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Thema: - Hochschule Neubrandenburg

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Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung der <strong>Hochschule</strong><br />

<strong>Neubrandenburg</strong><br />

Studiengang Soziale Arbeit BA<br />

Bachelor-Arbeit<br />

zum angestrebten Abschluss Bachelor of Arts (BA)<br />

<strong>Thema</strong>:<br />

Problematische Transaktionen zwischen Schülern<br />

und Lehrern – Spiel- und Theaterpädagogik als<br />

Interventionsform<br />

vorgelegt von:<br />

Marie-Christin Kiehl<br />

Erstprüfer:<br />

Zweitprüfer:<br />

Prof. Dr. phil. Roland Haenselt<br />

Prof. Dr. phil. Ulrike Hanke<br />

URN:<br />

urn:nbn:de:gbv:519-thesis2013-0450-5<br />

Abgabedatum: 12. September 2013


„Das Schöne an Kindern ist,<br />

dass sie in ihrer eigenen Fantasiewelt leben<br />

und nicht von der Gesellschaft korrumpiert worden sind.<br />

Sie haben noch keine Grenzen in ihrem Denken und sind frei,<br />

bevor es ihnen in der Schule durch strukturiertes Lernen<br />

genommen wird.“<br />

(Steven Spielberg, URL 1, 2013)


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung............................................................................................................ 1<br />

1. Hinführung zur Transaktionsanalyse .............................................................. 2<br />

1.1 Das Ich-Zustandsmodell ........................................................................... 2<br />

1.2 Transaktionen ........................................................................................... 5<br />

1.2.1 Gelungene und problematische Transaktionen .................................. 8<br />

2. Die Schüler-Lehrer-Beziehung ....................................................................... 9<br />

2.1 Die Institution Schule als Basis und die Rolle der Schüler und Lehrer...... 9<br />

2.2 Die Art der Schüler-Lehrer-Beziehung .................................................... 10<br />

2.3 Konflikte in diesem Verhältnis ................................................................. 11<br />

3. Schüler-Lehrer-Transaktionen ...................................................................... 13<br />

3.1 Probleme in der Transaktion ................................................................... 14<br />

3.1.1 Möglichkeiten, problematische Transaktionen zu verhindern ........... 15<br />

4. Wie das System Schule gelungene Transaktionen verhindert...................... 16<br />

5. Spiel- und Theaterpädagogik als Interventionsform ..................................... 18<br />

5.1 Kurze Information zu Spiel- und Theaterpädagogik ................................ 19<br />

5.2 Gründe dafür, dass Spiel- und Theaterpädagogik gerade bei<br />

Schulkonflikten sehr hilfreich ist .................................................................... 21<br />

5.2.1 Wirkungsweisen von Spiel und Theater auf den Schulalltag ............ 21<br />

5.3 Ein exemplarisches Beispiel zu einem eigenen Projekt .......................... 24<br />

6. Der Zusammenhang zwischen Transaktionen, Spiel- und Theaterpädagogik<br />

......................................................................................................................... 25<br />

7. Schlussfolgerung .......................................................................................... 28<br />

8. Quellenverzeichnis ....................................................................................... 30


2<br />

Wichtig ist für mich im Vornherein zu erwähnen, dass ich mit dieser Arbeit<br />

weder Schüler, noch deren Eltern und erst recht keine Lehrer angreifen oder<br />

sogar verletzen möchte.<br />

Ich möchte lediglich darlegen, wie es zu dem angespannten Verhältnis<br />

zwischen Schülern und Lehrern kommt, welches so häufig an unseren Schulen<br />

zu erleben ist.<br />

Mein Ziel ist es, eine Möglichkeit darzulegen, die eine Hilfestellung bietet, um<br />

dafür zu sorgen, dass Schüler und Schülerinnen gern zur Schule gehen und<br />

Lehrer und Lehrerinnen einen ausgeglichenen Arbeitsplatz vorfinden können,<br />

an dem sie sich wohlfühlen.<br />

1. Hinführung zur Transaktionsanalyse<br />

Die Transaktionsanalyse an sich ist ein sehr umfangreiches Themengebiet. Um<br />

das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern später auf<br />

transaktionsanalytischer Ebene zu erklären, soll es genügen, das Ich-<br />

Zustandsmodell und die Transaktionen genauer zu betrachten.<br />

1.1 Das Ich-Zustandsmodell<br />

Das Ich-Zustandsmodell lässt sich in unterschiedliche Bereiche einteilen, die<br />

allerdings alle aufeinander basieren.<br />

Im strukturellen Modell erster Ordnung beschreiben Stewart und Joines drei<br />

unterschiedliche Weisen des In-der-Welt-Seins:<br />

Befindet man sich im Kind-Ich, erlebt man sein Verhalten, Denken und Fühlen,<br />

wie man es als Kind getan hat. Im Eltern-Ich denkt, fühlt oder verhält man sich<br />

so, wie man es als Kind von den Eltern oder Elternfiguren übernommen hat. Im<br />

Erwachsenen-Ich ist das Verhalten, Denken und Fühlen dem Hier und Jetzt<br />

angepasst, um auf Geschehnisse zu reagieren und dabei alle Möglichkeiten zu<br />

nutzen, die man als Erwachsener hat (Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 33f.)


3<br />

Alle drei Ich-Zustände sind notwendig für eine gesunde, ausgeglichene<br />

Persönlichkeit. Um Probleme im Hier und Jetzt zu lösen und sinnvoll zu leben,<br />

ist das Erwachsenen-Ich von Nöten. Das Eltern-Ich wird gebraucht, um mit<br />

anderen auszukommen. Das Kind-Ich ist wichtig für die Kreativität und<br />

Spontaneität, also für das Ausprobieren und das damit verbundene<br />

unmittelbare Begreifen (Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 38).<br />

Während das Strukturmodell Aufschluss darüber gibt, was der Inhalt der Ich-<br />

Zustände ist, beschreibt das Funktionsmodell die Art der Vorgänge bzw. der<br />

Prozesse, die in den einzelnen Zuständen vonstattengehen.<br />

In der funktionellen Analyse lassen sich die einzelnen Ich-Zustände jeweils in<br />

sich voneinander trennen und ihnen wird je eine positive und eine negative<br />

Seite zugewiesen. Dies gilt aber nicht für das Erwachsenen-Ich, da es einzig<br />

und allein als Reaktion auf das Hier und Jetzt verstanden wird.<br />

Das Kind-Ich setzt sich demnach aus angepasstem und freiem Kind<br />

zusammen:<br />

Im angepassten Kind erlebt man sich im Verhalten, dass man als Kind<br />

beschlossen hat, um den Erwartungen der Eltern gerecht zu werden. Dies führt<br />

dazu, dass man sich als Erwachsener an bestimmte Regeln hält und sein<br />

Leben danach führt (Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 48f.)<br />

Das Kind-Ich ist positiv angepasst, wenn man Regeln einhält und sich an<br />

Muster hält, um gewisse Ziele zu erreichen, was sich für alle Beteiligten als<br />

angenehm erleben lässt. Ein negativ angepasstes Kind-Ich äußert sich in<br />

Verhaltensweisen aus der Kindheit, die im Hier und Jetzt nicht mehr<br />

angemessen sind (Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 50).<br />

Das freie Kind-Ich kann mit unzensiertem Verhalten verglichen werden, also ein<br />

völlig unabhängiges Verhalten, wie es einem gerade passt. Hierbei wurden als<br />

Kind elterliche Anweisungen und Grenzen außer Acht gelassen (Vgl. Stewart;<br />

Joines 2010, S. 49ff.).<br />

Im positiv freien Kind ist man produktiv, das Lebensgefühl wird gesteigert und<br />

man ist fähig, in Sicherheit gebenden Situationen seine Emotionen<br />

auszudrücken. Negativ ist das freie Kind dann, wenn die sozialen<br />

Konsequenzen für das eigene Verhalten unangenehm werden und man sich<br />

oder andere unter Umständen sogar in Lebensgefahr bringt (Vgl. Stewart;<br />

Joines 2010, S. 51).


4<br />

Das Eltern-Ich lässt sich in kritisch und fürsorglich einteilen.<br />

Im kritischen Eltern-Ich ahmt man das Verhalten von den anweisenden, Regeln<br />

aufstellenden Eltern nach.<br />

Positiv äußert sich dies, indem man durch seine Anweisungen andere schützt<br />

oder fördert. Im negativ kritischen Eltern-Ich verhält man sich anderen<br />

gegenüber abwertend oder verletzend (Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 52f.).<br />

Das fürsorgliche Eltern-Ich lässt das Verhalten erleben, welches man von den<br />

umsorgenden, versorgenden und betreuenden Eltern übernommen hat.<br />

Das Eltern-Ich gilt als positiv fürsorglich, wenn man für andere sorgt und dies<br />

als Hilfe aus Respekt tut. Ein negativ fürsorgliches Eltern-Ich wird auch mit<br />

Überfürsorglichkeit gleichgesetzt. Hier leistet man Hilfe aus einer<br />

Überlegenheitsposition heraus und würdigt andere somit herab (Vgl. Stewart;<br />

Joines 2010, S. 52f.).<br />

Das strukturelle Modell zweiter Ordnung unterteilt jeden Ich-Zustand noch<br />

einmal:<br />

Das Eltern-Ich im Eltern-Ich gibt Botschaften wieder, die von Generation zu<br />

Generation weitergegeben wurden. Das Erwachsenen-Ich im Eltern-Ich<br />

beinhaltet Feststellungen, die die eigenen Eltern übernommen haben. Diese<br />

können stimmen oder auch nicht. Handelt man aus dem Kind-Ich im Eltern-Ich,<br />

hat man das Verhalten verinnerlicht, das vom Kind-Ich der Eltern<br />

wahrgenommen wurde (Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 62f.).<br />

Im Erwachsenen-Ich gibt es auch hier keine Unterteilung. Aus dieser Haltung<br />

fällt man sein Urteil über die Inhalte der eigenen Ich-Zustände, man prüft also,<br />

ob diese wahr oder falsch, hilfreich oder belastend, gut oder schlecht sind (Vgl.<br />

Stewart; Joines 2010, S. 63f.).<br />

Das Eltern-Ich im Kind-Ich sind eigene Versionen elterlicher Botschaften, die<br />

man als Kind gespeichert hat, etwa Fantasievorstellungen, was Eltern erreichen<br />

wollten. Das Erwachsenen-Ich im Kind-Ich ist eine Sammlung von<br />

problemlösenden Strategien des Kindes, die aus momentanen Eindrücken und<br />

Intuition entstanden sind. Befindet man sich im Kind-Ich im Kind-Ich, erlebt man<br />

sich selbst, wie man als Kind in eine noch frühere Situation seiner Kindheit<br />

gegangen ist, hier spielen hauptsächlich Körpergefühle eine Rolle (Vgl. Stewart;<br />

Joines 2010, S. 65ff.).


