BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 11 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />
1.1.2 Klassische Abgrenzung innerhalb des<br />
Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz<br />
Zunächst kann man den Artikel 5 Absatz 1 GG unterteilen<br />
in Gewährleistungen der Individualkommunikation,<br />
Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 GG, und Gewährleistungen der<br />
Massenkommunikation, Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG.<br />
1.1.2.1 Abgrenzung innerhalb der Individualkommunikation<br />
Die Meinungsfreiheit und die Informationsfreiheit schützen<br />
die Individualkommunikation, also die Kommunikationsinhalte,<br />
die an eine bestimmte Anzahl von Adressaten<br />
gerichtet sind. Beide Freiheiten lassen sich wie folgt<br />
voneinander abgrenzen: Während die Meinungsfreiheit<br />
darauf gerichtet ist, eine Meinung zu äußern und zu verbreiten,<br />
zielt die Informationsfreiheit gerade darauf, sich<br />
eine eigene Meinung frei zu bilden, indem der freie Zugang<br />
zur Informationsbeschaffung gewährleistet wird.<br />
1.1.2.2 Abgrenzung zwischen Individualkommunikation<br />
und Massenkommunikation<br />
Eine Abgrenzung zwischen den Gewährleistungen der<br />
Massenkommunikation und der Individualkommunikation<br />
ist unter anderem aufgrund des unterschiedlich weiten<br />
Schutzbereichs und der unterschiedlichen Bedeutung<br />
dieser beiden Kommunikationsarten von Bedeutung. 23<br />
Massenkommunikation ist die Kommunikation, die an<br />
eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtet ist,<br />
wohingegen Individualkommunikation vorliegt, wenn die<br />
Inhalte an eine bestimmte Anzahl von Personen gerichtet<br />
sind. Die klassischen Massenmedien sind, wie in Artikel 5<br />
Absatz 1 Satz 2 GG genannt, Presse, Rundfunk und Film.<br />
Früher war die Veranstaltung von Massenkommunikation<br />
das Privileg weniger finanzstarker Unternehmen, da hohe<br />
Kosten und hoher zeitlicher Aufwand damit einhergingen.<br />
Dem Einzelnen hingegen blieb es verwehrt, an der<br />
Massenkommunikation mitzuwirken.<br />
23 Vgl.: Koreng, Ansgar: Zensur im Internet. Der verfassungsrechtliche<br />
Schutz der digitalen Massenkommunikation. Baden-Baden: 2010,<br />
S. 40 f.<br />
24 Siehe: BVerfGE 85, 1 (11) – Bayer-Aktionäre.<br />
25 Siehe: BVerfGE 85, 1 (12).<br />
1.1.2.3 Abgrenzung zwischen Meinungsfreiheit<br />
und Pressefreiheit<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat zu dem Verhältnis von<br />
Meinungsfreiheit und Pressefreiheit im Zusammenhang<br />
mit der Wortberichterstattung festgestellt, dass die Pressefreiheit<br />
kein lex specialis ist, sondern eine über die Zulässigkeit<br />
einer Meinungsäußerung hinausgehende Bedeutung<br />
hat 24 : die Bedeutung der Presse für die freie<br />
individuelle und öffentliche Meinungsbildung. 25 Vielmehr<br />
ist der Schutzbereich der Pressefreiheit einschlägig,<br />
„wenn es um die im Pressewesen tätigen Personen in<br />
Ausübung ihrer Funktion, um ein Presseerzeugnis selbst,<br />
um seine institutionell-organisatorischen Voraussetzungen<br />
