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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 102 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

Pseudonym und keine Anonymität, weil ja nachverfolgbar<br />

sei, wer dahinter stecke. Doch würde ich auf der<br />

Straße von Cro zusammengeschlagen werden, wüsste ich<br />

zunächst nicht, wer sich hinter Cro verbirgt. Ich müsste<br />

also Anzeige erstatten und die Polizei würde seinen Namen<br />

ermitteln. Auch im Netz hinterlässt man Spuren (IP-<br />

Adressen), mittels deren jeder nachverfolgbar ist. Und<br />

wenn wir jetzt nicht von böswilligen Cyber-Terroristen,<br />

sondern lediglich von nervigen Trollen ausgehen, sind<br />

diese im Zweifelsfall ebenfalls nachverfolgbar.<br />

Um aus meinem eigenen Leben ein Beispiel zu geben: Ich<br />

bin mit zahlreichen Pseudonymen (Nicknames) im Netz<br />

aufgewachsen: Chatrooms, Online-Games und Webforen<br />

sind nur drei Beispiele, wo ich die unterschiedlichsten<br />

Namen benutzte. Es hat mir Spaß gemacht. Kein einziges<br />

Mal habe ich dabei eine Straftat begangen. Wenn ich<br />

mich mal mit jemandem gestritten habe, hatte das nichts<br />

mit dem vermeintlichen Schutz der Anonymität zu tun,<br />

sondern lediglich damit, dass ich ein Mensch bin – und<br />

mich im echten Leben auch manchmal streite.<br />

In meinen jungen Jahren gab es so etwas wie Klingelstreiche.<br />

Sollte man nun aus Angst vor Klingelstreichen alle<br />

Privathäuser mit Überwachungskameras am Eingang ausstatten?<br />

Und alle Sturmhauben nur mit einem aufwendig<br />

erworbenen Sicherheitspass verkaufen, um Vermummung<br />

zu verhindern? Natürlich nicht. Nicht nur, dass es viel zu<br />

teuer wäre – es ist schlicht nicht möglich, Anonymität<br />

gänzlich zu verhindern. Wer eine Straftat begehen<br />

möchte, wird immer einen Weg finden, dies zu tun. Das<br />

entbindet den Staat nicht vor der Verantwortung, seine<br />

Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Aber die vollständige<br />

Überwachung ist eben auch nicht die richtige Lösung.<br />

Und ganz nebenbei auch nicht der richtige Ansatz.<br />

Noch einmal: Veränderung sollte nicht von außen, sondern<br />

von innen heraus kommen. Anonymität an sich ist<br />

also nicht die Wurzel allen Übels. Stattdessen sollte der<br />

Hebel für einen besseren Umgang im Netz in den Bereichen<br />

Erziehung, Bildung und Aufklärung umgelegt werden.<br />

Hier sollte man ansetzen, um soziale Verantwortung<br />

gegenüber seinen Mitmenschen bewusster und nachhaltiger<br />

zu vermitteln. Das ist in der Tat keine neue Erkenntnis,<br />

aber mit Sicherheit die bestbewährteste.<br />

Brauchen wir einen „Aufstand der Anständigen“, eine digitale<br />

Zivilcourage?<br />

Nein. Die meisten von uns zeigen tagtäglich vorbildlich,<br />

wie man sich (gepflegt) im Netz benehmen kann. Das<br />

sollten sie weiterhin beibehalten und anständiges Benehmen<br />

auch an ihre Mitmenschen weitergeben – ganz gleich<br />

ob als Politiker, Journalist, Lehrer oder Elternteil.<br />

Was kann der Gesetzgeber tun?<br />

Der Gesetzgeber könnte veranlassen, dass Medienkompetenz<br />

als Fach stärker im Schulplan verankert wird und die<br />

Lehrenden bestens darin ausgebildet sind. Zudem sollte<br />

man ein solches Fach mit Ethik verknüpfen, denn die entscheidenden<br />

Fragen für gutes Verhalten liegen nicht im<br />

richtigen Umgang mit dem Internet, sondern im richtigen<br />

Umgang mit dem Menschen. Eine moralische Frage.<br />

Ebenfalls könnte man eine Imagekampagne gegen<br />

Cybermobbing initiieren, ähnlich wie Du bist Deutschland,<br />

Mach’s mit oder Schon GEZahlt?. Dahinter sollte<br />

dann ein Dachverband stehen, der sich um den Dialog mit<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen in puncto Netzfragen<br />