5<br />

Zum Ich-Zustandsmodell soll es soweit genügen, weitere Aspekte des Modells<br />

sind für diese Arbeit weniger von Bedeutung.<br />

1.2 Transaktionen<br />

Stewart und Joines beschreiben die Transaktion als ein Angebot, mit jemandem<br />

in irgendeiner Weise in Verbindung zu treten, also ein Stimulus, und die<br />

Reaktion darauf (Vgl. 2010, S. 99).<br />

Viele aufeinander folgende Transaktionen ergeben demnach eine<br />

Transaktionsfolge, ein Gespräch, wie es jeder kennt. Die Transaktion ist also<br />

die „Grundeinheit alles sozialen Miteinanders“ (Stewart; Joines 2010, S.99).<br />

Zum Verständnis soll folgendes Beispiel dienen: Person A kommt in einen<br />

Raum und fragt Person B nach der Zeit. Person B schaut auf seine Armbanduhr<br />

und antwortet. Dies ist eine Transaktion. Daraus könnte ein umfangreiches<br />

Gespräch werden, wenn A z.B. feststellt, dass er noch Zeit hat und diese nutzt,<br />

um B nach seinem Wohlbefinden zu fragen. B könnte darauf antworten und A<br />

fragen, wie es ihm denn ginge. A würde darauf wieder reagieren und so weiter.<br />

Während einer Transaktion befindet sich der Gesprächspartner in einem<br />

bestimmten Ich-Zustand, mit diesem er auf den Gegenüber zugeht. Dies kann<br />

man als eine Art Einladung an sein Gegenüber betrachten, aus einem<br />

bestimmten Ich-Zustand heraus zu reagieren.<br />

Im oben genannten Beispiel könnte Person A beispielsweise zornig in den<br />

Raum gestürmt kommen und mit lauter, vorwurfsvoller B fragen, wie spät es<br />

sei. A befände sich dann in seinem kritischen Eltern-Ich. B könnte daraufhin aus<br />

seinem angepassten Kind-Ich eingeschüchtert und kleinlaut antworten, weil ihm<br />

gerade in diesem Moment bewusst wird, dass er sich schon vor einer Stunde<br />

mit A an einem anderen Ort treffen sollte und sich nun schuldig fühlt.<br />

Da während einer Transaktionsfolge verschiedene Ich-Zustände angesprochen<br />

werden und die Möglichkeiten, aus einem bestimmten Ich-Zustand zu<br />

reagieren, ebenfalls vielfältig sind, lassen sich Transaktionen in bestimmte<br />

Bereiche untergliedern. Hierzu muss man sich die Anordnung der Ich-Zustände<br />

bildlich vorstellen: Alle drei Ich-Zustände werden jeweils durch eine Kreis<br />

gekennzeichnet und angeordnet wie ein Schneemann. Das Eltern-Ich steht


6<br />

ganz oben, in der Mitte befindet sich das Erwachsenen-Ich und ganz unten<br />

findet man das Kind-Ich (Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 100).<br />

Eltern-Ich und Kind-Ich werden jeweils durch einen senkrechten Strich halbiert,<br />

um jeweils das kritische und fürsorgliche Eltern-Ich und das freie und<br />

angepasste Kind-Ich darzustellen.<br />

Um die Transaktionen zwischen zwei Gesprächspartnern darzustellen, stellt<br />

man zwei „Schneemänner“ gegenüber und verbindet mit einem Pfeil welcher<br />

Ich-Zustand vom Stimulus ausgeht und welcher von ihm beim Gegenüber<br />

angesprochen wird. Ein anderer Pfeil geht von dem Ich-Zustand aus, aus dem<br />

der Gegenüber tatsächlich reagiert und welchen Ich-Zustand er wiederum damit<br />

beim Stimulus anspricht.<br />

Die erste Form der Transaktionen ist die Komplementär- oder<br />

Paralleltransakiton, bei der die Pfeile zwischen den „Schneemännern“ parallel<br />

verlaufen (Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 100ff.) Der Kommunikationspartner<br />

antwortet hier als aus dem angesprochenen Ich-Zustand. Rüttinger bezeichnet<br />

dies als „einfache Transaktion“ (2010, S. 53).<br />

Durch die Verschiedenartigkeit der Transaktionen leiten Stewart und Joines<br />

einige Kommunikationsregeln ab.<br />

Die erste Regel besagt, dass in einem Gespräch, das aus einer Abfolge von<br />

Paralleltransaktionen besteht, vorhersehbar ist, was passiert. „Solange die<br />

Pfeile in den einzelnen Transaktionen parallel verlaufen, die Transaktionen also<br />

komplementär sind, kann die Kommunikation unbegrenzt weitergehen“<br />

(Stewart; Joines 2010, S. 103).<br />

Eine weitere Form der Transaktion ist die Überkreuztransaktion, hierbei wird der<br />

Pfeil des Stimulus-„Schneemanns“ von dem des reagierendem durchkreuzt, da<br />

die Reaktion nicht aus dem angesprochenen Ich-Zustand kommt. Die Reaktion<br />

versucht jetzt also den Stimulus in einen anderen Ich-Zustand zu drängen und<br />

somit wird der Fluss der Kommunikation unterbrochen oder sogar gestört (Vgl.<br />

Stewart; Joines 2010, S. 103f.).<br />

Bei Rüttinger werden diese Transaktionen als „komplex“ bezeichnet (2010, S.<br />

53).<br />

Die zweite Kommunikationsregel stellt fest, dass hier die Wahrscheinlichkeit<br />

besteht, dass der durchkreuzte Stimulus in den angesprochenen Ich-Zustand<br />

geht und danach eine Paralleltransaktion folgen kann: „ Die


7<br />

Überkreuztransaktion bedeutet eine Störung in der Kommunikation; soll diese<br />

wieder glatt ablaufen, muss einer der Gesprächspartner oder müssen beide den<br />

Ich-Zustand wechseln“ (Stewart; Joines 2010, S. 106).<br />

Weiterhin kann es zu verdeckten Transaktionen kommen. Hierbei werden zwei<br />

Botschaften gleichzeitig übermittelt: eine offene Botschaft, die auf sozialer<br />

Ebene stattfindet und meist vom Erwachsenen-Ich an das Erwachsenen-Ich<br />

gerichtet ist und eine verdeckte Botschaft auf psychologischer Ebene, die oft<br />

vom Eltern-Ich an das Kind-Ich oder vom Kind-Ich an das Eltern-Ich gerichtet ist<br />

(Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 107f.).<br />

Die soziale Botschaft überdeckt die psychologische Botschaft und dies wird<br />

Duplextransaktion oder auch Eigenkreuzung genannt, da die psychologische<br />

Botschaft die eigene ausgesprochene soziale Botschaft kreuzt (Vgl. Stewart;<br />

Joines 2010, S. 109).<br />

Auch hierfür möchte ich ein Beispiel nennen: Ein Vorgesetzter kündigt seine<br />

Angestellte aufgrund der schlechten finanziellen Lage des Betriebes. Der<br />

Vorgesetzte erklärt der Angestellten sachlich, warum es so gekommen ist und<br />

die Angestellte versichert ihrem Vorgesetzten, dass es kein Problem sei und sie<br />

das verstehen würde. Dieses Gespräch verläuft augenscheinlich von<br />

Erwachsenen-Ich zu Erwachsenen-Ich.<br />

Schaut man sich aber die Mimik und Gestik der Angestellten genauer an, kann<br />

man erkennen, dass sie, während der Vorgesetzte die Lage erläutert hat, immer<br />

tiefer in ihren Stuhl gerutscht ist, sich klein gemacht hat, ihr Gesicht rot<br />

geworden ist, ihre Lippen zittern und ihr die Tränen in die Augen schießen.<br />

Offensichtlich, ist es für sie doch ein Problem, gekündigt zu werden. Sie<br />

versetzt sich auf der psychologischen Ebene in ihr Kind-Ich und hofft vielleicht,<br />

dass der Vorgesetzte aus seinem fürsorglichen Eltern-Ich es sich noch einmal<br />

anders überlegt, wenn sie vor ihm in Tränen ausbricht.<br />

Das liegt jedoch allein am Vorgesetzten.<br />

Wenn man nämlich einen Stimulus an jemanden richtet, kann niemals<br />

automatisch bewirkt werden, dass die Reaktion darauf einen bestimmten Ich-<br />

Zustand einschaltet. Man kann lediglich, wie bereits erwähnt, eine Einladung<br />

zur Reaktion senden (Vgl. Stewart; Joines 2010, S.109f.).<br />

Die damit verbundene dritte Kommunikationsregel besagt: „Bei der verdeckten<br />

Transaktion fällt die Entscheidung über das weitere Verhalten auf der


8<br />

psychologischen und nicht auf der sozialen Ebene“ (Stewart; Joines 2010, S.<br />

110). Will man also das Verhalten seines Gegenüber verstehen, muss man auf<br />

die psychologische Ebene der Kommunikation achten. Das funktioniert in etwa<br />

so, wie bei den Marsmenschen, die auf die Erde kommen und uns „Erdlinge“<br />

nicht verstehen. Sie achten nur auf unsere Bewegungen, Mimik und Gestik, um<br />

uns zu verstehen.<br />

Somit hängen Transaktionen mit nonverbalen Äußerungen sehr eng<br />

zusammen.<br />

Die nonverbalen Indizien werden also auf der psychologischen Ebene gegeben.<br />

Dazu gehört alles, was nicht mit Worten ausgedrückt werden kann, also alles,<br />

was unser Körper tut, während wir sprechen. Auch die Sprechweise gehört<br />

dazu, z.B. Stimmklang, Lautstärke, Tonhöhe (Vgl. Stewart; Joines 2010, S.<br />

111).<br />

Folglich fallen bei der verdeckten Transaktion die psychologische und verdeckte<br />

