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Selbstregulation als ein Basiskonzept der Prävention - Hochschule ...

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<strong>Hochschule</strong> Neubrandenburg<br />

Fachbereich Gesundheit, Pflege, Management<br />

Studiengang Gesundheitswissenschaften<br />

SELBSTREGULATION ALS EIN<br />

BASISKONZEPT DER PRÄVENTION<br />

Bachelorarbeit<br />

zur<br />

Erlangung des akademischen Grades<br />

Bachelor of Science (B.Sc.)<br />

Vorgelegt von:<br />

Jeannette Baumann<br />

Julia Gratz<br />

URN:<br />

urn: nbn:de:gbv:519-thesis2013-0305-9<br />

Betreuer:<br />

Zweitbetreuer:<br />

Tag <strong>der</strong> Einreichung: 13.05.2013<br />

Prof. Dr. Willi Neumann<br />

Prof. Dr. Gabriele Claßen


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung .................................................................................................................. 3<br />

2. <strong>Prävention</strong> ................................................................................................................. 4<br />

2.1 Begriffsbestimmung ............................................................................................... 4<br />

2.2 Unterteilung............................................................................................................ 5<br />

2.3 Verbindungen zur Gesundheitsför<strong>der</strong>ung .............................................................. 8<br />

2.4 Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> .......................................................................... 12<br />

3. <strong>Selbstregulation</strong> ...................................................................................................... 15<br />

3.1 Begriffsbestimmung ............................................................................................. 15<br />

3.2 Merkmale ............................................................................................................. 20<br />

3.3 Entwicklung von <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten .................................................... 24<br />

3.4 Individuelle und soziale <strong>Selbstregulation</strong> ............................................................ 25<br />

4. Theorien <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> ................................................................................. 28<br />

4.1 Die sozial-kognitive Theorie nach Bandura ......................................................... 28<br />

4.2 Das <strong>Selbstregulation</strong>sstärke-Modell nach Baumeister ......................................... 32<br />

4.3 Die <strong>Selbstregulation</strong>stheorie nach Kuhl ............................................................... 35<br />

4.4 Die <strong>Selbstregulation</strong>stheorie nach Bagozzi .......................................................... 40<br />

5. Selbstmanagement-Therapie ................................................................................... 42<br />

5.1 Grundannahmen ................................................................................................... 42<br />

5.2 <strong>Selbstregulation</strong>smodell ....................................................................................... 45<br />

5.3 Sieben-Phasen-Modell ......................................................................................... 51<br />

6. Das Autonomietraining ........................................................................................... 54<br />

6.1 Grundannahmen ................................................................................................... 54<br />

1


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

6.2 Ablauf und Zielsetzung ........................................................................................ 55<br />

7. Stress und <strong>Selbstregulation</strong> ..................................................................................... 62<br />

7.1 Transaktionale Definition..................................................................................... 62<br />

7.2 Stress und Gesundheit .......................................................................................... 66<br />

7.3 Autogenes Training .............................................................................................. 69<br />

8. Zusammenfassung .................................................................................................. 75<br />

9. Literaturverzeichnis ................................................................................................ 77<br />

10. Internetquellenverzeichnis .................................................................................. 80<br />

11. Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ 81<br />

2


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

1. Einleitung<br />

Immer mehr Menschen leiden unter chronischen Erkrankungen. Kurative Maßnahmen<br />

können den Betroffenen oft nicht ausreichend helfen. Daher nimmt die <strong>Prävention</strong> im<br />

Gesundheitswesen <strong>ein</strong>en hohen Stellenwert <strong>ein</strong>. Neben vorbeugenden Interventionen,<br />

die sich auf die Vermeidung von Krankheiten beziehen, gewinnt die Stärkung <strong>der</strong><br />

persönlichen Ressourcen <strong>als</strong> <strong>ein</strong> Hauptziel <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung mehr und mehr an<br />

Bedeutung. Präventive und gesundheitsför<strong>der</strong>nde Strategien stehen dabei in <strong>ein</strong>er<br />

komplementären Beziehung, mit dem gem<strong>ein</strong>samen Ziel, die Gesundheit und damit<br />

auch Lebensqualität <strong>der</strong> Bevölkerung zu bewahren bzw. zu verbessern.<br />

Ein wesentliches Mittel zur Gesun<strong>der</strong>haltung bzw. Genesung ist die Fähigkeit zur<br />

<strong>Selbstregulation</strong>. Zusammenhänge zwischen mangelhaftem selbstregulatorischen<br />

Verhalten und <strong>der</strong> Ausbildung von chronischen Krankheiten konnten bereits<br />

nachgewiesen werden. Was führt <strong>als</strong>o dazu, dass <strong>der</strong> Mensch s<strong>ein</strong>e Gesundheit in<br />

belastenden Situationen nicht aufrechterhalten kann? Inwieweit fließt die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> in präventive Konzepte und Methoden <strong>ein</strong>?<br />

Diese Arbeit stellt die <strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong> dar.<br />

Diesbezüglich wird <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>als</strong> auch ihre Verbindungen zur<br />

Gesundheitsför<strong>der</strong>ung erörtert. Das Wesen <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> wird durch<br />

verschiedene Theorien beschrieben, sowie ihre Formen, Merkmale und Funktionsweise<br />

näher erläutert. Neben <strong>der</strong> Selbstmanagement-Therapie von Kanfer et al. befasst die<br />

sich die Ausarbeitung auch mit <strong>Selbstregulation</strong>stechniken, unter an<strong>der</strong>em dem<br />

Autonomietraining. Abschließend wurde Stress <strong>als</strong> <strong>ein</strong>er <strong>der</strong> bedeutendsten<br />

Gesundheitsrisiken <strong>der</strong> heutigen Zeit ausgewählt, um die Auswirkungen schlechter<br />

<strong>Selbstregulation</strong> aufzuzeigen.<br />

3


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

2. <strong>Prävention</strong><br />

2.1 Begriffsbestimmung<br />

Der Begriff <strong>Prävention</strong> hat sich aus dem Wort prae-venire gebildet und bedeutet im<br />

gesundheitlichen Zusammenhang <strong>ein</strong>er Krankheit zuvor zu kommen (vgl. Waller 1995,<br />

S. 150). Sie wird daher auch oft <strong>als</strong> Krankheitsprävention bezeichnet (vgl.<br />

Franzkowiak, BZgA, Stand: 25.04.2013). Der Begriff <strong>Prävention</strong> ist historisch älter <strong>als</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung. Er entwickelte sich im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>als</strong> die<br />

sozialmedizinischen Themen Volksgesundheit und soziale Hygiene aufkamen. (vgl.<br />

Hurrelmann et al. 2012, S. 662)<br />

„Das wesentliche Ziel <strong>der</strong> Krankheitsprävention ist die Vermeidung des Auftretens von<br />

Krankheiten und damit die Verringerung ihrer Verbreitung und die Vermin<strong>der</strong>ung ihrer<br />

Auswirkungen auf die Mortalität <strong>der</strong> Bevölkerung. Die zentrale Strategie dabei ist, die<br />

Auslösefaktoren von Krankheiten zurückzudrängen o<strong>der</strong> ganz auszuschalten.“<br />

(Hurrelmann et al. 2012, S. 662)<br />

Maßnahmen <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong> b<strong>ein</strong>halten verschiedenste Interventionen unter Einbezug<br />

des Wissens aus verschiedenen wissenschaftlichen Fachrichtungen. Die Eingriffe<br />

können medizinischer o<strong>der</strong> psychologischer Art s<strong>ein</strong>. Sie können aber auch erzieherisch<br />

ausgerichtet s<strong>ein</strong> o<strong>der</strong> sich auf Bedingungen <strong>der</strong> Umwelt beziehen. Auch Tätigkeiten in<br />