kümmert und regelmäßig Vorträge, Podiumsdiskussionen<br />

und Veranstaltungen zur Aufklärung in Sachen<br />

Medienkompetenz und Moral im Internet betreibt.<br />

Muss der Gesetzgeber überhaupt etwas tun?<br />

Die Verantwortung des Staates ist es aus meiner Sicht,<br />

eine funktionierende Gesellschaft sicherzustellen. Im Internet<br />

funktioniert vieles sehr gut (man muss ja nicht auf<br />

Webseiten gehen, wo die Kommentare unter der Gürtellinie<br />

sind), manches ist jedoch sicher noch ausbaufähig.<br />

Um eine weiterhin funktionierende Gesellschaft sicherzustellen,<br />

sollte der Staat verstärkt präventiv in Aufklärung,<br />

Bildung und Erziehung investieren, statt die Folgen und<br />

Auswirkungen fehlender Verantwortung mit teuren Überwachungssystemen<br />

bekämpfen zu wollen. Veränderung<br />

ist wichtig – und nachhaltige Veränderung kommt stets<br />

von innen heraus, nicht von außen. Online wie offline.“<br />

6.1.7 Netzkommunikation: Völlig daneben.<br />

Dieser Beitrag wurde von Stefan Dernbach am 30. November<br />

2012 eingereicht (http://cafegaenger.wordpress.<br />

com/2012/11/30/netzkommunikation-vollig-daneben):<br />

„In Deutschland spricht man gern von Medienkompetenz,<br />

welche neben einem technischen Grundverständnis, auch<br />

die Formen des Umgangs im Internet beleuchtet und hinterfragt:<br />

Kommunikationskulturen, ihre Spuren, ihre Prägungen,<br />

ihre konkreten und möglichen Auswirkungen. Es<br />

geht also um das Erkennen und Verstehen von Vorgängen,<br />

einer möglichst adäquaten Einschätzung der Lage, in der<br />

sich der User im Kontakt mit anderen Usern befindet. Es<br />

geht um Selbst- und Fremdeinschätzung.<br />

Was passiert im Kontakt miteinander?<br />

Kritisch beäugt werden sogenannte Prügelforen und rosarote<br />

Kuschelmanien, die sich flächendeckend ausbreiten.<br />

Hier wird der virtuelle Hammer geschwungen, auf den<br />

Gegner eingedroschen, dort trieft es nur so vor vermeintlicher<br />

Schönheit. Es fließt der zitierte und bebilderte Honig<br />

bis es schmerzt. Hinzu kommen User, die versuchen<br />

über das Netz auf gesellschaftliche und soziale Problematiken<br />

aufmerksam zu machen: Vom ägyptischen Frühling<br />

zum Tierschutz, von Syrien über Windenergie bis zum<br />

umfassenden Appell an Freiheit und Liebe unter den<br />

Menschen.<br />

Lesen sie hier, lesen sie dort. Solidarisieren sie sich, unterstützen<br />

sie den guten Geist. Unzählige Links werden<br />

rausgefeuert, deren konkrete Inhalte nicht zu verarbeiten<br />

sind. Diese Streuwagenmentalität, und verfolgt sie noch<br />

so wertvolle Ziele, erfordert ein hohes geistiges Potenzial<br />

und außerordentlich viel Zeit, um auch nur ansatzweise<br />

bewältigt werden zu können. Die Masse der Hinweise<br />

und Verlinkungen führt geradewegs in die Überforderung<br />

und damit in die Frustration. Es sei denn, der User hätte<br />

gelernt auszuwählen, wertvolle Prioritäten zu setzen. An

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