Ebene auseinander und die gesagten Worte können, grob gesagt, als Lügen<br />

bezeichnet werden. Somit entsteht zwischen Gesagtem und Gezeigtem eine<br />

Inkongruenz.<br />

„Wenn du Transaktionen präzise analysieren willst, musst du bei JEDER<br />

sowohl die nonverbalen Indizien wie auch den Wortlaut bedenken“ (Stewart;<br />

Joines 2010, S. 112).<br />

1.2.1 Gelungene und problematische Transaktionen<br />

Stewart und Joines legen fest, dass keine Transaktionsart an sich gut oder<br />

schlecht ist. Es wird lediglich deutlich, dass die Paralleltransaktion günstig für<br />

eine glatt fließende Kommunikation ist (Vgl. 2010, S. 112).<br />

Trotzdem können Transaktionen gelungen oder problematisch sein.<br />

Eine Transaktion gestaltet sich als problematisch, wenn die Gesprächspartner<br />

festgefahren sind oder man sogar einen ungewollten Kommunikationspartner<br />

hat.<br />

Der ungewollte Gesprächspartner kann vor allem in einer Endlosschleife von<br />

Paralleltransaktionen nicht „abgewimmelt“ werden.<br />

Das Festgefahrene kann oft bei Überkreuz- oder verdeckten Transaktionen<br />

beobachtet werden, wenn keiner der Beteiligten in der Lage ist, seinen Ich-


9<br />

Zustand zu wechseln. Ist dies der Fall, bleibt die Transaktionsfolge<br />

unbefriedigend oder sogar herabwertend und verletzend für alle Beteiligten.<br />

Eine Transaktion ist dann gelungen, wenn beide Kommunikationspartner mit<br />

einem zufriedenen Gefühl aus dem Gespräch herausgehen.<br />

Dies kann unter vier Bedingungen erreicht werden: Gestaltet sich die<br />

Transaktion problematisch, muss ein Ich-Zustand oder müssen beide Zustände<br />

wirklich wechseln, die bestehende Transaktion muss durchkreuzt werden, das<br />

<strong>Thema</strong> soll sich ändern und das alte <strong>Thema</strong> soll somit vergessen werden (Vgl.<br />

Stewart; Joines 2010, S. 113f.). Nur so kann man das, was in der<br />

Kommunikation läuft, verändern. Es besteht für jeden die Alternative, die<br />

Äußerungen des anderen aus fünf anderen Ich-Zuständen zu durchkreuzen,<br />

wenn sich die Transaktionsfolge als unbefriedigend erweist.<br />

2. Die Schüler-Lehrer-Beziehung<br />

Im Folgenden werde ich genauer auf das Verhältnis zwischen Schülern und<br />

Lehrern eingehen. Hierbei werde ich alle Aspekte in meine Betrachtungen<br />

einbeziehen, die zu dieser speziellen Beziehung dazugehören und auf diese<br />

einwirken. Ausgenommen ist in diesem Abschnitt das staatliche Schulsystem<br />

an sich, da ich dieses in einem eigenen Abschnitt näher beleuchten möchte.<br />

Wenn im Nachstehenden von Schulen und Schüler-Lehrer-Beziehungen die<br />

Rede ist, dann beziehe ich mich damit immer auf staatliche Schulen.<br />

Den komplexen Bereich aller deutschen Schulen zu beleuchten, würde hier ein<br />

zu weites Ausmaß annehmen.<br />

2.1 Die Institution Schule als Basis und die Rolle der Schüler und<br />

Lehrer<br />

Die Schule im Allgemeinen ist eine Bildungsinstitution. Jede Schule unterliegt<br />

dem Schulgesetz und soll demnach Bildung und Erziehung vermitteln, um<br />

Kinder und Jugendliche auf das nachschulische Leben vorzubereiten. Hierzu<br />

gehören laut Schulgesetz sowohl die Entwicklung der Persönlichkeit und<br />

eigener Fähigkeiten, das Aneignen von Wissen, als auch die Bildung eines


10<br />

Standpunktes in der Gesellschaft (Schulgesetz für das Land Mecklenburg-<br />

Vorpommern 2009, S. 9f.).<br />

Zu dem System Schule gehören als größte Gruppe die Schüler, die durch ihr<br />

Lernen und ihre Entwicklung im Mittelpunkt stehen (Vgl. Raeck 2007, S. 140).<br />

Als zweitgrößte Gruppe gehören die Lehrer zum Schulalltag. Danach folgen in<br />

der Größenordnung Schulleitung und weitere Kräfte, die in der Schule tätig<br />

sind, wie z.B. Hausmeister, Küchen- und Reinigungskräfte.<br />

Auch die Eltern sind für die Schule sehr bedeutend, sie sind zwar nicht täglich<br />

in der Schule, gehören aber trotzdem dazu.<br />

Die Rolle der Schüler wird insofern deutlich, dass sie die größte Gruppe bilden<br />

und somit unabdingbarer Bestandteil der Schule sind. Sie übernehmen die<br />

Rolle der Zu-Belehrenden, der Lernenden und der Sich-Entwickelnden.<br />

Lehrer als zweitgrößte Gruppe sind ebenfalls fester, notwendiger Bestandteil<br />

der Schule und bekommen die Rolle der Lehrenden, Belehrenden,<br />

Erziehenden, aber auch der Sich-Entwickelnden zugeschrieben.<br />

Ohne die Institution Schule würden Schüler und Lehrer in ihrer Rolle nicht<br />

existieren und jemals aufeinander treffen.<br />

2.2 Die Art der Schüler-Lehrer-Beziehung<br />

Wie bereits erwähnt, basiert die Schüler-Lehrer-Beziehung auf der Tatsache,<br />

dass es überhaupt die Schule als Bildungsinstitut gibt.<br />

Diese Beziehung hat mehrere Seiten: Zum einen ist es eine erzwungene<br />

Beziehung. Feststeht, dass jeder Schüler, ob Grundschule oder weiterführende<br />

Schule, in der Pflicht steht, die Schule mindestens bis zur 10. Klasse zu<br />

besuchen. Dies kann also auch als eine Art Zwang beschrieben werden.<br />

Weiterhin kann sich kein Schüler seinen Klassenlehrer aussuchen, genauso<br />

wenig, wie den Fachlehrer.<br />

Ein weiterer Beweis für den Zwang in diesem Verhältnis ist das Schulgesetz,<br />

welches genau vorschreibt, welche Inhalte Lehrer vermitteln sollen und was<br />

Schüler erreichen müssen, um erfolgreiche Leistungen zu erzielen.<br />

Zum anderen ist die Schüler-Lehrer-Beziehung eine freiwillig gewählte<br />

Konstellation, die von Seiten der Lehrer ausgeht. Ein Lehrer kann sich zwar<br />

nicht konkret eine Klasse aussuchen, aber irgendwann als er vor der


11<br />

Berufswahl stand, hat er sich aus mehr oder weniger freien Stücken dazu<br />

entschieden, Lehrer zu werden und folglich auch mit Kindern und Jugendlichen<br />

zu arbeiten.<br />

Ob nun Zwang oder Freiwilligkeit in dieser Beziehung vorherrschen sei einmal<br />

dahin gestellt. Fakt ist jedoch, dass Schüler und Lehrer im System Schule in<br />

einer gegenseitigen Abhängigkeit voneinander miteinander agieren. Der<br />

Schüler braucht den Lehrer, um von ihm Impulse zum Lernen und zu seiner<br />

Entwicklung zu bekommen und so später die Chance auf eine Berufsausbildung<br />

zu haben. Der Lehrer ist auf den Schüler angewiesen, um das Wissen zu<br />

vermitteln, das er sich angeeignet hat und weil er sonst schlichtweg arbeitslos<br />

wäre.<br />

2.3 Konflikte in diesem Verhältnis<br />

An Konflikten mangelt es im Schüler-Lehrer-Verhältnis leider nicht. Immer<br />

wieder hört man von „Disziplinproblemen“ oder „Erziehungsschwierigkeiten“, die<br />

allerdings nicht nur von den Schülern ausgehen (Vgl. Singer 1988, S. 7).<br />

Doch wie kommt es dazu, dass der Schulalltag überhäuft von Krisen- und<br />

Konfliktsituationen ist? Warum hört man so oft von Schüler, dass sie nicht gern<br />

zur Schule gehen? Wie kommt es zu der erschreckend hohen Zahl an Burn-outerkrankten<br />

Lehrern?<br />

Das größte Problem besteht wohl darin, dass die Umgangsweise im<br />

Klassenzimmer nicht „echt“ ist. Vieles bleibt zwischen Schülern und Lehrern<br />

ungesagt, wird verdrängt und baut somit im Unterbewusstsein einen Haufen an<br />

Frustration und Wut auf. Kurt Singer erklärt das mit dem Wort „Falsch“, das so<br />

oft im Lehrersprachgebrauch fällt. Singer erklärt aber auch, dass nur erkannt<br />

wird, dass etwas „falsch“ ist, aber nicht darauf eingegangen wird, wie man den<br />

Ist-Zustand verändern kann, um es „richtig“ zu machen (Vgl. 1988, S. 8). Statt<br />

dieser ständigen Erziehung solle der Lehrer eine Beziehung aufnehmen, um<br />

sich und die Schüler von Druck, Anspannung und Starre zu befreien. Hier steht<br />

das Wohlbefinden an erster Stelle. „Den Kindern kann es nicht gut gehen, wenn<br />

es ihren Lehrerinnen und Lehrern schlecht geht“ (Singer 1988, S. 8).