<strong>der</strong> Gesetzgebung und den Medien gehören in das Feld <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong>. (vgl.<br />

Franzkowiak, BZgA, Stand: 25.04.2013) Die Krankenversicherung ist gesetzlich zu<br />

gesundheitsför<strong>der</strong>lichen und krankheitsverhütenden Leistungen verpflichtet (vgl.<br />

Waller 2007, S. 127). Laut §20 SGB V (<strong>Prävention</strong> und Selbsthilfe) soll die<br />

Krankenkasse Leistungen zur primären <strong>Prävention</strong> vorsehen, die den allgem<strong>ein</strong>en<br />

Gesundheitszustand verbessern und insbeson<strong>der</strong>e <strong>ein</strong>en Beitrag zur Vermin<strong>der</strong>ung<br />

sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen erbringen.<br />

4


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Hurrelmann et al. definieren den <strong>Prävention</strong>sbegriff „ […] <strong>als</strong> Strategie <strong>der</strong> Vermeidung<br />

o<strong>der</strong> Verringerung von Gesundheitsschädigungen durch gefährdende Expositionen und<br />

Belastungen und personengebundene Risiken. Sie zielt vor allem auf Risikogruppen mit<br />

klar erwartbaren, erkennbaren o<strong>der</strong> bereits im Ansatz <strong>ein</strong>getretenen Anzeichen von<br />

Gesundheitsstörungen und Krankheiten. Ziel ist die Verhin<strong>der</strong>ung des Voranschreitens<br />

<strong>ein</strong>er Gesundheitsstörung o<strong>der</strong> Krankheit in <strong>ein</strong> jeweils schlimmeres Stadium und das<br />

Vermeiden von Folgestörungen psychischer und sozialer Art sowie das Reduzieren von<br />

Folgekrankheiten.“ (Hurrelmann et al. 2012, S. 661) Krankheitslasten sollen zugunsten<br />

<strong>ein</strong>es Gewinns an Gesundheit gemin<strong>der</strong>t werden (vgl. Franzkowiak, BZgA, Stand:<br />

25.04.2013).<br />

Voraussetzung für effektive präventive Maßnahmen ist dabei zum <strong>ein</strong>en die<br />

Diagnostizierbarkeit <strong>der</strong> Erkrankung und zum an<strong>der</strong>en das Wissen über die Krankheit.<br />

Entwicklung und Verlauf müssen hinreichend erforscht, bekannt und behandelbar s<strong>ein</strong>,<br />

um <strong>ein</strong>er pathogenen Dynamik entgegenwirken zu können (vgl. Hurrelmann et al. 2012,<br />

S. 663).<br />

2.2 Unterteilung<br />

Innerhalb des mittlerweile großen Gebietes <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong> lassen sich verschiedene<br />

Einteilungen vornehmen. Zum <strong>ein</strong>en orientiert man sich an dem Interventionszeitpunkt<br />

und unterteilt diesbezüglich in primäre, sekundäre und tertiäre <strong>Prävention</strong>. Zum an<strong>der</strong>en<br />

wird nach dem Inhalt <strong>der</strong> vorbeugenden Maßnahmen zwischen Verhaltens-, Verhältnisund<br />

personenbezogener <strong>Prävention</strong> unterschieden. (vgl. Waller 2007, S. 124)<br />

Die primäre <strong>Prävention</strong> greift bereits bei <strong>der</strong> Ätiologie <strong>ein</strong>er Erkrankung <strong>ein</strong>, fokussiert<br />

<strong>als</strong>o auf die Ursachen <strong>ein</strong>er Erkrankung (vgl. Waller 2007, S. 124). Maßnahmen <strong>der</strong><br />

sekundären <strong>Prävention</strong> beziehen sich auf die Pathogenese (vgl. Waller 2007, S. 124).<br />

Sie stellen den größten Teil an präventiven Interventionen dar (vgl. Waller 1995, S.<br />

155).<br />

5


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Hierunter fallen Maßnahmen <strong>der</strong> Früherkennung o<strong>der</strong> Vorsorgeuntersuchungen. Ziel ist<br />

es, pathogene Verän<strong>der</strong>ungen vor dem völligen Krankheitsausbruch zu erkennen, um<br />

noch rechtzeitig intervenieren zu können. (vgl. Waller 2007, S. 127) Maßnahmen, die<br />

sich auf den Verlauf <strong>der</strong> Krankheit sowie auf die Rückfallprophylaxe beziehen, ordnet<br />

man <strong>der</strong> tertiären <strong>Prävention</strong> zu (vgl. Waller 2007, S. 124).<br />

Die personenbezogene <strong>Prävention</strong> wird allgem<strong>ein</strong> auch <strong>als</strong> medizinische <strong>Prävention</strong><br />

bezeichnet. Hierunter fallen Maßnahmen wie Schutzimpfungen. (vgl. Waller 2007, S.<br />

124) In <strong>der</strong> Verhaltensprävention werden Interventionen angewandt, die<br />

gesundheitsgefährdendem Verhalten entgegenwirken sollen. Gesundheitsrisiken wie<br />

Alkoholmissbrauch, Nikotinkonsum und Stress sollen so möglichst verhin<strong>der</strong>t werden.<br />

Hierzu wurde <strong>ein</strong> unterschiedliches methodisches Vorgehen entwickelt. (vgl. Waller<br />

2007, S. 129)<br />

Zu diesen Methoden gehören: (vgl. Waller 2007, S. 129)<br />

1. Gesundheitsberatung<br />

2. Gesundheitsaufklärung<br />

3. Gesundheitserziehung<br />

4. Gesundheitsbildung<br />

In <strong>der</strong> Gesundheitsberatung und –aufklärung geht es darum, Informationen<br />

weiterzugeben. Dies kann persönlich geschehen o<strong>der</strong> auch mit Hilfe <strong>der</strong> Medien. Die<br />

Gesundheitserziehung wurde speziell für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche entwickelt und wird<br />

vorwiegend in erzieherischen Einrichtungen praktiziert. Dem gegenüber steht die<br />

Gesundheitsbildung. Diese gilt erwachsenen Menschen und findet entsprechend in<br />

andragogischen Einrichtungen statt. (vgl. Waller 2007, S. 129) „Das Leitbild <strong>der</strong><br />

Verhaltensprävention lässt sich zusammenfassend so darstellen: Durch Maßnahmen <strong>der</strong><br />

Gesundheitsaufklärung und –beratung soll das Wissen über Gesundheitsrisiken<br />

hergestellt bzw. verstärkt werden, was dann dazu führt, dass sich die Einstellungen <strong>der</strong><br />

Menschen zu ihren Gesundheitsproblemen bzw. ihrem aktuellen Verhalten än<strong>der</strong>t.<br />

Wenn man dies noch durch Maßnahmen <strong>der</strong> Gesundheitserziehung unterstützt, folgt aus<br />

dieser Einstellungsän<strong>der</strong>ung auch <strong>ein</strong>e Verän<strong>der</strong>ung des eigenen Verhaltens.“ (Waller<br />

