BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 103 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />
der Stelle kommt aber der Zerstreuungscharakter des Mediums<br />
Internet ins Spiel. User zerstreuen und verdrängen.<br />
Sie rationalisieren und idealisieren ihren Aufenthalt, ihre<br />
Aktionen im Netz. Hinzu kommt eine Scheiß egal-Haltung,<br />
woraus sie auch immer resultieren mag, ihre Gefahr<br />
ist die wirkliche Gefahr.<br />
Man lässt sich nicht mehr ein, blödelt und kaspert herum,<br />
wird zynisch und eiskalt. Damit befindet man sich dann in<br />
den untersten Regionen menschlichen Seins. Hier lauern<br />
die Abgründe, die unaushaltbaren Divergenzen zwischen<br />
einem mühsam erarbeiteten Konsens über menschlichen<br />
Umgang miteinander und der Sabotage und Aufkündigung<br />
seiner selbst mittels Gleichgültigkeit. Gleichgültigkeit<br />
ist nicht nur einer der größten Feinde der Demokratie,<br />
sondern zerstört früher oder später jede Gruppe, jede<br />
Beziehung bis hin in die kleinste Einheit.“<br />
6.1.8 Was geht (gar nicht) im Netz? Blogparade<br />
der Enquete-Kommission Internet und<br />
digitale Gesellschaft<br />
Dieser Beitrag wurde von Astrid Christofori am 30. November<br />
2012 eingereicht (http://socialmediatagebuch.<br />
wordpress.com/2012/11/30/was-geht-gar-nicht-im-netzblogparade-der-enquete-kommission-internet-und-digitalegesellschaft):<br />
„Heute ist der 30. November 2012 und gerade eben habe<br />
ich zufällig (über einen Beitrag des @Isarmatrose) mitbekommen,<br />
dass es diese Blogparade gibt. Ein spannendes<br />
Thema und vor allem ein wichtiges Thema – und auch<br />
wenn die Zeit jetzt irgendwie knapp ist, möchte ich meine<br />
Gedanken zu diesem Thema doch kurz festhalten.<br />
Natürlich habe ich gerade den Beitrag von @Isarmatrose<br />
gelesen. In vielen Punkten stimme ich ihm zu, aber nicht<br />
in allen – daher bin ich froh, dass ich den Aufruf zur<br />
Blogparade noch rechtzeitig mitbekommen habe. Aber<br />
zum Thema selbst:<br />
Schon seit Jahren verfolgt mich der Spruch „Das Internet<br />
ist kein rechtsfreier Raum“. Natürlich ist das Internet kein<br />
rechtsfreier Raum und dementsprechend wenden wir<br />
– zumindest für unseren Umgang miteinander in<br />
Deutschland – auch die rechtlichen Regeln an, die allgemein<br />
für den kommunikativen Umgang miteinander gelten.<br />
So haben wir zum Beispiel Regelungen, die unser<br />
Persönlichkeitsrecht schützen, die den Umgang mit unseren<br />
Daten schützen und die uns auch vor Beleidigungen<br />
schützen. Diese Regelungen gelten sowohl in der realen<br />
Welt als auch im Netz.<br />
Für die „normale“ Kommunikation miteinander haben<br />
wir gerade keine gesetzlichen Regelungen. Es ist meine<br />
eigene Entscheidung, ob beziehungsweise wie ich mit<br />
den Menschen an der Bushaltestelle, beim Bäcker oder<br />
beim Arzt spreche. Natürlich habe ich Erwartungen an<br />
die Kommunikation mit anderen Menschen – ich möchte<br />
höflich behandelt werden, ich möchte ernstgenommen<br />
werden, ich möchte akzeptiert werden – aber die jeweiligen<br />
Erwartungen hängen von der Situation beziehungsweise<br />
vom Kontext ab. Es ist ein wesentlicher Unterschied,<br />
ob ich mit Freunden/Bekannten bei einem Treffen<br />
nett plaudere oder ob ich mit ihnen ein heiß umstrittenes<br />