12<br />

Konflikte im Klassenzimmer entstehen sehr oft auch durch unterdrückte oder<br />

überspielte Emotionen. Eine Emotion, die fast schon zum Gemäuer jeder<br />

Schule gehört, ist die Angst. Tatsächlich liegt die meiste Angst nicht bei den<br />

Schülern, die z.B. schlechte Noten oder andere Misserfolge fürchten, sondern<br />

bei den Lehrern. Lehrer haben sehr oft Angst vor dem Ungewissen, vor dem<br />

Unvorhersehbaren und der damit verbundenen Unsicherheit, die sie sich auf<br />

keinen Fall anmerken lassen wollen (Singer 1988, S. 12). Um diese<br />

Unsicherheit zu überspielen, bauen sie eine „machtvolle Lehrerfassade“ auf, um<br />

sicher zu gehen, dass nichts Schlimmeres nachfolgen kann, wenn man sich<br />

„echt“ zeigt (Vgl. Singer 1988, S. 18). Lehrer übernehmen durch den Druck ihr<br />

Gesicht wahren zu wollen ein Rollenverhalten, das ihrer eigenen Person<br />

schädigt und somit zur Erstarrung ihrer selbst führt.<br />

Das Machtgefälle an Schulen ist wohl einer der nächstgrößten Konfliktherde.<br />

Da Lehrer „so viel Macht ausüben, um … [ihre] Angst unter Kontrolle zu halten“<br />

(Singer 1988, S. 33), lehnen sich immer wieder Schüler dagegen auf, um sich<br />

zu wehren und ihre Interessen durchsetzen zu wollen. Hier entsteht ein Konflikt,<br />

der zu keiner befriedigenden Lösung führen kann, solange das gegenseitige<br />

„Sich-beweisen-Müssen“ nicht eingestellt wird (Vgl. Singer 1988, S. 21f.). An<br />

Schulen kommt es vermehrt zum Machtmissbrauch, als dass persönliche<br />

Wünsche und Gefühle geäußert werden. Würden Lehrer und Schüler sich<br />

miteinander auseinandersetzen, miteinander in Beziehung treten und sich<br />

begreifen lassen, stünde einem gemeinsamen, zufriedenstellenden Unterricht<br />

nichts mehr im Wege (Vgl. Singer 1988, S. 23ff.).<br />

Stattdessen aber entstehen aus diesem Machtprinzip unzählige Feindbilder. Die<br />

Schüler bilden solche Feinbilder, weil der Lehrer „schulische<br />

Abschreckungswaffen“ (Singer 1988, S. 35) benutzt um sich durchzusetzen.<br />

Dazu gehören z.B. Noten, überraschende Tests, Verweise oder „Sitzenbleiben“.<br />

Diese „Waffen“ sind verletzend und demütigend und machen den Lehrer somit<br />

zu einem gefährlichen Feind.<br />

Kinder und Jugendliche werden auch zu Hause von den Eltern nach<br />

schulischen Leistungen bewertet (Vgl. Krause 1996, S.31f.). Reagieren die<br />

Eltern auf Misserfolge in der Schule mit Liebesentzug, Tadel oder sogar<br />

Strafen, sind Schüler verletzt und fühlen sich schlecht. Für dieses schlechte<br />

Gefühl wird dann der Lehrer verantwortlich gemacht und das Feindbild


13<br />

verstärkt. Der Lehrer hat also die Macht, über die Schule hinaus über Freude<br />

und Leid des Schülers zu bestimmen (Vgl. Krause 1996, S. 31).<br />

Auch Lehrer bauen Feindbilder gegenüber den Schülern auf. Die Schüler-<br />

Lehrer-Beziehung ist an Leistungsanforderungen und Lernzielen ausgerichtet,<br />

nicht an Gefühlsäußerungen und so wird Angst in Feinbilder umgewandelt.<br />

Nach einem „Abschreckungsdogma“ sieht der Lehrer den Schüler als Feind,<br />

weil Schüler den Lehrer verletzen könnten und er somit stark und kampfbereit<br />

sein muss, um nicht angegriffen zu werden (Vgl. Singer 1988, S. 36).<br />

Bei dem ganzen Feinbilddenken und der damit verbunden Selbstaufgabe<br />

rücken die Fähigkeiten selbstkritisch zu denken und die eigenen<br />

Handlungsmöglichkeiten zur Lösung des Konflikts sowohl bei Schülern, als<br />

auch bei Lehrern in den Hintergrund, bis sie schließlich verdrängt werden.<br />

Konflikte in der Schüler-Lehrer-Beziehung rühren also aus einer<br />

unzureichenden Kommunikation. Kinder und Jugendliche bekommen es nicht<br />

anders vorgelebt und kennen somit ihre eigenen Fähigkeiten zur Konfliktlösung<br />

nicht. Lehrern fehlt die ausreichende Ausbildung und die damit verbundene<br />

Auseinandersetzung mit eigenen Emotionen und Wünschen.<br />

„Wer Lehrerin oder Lehrer werden will, erfährt viel von Unterrichtsgegenständen<br />

und von Didaktik, sehr viel weniger über die Kinder, mit denen später<br />

umzugehen sein wird, und so gut wie gar nichts über sich selbst und die<br />

Bedürfnisse, Konflikte, Ängste und Verletzungsdispositionen, die in den Kontakt<br />

mit Kindern und Jugendlichen eingebracht und durch die Tätigkeit selbst<br />

hervorgerufen werden“ (Raeck 2007, S. 140).<br />

3. Schüler-Lehrer-Transaktionen<br />

Vieles zum folgenden Abschnitt basiert auf dem vorangegangenen Teil über<br />

das Schüler-Lehrer-Verhältnis. Beide Teile stehen in unmittelbarer Beziehung<br />

zueinander. Ich werde im Folgenden nun näher auf das eingehen, was<br />

zwischen Schülern und Lehrern auf der Transaktionsebene vorgeht.


14<br />

3.1 Probleme in der Transaktion<br />

In den Transaktionen zwischen Schülern und Lehrern kommt es häufig zu<br />

Transaktionen, bei denen der Lehrer den Stimulus aus dem kritischen Eltern-Ich<br />

an das angepasste Kind-Ich des Schülers sendet. Lehrer erwarten dann, dass<br />

die Schüler auch aus dem angesprochenen angepassten Kind reagieren.<br />

Viele Schüler rebellieren aber gegen die Aufforderungen der Lehrer, um zu<br />

demonstrieren, dass ihnen Aufmerksamkeit, Zuneigung und Verständnis fehlt.<br />

Sie reagieren dann aus ihrem freien Kind-Ich und durchkreuzen somit den<br />

Stimulus vom Lehrer.<br />

Viele Konflikte bleiben ungelöst oder unterdrückt, was zum „andauernden Krieg<br />

im Klassenzimmer“ (Singer 1988, S. 9) führt. Hier findet man die Art von<br />

Transaktion vor, aus der beide Parteien unzufrieden herausgehen, weil sie nicht<br />

bereit waren, ihre Ich-Zustände zu ändern. Dabei ist es so wichtig,<br />

Gefühlsäußerungen von Kindern und Jugendlichen als Emotionen zu<br />

akzeptieren, die zur Person des Schülers dazugehören (Vgl. Singer 1988, S.<br />

69). Äußerungen der Schüler, die meist ein Ausdruck von Angst sind, werden<br />

nicht ernst genommen, weil sie im ersten Moment verletzend und als Angriff auf<br />

die Person des Lehrers wirken. Dabei wollen Schüler auf diese Weise nur mit<br />

ihren Ängsten gesehen werden und niemanden persönlich angreifen. „Viele<br />

Lehrerinnen und Lehrer haben keine Ahnung von den tatsächlichen Ängsten<br />

der Schüler“ (Singer 1988, S. 73).<br />

In den Transaktionsfolgen im Klassenzimmer baut sich mit der steigenden<br />

Komplexität des Gesprächs in Konfliktsituationen auch immer mehr Gewalt auf,<br />

die die Beteiligten immer weiter in ihre Ich-Zustände hereindrückt, als sie dazu<br />

zu ermuntern, in einen anderen Zustand zu wechseln. „Der mit Gewalt<br />

ausgetragene Konflikt verschärft [aber] den Konflikt“ (Singer 1988, S. 85). Mit<br />

Gewalt ist hier vor allem emotionale Gewalt durch Worte und Taten gemeint.<br />

Sehr oft sind auch verdeckte Transaktionen zwischen Lehrern und Schülern zu<br />

beobachten. Hierbei liegt der Fokus der Kommunikation hauptsächlich auf der<br />

sozialen Ebene. Lehrer achten nur darauf, was gesagt wurde und ignorieren<br />

häufig die nonverbalen Hinweise, die etwas völlig anderes zum Ausdruck<br />

bringen. Ähnlich verhält es sich bei Jugendlichen. Jüngere Schüler haben aber<br />

eine sensiblere Auffassung von Emotionen und Körpersprache. Sie beobachten


15<br />

nonverbale Indizien bei Lehrern sehr genau und könnten die Transaktionen in<br />

die Richtung leiten, die eine zufriedenstellende Konfliktlösung parat hat. Dem<br />

steht jedoch die gut verankerte Fassade der Unberührbarkeit der Lehrer im<br />

Weg, die aus Angst vor Verletzung aufgebaut wurde.<br />

Auch Schüler bauen Fassaden auf, um ihre emotionale Verletzlichkeit zu<br />

verstecken. Oft beschweren sich über aggressive Kinder und Jugendliche.<br />

Schüler, die aggressiv sind, versuchen aber lediglich durch das Angreifen mit<br />

ihrer Umwelt in Berührung zu kommen (Vgl. Singer 1988, S. 103f.). Fakt ist<br />

nämlich, „der schwierige Schüler mach Schwierigkeiten, weil er Schwierigkeiten<br />

hat“ (Singer 1988, S. 109).<br />

Die Transaktionen zwischen Schülern und Lehrern sind also sehr komplex und<br />

verlangen sehr viel Einfühlungsvermögen in den Gegenüber, um eine<br />

zufriedenstellende Kommunikation zu schaffen.<br />

3.1.1 Möglichkeiten, problematische Transaktionen zu verhindern<br />

Um gelungene Transaktionen im Klassenzimmer herstellen zu können, müssen<br />

Schüler und Lehrer bereit und in der Lage sein, ihre Ich-Zustände zu wechseln<br />

und somit verständnisvoller miteinander umzugehen.<br />

Doch wie kann das funktionieren, wenn Ängste und andere Emotionen dies<br />

stets verhindern?<br />

Singer stellt fest, dass Konflikte im Klassenzimmer nur in beidseitiger<br />

Beziehung ausgetragen werden können (Vgl. 1988, S. 9). Das heißt, man muss<br />

genau auf seinen Gesprächspartner eingehen, ihn versuchen zu verstehen und<br />

ständig hinterfragen, was dazu beiträgt, dass das Verhalten des<br />

Kommunikationspartners gerade diese Züge annimmt. Dies setzt einen<br />

ständigen Wechsel der Ich-Zustände heraus: Ob man nun aus Neugierde aus<br />

dem freien Kind hinterfragt, sich aus dem sorgenden, fürsorglichen Eltern-Ich<br />