2007, S. 130)<br />

6


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Die Verhältnisprävention dagegen hat zum Ziel, gesundheitsgefährdende Verhältnisse<br />

zu än<strong>der</strong>n. Hierzu zählen Maßnahmen, die die öffentliche Gesundheit betreffen wie<br />

etwa Kontrollen <strong>der</strong> Luft- und Wasserhygiene o<strong>der</strong> die Verän<strong>der</strong>ung belasten<strong>der</strong><br />

gesellschaftlicher Strukturen. (vgl. Waller 2007, S. 131) Daraus geht hervor, dass die<br />

Verhältnisprävention auch <strong>ein</strong> politisches Thema darstellt. Der Schutz <strong>der</strong> Gesundheit<br />

muss auch gesetzlich verankert s<strong>ein</strong>. (vgl. Waller 2007, S. 132)<br />

Im US-amerikanischen Raum werden <strong>Prävention</strong>smaßnahmen nach dem Triadischen<br />

Spezifitätsmodell <strong>ein</strong>geteilt, welches in Deutschland stetig populärer wird und dem<br />

Strukturmodell komplementär gegenübersteht. Hier erfolgt die Unterteilung nach<br />

Spezifität und Gefährdungsausmaß. Man orientiert sich an <strong>ein</strong>em Risk-Benefit-Modell<br />

und unterscheidet zwischen individuellem Erkrankungsrisiko bezogen auf Zielgruppen,<br />

den Interventionsrisiken und dem Aufwand bzw. den Kosten <strong>ein</strong>er Maßnahme. (vgl.<br />

Franzkowiak, BZgA, Stand: 25.04.2013)<br />

Differenziert werden drei Formen <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong>: (vgl. Franzkowiak, BZgA, Stand:<br />

25.04.2013)<br />

1. Universelle <strong>Prävention</strong><br />

2. Selektive <strong>Prävention</strong><br />

3. Indizierte <strong>Prävention</strong><br />

Universelle <strong>Prävention</strong>smaßnahmen sollen allgem<strong>ein</strong> für große Teile <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

gelten und auch von Laien durchgeführt werden können. Hierunter fallen Maßnahmen<br />

wie die Sicherheitsgurtpflicht bzw. Helmpflicht im Straßenverkehr. Selektive<br />

<strong>Prävention</strong>smaßnahmen wurden für Menschen mit potentiell erhöhtem<br />

Erkrankungsrisiko z.B. mit familiärer Krebsbelastung entwickelt, den sogenannten<br />

Risikoträgern und -trägerinnen. Diesen werden Maßnahmen zur Vorsorge und<br />

Früherkennung empfohlen. Auch die Grippeschutzimpfung für ältere Menschen bzw.<br />

Berufsgruppen mit viel menschlichem Kontakt zählt in diesen Bereich. Bei <strong>der</strong><br />

indizierten <strong>Prävention</strong> werden Personen mit konkretem, sicherem Erkrankungsrisiko<br />

bzw. bereits vorhandener Störung angesprochen. Hier geht es neben Vorsorge und<br />

Frühbehandlung auch um Schadensbegrenzung und Rückfallprophylaxe. (vgl.<br />

Franzkowiak, BZgA, Stand: 25.04.2013)<br />

7


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

2.3 Verbindungen zur Gesundheitsför<strong>der</strong>ung<br />

Die Interventionen <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung sind eng verwandt mit denen <strong>der</strong><br />

Krankheitsprävention (vgl. Hurrelmann et al. 2012, S. 661). Der Begriff <strong>der</strong><br />

Gesundheitsför<strong>der</strong>ung entwickelte sich jedoch erst <strong>ein</strong>ige Zeit später. Bekannt wurde er<br />

im Jahr 1986 im Zuge <strong>der</strong> Konferenz <strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation (WHO) in<br />

Ottawa. Dort wurden neben medizinischen, auch ökonomische, politische, kulturelle<br />

und soziale Themen in die Gesundheitsdebatten mit <strong>ein</strong>bezogen. (vgl. Hurrelmann et al.<br />

2012, S. 662f)<br />

Hurrelmann et al. definieren Gesundheitsför<strong>der</strong>ung „[…] <strong>als</strong> Strategie <strong>der</strong><br />

Be<strong>ein</strong>flussung gesundheitsrelevanter Lebensbedingungen und Lebensweisen aller<br />

Bevölkerungsgruppen mit dem Ziel <strong>der</strong> Stärkung von persönlicher und sozialer<br />

Gesundheitskompetenz. Gesundheitsför<strong>der</strong>ung berücksichtigt sowohl medizinische <strong>als</strong><br />

auch hygienische, psychische, psychiatrische, kulturelle, familiäre, soziale, rechtliche,<br />

edukative, ökonomische, architektonische und ökologische Aspekte.“ (Hurrelmann et<br />

al. 2012, S. 661) Das Konzept <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung, das 1986 in Ottawa<br />

verabschiedet wurde, enthält drei Handlungsqualifikationen und fünf<br />

Handlungsstrategien (vgl. Waller 1995, S. 140)<br />

Die drei Handlungsqualifikationen sind: (vgl. Waller 1995, S. 140)<br />

1. Interessen vertreten<br />

2. Befähigen und Ermöglichen<br />

3. Vermitteln und Vernetzen<br />

Kernaussagen dieser Handlungsqualifikationen sind, dass Gesundheit <strong>ein</strong>e wesentliche<br />

Bedingung von persönlicher Entwicklung und Lebensqualität ist, Chancengleichheit im<br />

Bereich <strong>der</strong> Gesundheit herrschen muss und alle Beteiligten koordiniert<br />

zusammenarbeiten sollen. Hierzu lassen sich Konzepte wie <strong>der</strong> des Empowerments<br />

zuordnen (vgl. Kaba-Schönst<strong>ein</strong>, BZgA, Stand: 25.04.2013).<br />

8


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Ziel dieses Ansatzes ist die Selbstbestimmtheit des Menschen bezüglich sich selbst und<br />

<strong>der</strong> sozialen Umwelt herzustellen bzw. zu verbessern, wofür verschiedene personale<br />

und soziale Ressourcen entwickelt werden müssen. (vgl. Brandes/ Stark, BZgA, Stand:<br />

25.04.2013)<br />

Mit Hilfe dieser drei Handlungsqualifikationen können <strong>der</strong> Gesundheit zuträgliche<br />

Faktoren geför<strong>der</strong>t sowie schädigende Faktoren abgebaut werden. Je<strong>der</strong> Mensch,<br />

ungeachtet dessen welcher sozialen Schicht er angehört, soll s<strong>ein</strong> größtmögliches<br />

Gesundheitspotential entfalten können. Dafür ist es notwendig, dass neben den<br />

Akteuren des Gesundheitswesens auch die an<strong>der</strong>en Verantwortlichen, die sich mit<br />

gesundheitsrelevanten Themen beschäftigen, angefangen von <strong>der</strong> Regierung bis hin zu<br />

jedem <strong>ein</strong>zelnen Bürger, koordiniert zusammenarbeiten. (vgl. Waller 1995, S. 140)<br />

Die fünf Handlungsstrategien <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung sind: (vgl. Waller 2007, S.<br />

134; Waller 1995, S. 141ff)<br />

1. Entwicklung persönlicher Kompetenzen<br />

2. Unterstützung gesundheitsbezogener Gem<strong>ein</strong>schaftsaktionen<br />

3. Schaffung von gesundheitsför<strong>der</strong>lichen Lebenswelten<br />

4. Neuorientierung <strong>der</strong> Gesundheitsdienste<br />

5. Entwicklung <strong>ein</strong>er gesundheitsför<strong>der</strong>nden Gesamtpolitik<br />

Diese Handlungsstrategien sprechen drei Ebenen an: die personale Ebene, die Ebene<br />

