung<br />

und Vernetzung das Konzept Kunst verändert? Wo findet<br />

ein fließender Übergang in neue Kunstformen statt? Welche<br />

Bereiche der Kunstproduktion sollen/müssten (weiter)<br />

subventioniert werden? Muss vielleicht das System<br />

der Kulturproduktion gänzlich neu gedacht werden?<br />

Dieses Kapitel, dessen thematische Ausrichtung auf einem<br />

Vorschlag aus der Bürgerbeteiligung basiert, soll die<br />

Veränderung kreativen Schaffens durch das Internet und<br />

seine stark zunehmende Rolle im Alltagsgeschehen untersuchen.<br />

Zudem soll es auch über die Folgen auf die Wahrnehmung<br />

von Kunst in der Gesellschaft informieren.<br />

Beitrag 1<br />

Das Kunstwerk im Zeitalter seiner digitalen<br />

Reproduzierbarkeit<br />

(Thomas Blank)<br />

Kontrollverlust und Demokratisierung<br />

Wie allen mit Sorge geführten Diskussionen Veränderungen<br />

betreffend, wohnt auch dem öffentlichen Diskurs um<br />

das Thema Kunst und Netz eine grundlegende Angst inne.<br />

Diese Angst lässt sich in diesem Kontext wohl am ehesten<br />

als Ausdruck eines Kontrollbedürfnisses verstehen. Dieser<br />

Wunsch nach Kontrolle seitens der Produzenten ist verständlich,<br />

hat doch jedes künstlerische Produkt eine mindestens<br />

doppelte Wertigkeit: die wirtschaftliche und die<br />

persönliche, fast magische, die die besondere Beziehung<br />

von Produzenten und Produkt im Kreativsektor ausmacht.<br />

Diese Angst herrscht im Kunstbetrieb schon seit Menschengedenken<br />

und findet im Zeitalter der digitalen Reproduktion<br />

lediglich ihre qualitative und quantitative Perfektion.<br />

Eine weitere Ausführung wäre an dieser Stelle<br />

deshalb überflüssig. Erstaunliche Querdenker wie der französische<br />

Fotograf Jules Joly hatten mit den frühesten Reproduktionstechniken<br />

– denen der jungen Fotografie – etwas<br />

ganz anderes als Diebstahl geistigen Eigentums vor.<br />

Jules Joly strebte einen Allgemeinbildungsprozess für größere<br />

Teile der Gesellschaft an: Durch die Bebilderung der<br />

Welt sollte Kunst und Wissen im Volk verbreitet werden. 428<br />

Der digitale Rückkopplungseffekt<br />

Kunst kann sich – zumindest nach vergangenem und aktuellem<br />

Kunstverständnis – nicht vom Begriff der Exklusivität<br />

lösen. Weder Andy Warhols „Factory“ noch die<br />

Künstler des „fluxus“, vermochten dies im Grunde zu ändern.<br />

Walter Benjamin postuliert in seinem Buch „Das<br />

Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“<br />

zwar, dass durch eben diese Reproduzierbarkeit<br />

die Aura verloren ginge. Aber die Erfahrung des Kunstkonsums<br />

im letzten Jahrhundert zeigt, dass die Reproduzierbarkeit<br />

den Reiz des Erlebens nicht zu schmälern vermag.<br />

Ebenso gilt dies für die digitale Reproduktion.<br />

Sofern das Kunstwerk nicht für die Präsentation auf einem<br />

Bildschirmmedium gedacht ist, wird das digitale Abbild<br />

eben immer nur ein Vorgeschmack bleiben. Warum<br />

also nicht die Möglichkeit nutzen, alle Kunst so gut wie<br />

möglich im Internet zu präsentieren, um die Augen und<br />

den Geist „hungrig“ zu machen? Die Möglichkeiten der<br />

digitalen Teilhabe können an dieser Stelle überhaupt nicht<br />

überschätzt werden.<br />

„Das Kunstwerk selber muss – ohne Antastung seines<br />

ihm innewohnenden (!) ästhetischen Werts – beliebig oft<br />

und ohne Qualitätsverlust kopierbar sein. Dies ist beispielsweise<br />

bei einem Gemälde nicht gegeben. Hier ist lediglich<br />

das digitale Abbild massenweise verfügbar (…).<br />

Das Buch an sich – als Ausdruck und Bindung verstanden –<br />

ist wiederum nicht der ästhetische Wert des Kunstwerks.<br />

Die reine Erzählung ist es, der Rest ist einfach ein haptischer<br />

Leckerbissen.“ 429 Wie sonst wäre zu erklären, dass<br />

Menschen auch nach dem Lesen eines Buches die Geschichte<br />

stets nochmal aus dem Munde des Autors hören<br />

wollen oder das Gemälde, dass tausendfach im Internet<br />

kursiert, dennoch im Museum angesehen wird? Die Präsentationsform,<br />

die Darbietung der Kunst, ja das Zelebrieren<br />

des Un-Fassbaren – hierin liegt das wirkliche<br />

Potenzial einer „bildenden“ Kunst. Alle vorgelagerte Replik<br />

ist und bleibt eine Hinführung zu dem Moment, den<br />

man nicht in Worte fassen kann.<br />

Die Chancen der digitalen Verbreitung liegen deshalb<br />

wohl gerade darin, dass man sich auf die Aura, das Besondere,<br />

die Einzigartigkeit zurückbesinnt. Und das wiederum<br />

liegt darin begründet, dass die reine Verfügbarkeit<br />

noch niemanden glücklich gemacht hat. Um dieses Bewusstsein<br />

auch flächendeckend zu schaffen, sind<br />

Bildungsstrukturen nötig, die Raum für Kreativität und<br />

Auseinandersetzung bieten. An dieser Stelle wäre ein Plädoyer<br />

für kulturelle Bildung angebracht, dass ich nach aktuellem<br />

Tageswerk allerdings nicht in angemessener<br />

Form schreiben kann, vielleicht findet sich ja ein anderer<br />

Autor, es würde mich freuen. ;-)<br />

Beitrag 2<br />

Neue Bildungsstrukturen: Mehr Raum für Kreativität<br />

(granatapfel5000)<br />

Je mehr und je einfacher Wissen verfügbar ist, desto<br />

wichtiger wird es besonders für Schülerinnen und Schüler<br />

zu gewichten, wegzulassen und eigene Interessensschwerpunkte<br />

herauszufiltern. Auf diesem Wege rückt<br />

das Selbst der Jugendlichen mit Unterrichtsinhalten, wie<br />

428 Vgl.: Stiegler, Bernd-Alexander/Thürlemann, Felix: Meisterwerke<br />

der Fotografie. Reclam, o. O./o. J., S. 95.<br />

429 Vgl.: http://medienkulturblog.de/2009-04-18-das-kunstwerk-im-zeit<br />

alter-seiner-digitalen-reproduzierbarkeit

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