über die Gefühlswelt des anderen informieren möchte oder einfach aus dem<br />

Erwachsenen-Ich etwas Unklares ins rechte Licht rücken will.<br />

Um diese Zustands-Wechsel realisieren zu können ist es in erster Linie wichtig,<br />

echt zu bleiben und sich begreifen zu lassen (Vgl. Singer 1988, S. 14f.).<br />

Begreift der Gegenüber, wie es einem geht, begreift er auch seine


16<br />

Möglichkeiten zu reagieren und kann den Ich-Zustand wechseln: „Bei-sichselbst-Bleiben<br />

ermöglicht dem anderen das Zu-sich-Kommen“ (Singer 1988, S.<br />

16).<br />

Für Lehrer wird es einfacher, sich in die Schüler zu versetzen, wenn sie sich in<br />

ihre eigene Gefühlswelt versetzen und sich an Erlebnisse aus ihrer Kindheit<br />

erinnern, die der Klassenzimmersituation ähnlich sind (Vgl. Singer 1988, S. 69).<br />

So werden auch Lehrer für die Kinder und Jugendlichen erreichbar und bleiben<br />

bei sich, wo sie im selben Moment für die Schüler da sind.<br />

Die Gewalt in den Konflikten zwischen Schülern und Lehrern kann durch genau<br />

diesen Beziehungsaufbau vermieden werden. „Beziehung ist die<br />

Voraussetzung des Gewaltabbaus“ (Singer 1988, S. 97). Findet man Wege,<br />

sich zu verständigen und bringt seine Gefühlswelten dabei zum Ausdruck, fällt<br />

die Kommunikation miteinander alles andere als schwer und der<br />

„Klassenzimmerkrieg“ gerät in Vergessenheit. Bereits Freud stellte fest: „Alles,<br />

was Gefühlswelten unter den Menschen herstellt, muss dem Krieg [also auch<br />

jeglichem Konflikt] entgegen wirken“ (Singer 1988, S. 97).<br />

Auch der Umgang mit aggressiven Schülern kann so vereinfacht werden:<br />

Lehrer müssen sich bewusst machen, dass Aggression als Emotion zu einer<br />

gesunden Entwicklung der Kinder und Jugendlichen gehört und sollten ihnen<br />

erlauben, durch diese Aggression in Berührung miteinander zu kommen (Vgl.<br />

Singer 1988, S. 104f.). Dies funktioniert auch nur, wenn die Bereitwilligkeit zum<br />

Wechsel der Ich-Zustände vorhanden ist.<br />

Jeder, sowohl Schüler, als auch Lehrer, ist in der Lage, seine Alternativen aus<br />

den Ich-Zuständen zu nutzen. Hierzu braucht es nur das einfachste Mittel des<br />

Miteinander-in-Beziehung-Tretens: Kommunikation, die auf allen Ebenen<br />

bewusst stattfindet.<br />

4. Wie das System Schule gelungene Transaktionen verhindert<br />

Problematisch Transaktionen entstehen nicht nur aufgrund der Persönlichkeit<br />

eines Menschen. Sie finden häufig auch ihre Ursache in Systemen, die auf die<br />

Person einwirkt.


17<br />

Das Schulsystem ist so ein „problematisches System“, das einen enormen<br />

Druck auf Schüler und Lehrer bewirkt.<br />

In diesem Abschnitt soll das Schulsystem als Lieferant vieler Konflikte im<br />

Klassenzimmer durchleuchtet und seine Verordnungen kritisiert werden.<br />

Ein sehr großes Problem des Systems Schule ist, dass Schulgesetze und<br />

Schulordnungen nicht an die Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen oder<br />

Lehrern angepasst sind. Lehrpläne, die Gestaltung von Klassenzimmern, die<br />

triste Atmosphäre vieler Schulgebäude und der Leistungsdruck belasten das<br />

Schüler-Lehrer-Verhältnis enorm (Vgl. Singer 1988, S. 10).<br />

Schule zwingt Schüler dazu, Interesse für etwas zu zeigen, dass sie überhaupt<br />

nicht interessiert. Sie zwingt die Kinder und Jugendlichen zu stundenlangem<br />

Stillsitzen, obwohl der Bewegungsdrang gerade im Wachstum ein existenzielles<br />

Bedürfnis ist. Das Schulsystem macht Schüler durch ein Notensystem zu<br />

bewerteten Objekten, die nicht danach beurteilt werden, wer sie sind, sondern<br />

wie sie sich verhalten und was sie leisten (Vgl. Singer 1988, S. 9).<br />

Das Schulsystem bringt unglaublich viel strukturelle Gewalt in die Schule, die<br />

als solche kaum anerkannt wird. Das Machtverhältnis zwischen Schülern und<br />

Lehrern, bei dem die Kinder und Jugendlichen meist die unterlegenen sind, ist<br />

eine Konsequenz dieser unsichtbaren Gewalt. „Die unsichtbare alltägliche<br />

Gewalt in Schulen fördert gewalttätiges Handeln“ (Singer 1988, S. 89).<br />

Das Zensurensystem, Auslesemethoden, die über „Aufsteigen“ oder<br />

„Sitzenbleiben“ entscheiden, das Leistungsprinzip und die Leistungskonkurrenz<br />

haben nicht nur auf den Schulalltag Einfluss, sondern auch auf die Familie und<br />

den Privatbereich der Schüler und schaffen somit Abschreckung, Bedrohung<br />

und Ängstigung (Vgl. Singer 1988, S.90).<br />

„Indirekte Gewalt in der Schule liegt vor, wenn Kinder Lebensbedingungen<br />

vorfinden, die sie daran hindern, sich in dem ihnen persönlichen Maß zu<br />

entwickeln und zu verwirklichen“ (Singer 1988, S. 90).<br />

Schüler müssen sich in der Schule „maskieren“, um die Anforderungen zu<br />

erfüllen und können sich nur im Privatbereich selbst verwirklichen (Vgl. Krause<br />

1996, S. 116). Das Problem hierbei ist aber, dass eine 40-Stunden-Schul- und<br />

Hausaufgabenwoche den Privatbereich erheblich einschränkt und somit den<br />

Schülern einen Teil ihrer Kindheit nimmt (Vgl. Singer 1988, S. 90).


18<br />

Heimliche Gewalt wird auch auf Lehrer verübt. Lehrer werden überwacht durch<br />

Visitationen, bei denen das Schulsystem Rektor und Schulrat zu „Wachposten“<br />

ernennt (Vgl. Singer 1988, S. 91).<br />

Das System Schule hat Bilder von DEM Lehrer, DEM Schüler und DER Schule,<br />

die sich leider auch in der Gesellschaft so durchgesetzt haben (Vgl. Krause<br />

1996, S. 75f.).<br />

All diese einschränkenden, angstauslösenden, frustrierenden, demütigenden<br />

und herabwertenden Faktoren bringt das Schulsystem in den Schulalltag. Durch<br />

all diese Faktoren gestalten sich der Lehr- und Lernprozess für Schüler und<br />

Lehrer jeden Tag aufs Neue als problematisch. Durch diese Unzufriedenheit<br />

gehen Lehrer und Schüler in einem völlig ungünstigen Bewusstsein aufeinander<br />

zu und somit gestalten sich viele ihrer Transaktionen als höchst problematisch.<br />

Alle Beteiligten haben keinen Raum, um sich mit ihren Wünschen und<br />

Emotionen auseinander zu setzen, weil andere, vorgeschriebene<br />

Angelegenheiten vom Schulsystem als wichtiger deklariert werden. Das Selbst<br />

gerät in den Hintergrund und Schüler und Lehrer funktionieren nur noch als<br />

Produkte des Bildungssystems.<br />

Weder Lehrer, noch Schüler tragen in irgendeiner Weise Schuld an dieser<br />

traurigen Situation. Sie können dem nur entkommen, wenn sich Schüler und<br />

insbesondere Lehrer darüber bewusst werden, wie sehr sie vom System Schule<br />

manipuliert werden. Sie können das Bildungssystem an sich nicht ändern oder<br />

gar revolutionieren, aber sie können dem entgegen wirken, indem sie<br />

gemeinsam mit Schülern Zeit in Selbsterfahrung investieren.<br />

5. Spiel- und Theaterpädagogik als Interventionsform<br />

Wie kann nun Spiel- und Theaterpädagogik dazu beitragen, die Kommunikation<br />

zwischen Schülern und Lehrern zu verbessern und Konflikte für alle Beteiligten<br />

zufriedenstellend zu lösen? Wie wirken die Medien auf Schüler und Lehrer?<br />

Und was macht Spiel und Theater gerade an Schulen so besonders? Wie kann<br />

es zur notwendigen Selbsterfahrung beitragen?


19<br />

Im Folgenden werde ich genauer auf diese Fragen eingehen, um<br />

herauszufinden, was Spiel und Theater so besonders im Zusammenhang mit<br />

Bildung und Lernen macht.<br />

Auf die Definition von Spiel- und Theaterpädagogik werde ich nur oberflächlich<br />

eingehen, da dies ein <strong>Thema</strong> ist, welches zu umfangreich ist. Ich werde daher<br />

nur auf die nötigen Fakten eingehen, die für das <strong>Thema</strong> der Arbeit von<br />

Bedeutung sind.<br />

5.1 Kurze Information zu Spiel- und Theaterpädagogik<br />

Spiel- und Theaterpädagogik – 3 Themenbereiche in einer Methode, um ein<br />

gesundes Miteinander zu fördern. Doch was haben Spiel und Theater mit<br />

Pädagogik, also Erziehung gemein?<br />

Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts kennt man Theater noch als die<br />

traditionelle Kunstform, bei der professionelle Schauspieler ein Theaterstück<br />

aufführen, dem kulturbegeisterte Zuschauer aufmerksam folgen.<br />

Seit Ende des 20. Jahrhunderts öffnet sich das Theater jedoch in besonderem<br />

Maß: Die traditionelle Kunstform wird aufgelöst. Der Ort des Geschehens kann<br />

plötzlich überall sein. Es gibt einen neuen Zeitrahmen. Auf einmal spielen auch<br />

Amateure, also nicht-professionelle Akteure Theater. Das Theater wird<br />

schlichtweg zum „Laboratorium sozialer Fantasie“ (Vgl. Vaßen 2012, S. 54).<br />

Trotz allem bleibt der ästhetische Aspekt des Theater erhalten. Ästhetik ist,<br />

knapp formuliert, die Auseinandersetzung mit der Kunst. Die damit verbundene<br />