<strong>der</strong> Lebensweisen und die <strong>der</strong> Lebensbedingungen. Die Menschen sollen über<br />

gesundheitliche Themen umfangreich informiert und somit gesundheitsbezogen<br />

gebildet werden. Im Zentrum <strong>der</strong> Bemühungen stehen außerdem die persönliche<br />

Entwicklung des Einzelnen, die sozialen Kompetenzen und lebenspraktischen<br />

Fertigkeiten. (vgl. Waller 1995, S. 141) Die Gesundheitsför<strong>der</strong>ung will „[…] den<br />

Menschen helfen, mehr Einfluß auf ihre eigene Gesundheit und ihre Lebenswelt<br />

auszuüben und will ihnen zugleich ermöglichen, Verän<strong>der</strong>ungen in ihrem Lebensalltag<br />

zu treffen, die ihrer Gesundheit zugute kommen.“. (Waller 1995, S. 141) In diesem<br />

Sinne sollen in den verschiedenen Gem<strong>ein</strong>den auch Bürgerinitiativen bzw.<br />

Gem<strong>ein</strong>schaftsaktionen stattfinden, die für mehr Selbstbestimmtheit bezüglich<br />

gesundheitsbezogener Themen stehen.<br />

9


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Die Lebenswelten <strong>der</strong> Menschen gesundheitsför<strong>der</strong>nd auszurichten, bedeutet für<br />

Chancengleichheit zu sorgen und die Arbeits- und Lebensbedingungen entsprechend<br />

anzupassen, sodass <strong>ein</strong>e Entfaltung des größtmöglichen Gesundheitspotenti<strong>als</strong> möglich<br />

ist. Dafür sind <strong>ein</strong>erseits gesundheits-, sozial- und <strong>ein</strong>kommenspolitische Maßnahmen<br />

erfor<strong>der</strong>lich. An<strong>der</strong>erseits müssen alle Beteiligten in <strong>ein</strong>er Weise kooperieren, die <strong>ein</strong><br />

Versorgungssystem über die Grenzen des Medizinisch-Kurativen hinaus möglich und<br />

effektiv macht. (vgl. Waller 1995, S. 141ff)<br />

An<strong>der</strong>s <strong>als</strong> die <strong>Prävention</strong>, die ihren Fokus auf spezifische Risikogruppen legt, versucht<br />

die Gesundheitsför<strong>der</strong>ung alle Menschen anzusprechen. Sie steht und fällt daher nicht<br />

zuletzt mit <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong> Bevölkerung. Entsprechende Maßnahmen werden in<br />

erster Linie im Gesundheits- und Sozialbereich entschieden. (vgl. Waller 2007, S. 133)<br />

Gesundheitsför<strong>der</strong>ung geht dabei über r<strong>ein</strong> medizinische Interventionen hinaus und<br />

„[…] verbindet unterschiedliche, aber <strong>ein</strong>an<strong>der</strong> ergänzende Maßnahmen o<strong>der</strong> Ansätze<br />

<strong>ein</strong>schließlich Information, Erziehung, Gesetzgebung, steuerliche Maßnahmen,<br />

organisatorische Regelungen, gem<strong>ein</strong>denahe Verän<strong>der</strong>ungen sowie spontane Schritte<br />

gegen Gesundheitsgefährdungen.“ (Waller 2007, S. 133) Wie bei <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong> sind<br />

<strong>als</strong>o auch die Maßnahmen <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung personenbezogen,<br />

verhaltensbezogen und verhältnisbezogen orientiert (vgl. Waller 2007, S. 134).<br />

Verbindungen zur Gesundheitsför<strong>der</strong>ung lassen sich vor allem in <strong>der</strong> Verhaltens- und<br />

Verhältnisprävention finden (vgl. Franzkowiak, BZgA Stand: 25.04.2013). Waller<br />

macht in <strong>ein</strong>er Abbildung deutlich wie sich die beiden Strategien auf dem Weg zur<br />

Gesundheit ergänzen (siehe Abb. 1). An <strong>der</strong> Abbildung wird deutlich, dass beide<br />

Strategien durch ihr gem<strong>ein</strong>sames Ziel mit<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> verbunden sind: Die Gesundheit des<br />

Einzelnen. Sie können <strong>als</strong> komplementäre Formen verstanden werden, die sich in ihren<br />

Vorgehensweisen ergänzen und vervollständigen. Dabei benötigen beide für gezielte<br />

Be<strong>ein</strong>flussung das Wissen über Lebensbedingungen und Lebensweisen. (vgl.<br />

Franzkowiak, BZgA, Stand: 25.04.2013)<br />

10


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Abb. 1: <strong>Prävention</strong> und Gesundheitsför<strong>der</strong>ung: Strategien und Methoden (aus: Waller<br />

1995, S. 136)<br />

Der komplementäre Charakter wird vor allem an <strong>der</strong> jeweiligen Ausrichtung deutlich:<br />

<strong>Prävention</strong> bedient sich vorrangig an <strong>der</strong> pathogenetischen Sichtweise, während sich die<br />

Gesundheitsför<strong>der</strong>ung salutogenetisch orientiert. Diese salutogenetische Orientierung<br />

geht zurück auf <strong>ein</strong> Modell des amerikanisch-israelischen Soziologen Antonovsky und<br />

stellt <strong>ein</strong>e Gegenbewegung zur Pathogenese dar. Antonosky stellte sich dabei die Frage,<br />

wie Gesundheit erhalten bleibt und nicht wie Krankheit entsteht. (vgl. Hurrelmann<br />

2006, S. 119) Dabei betrachtet er Krankheit und Gesundheit <strong>als</strong> Pole <strong>ein</strong>es Kontinuums<br />

und nicht <strong>als</strong> sich gegenseitig ausschließende Begriffe. Das Gesundheits-Krankheits-<br />

Kontinuum ist in Abb. 2 dargestellt. (vgl. Hurrelmann 2006, S. 124)<br />

Antonovsky geht in s<strong>ein</strong>em Modell davon aus, dass <strong>der</strong> Mensch sich s<strong>ein</strong> Leben lang<br />

zwischen diesen Polen hin und her bewegt, die Endpunkte zu Lebzeiten jedoch nie<br />

völlig erreicht. (vgl. Hurrelmann 2006, S. 124)<br />

11


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Abb. 2: Gesundheits-Krankheits-Kontinuum (aus: Hurrelmann 2006, S. 125)<br />

2.4 Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong><br />

Die Spitzenverbände <strong>der</strong> Krankenkassen benennen in ihrem „Leitfaden <strong>Prävention</strong>“<br />

beson<strong>der</strong>s bedeutsame Krankheitsbil<strong>der</strong>. Zu diesen gehören Herz-Kreislauf-<br />

Erkrankungen, Krebserkrankungen sowie psychische/ psychosomatische Krankheiten<br />

(darunter vor allem Depression und Angststörungen). Präventive Maßnahmen sollten<br />

laut Spitzenverbänden individuelle Kompetenzen im Umgang mit Belastungen för<strong>der</strong>n<br />

und somit das Erleben von Disstress vermeiden. (vgl. Franzkowiak, BZgA, Stand:<br />

25.04.2013)<br />

Grossarth-Maticek hat in verschiedenen Versuchsreihen nachweisen können, dass die<br />

Fähigkeit zur <strong>Selbstregulation</strong> <strong>ein</strong>en erheblichen Einfluss auf den Gesundheitszustand<br />

des Menschen hat. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 168ff) Der Begriff <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> wird von ihm wie folgt definiert: „<strong>Selbstregulation</strong> ist jede<br />

