BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 104 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
denen ich Mitglied bin/war, hat sich jeweils sehr unterschiedlich<br />
entwickelt. Es gab sehr herzliche und kommunikativ<br />
offene Gruppen, in denen viele gute Gespräche<br />
geführt wurden. Es gab aber auch Gruppen, in denen ich<br />
regelmäßig Konflikte mitbekommen habe (wobei das<br />
Mitlesen der Konfliktthreads oft durchaus eine lehrreiche<br />
Lektüre war).<br />
Weiter ging es für mich mit Twitter – auch hier mit einem<br />
Vertrag zwischen mir und dem Anbieter. Im Gegensatz zu<br />
den Mailinglisten der Webgrrls und Xing, sind dort nicht<br />
alle Nutzer unter ihren Klarnamen unterwegs. Diskussionen<br />
auf Twitter haben mehrere Besonderheiten: Die Beschränkung<br />
auf 140 Zeichen zwingt oft zu (radikalen)<br />
Vereinfachungen, Antworten erfolgen sehr schnell,<br />
gleichzeitig wird das Umfeld sehr schnell auch in Gespräche<br />
beziehungsweise Diskussionen einbezogen. Trotz<br />
oder gerade wegen dieser Besonderheiten habe ich bisher<br />
auf Twitter viele gute Gespräche führen können, aber<br />
über den einen oder anderen Tweet habe ich mich natürlich<br />
auch geärgert!<br />
Wann läuft Kommunikation im Internet schief?<br />
– Wir alle haben Themen/Anliegen, die uns sehr wichtig<br />
sind. Sagt oder schreibt jemand etwas Negatives oder<br />
Falsches über dieses Thema/Anliegen, dann haben wir<br />
sehr schnell das Bedürfnis, Stellung zu beziehen. Dabei<br />
kann es durchaus passieren, dass wir mit unserer<br />
Antwort – eben weil uns das Thema so wichtig ist –<br />
über das Ziel hinausschießen. Das kann uns offline genauso<br />
passieren wie online.<br />
– Humor, Ironie und Sarkasmus sind schon im persönlichen<br />
Gespräch oft schwierig, in der Online-Kommunikation<br />
stellen sie eine große Hürde dar. Gerade im<br />
Online-Austausch mit Unbekannten (oder unter Einbeziehung<br />
von Unbekannten) ist die Nutzung dieser<br />
Techniken oft eine Steilvorlage für heftige Diskussionen.<br />
– Es ist oft einfacher, einen langen Text zu schreiben als<br />
einen kurzen. Die Beschränkung auf 140 Zeichen bei<br />
Microblogging-Diensten wie zum Beispiel Twitter<br />
führt einerseits oft zu einer Beschränkung auf wesentliche<br />
Aspekte, andererseits zu einer Verkürzung von<br />
Erklärungen/Gründen und kann damit oft auch<br />
„falsch“, „unvollständig“ oder „provozierend“ wirken.<br />
– Wie reagiere ich auf den vermeintlichen Angriff?<br />
Wenn ich einen Beitrag – egal ob in einer Mailingliste,<br />
einem Forum oder bei Twitter – als Angriff empfinde,<br />
dann kann ich sehr unterschiedlich damit umgehen<br />
(natürlich auch abhängig vom konkreten Medium und<br />
der Wichtigkeit des Themas/Anliegens). (A) Ich kann<br />
sofort reagieren, indem ich mich wehre. Damit wird<br />
die Diskussion in der Regel eskalieren. (B) Ich kann<br />
auf eine Reaktion verzichten. Dies wird mir aber nur<br />
beschränkt helfen – wenn ich entweder in die Diskussion<br />
schon eingebunden war und die anderen trotzdem<br />
weiter diskutieren oder wenn mir das Thema so wichtig<br />
ist, dass ich einen „Angriff“ gerade nicht stehen<br />
lassen möchte. (C) Ich kann hinterfragen, was mit dem<br />
Beitrag gemeint war – ob ich ihn also richtig verstanden<br />
habe. (D) Ich kann – soweit vorhanden – Moderatoren<br />
bitten, sich in die Diskussion einzuschalten.<br />
Was sind meine Empfehlungen für gute Kommunikation<br />
im Internet?<br />
– Meine persönliche Grundregel Nummer eins lautet<br />
seit vielen Jahren: niemals sofort antworten, wenn<br />
man eine ärgerliche Nachricht bekommen beziehungsweise<br />
einen ärgerlichen Beitrag gelesen hat. Man<br />
sollte zumindest einmal um den Schreibtisch laufen,<br />
bevor man – möglicherweise wutschnaubend – auf einen<br />
Beitrag reagiert.<br />
– Grundregel Nummer zwei (ebenso altbekannt): auf der<br />
anderen <strong>Seite</strong> sitzt auch ein Mensch! Ich versuche daher,<br />
meine Beiträge so zu schreiben, dass ich auf Inhalte<br />
eingehe, durchaus auch äußere, dass ich wütend,<br />
genervt, verletzt etc. bin – aber ich muss den anderen<br />
nicht beleidigen beziehungsweise persönlich angreifen.<br />
– Bei irritierenden Beiträgen: Nachfragen! „Was meinst<br />
Du damit?“ Das mag als Zwischenschritt nervig erscheinen,<br />
eröffnet aber oft eine Diskussion über ein<br />
unterschiedliches Begriffsverständnis.<br />
– Nur Beiträge schreiben, die ich jederzeit auch im Bus<br />
oder im Café – also in der realen Öffentlichkeit – genauso<br />
erzählen könnte.<br />
– Nur mit Bedacht einmischen: die Teilnahme an bereits<br />
laufenden Diskussionen kann sehr spannend und auch<br />
bereichernd sein, andererseits können weitere Äußerungen<br />
schnell zu einer Eskalation führen.<br />
– Wichtig ist auch (gerade wenn man neu im Netz ist),<br />
erst einmal zu schauen, wie die anderen miteinander<br />
umgehen. Was gefällt mir dabei (was möchte ich also<br />
genauso machen), was gefällt mir nicht (und was<br />
möchte ich daher vermeiden)?<br />
Ist der digitale Meinungsaustausch eine neue Kulturtechnik?<br />
Ja und nein. Nein, weil wir alle Probleme der normalen<br />
Diskussionen hier auch erleben. Wir können – wie in der<br />
Kneipe oder bei der Versammlung – gut miteinander umgehen<br />
oder nicht, wir können gemeinsam an Themen arbeiten,<br />
oder wir können uns angreifen. In diesem Punkt,<br />
den ich gern unter Diskussions- oder Gesprächskultur fassen<br />
möchte, sehe ich keine Unterschiede.<br />
Ja, weil das Netz eben – wie oben bereits erwähnt – ein<br />
paar Besonderheiten hat. Wir können – wenn wir uns die<br />
Zeit nehmen – lernen, wie wir damit umgehen und wie<br />
wir diese Stolperfallen erfolgreich umgehen. Gute Kommunikation<br />
im Netz ist – genauso wie gute Kommunikation<br />
im Offline-Bereich – eine Herausforderung, der wir<br />
uns stellen müssen. Wir können üben, wir können aus unseren<br />
Fehlern lernen – aber wir werden (in der Regel)<br />
nicht ohne eigene Erfahrungen und Fehler wirklich lernen,<br />
gut zu kommunizieren. Hier könnte es sinnvoll sein,<br />
schon in der Schul- und Ausbildungszeit die Kommunikation<br />
in digitalen Medien einzubeziehen, damit Kinder