Auseinandersetzung mit sich selbst im Medium Theater gewinnt im 21.<br />

Jahrhundert immer mehr an Wert (Vgl. Hentschel 2012, S. 64f.).<br />

Im Vordergrund steht nun mehr das „Wie“ der theatralen Produktion und nicht<br />

mehr das „Was“ der Darstellung.<br />

Das Theater bedient sich der Mimesis und schafft so die Brücke zwischen<br />

theatralem Spiel und sozialem Alltag. Es ist also die Nachahmung menschlicher<br />

Handlungen mit bewusstem Einsatz von Mimik, Gestik und Proxemik (Vgl.<br />

Pinkert 2009, S. 127f.).<br />

Hier findet Theater den Zusammenhang mit der Pädagogik. Die Akteure<br />

übernehmen Rollen und geben diesen bestimmte Charakterzüge, die sie selbst


20<br />

von sich oder ihrer Umwelt übernommen haben. Somit entsteht eine<br />

Lernsituation, die als hochindividueller Prozess beschrieben werden kann (Vgl.<br />

URL 2, 2011, S. 526).<br />

Der eigentliche Bildungsprozess rückt dabei in den Hintergrund, der Prozess<br />

der theatralen Gestaltung ist vordergründig. Durch den Gestaltungsprozess an<br />

sich gehören Bildungsmöglichkeiten automatisch zur Theaterpädagogik (Vgl.<br />

Hentschel 2012, S. 66). Die beim Theater entstehenden unterschiedlichen<br />

Wirklichkeiten müssen von den Akteuren akzeptiert und konstituiert werden. Ist<br />

dies der Fall, ist die entscheidende Voraussetzung für die ästhetische Bildung<br />

gesetzt (Vgl. Hentschel 2012, S. 66). Die unterschiedlichen Wirklichkeiten dabei<br />

sind die Wirklichkeit des realen Lebens und die Wirklichkeit des Gespielten.<br />

Begreift der Akteur diese Wirklichkeiten und sammelt für sich die Erfahrung des<br />

„Zwischen“, kann der theaterpädagogische Prozess erfolgreich verlaufen.<br />

Zwischen Spiel und Pädagogik besteht seit jeher eine enge Verbindung. Das<br />

Spiel ist das „ureigenste Recht des Kindes“ (Fritz 1993, S. 14). Spiele besitzen<br />

eine Fülle von Lernmöglichkeiten und können somit als Erziehungsmittel<br />

eingesetzt werden. Spielen bringt Erfahrungen im Umgang mit Sachen und<br />

Personen, lässt Zusammenhänge erkennbar und begreifbar werden, ist der<br />

Erwerb von Erklärungs- und Interpretationsmustern für Umweltgeschehnisse,<br />

schafft Orientierung und lässt Einstellungen gewinnen. Durch das Spiel kann<br />

man sein Verhalten erproben und dessen Wirkung auf die Umwelt kennen<br />

lernen (Vgl. Ehm 2004, S. 186f.).<br />

Ehm beschreibt das Spiel als lebensnotwendige, konstitutive Form des<br />

Lernens, bei dem man sensomotorische Fähigkeiten erwirbt und trainiert (Vgl.<br />

2004, S. 187).<br />

Das Spiel gehört somit zu den Grundvoraussetzungen des Lernprozesses.<br />

Der sinnliche Trieb des Menschen heißt im weitesten Sinne Leben und so<br />

gehören ästhetische Prozesse wie Spiel- und Theaterpädagogik auch zum<br />

Menschen und seiner Erziehung dazu (Vgl. Schiller 1860, S. 53).


21<br />

5.2 Gründe dafür, dass Spiel- und Theaterpädagogik gerade bei<br />

Schulkonflikten sehr hilfreich ist<br />

5.2.1 Wirkungsweisen von Spiel und Theater auf den Schulalltag<br />

Das Theater kann Qualifikationen vermitteln, die der herkömmliche Unterricht<br />

nicht vermittelt. Dabei steht der Mensch mit seinen Emotionen, seinen<br />

Fähigkeiten und seiner Persönlichkeit im Zentrum (Vgl. Richter 2009, S. 159).<br />

Devise beim Theater ist „learning by doing“(URL 2, 2011, S. 527). Und wie<br />

könnte Schulbildung besser funktionieren, als dass die Schüler sich<br />

experimentell mit Themen auseinandersetzen?<br />

Theaterspielen als Lernform ist ein hochindividueller Prozess, der Schüler dazu<br />

ermächtigt, mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen (Vgl. URL 2, 2011,<br />

S. 527).<br />

Theater wirkt außerdem persönlichkeitsfördernd und fördert die persönliche<br />

Entwicklung. Durch Theaterunterricht werden Schüler zufriedener mit sich<br />

selbst, zeigen mehr Lebensfreude und nehmen ihre Schule positiver wahr (Vgl.<br />

URL 2, 2011, S. 392).<br />

Theater und darstellendes Spiel dienen also als „Mittel sozialen Lernens“<br />

(Hruschka 2012, S. 166), das Eigenaktivität und Selbstverantwortung fördert<br />

und fordert.<br />

Die Verbindung von ästhetischen, soziokulturellen und pädagogischen<br />

Elementen bringt Multidimensionalität in das Theater und wirkt somit als<br />

Gemeinschaftskunst stärker als jede andere Kunstform (Vgl. Vaßen 2012, S.<br />

55). Durch Theaterpädagogik wird also das allgemeine Miteinander in der<br />

Klasse gesteigert. Teamgeist, gegenseitiger Respekt und Wertschätzung<br />

gewinnen an Bedeutung und schaffen ein gutes Klima innerhalb der sozialen<br />

Prozesse in der Klasse (Vgl. URL 2, 2011, S. 484).<br />

Die Erfahrungen, die während des Theaterspielens gesammelt werden, sind<br />

von der Spielwirklichkeit auf die reale Wirklichkeit übertragbar, womit das<br />

„außerkünstlerische Potenzial“ der Theaterpädagogik verdeutlicht wird (Vgl.<br />

Vaßen 2012, S. 56).


22<br />

Stets verbunden mit Theaterpädagogik ist das Spiel. Beim Theater spielen alle<br />

Akteure eine Rolle und sollten damit vertraut sein, was das Spiel in einem<br />

bewirkt und was man selbst bei anderen mit dem Spiel bewirkt.<br />

„Spiel verlangt, dass man sein ganzes Selbst hineinlegt“ (Fritz 1993, S. 19). Ist<br />

man im Spiel ganz bei sich selbst, verspürt man das Gefühl der Lebendigkeit.<br />

Freude ist die Reaktion auf dieses Gefühl und so kann die Ernsthaftigkeit des<br />

Alltags unterbrochen werden. Somit spiegelt das Spiel auch die Gesellschaft<br />

und deren Einflüsse wieder. Hier hat man die Möglichkeit spielerisch Zwänge,<br />

Ärger, Druck, Ernst und Lasten anzulegen, was das Spiel zur Erholung macht<br />

(Vgl. Fritz 1993, S. 25).<br />

Was genau bewirken Theater und Spiel aber nun bei Schülern und Lehrern?<br />

Wie kann Theaterpädagogik dazu beitragen, die Konflikte im Klassenzimmer zu<br />

lösen?<br />

Ein großes Verständigungsproblem zwischen Schülern und Lehrern ist, wie<br />

bereits erklärt, die Unterdrückung der eigenen Gefühle. Spiele helfen dabei,<br />

sich gegenüber sich selbst und anderen zu öffnen. Schiller beschreibt, dass der<br />

Spieltrieb alle Nötigung und Zufälligkeit des Alltags aufhebt und den Menschen<br />

so physisch und moralisch in Freiheit versetzt (Vgl. Schiller 1860, S. 52). Somit<br />

verschwinden alle Zwänge und Schüler und Lehrer können sich beim Spielen<br />

echt zeigen.<br />

Da auch nicht-professionelle Spieler Expertenstatus besitzen; sie sind nämlich<br />

Experten ihrer eigenen Lebenswelt, können sich Lehrer und Schüler mit<br />

Möglichkeiten jenseits der traditionellen Schulstruktur neu kennenlernen (Vgl.<br />

Hentschel 2012, S. 68). Das neue Kennenlernen der anderen kann eine<br />

enorme Hilfe sein, um den Umgang miteinander neu zu gestalten. Hierbei<br />

kommen auf spielerische Weise Gefühle zum Ausdruck, die man vorher nie<br />

ausdrücken konnte oder wollte, wie etwa Ängste, Trauer oder Wut.<br />

„Im Spiel kann man so sein, wie man sonst auch sein möchte, nur braucht man<br />

die ansonsten vorhandenen Lasten und Ärgernisse, Risiken und Verwicklungen<br />

nicht zu tragen“ (Fritz 1993, S. 26).<br />

Durch Selbstoffenbarung ohne Konsequenzen können Schüler und Lehrer also<br />

einen neuen, besseren Zugang zueinander finden.


23<br />

Spiel- und Theaterpädagogik dient ebenfalls als Übertragung konflikthafter<br />

Situationen. Erlebte Situationen, die im alltäglichen Kontext nicht verarbeitet<br />

werden können, aber trotzdem immer wieder präsent sind, können im Spiel<br />

verarbeitet werden (Vgl. Fritz 1993, S. 21). Da es im Klassenzimmer häufig zu<br />

Konflikten kommt, die für die Beteiligten nicht zufriedenstellend ausgehen, ist<br />

dies eine optimale Möglichkeit, solche Konflikte aus der Welt zu schaffen. Durch<br />

das Spielerische kann keiner der Beteiligten verletzt werden, es werden jedoch<br />

alle gezwungen, über die Situation nachzudenken und sich damit sorgfältig<br />

auseinander zu setzen. Nicht nur Konflikte, die im Klassenzimmer entstehen,<br />

können so thematisiert werden, sondern auch außerschulische<br />

Problemsituationen, die das Lernen und Am-Unterricht-beteiligt-Sein<br />

einschränken.<br />

Da jedes Spiel Regeln hat, die eingehalten werden müssen, damit es<br />

funktionieren kann, ist die Umsetzung der eben beschriebenen<br />

Konfliktlösungsstrategien auch logisch nachvollziehbar. Das Spiel oder auch die<br />