Eigenaktivität des Individuums, die durch Kreation von Bedingungen im Körper und<br />

<strong>der</strong> sozialen Umwelt bestimmte Anregungen/Herausfor<strong>der</strong>ungen schafft, die zu<br />

Bedürfnisbefriedigung und Harmonisierung <strong>der</strong> Hirnfunktion und somit zu<br />

Wohlbefinden führen.“ (Grossarth-Maticek 1999, S. 18) Diese <strong>Selbstregulation</strong> kann<br />

unter Umständen gehemmt o<strong>der</strong> blockiert s<strong>ein</strong>. Die Person ist dann in ihrer<br />

Eigenaktivität <strong>der</strong>maßen be<strong>ein</strong>trächtigt, dass sie nicht mehr in <strong>der</strong> Lage ist, anregende<br />

Bedingungen zu schaffen.<br />

12


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Dies führt längerfristig zur Ausprägung <strong>der</strong> sogenannten Todestendenz.<br />

Hoffnungslosigkeit und die Ansicht, <strong>der</strong> Tod sei besser <strong>als</strong> das Leben ist die Folge.<br />

Demgegenüber steht die sogenannte Lebenstendenz. Diese ist vor allem dann stark<br />

ausgeprägt, wenn die Person über gute <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten verfügt. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 1999, S. 18)<br />

Gesundheitsgefährdendes Verhalten wie Über- und Fehlernährung, Bewegungsmangel,<br />

Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie Nikotinkonsum sind bei Menschen mit <strong>ein</strong>er<br />

gehemmten <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeit beson<strong>der</strong>s stark ausgeprägt. (vgl. Grossarth-<br />

Maticek 1999, S. 18) „Die gehemmte <strong>Selbstregulation</strong> geht mit physischen<br />

Risikofaktoren synergistische Beziehungen <strong>ein</strong> in Hinblick auf die Entwicklung<br />

unterschiedlicher chronischer Erkrankungen und ist <strong>ein</strong> signifikanter Prädikator für die<br />

Gesamtmortalität. Eine gute <strong>Selbstregulation</strong> geht synergistische Beziehungen mit <strong>der</strong><br />

Abwesenheit von physischen Risikofaktoren <strong>ein</strong> in Hinblick auf die Prädikation von<br />

Gesundheit bis ins hohe Alter.“ (Grossarth-Maticek 1999, S. 18) Personen mit<br />

Hemmungen bzw. Blockaden weisen ihr Leben lang mehr ausgeprägte physische<br />

Risikofaktoren auf <strong>als</strong> gut selbstregulierte Personen. Die Ursachen dafür sind vielfältig.<br />

(vgl. Grossarth-Maticek 1999, S. 18f)<br />

Eine Ursache für Blockaden und Hemmungen <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> stellen<br />

Lebensereignisse dar, die schockierende Erfahrungen mit sich bringen. Diese haben<br />

über lange Zeiträume von mehreren Jahren traumatisierenden Einfluss auf das<br />

selbstregulatorische Verhalten <strong>der</strong> Person. Die vermehrte Abweisung und Entwertung<br />

durch <strong>ein</strong>e Person in <strong>der</strong> Kindheit kann <strong>ein</strong> <strong>der</strong>artiges traumatisierendes Schockerlebnis<br />

darstellen. Wird das Kind in Situationen, in denen es nach Geborgenheit sucht<br />

wie<strong>der</strong>holt abgelehnt, so kann dies dazu führen, dass es sich auf das ablehnende Objekt<br />

fixiert. Das Kind wird <strong>als</strong> Folge dessen nicht aufhören bei diesem Objekt nach Nähe zu<br />

suchen und erfährt wie<strong>der</strong>holt Enttäuschungen. Diese schockierenden Erfahrungen<br />

werden in die Gegenwart übertragen und führen unter an<strong>der</strong>em zu<br />

Bindungsschwierigkeiten und damit erneuten Ablehnungen. Häufig Folge ist<br />

kompensatorisches Verhalten in Verbindung mit Drogen- und Alkoholmissbrauch. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 1999, S. 168f)<br />

13


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Grossarth-Maticek hat die Zusammenhänge zwischen <strong>Selbstregulation</strong>, aktivem bzw.<br />

passiven Zigarettenrauchen und den gesundheitlichen Konsequenzen untersucht. Er<br />

erhielt folgende Ergebnisse:<br />

Nikotinkonsum kann nicht ausschließlich <strong>als</strong> monokausaler Risikofaktor für<br />

Krankheitsbil<strong>der</strong> wie Lungenkrebs und Herzinfarkte betrachtet werden. Neben den<br />

schädlichen Einflüssen durch Aktiv- und Passivrauchen spielen auch Faktoren wie die<br />

psychische Verfassung <strong>ein</strong>e Rolle bei <strong>der</strong> Krankheitsentstehung. Hier sind insbeson<strong>der</strong>e<br />

psychische Belastungen durch Stress zu nennen. Eine Person steht vor allem dann im<br />

hohen Maße unter Stress, wenn sie über schlechte <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten verfügt.<br />

Als Folge dieser mangelnden Regulation gerät die Person in <strong>ein</strong>en Zustand völliger<br />

Erschöpfung. Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Depressionen und die bereits erwähnte<br />

Todestendenz entstehen. Menschen mit guten <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten dagegen<br />

verfügen über <strong>ein</strong> inneres Gleichgewicht und erleben seltener negativen Stress. In den<br />

Studien hat sich herausgestellt, dass aktiv- bzw. passivrauchende Menschen häufiger<br />

erkranken, wenn sie zusätzlich noch über längere Zeit psychosozialem Stress ausgesetzt<br />

sind, <strong>als</strong>o über schlechte selbstregulatorische Fähigkeiten verfügen. Aktiv- und<br />

Passivraucher mit guter <strong>Selbstregulation</strong>, <strong>als</strong>o weniger negativem Stress, erkranken<br />

zwar öfter <strong>als</strong> Menschen, die k<strong>ein</strong>em Rauch ausgesetzt sind, aber weniger <strong>als</strong> die<br />

beschriebene Gruppe mit beiden Risikofaktoren (Nikotinkonsum und psychosozialem<br />

Stress). Weiterhin suchte Grossarth-Maticek die Ursachen dafür, dass junge, nicht<br />

rauchende Menschen an Lungenkrebs erkranken. Er fand heraus, dass die Betroffenen<br />

häufigem Passivrauchen und Schockerlebnissen in <strong>der</strong> Kindheit ausgesetzt waren. Dies<br />

lässt darauf schließen, dass die erkrankten Personen neben dem Risikofaktor<br />

Passivrauchen, zusätzlich noch Hemmungen bzw. Blockaden in ihrer<br />

<strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeit aufwiesen. (vgl. Grossarth-Maticek 1999, S. 184ff)<br />

Anhand <strong>der</strong> Ausführungen lassen sich Zusammenhänge zwischen dem Ausbruch<br />

bestimmter Krankheiten und den selbstregulatorischen Fähigkeiten <strong>ein</strong>es Menschen<br />

erkennen. Die konkreten Zusammenhänge zwischen <strong>Selbstregulation</strong> und Stress werden<br />

weiter unter <strong>ein</strong>gehen<strong>der</strong> erläutert.<br />

14


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

3. <strong>Selbstregulation</strong><br />

3.1 Begriffsbestimmung<br />

<strong>Selbstregulation</strong> beschreibt die Fähigkeit <strong>ein</strong>es Menschen, durch Eigenaktivität<br />

bestimmte Bedingungen im Körper aber auch auf <strong>der</strong> sozialen bzw. natürlichen<br />