Thema diskutiere. Es ist wiederum ein Unterschied, ob<br />
ich mit Freunden/Bekannten diskutiere oder mit mir unbekannten<br />
Menschen im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung<br />
(beispielsweise einer Bürgerversammlung).<br />
Für alle diese Anlässe haben wir keine fest definierten<br />
Regeln. Vielmehr haben wir (seit unserer Kindheit) Konzepte,<br />
wie wir uns in entsprechenden Situationen verhalten<br />
(höflich, freundlich und so weiter). Auch in der realen<br />
Welt ist Kommunikation – trotz aller Bemühungen –<br />
nicht immer erfolgreich. Tag für Tag reden Menschen aneinander<br />
vorbei, missverstehen, streiten sich. Das ist nicht<br />
einmal schlecht, denn Konflikte gehören zum Leben und<br />
können – wenn sie vernünftig ausgetragen werden – auch<br />
zu einer Verbesserung der Situation und zu einer Vertiefung<br />
der Beziehungen beitragen. Trotzdem haben wir<br />
auch in der realen Welt immer wieder Streitigkeiten zwischen<br />
Menschen, die eskalieren. Diskussionen in Kneipen,<br />
in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf Straßen<br />
können plötzlich heftig eskalieren. Menschen, die lange<br />
gemeinsam an einem Thema/Projekt gearbeitet haben,<br />
streiten sich oder begegnen sich nur noch vor Gericht. Es<br />
gibt viele Beispiele, die ich hier gar nicht alle aufzählen<br />
möchte. Wesentlich ist aber: auch in der realen Welt gehen<br />
wir in der Kommunikation nicht immer nett miteinander<br />
um.<br />
Und im Internet?<br />
Ich nutze das Internet seit 2000 – und ich nutze es ziemlich<br />
intensiv. Im Laufe der Zeit habe ich viel über Kommunikation,<br />
über Kommunikationsfallen und auch über<br />
mich gelernt. Manche dieser Lernerfahrungen waren anstrengend,<br />
aber sie waren wirklich lohnenswert. Meine<br />
erste ausführliche Erfahrung mit Online-Kommunikation<br />
war meine Nutzung der Mailinglisten der Webgrrls. Die<br />
Mailinglisten funktionierten (und funktionieren auch immer<br />
noch) wie folgt: Ich abonniere eine bestimmte Liste,<br />
zum Beispiel zum Thema „Business“. Ich bekomme alle<br />
E-Mails der Mitgliedsfrauen an diese Liste und kann<br />
(wenn ich möchte) gestellte Fragen beantworten oder selber<br />
Fragen zum Listenthema stellen. Wenn ich selber eine<br />
Frage gestellt habe, dann bekomme ich von den Mitgliedsfrauen<br />
Antworten, die ich dann in einer E-Mail zusammenfasse.<br />
Als „Newbie“ (also kompletter Neuling)<br />
waren mir viele Dinge unbekannt. Ich habe über diese<br />
Mailingliste viel gelernt – sowohl inhaltlich/technisch als<br />
auch über den Umgang miteinander. Besonders deutlich<br />
erinnere ich mich, dass es für die Nutzung der Mailinglisten<br />
eine Netiquette gab – sozusagen die Online-Spielregeln<br />
für die Nutzung der Mailinglisten und damit auch für<br />
den Umgang miteinander. Wichtig waren in diesem Zusammenhang<br />
die Regelung zu Werbung beziehungsweise<br />
Spam, aber eben auch die Pflicht, eine Zusammenfassung<br />
bei eigenen Fragen zu schreiben.<br />
Etwas fortgeschritten, habe ich mich dann bei meinen ersten<br />
Online-Foren registriert – so auch relativ früh bei<br />
Xing (damals noch openbc). Bei Xing habe ich als Nutzerin<br />
einen Vertrag mit dem Anbieter geschlossen, die<br />
„Spielregeln“ für meine Teilnahme sind in den AGB geregelt.<br />
Die Kommunikation in den einzelnen Gruppen, in