Bühne der Theateraufführung bieten einen geschützten Rahmen im Umgang<br />

mit den eigenen Emotionen und Erfahrungen (Vgl. Ehm 2004, S. 187). Durch<br />

die vielfältigen Arten von Spielen, z.B. kooperative Spiele, Interaktionsspiele<br />

oder Spiele, um Themen zu bearbeiten, können so ungewohnte<br />

Verhaltensweisen erprobt und deren Wirkung auf die Umwelt erfahren werden<br />

(Vgl. Ehm 2004, S. 190ff.).<br />

Auf Lehrer kann Theaterunterricht eine ganz besondere Wirkung haben: Lehrer<br />

sind in einem bestimmten Status aufgewachsen und haben ihr Verhalten<br />

danach geprägt. Plath beschreibt den Hochstatus und den Tiefstatus, die die<br />

jeweilige Position eines Menschen in der Gesellschaft darstellen (Vgl. 2009, S.<br />

15f.). Lehrer werden von der Gesellschaft oft in den Hochstatus gegenüber den<br />

Schülern gesteckt. Schüler jedoch stellen diesen Status häufig infrage. So<br />

kommt es zwischen Lehrern und Schülern zu einem Statusgerangel, bei dem<br />

keiner der beiden Parteien bereit ist, seinen Status zu senken, um<br />

nachzugeben (Vgl. Plath 2009, S. 17).Um dieser Situation zu entgehen haben<br />

Lehrer die Chance, ihren Status zu wechseln, dies zeigt gleichzeitig Respekt<br />

vor dem anderen und somit zeigt sich der Lehrer menschlich, gibt etwas von<br />

sich preis und kann dadurch ein Vorbild für die Jugendlichen sein (Vgl. Plath<br />

2009, S. 21). Diesen Statuswechsel können Lehrer, aber auch Schüler durch


24<br />

das Rollenspiel üben, indem sie einfach den Status des anderen übernehmen.<br />

Für Lehrer ist dies ein wichtiger Aspekt der Spiel- und Theaterpädagogik, denn<br />

der Statuswechsel ist das „Geheimnis des erfolgreichen und entspannten<br />

Lehrers“ (Plath 2009, S. 15).<br />

Spiel- und Theaterpädagogik bietet also einen optimalen Rahmen für Lehrer<br />

und Schüler außerhalb der geltenden Schulstruktur in einem geschützten Raum<br />

sämtliche Emotionen zuzulassen und ganz sie selbst zu sein.<br />

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts‘ Mensch ist, und er<br />

ist nur ganz Mensch, wo er spielt“ (Schiller 1860, S. 57).<br />

5.3 Ein exemplarisches Beispiel zu einem eigenen Projekt<br />

Während meiner Hochschulausbildung führte ich gemeinsam mit einer<br />

Kommilitonin ein Projekt an einer Regionalen Schule zum <strong>Thema</strong><br />

Mobbingprävention durch. Das Projekt verlief über drei Monate in zwei sechsten<br />

Klassen. Das Ziel war es, dass <strong>Thema</strong> spiel- und theaterpädagogisch<br />

gemeinsam mit den Schülern und der jeweiligen Klassenlehrerin zu erarbeiten,<br />

um so Gewalt- und Mobbingsituationen zu verhindern.<br />

Nach dem Kennenlernen stellten wir fest, dass sich das Miteinander in beiden<br />

Klassen respektlos, nicht wertschätzend und ohne Akzeptanz gestaltete. Das<br />

Schüler-Lehrer-Verhältnis war eher ein Kosten-Nutzen-Denken, als eine stabile,<br />

gegenseitige Beziehung.<br />

Wir sahen es als notwendig, erst einmal ein gesundes Miteinander in den<br />

Klassen herzustellen, bevor wir auf das eigentliche <strong>Thema</strong> Mobbing zu<br />

sprechen kamen.<br />

Wir spielten Koopertationsspiele, die die Teamfähigkeit steigern sollten und<br />

führten Gespräche, über die Wünsche, die die Schüler und Lehrer für das<br />

Miteinander in der Klasse hatten.<br />

Tatsächlich bestand der dringende Wunsch, sich untereinander neu kennen zu<br />

lernen. Die Schüler und Lehrer wussten kaum etwas voneinander, lebten nur<br />

zweckmäßig im Schulalltag nebeneinander her. Sie wussten genauso wenig<br />

von Ängsten oder Wutgefühlen, teilweise wussten sie nicht einmal von sich<br />

selbst, dass sie wütend sind.


25<br />

Durch Spiele, die bestimmte Emotionen offenlegen sollten, kamen<br />

Gefühlsausbrüche zum Ausdruck, die die Klassenzimmersituationen komplett<br />

änderten.<br />

Der kleinste Junge, der immer lächelte, dem es immer gut ging und der nie<br />

etwas zum <strong>Thema</strong> Wut sagen konnte, explodierte förmlich in einer Runde<br />

„Wutball“, bei der die Kinder einen Schaumstoffball mit all ihrer Wut auf den<br />

Boden werfen sollten. So kannte ihn bis dahin noch niemand.<br />

Auch die Gefühlswelt der Lehrerin der einen Klasse wurde neu erfahren. Bei<br />

dem <strong>Thema</strong> unterdrückte Wut und Trauer zeigte sie sich auf einmal stark<br />

verletzlich und angreifbar, wo sie doch sonst immer sehr standhaft und ruhig<br />

wirkte.<br />

Viele solcher Erfahrungen durften wir während des Projektes mithilfe von Spielund<br />

Theaterpädagogik machen.<br />

Letztendlich konnten wir sogar, in der einen Klasse mehr, in der anderen<br />

weniger, einen Erfolg erzielen und haben gemeinsam mit den Schülern und<br />

Lehrern ein angenehmeres, gewaltfreieres Miteinander geschafften.<br />

Das alles funktionierte, indem wir uns alle auf spielerische Art echt zeigten und<br />

die anderen begreifen konnten.<br />

6. Der Zusammenhang zwischen Transaktionen, Spiel- und<br />

Theaterpädagogik<br />

Um für den folgenden Teil logische Zusammenhänge zu erklären, ist es<br />

sinnvoll, noch einmal einen Blick in die Transaktionsanalyse zu werfen.<br />

Hier findet man eine Kategorie, die sich überraschender Weise auch „Spiele“<br />

nennt. Diese Art von Spielen ist psychologischer Art und hat auf den ersten<br />

Blick nichts mit den ästhetischen Spielen gemeinsam:<br />

Die Transaktionsanalyse meint mit Spielen die Verhaltensmuster, die spezifisch<br />

während Kommunikationen auftreten. Friedlich beginnende Unterhaltungen, die<br />

am Ende bei allen Beteiligten Unbehagen zurück lassen, nennt der<br />

Transaktionsanalytiker „Spiele“ (Vgl. Hagehülsmann 1998, S. 66).<br />

Dieses Spiel hat einige feststehenden Regeln: Die Spiele haben immer den<br />

gleichen Ablauf, bei dem das Erwachsenen-Ich ausgeschalten bleibt. Jeder


26<br />

Beteiligte ist für das Zustandekommen des Spiels selbst verantwortlich, weiß es<br />

in der Regel aber nicht. Spiele sind eine Reihe von verdeckten Transaktionen.<br />

Zu einem Spiel gehören immer überraschende oder verwirrende Augenblicke<br />

(Vgl. Stewart; Joines 2010, S. 334).<br />

Bei diesen Unterhaltungen nehmen die Kommunikationspartner, also die<br />

Spieler, eine bestimmte Rolle ein. Die Rolle des Gegenüber ist genau<br />

komplementär zur anderen Rolle.<br />

In diesem Spiel gibt es drei bevorzugte Rollen: das Opfer, der Retter und der<br />

Verfolger. In der Opferrolle geht es der betroffenen Person häufig schlecht, sie<br />

fühlt sich minderwertig und benötigt Hilfe, für Dinge, die sie aus ihrem Elternoder<br />

Erwachsenen-Ich eigentlich selbst erledigen könnte (Vgl. Hagehülsmann<br />

1998, S. 66f.). Durch ihre Abhängigkeit erfährt die Opferrolle die für sie nötige<br />

Zuwendung durch ihre ständige Reaktion aus dem überangepassten, aber auch<br />

rebellischen Kind-Ich.<br />

In der Rolle als Retter hilft die Person ungefragt anderen und stellt dabei eigene<br />

Bedürfnisse zurück, sie handelt also aus dem überfürsorglichen Eltern-Ich.<br />

Dabei hat sie ein gutes Gefühl (Vgl. Hagehülsmann 1998, S. 67).<br />

Der Verfolger braucht in seiner Rolle andere, die ihm unterlegen sind oder ihm<br />

gegenüber provokativ auftreten. So kann er dem anderen dessen<br />

Unterlegenheit demonstrieren, wobei er aus dem überkritischen Eltern-Ich<br />

heraus handelt (Vgl. Hagehülsmann 1998, S. 68).<br />

Fest steht, dass sich Opfer und Retter oder Opfer und Verfolger in einem<br />

Wechselspiel befinden, denn sie brauchen einander für ihr Spiel.<br />

Diese Rollen wurden erlernt, weil man als Kind in irgendeiner Weise für das<br />

rollentypische Verhalten Beachtung oder Lob erhalten hat.<br />

Häufig kommt es beim Transaktionenablauf zu einem Rollenwechsel, bei dem<br />

oft das Opfer das Eltern-Ich des Retters oder Verfolgers für ihr Verhalten<br />

kritisiert und sie somit in die Opferrolle steckt und sich selbst zum Verfolger<br />

macht (Vgl. Hagehülsmann 1998, S. 68f.). Letztendlich können beide<br />

Gesprächspartner kein Verständnis für die entstandene Situation und ihr<br />

Unwohlsein aufbringen.<br />

Das transaktionsanalytische Spiel ist also ein verzweifelter Versuch des inneren<br />

Kindes Aufmerksamkeit, Liebe und Beachtung zu bekommen. Damit wird


27<br />

jedoch oft das Gegenteil erreicht, weil die wirklichen Bedürfnisse nicht<br />

ausgesprochen werden (Vgl. Hagehülsmann 1998, S. 70).<br />

Vergleicht man nun das ästhetische Spiel mit dem der Transaktionsanalyse,<br />

findet man doch einige Merkmale, die in der Pädagogik ihren Zusammenhang<br />

haben. Funktioniert man das transaktionsanalytische Spiel, das hauptsächlich<br />

im Unterbewusstsein stattfindet, in ein bewusstes ästhetisches Spiel um, bei<br />

dem der Ernst der Psychologie in spielerische, ungezwungene Elemente<br />

umgewandelt wird, verbindet man die Konfliktanalyse mit spielerischer<br />

Selbsterfahrung. So können Lehrer und Schüler ihre eigene Rolle und die des<br />

anderen neu erfahren und bewusst den Konfliktherd wahrnehmen und eventuell<br />

sogar beseitigen. Die verdeckten Transaktionen des Spiels werden dann vor<br />

allem auf ihrer psychologischen Ebene erlebt, wenn man die einzelnen Rollen<br />