Umweltebene herzustellen, die dabei behilflich sind Wohlbefinden, inneres<br />

Gleichgewicht und Bedürfnisbefriedigung zu empfinden. Dies geschieht auf <strong>ein</strong>er<br />

individuellen Basis und ist daher von Person zu Person unterschiedlich stark<br />

ausgeprägt. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 44) Allgem<strong>ein</strong> kann darunter die<br />

Bezeichnung aller Arten von Selbstbe<strong>ein</strong>flussung verstanden werden. Hierunter fallen<br />

sowohl physiologische, <strong>als</strong> auch emotionale und kognitive Prozesse, welche autonom<br />

o<strong>der</strong> selbstgesteuert ablaufen können und sich immer wie<strong>der</strong> gegenseitig be<strong>ein</strong>flussen.<br />

Das heißt, dass physiologische Verän<strong>der</strong>ungen auf das emotionale wie auch auf das<br />

kognitive Geschehen <strong>ein</strong>wirken können bzw. Vorraussetzungen für <strong>ein</strong>e Verän<strong>der</strong>ung<br />

schaffen. Emotionale Prozesse wirken auf kognitive und an<strong>der</strong>srum. (vgl. Bleicher<br />

2003, S. 33) Die Eigenaktivität des Menschen kann innerhalb <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong><br />

<strong>ein</strong> aktives Verhalten <strong>der</strong> Umgebung o<strong>der</strong> <strong>ein</strong> aktives Einwirken auf die eigene Person<br />

verstanden werden. Ebenfalls kann sie sich durch <strong>ein</strong>e verän<strong>der</strong>te Einstellung <strong>ein</strong>er<br />

Sache gegenüber o<strong>der</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong>e an<strong>der</strong>e Bewertung <strong>der</strong> Gesamtsituation zeigen. Die<br />

Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> bezieht sich auf alle Bereiche des menschlichen Lebens,<br />

wie z.B. Ernährung, Bewegung, soziale Beziehungen und Partnerschaft, Beruf o<strong>der</strong><br />

auch Religiosität. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 44) Dabei kann die <strong>Selbstregulation</strong><br />

bzw. die <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeit <strong>als</strong> <strong>ein</strong> dynamischer Organisationsfaktor gesehen<br />

werden, <strong>der</strong> dazu in <strong>der</strong> Lage ist unterschiedliche positive Faktoren zur<br />

Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Gesundheit interaktiv zusammen zu fassen und somit die<br />

Wirkung von auftretenden Risikofaktoren zu min<strong>der</strong>n bzw. zu neutralisieren. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2003, S. 130)<br />

15


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Dieser Ausgangspunkt ist <strong>ein</strong> wesentlicher Bestandteil von <strong>Prävention</strong> bzw.<br />

Gesundheitsför<strong>der</strong>ung und zeigt somit, dass die Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> auf<br />

diesem Gebiet unerlässlich ist.<br />

Sie dient Personen z.B. bei <strong>der</strong> Rauchentwöhnung o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Stressbewältigung, beim<br />

Alkoholentzug o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gewichtsvermin<strong>der</strong>ung, welche Bestandteile. <strong>Selbstregulation</strong><br />

tritt mit den gesundheitsrelevanten Bereichen in <strong>ein</strong>e Art Interaktion. Ihr wird dabei<br />

<strong>ein</strong>e sehr hohe interaktive Funktion zugesprochen, welche sich mal in Richtung<br />

Krankheit und mal in Richtung Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Gesundheit bewegt. Weiterhin<br />

gewinnt die <strong>Selbstregulation</strong> für die <strong>Prävention</strong> weiter an Bedeutung, weil sie<br />

psychotherapeutisch und gesundheitsmedizinisch z.B. durch das Autonomietraining<br />

o<strong>der</strong> verschiedene Entspannungstechniken be<strong>ein</strong>flussbar ist. (vgl. Grossarth-Maticek<br />

2003, S. 130)<br />

Der Mensch beginnt immer dann sich selbst zu regulieren, wenn <strong>ein</strong> gewohnter<br />

Verhaltensfluss durch <strong>ein</strong> Ereignis unterbrochen wird. Diese Unterbrechung kann von<br />

unterschiedlicher Natur s<strong>ein</strong>, wie z.B. das Auftreten <strong>ein</strong>es plötzlichen Hin<strong>der</strong>nisses bei<br />

<strong>der</strong> Verfolgung bisheriger Interessen, Unsicherheit bei <strong>der</strong> Entscheidungsfindung,<br />

plötzlich auftretende Konflikte zwischen mehreren Verhaltensweisen o<strong>der</strong><br />

Komplikationen beim Erreichen <strong>ein</strong>es angestrebten Zieles. Dadurch zeigt sich, dass für<br />

<strong>ein</strong>e gute <strong>Selbstregulation</strong> <strong>ein</strong>e kontinuierliche Aufmerksamkeit auf das eigene<br />

Verhalten, auf die Verhaltensergebnisse und auf externe Ereignisse notwendig ist. Im<br />

Gegenteil zu an<strong>der</strong>en Lebewesen ist es dem Menschen möglich, Kontrolle über s<strong>ein</strong>e<br />

inneren Zustände, Prozesse und Reaktionen auszuüben. Er ist in <strong>der</strong> Lage s<strong>ein</strong>en<br />

eigenen Impulsen zu wi<strong>der</strong>stehen, passt s<strong>ein</strong> Verhalten verschiedener Vorgaben an und<br />

nutzt die Fähigkeit <strong>der</strong> Verhaltensän<strong>der</strong>ung, um s<strong>ein</strong>e Ziele zu erreichen (vgl. Kanfer et<br />

al. 2000, S. 34) Durch s<strong>ein</strong> kontrolliertes Verhalten ist er z.B. dazu im Stande, s<strong>ein</strong>e<br />

Ernährung umzustellen, s<strong>ein</strong>e Schlafgewohnheiten neuen Gegebenheiten anzupassen<br />

o<strong>der</strong> den Umgang mit ihm wichtigen Menschen zu verän<strong>der</strong>n, so dass diese<br />

Verhaltensweisen zu mehr Wohlergehen führen <strong>als</strong> die ehemaligen. Dabei äußert und<br />

befriedigt er täglich die unterschiedlichsten Bedürfnisse, die in ganz verschiedenen<br />

Bereichen liegen können. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 207)<br />

16


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Bedürfnisse werden <strong>als</strong> <strong>ein</strong>e Art Spannung zwischen <strong>ein</strong>em Mangel und <strong>ein</strong>em<br />

erstrebenswerten Zustand gesehen. Werden die Bedürfnisse auf Kurz o<strong>der</strong> Lang nicht<br />

befriedigt, kann dies zu Unwohls<strong>ein</strong> und Fehlreaktionen wie z.B. innerer Hemmung<br />

führen. Oft kommt es vor, dass <strong>der</strong> Mensch s<strong>ein</strong>e Bedürfnisse auf <strong>ein</strong>e Art befriedigt,<br />

worauf sich kurzfristig zwar positive Folgen <strong>ein</strong>stellen, aber langfristig gesehen<br />

negative Folgen entstehen können. Hier besteht die Gefahr, dass die Person die<br />

erzeugten negativen Folgen nicht wahrnimmt o<strong>der</strong> diese bei ihr k<strong>ein</strong>e Berücksichtigung<br />

finden, etwa wenn jemand zu viel raucht, trinkt, isst o<strong>der</strong> sich zu wenig bewegt. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 207)<br />