und Rahmenbedingungen sowie um die Institution einer<br />
freien Presse überhaupt geht“. 26 Geht es um die Zulässigkeit<br />
einer Meinungsäußerung, unabhängig davon,<br />
ob die Verbreitung in einem Presseerzeugnis erfolgt, ist<br />
die Meinungsfreiheit einschlägig. 27 Hinsichtlich der<br />
Wortberichterstattung wendet das BVerfG die im sogenannten<br />
Bayer-Beschluss aufgestellten Grundsätze an. 28<br />
Im Gegensatz dazu wendet das BVerfG jedoch bei der<br />
Bildberichterstattung Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit)<br />
an, auch wenn es um die Zulässigkeit der im<br />
Bild enthaltenen Meinungsäußerung geht. 29<br />
1.1.2.4 Abgrenzung zwischen Meinungsfreiheit<br />
und Rundfunkfreiheit<br />
Hinsichtlich des Verhältnisses der Meinungsfreiheit und<br />
der Rundfunkfreiheit hat das BVerfG sich noch nicht geäußert.<br />
Das BVerfG wendet jedoch – ohne Bezug auf die<br />
Bayer-Rechtsprechung zu nehmen – Artikel 5 Absatz 1<br />
Satz 2 GG (Rundfunkfreiheit) an, auch wenn es um die<br />
Zulässigkeit einer im Rundfunk verbreiteten Meinung<br />
geht. 30 Es kann aber in Anbetracht der Tatsache, dass sowohl<br />
Rundfunk ebenso wie Presse Massenmedien sind,<br />
nichts anderes gelten. 31 Mithin ist auch die Rundfunkfreiheit<br />
kein lex specialis zur Meinungsfreiheit. Vielmehr<br />
geht die Bedeutung der Rundfunkfreiheit über die Zulässigkeit<br />
der einzelnen Meinung hinaus. Schützenswert ist<br />
die Bedeutung des Rundfunks für die freie individuelle<br />
und öffentliche Meinungsbildung. Somit ist der Schutzbereich<br />
der Rundfunkfreiheit einschlägig, wenn es um die<br />
Gewährleistung der massenkommunikativen Vermittlungsleistung<br />
geht. 32<br />
1.1.2.5 Abgrenzung zwischen Informationsfreiheit<br />
und Pressefreiheit<br />
beziehungsweise Rundfunkfreiheit<br />
Der Schutz der Pressefreiheit und der Rundfunkfreiheit<br />
umfasst auch die Informationsbeschaffung. Dies gilt jedoch<br />
nur für Informationen aus nicht-öffentlichen Quellen.<br />
Für die Informationsbeschaffung aus öffentlich zugänglichen<br />
Quellen ist auch für die Presse und für den<br />
Rundfunk die Informationsfreiheit einschlägig. 33 Denn<br />
die Gewährleistungen der Massenkommunikation sind<br />
kein lex specialis im Verhältnis zur Informationsfreiheit.<br />
1.1.2.6 Klassische Abgrenzung innerhalb der<br />
Massenkommunikation – Abgrenzung<br />
zwischen Presse und Rundfunk<br />
Innerhalb der Gewährleistungen der Massenkommunikation<br />
ist die Pressefreiheit von der Rundfunkfreiheit abzugrenzen.<br />
Klassischerweise wurde diese anhand der Ver-<br />
26 Zit. nach: BVerfGE 85, 1 (13).<br />
27 Siehe: ebd.<br />
28 Siehe: BVerfGE 95, 28 (34); BVerfGE 97, 391 (400).<br />
29 Siehe: BVerfGE 101, 361 (388 ff.).<br />
30 Siehe: BVerfGE 35, 202 (219).<br />
31 Vgl.: Schulz, Wolfgang: Von der Medienfreiheit zum Grundrechtsschutz<br />
für Intermediäre? In: CR 2008, S. 470–476 (hier: S. 472).<br />
32 Vgl.: Schemmer, Franz: Artikel 5 GG, Rn 56. In: Epping, Volker/<br />
Hillgruber, Christian (Hrsg.): Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz.<br />
Stand: 1. Juli 2012, Edition: 15.<br />
33 Siehe: BVerfGE 103, 44 (59).