übertrieben nachahmt.<br />

Ein anderer Zusammenhang zwischen Transaktionen, Spiel- und<br />

Theaterpädagogik liegt im Ich-Zustandsmodell.<br />

Es ist erwiesen, dass bereits Grundschüler dieses Modell leicht verstehen<br />

können (Vgl. Stewart; Joines 2010, S.401). Mit dem Wissen über ihre Ich-<br />

Zustände können Schüler und auch Lehrer ihre Absichten und Wünsche<br />

leichter erkennen und verfolgen.<br />

Spielt man bewusst bestimmte Ich-Zustände nach, vor allem diejenigen, die von<br />

Schülern und Lehrern häufig verdrängt werden, erfahren diese unter<br />

Umständen eine völlig neue Gefühlswelt und haben auch noch Spaß dabei.<br />

Kennen sich Schüler und Lehrer gut mit ihren Ich-Zuständen aus, gelingen auch<br />

Theaterstücke oder Spiele, die andere Themen bearbeiten.<br />

Wie beim Theater die Devise „learning by doing“ (Domkowsky 2011, S. 527) ist,<br />

ist es bei Transaktionen ähnlich: „Etwas lernen und einmal versuchen, etwas zu<br />

lernen – das sind zwei Paar Schuhe!“ (Stewart; Joines 2010, S. 401). Beide<br />

Bereiche setzen also voraus, dass man sich ausprobiert und dadurch Neues<br />

entdeckt.<br />

Ich denke, der Zusammenhang zwischen Transaktionen, Spiel- und<br />

Theaterpädagogik wird hier deutlich genug gemacht.<br />

Fakt ist, dass durch Transaktionen und das Wissen darüber eine Person mehr<br />

über ihr Selbst und das der anderen lernen kann. Begreift man sich und andere,


28<br />

fällt es leichter, sich in Rollen zu versetzen und diese besser wahrnehmen zu<br />

können. Dies führt letzten Endes dazu, dass Konflikte, gerade zwischen<br />

Schülern und Lehrern, in einer entspannten Art und Weise für alle<br />

zufriedenstellend gelöst werden können.<br />

7. Schlussfolgerung<br />

Zusammenfassend kann ich feststellen, dass ich die Fragen, die mich durch<br />

diese Arbeit begleitet haben, klären konnte.<br />

Als Schülerin hatte ich von Lehrern eher ein negatives Bild. Verhaltensweisen,<br />

wie die der Lehrerin, von der ich einführend berichtet habe, waren während der<br />

Schulzeit einschränkend für mich und haben mir teilweise ein Gefühl von<br />

Wertlosigkeit gegeben. Dafür verurteilte ich Lehrer häufig und verhielt mich<br />

ihnen gegenüber dementsprechend.<br />

Durch diese Arbeit ist mir bewusst geworden, dass Lehrer den unfairen und<br />

verletzenden Umgang mit Schülern nicht bewusst so gestalten und dass sie<br />

häufig dadurch selbst unzufrieden sind.<br />

Auf beide, Schüler und Lehrer, wirkt eine Macht, die den Schulalltag belastend<br />

und frustrierend gestaltet: Das System, das die Gesellschaft geprägt und somit<br />

die Struktur der Schule als teilweise höchst unangenehm geformt hat.<br />

Mir ist bewusst, dass dieses System nicht ohne weiteres aufgehoben oder<br />

beseitigt werden kann. Man kann ihm jedoch entgegenwirken, um den<br />

Schulalltag für Lehrer, Kinder und Jugendliche angenehmer zu gestalten.<br />

Dafür habe ich die nötigen Mittel aufgezeigt, die in den Bereichen der<br />

Transaktionsanalyse, Spiel- und Theaterpädagogik liegen.<br />

Schüler und Lehrer verurteilen sich oft gegenseitig. Jedoch suchen beide<br />

Parteien in Wirklichkeit nach Anerkennung, Zuwendung und Akzeptanz. Wenn<br />

man dies erkannt und die nötige Motivation hat, ist es ein Leichtes, das<br />

Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden angenehmer auszurichten.<br />

Wo sonst könnten sich Schüler und Lehrer wohl näher kommen, als in der<br />

ungezwungenen Situation des Spiels. Jede Angst, jeder Zwang, jeder Druck<br />

und jedes Hindernis, aufeinander zu zugehen, wird so abgelegt.


29<br />

Lässt man sich von anderen begreifen, indem man sich seiner eigenen<br />

Gefühlswelt bewusst ist, sollte dies der einfachste Weg sein, um eine<br />

Beziehung zu schaffen, die auf der Grundlage von Wertschätzung, Respekt und<br />

Akzeptanz aufgebaut ist.<br />

Die Auseinandersetzung mit den Ich-Zuständen, Transaktionen, Spiel und<br />

Theater bieten das nötige Know-how, um die Schüler-Lehrer-Beziehung so<br />

angenehm wie möglich zu gestalten. Diese Themen treffen auch bei<br />

Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen auf großen Zuspruch und erweisen<br />

sich für alle als leicht verständlich und motivierend.<br />

Mein Ziel, eine Möglichkeit aufzuzeigen, den Schulalltag für alle Beteiligten<br />

zufriedenstellender zu formen, wurde wohl somit erreicht.<br />

Die Umsetzung dieser Idee im tatsächlichen Ablauf der Schule, hängt von<br />

jedem selbst ab.<br />

Ich bin mir aber sicher, dass jeder Lehrer und jeder Schüler, der sich in seiner<br />

Schule unwohl fühlt, motiviert genug sein sollte, solche Möglichkeiten zu<br />

nutzen. Der Appell geht dabei besonders an die Lehrer, die die Gestaltung des<br />

Unterrichts in der Hand haben.<br />

Man kann sich nicht gegen bestehende Systeme auflehnen, ohne<br />

Konsequenzen dabei auszulassen, die für einen selbst ungünstig sind. Aber<br />

man hat die Möglichkeit, kleine Veränderungen vorzunehmen, die in eine<br />

andere Richtung gehen als vorgeschrieben ist, aber trotzdem das eigentliche<br />

Ziel unterstützen.


30<br />

8. Quellenverzeichnis<br />

Literaturverzeichnis:<br />

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Praxis in der sozialen Arbeit. Wahrnehmung, Gestaltung und<br />

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Einführung. 2. Aufl. Weinheim und München 1993<br />

Hagehülsmann, Ute: Transaktionsanalyse. Wie geht denn das?<br />

Transaktionsanalyse in Aktion I. 3.Aufl. Paderborn 1998<br />

Hentschel, Ulrike: Theaterspielen als ästhetische Bildung. In: Nix, Christoph;<br />

Sachser, Dietmar; Streisand, Marianne (Hrsg.): Lektionen 5.<br />

Theaterpädagogik. Berlin 2012. S. 64-71<br />

Hruschka, Ole: Theaterpädagogik in der Schule. In: Nix, Christoph; Sachser,<br />

Dietmar; Streisand, Marianne (Hrsg.): Lektionen 5.<br />

Theaterpädagogik. Berlin 2012. S. 166-181<br />

Krause, Christina: Wie uns die Kinder sehen. Frankfurt am Main 1996<br />

Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur: Schulgesetz für das Land<br />

Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin 2009<br />

Pinkert, Ute: Körper im Spiel. Choreografien des Sozialen als Gegenstand des<br />

Theaters und der performativen Sozialforschung. In: Alkemeyer,<br />

Thomas; Brümmer, Kristina; Kodalle, Rea; Pille, Thomas (Hrsg.):<br />

Ordnung in Bewegung. Choreografien des Sozialen. Körper in Sport,<br />

Tanz, Arbeit und Bildung. Bielefeld 2009. S. 127-140


31<br />

Plath, Maike: Biografisches Theater in der Schule. Mit Jugendlichen<br />

inszenieren: Darstellendes Spiel in der Sekundarstufe. Weinheim<br />

und Basel 2009<br />

Raeck, Hanne: Beratung in der Schule. In: Hagehülsmann, Heinrich (Hrsg.):<br />

Beratung zu professionellem Wachstum. Die Kunst<br />

transaktionsanalytischer Beratung. Vielfalt in Theorie & Praxis. Bd. 1.<br />

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Richter, Anne: Schulen mit Theaterprofil. In: Schneider, Wolfgang (Hrsg.):<br />

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2009. S. 159-171<br />

Rüttinger, Rolf: Transaktionsanalyse. 10. Aufl. Hamburg 2010<br />

Schiller, Friedrich: Über die ästhetische Erziehung des Menschen. In einer<br />

Reihe von Briefen. In: Schiller, Friedrich: Schillers sämtliche Werke in<br />

zwölf Bänden. Bd. 12. Stuttgart 1860. S. 1-118<br />

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„Erziehungsschwierigkeiten“ und Unterrichtsstörungen als<br />

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(Theater-)Pädagogik. In: Nix, Christoph; Sachser, Dietmar;<br />

Streisand, Marianne (Hrsg.): Lektionen 5. Theaterpädagogik. Berlin<br />

2012. S. 53-63


32<br />

Internetquellen:<br />

URL 1: http://www.zitate-online.de/stichworte/schule/ [06.09.2013]<br />

URL 2: http://www.eh-berlin.de/hochschule/lehrende-an-der-ehb/hauptamtlichlehrende-a-z/prof-dr-romi-domkowsky.html<br />

[02.09.2013],<br />

Domkowsky, Romi: Theaterspielen- und seine Wirkung. Berlin 2011


33<br />

Eidesstattliche Erklärung<br />

Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig<br />

und nur unter Zuhilfenahme der ausgewiesenen Hilfsmittel angefertigt habe.<br />

Sämtliche Stellen der Arbeit, die im Wortlaut oder dem Sinn nach anderen<br />

gedruckten oder im Internet verfügbaren Werken entnommen sind, habe ich<br />

durch genaue Quellenangaben kenntlich gemacht.<br />

<strong>Neubrandenburg</strong>, den 12.09.2013<br />

___________________________<br />

Marie-Christin Kiehl

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