Der zentrale Punkt <strong>ein</strong>er guten <strong>Selbstregulation</strong> ist folglich die Äußerung und die aktive<br />

Befriedigung von emotional wichtigen Bedürfnissen und Wünschen sowie <strong>ein</strong>e<br />

erfolgreiche Einfügung von Hemmungs- und Überregungsprozessen, damit <strong>der</strong> Mensch<br />

<strong>ein</strong>e anhaltende innere Balance und Wohlbefinden erreicht. Hierbei ist es wichtig, die<br />

<strong>ein</strong>zelnen Lebensbereiche <strong>als</strong> Ganzes zu betrachten, da zwischen ihnen <strong>ein</strong>e Art<br />

Wechselwirkung besteht und sie sich gegenseitig be<strong>ein</strong>flussen können. Es kann z.B.<br />

vorkommen, dass <strong>ein</strong>e Hemmung die in <strong>ein</strong>em Bereich auftritt auf an<strong>der</strong>e Gebiete (z.B.<br />

Ernährung, Bewegung) <strong>ein</strong>e negative Wirkung erzielt. Beispielsweise tritt dies <strong>ein</strong>,<br />

wenn die Bedürfnisse von <strong>ein</strong>er großen emotionalen Bedeutung getragen werden.<br />

Umgekehrt ist es <strong>ein</strong>er sehr guten <strong>Selbstregulation</strong> bestimmter Bereiche möglich, für<br />

<strong>ein</strong>e Zeit die gehemmten Bereiche auszugleichen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 44)<br />

Um die eigene <strong>Selbstregulation</strong> zu verbessern, hat <strong>ein</strong>e Person zunächst die Aufgabe<br />

sich selbst aufmerksam zu beobachten. Hierbei stellt sie sich die Frage, wie sie sich in<br />

unterschiedlichen Situationen aufgrund ihres Verhaltens fühlt (positive o<strong>der</strong> negative<br />

Gefühle) und wie sie ihr Verhalten än<strong>der</strong>n kann, um den negativen Zustand zu<br />

verlassen. Der Mensch ist in Hinblick darauf in <strong>der</strong> Lage, die Erreichung s<strong>ein</strong>er Ziele<br />

durch drei Verhaltensweisen zu realisieren. Zum <strong>ein</strong>en hat er die Möglichkeit sich<br />

<strong>ein</strong>em Objekt in bestimmten Situationen zu entziehen. Zum an<strong>der</strong>en kann er die<br />

Objekt<strong>ein</strong>wirkung verän<strong>der</strong>n und es ist ihm möglich s<strong>ein</strong>e Umgebung an<strong>der</strong>s zu<br />

interpretieren und zu bewerten.<br />

17


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Diese drei Gegebenheiten machen deutlich, dass die<br />

<strong>Selbstregulation</strong>/Verhaltensregulation <strong>ein</strong>e sehr wichtige Rolle spielt, wenn es darum<br />

geht, neue Verhaltensweisen zu entwickeln dessen Ziel darauf ausgerichtet ist, das<br />

Wohlbefinden zu verbessern und <strong>ein</strong>e gesteigerte Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.<br />

(vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 207) Ist die menschliche Fähigkeit <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> eher schlecht ausgeprägt kann dies auch mit <strong>ein</strong>em ungesunden<br />

Lebensstil in Verbindung stehen. Bei <strong>ein</strong>er Person die aufgrund ihrer schlechten<br />

<strong>Selbstregulation</strong> nicht mehr in <strong>der</strong> Lage ist Bedingungen herzustellen, welche ihr<br />

Wohlbefinden erhalten bzw. steigern, kann es zu <strong>ein</strong>er Vermehrung von physischen<br />

Risikofaktoren kommen. Im schlechtesten Fall treten diese dann in<br />

krankheitserzeugende Interaktionen. (vgl. Grossarth-Maticek 2003, S. 130) Hat <strong>der</strong><br />

Mensch <strong>ein</strong>e schlechte Art sich selbst zu regulieren, reagiert er auf <strong>ein</strong> Problem meist<br />

mit <strong>ein</strong>er passiven, resignierten Haltung und wie<strong>der</strong>holt bestimmte Verhaltensweisen,<br />

von denen er sich <strong>ein</strong>e schnelle Lösung des Problems verspricht. Diese führen aber<br />

zwangsläufig zu negativen Folgen. Was jedoch für den Einzelnen das Richtige ist,<br />

hängt immer von s<strong>ein</strong>er ganz persönlichen Bedürfnisstruktur und <strong>der</strong> spezifischen<br />

Situation ab. Salopp gesagt kann <strong>Selbstregulation</strong> auch <strong>als</strong> <strong>ein</strong> Verhalten bezeichnet<br />

werden, zum Richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun und somit Wohlbefinden und<br />

Bedürfnisbefriedigung zu erlangen. Dabei folgt sie k<strong>ein</strong>en festgelegten Regeln. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 44)<br />

Grundsätzlich b<strong>ein</strong>haltet die <strong>Selbstregulation</strong> fünf Faktoren. Der erste Faktor ist die<br />

hergestellte Situation. Hierbei sind z.B. die Situationen <strong>ein</strong>er zwischenmenschlichen<br />

Beziehung o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e Situation die aufgrund <strong>ein</strong>er bestimmten Ernährungsweise auftritt<br />

gem<strong>ein</strong>t. Dieser Zusammenhang lässt sich auch <strong>als</strong> hergestellte Bedingungen<br />

bezeichnen. Der zweite Faktor beschäftigt sich mit den individuell ausgelösten<br />

Reaktionen, welche in den gegebenen Geschehen auftreten. Je<strong>der</strong> Mensch reagiert auf<br />

<strong>ein</strong> und dieselbe Situation unterschiedlich. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 207)<br />

18


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Einige Menschen reagieren auf <strong>ein</strong> enges Vertrauensverhältnis zum Partner mit <strong>ein</strong>em<br />

Gefühl des Glücks und <strong>der</strong> Geborgenheit, während an<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> gleichen Situation eher<br />

das Gefühl haben, <strong>ein</strong>geengt zu s<strong>ein</strong> und erdrückt zu werden. (vgl. Grossarth-Maticek<br />

2000, S. 208) Diese Personen können auf <strong>ein</strong> so entstandenes Vertrauensverhältnis mit<br />

Angst antworten und werden wahrsch<strong>ein</strong>lich immer wie<strong>der</strong> versuchen aus dieser<br />

Situation zu entfliehen. Der dritte Faktor b<strong>ein</strong>haltet den individuellen Verhaltensvorrat,<br />

<strong>als</strong>o die individuellen Verhaltensfähigkeiten, in <strong>ein</strong>er Situation auf <strong>ein</strong>e bestimmten Art<br />

und Weise agieren und reagieren zu können. Als vierten Faktor kann die individuelle<br />

Bedürfnisstruktur genannt werden. Dabei fällt auf, dass den Bedürfnissen, welchen <strong>ein</strong>e<br />

höchst gefühlsmäßige Bedeutung zukommt <strong>ein</strong>e zentrale Rolle zugeteilt ist. Als letzten<br />

Faktor sind die sogenannten objektiven Bedingungen unter denen <strong>ein</strong>e Person lebt<br />

anzuführen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 208)<br />

Ein Ziel <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> ist es, mit dem individuellen Verhalten <strong>ein</strong>e Situation<br />

herzustellen in <strong>der</strong> bedürfnisbefriedigende Reaktionen ausgelöst werden. Dabei entsteht<br />

in <strong>ein</strong>er bestmöglichen Situation für den Menschen das optimale Gleichgewicht. Die<br />

Methoden, um diesen Zustand des Gleichgewichts zu erreichen, sind von Individuum<br />

zu Individuum unterschiedlich. Es gibt nicht „die <strong>ein</strong>e Methode“ <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong>.<br />

Um inneres Gleichgewicht zu erlangen, benutzen verschiedene Menschen jeweils<br />

unterschiedliche Mittel. Eine Person schafft es ihr Gleichgewicht anhand sozial<br />

angepasstem Verhalten zu erreichen, <strong>ein</strong>e an<strong>der</strong>e hingegen muss zum Zweck <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> auf sozial unangepasste und auf den ersten Blick wenig verständliche<br />

Verhaltensweisen zurückgreifen. Manche Persönlichkeiten erreichen <strong>ein</strong>e gute<br />

<strong>Selbstregulation</strong> schon mit wenigen, <strong>ein</strong>fachen Mitteln, während sich an<strong>der</strong>e in <strong>ein</strong>em<br />

ständigen Kampf zwischen Faktoren befinden, die entwe<strong>der</strong> zu <strong>ein</strong>er guten o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>er<br />

schlechten <strong>Selbstregulation</strong> führen. Bei manchen Menschen kann es an <strong>ein</strong>em schweren<br />

Schicks<strong>als</strong>schlag o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>em traumatischen Ereignis liegen, dass sie über <strong>ein</strong>en<br />

längeren Zeitraum nicht dazu in <strong>der</strong> Lage sind, sich erfolgreich selbst zu regulieren. Das<br />

Gefühl <strong>der</strong> Hoffnungslosigkeit, <strong>der</strong> Angst und Verzweiflung sowie Zustände <strong>ein</strong>er<br />

Depression sind Anzeichen für <strong>ein</strong>e gestörte <strong>Selbstregulation</strong>. Es ist jedoch möglich, die<br />

Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> zu verbessern.<br />

19


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Die Mittel und Wege dahin, sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Das Lösen<br />

aus <strong>ein</strong>er bestimmten Situation sch<strong>ein</strong>t für den <strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>e perfekte Art dafür zu s<strong>ein</strong>,<br />

während es für den an<strong>der</strong>en z.B. <strong>ein</strong>e Ernährungsumstellung o<strong>der</strong> die Teilnahme an<br />

<strong>ein</strong>em Entspannungskurs ist.<br />

Umfassend kann somit festgestellt werden, dass es sich bei <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> nicht<br />

um <strong>ein</strong>en Prozess handelt, bei dem es <strong>ein</strong>mal zum Erfolg und <strong>ein</strong> an<strong>der</strong>mal zu<br />

Misserfolg kommen kann, und indem es immer nur zur Verän<strong>der</strong>ung <strong>ein</strong>es Faktors<br />

kommt. Vielmehr ist es das In<strong>ein</strong>an<strong>der</strong>greifen mehrerer Aspekte. Die Fähigkeit <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> basiert auf dem Prinzip „Versuch und Irrtum“, bei dem es wichtig ist,<br />

durch die Herstellung von neuen Situationen <strong>ein</strong>e Bedürfnisbefriedigung zu erlangen<br />

und den eigenen Schwächen und eventuell auftretenden Misserfolgen mit <strong>der</strong> nötigen<br />

Akzeptanz zu begegnen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 208)<br />

3.2 Merkmale<br />

<strong>Selbstregulation</strong> findet in unterschiedlichen Bereichen des menschlichen Lebens statt.<br />

Ihre Komplexität erstreckt sich über die tägliche Herstellung von positiven o<strong>der</strong><br />

negativen Bedingungen und findet ihr Ende bei <strong>der</strong> Be<strong>ein</strong>flussung sehr umfassen<strong>der</strong><br />

Lebensentwürfe und langfristig geplanten Verhaltensstrategien. Zum besseren<br />

Verständnis soll folgendes Bespiel dienen: Eine Person befindet sich im Schlafzimmer<br />

in ihrem Bett und friert. Die dickere Bettdecke, die dem Ganzen Abhilfe schaffen<br />

könnte liegt direkt neben dem Bett <strong>der</strong> Person. Des Weiteren ist das Fenster geöffnet<br />

und es zieht. Aufgrund <strong>der</strong> Bequemlichkeit lässt diese Person die Decke liegen und<br />

schließt auch nicht das Fenster, son<strong>der</strong>n verharrt in ihrer Situation und friert weiter.<br />

Infolge dessen kann es zu <strong>ein</strong>er Verkühlung o<strong>der</strong> Erkältung kommen. Eine an<strong>der</strong>e<br />

Person hingegen richtet sich das Bett und das Zimmer so aus, dass <strong>ein</strong>e angenehme<br />

Temperatur und somit <strong>ein</strong>e perfekte Umgebung für <strong>ein</strong>en erholsamen Schlaf gegeben<br />

ist.<br />

20


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Bereits an diesem simplen Beispiel lassen sich die Unterschiede zwischen <strong>ein</strong>er guten<br />

und <strong>ein</strong>er schlechten <strong>Selbstregulation</strong> erkennen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 47)<br />

Wie bereits erwähnt ist es möglich, die <strong>Selbstregulation</strong> zu verbessern. Die Steigerung<br />

dieser Fähigkeit wird komplizierter, wenn zunächst <strong>ein</strong>e gründliche Selbstbeobachtung,<br />

Selbstanalyse und die Bereitschaft zur Wahrnehmung eigener Gefühle und<br />

Befindlichkeiten angestrebt werden muss.<br />

Zum Beispiel kann bei Kettenrauchern o<strong>der</strong> Alkoholabhängigen durch die<br />

Selbstbeobachtung <strong>ein</strong> erster Schritt gemacht werden, um die negativen Folgen ihres<br />

Handelns bei sich wahrzunehmen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 47) Dies ist <strong>ein</strong><br />

wichtiger Bestandteil von Entwöhnungsprogrammen.<br />

Eine Analyse <strong>der</strong> eigenen Verhaltensstrategien und Lebenspläne ist nicht immer<br />

<strong>ein</strong>fach. Diese dann anschließend im Sinne <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> zu be<strong>ein</strong>flussen, stellt<br />

sich für manche Personen <strong>als</strong> <strong>ein</strong>e schwierige Aufgabe dar. Um diese Aufgabe zu<br />

meistern, besteht für den Betroffenen die Möglichkeit, therapeutische Hilfe in Anspruch<br />

zu nehmen. An<strong>der</strong>seits muss er sich damit abfinden, sich für <strong>ein</strong>e längere Zeit immer<br />

wie<strong>der</strong> selbst zu beobachten und nach dem Versuchsprinzip zu handeln, um so<br />

herauszufinden, was ihm auf langer Sicht wirklich gut tut. Des Weiteren ist es auch<br />

möglich dass die Fähigkeit sich selbst erfolgreich zu regulieren durch <strong>ein</strong>e Ursache<br />

gestört wird, die auf dem ersten Blick nicht gleich zu erkennen ist. Wenn <strong>ein</strong> zur<br />

<strong>Selbstregulation</strong> anregendes Alternativverhalten, beispielsweise bei <strong>ein</strong>em<br />

Kettenraucher, erst noch gefunden werden muss, kompliziert sich die Verbesserung <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> zusätzlich. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 47) Da je<strong>der</strong> Mensch<br />

individuell ist, muss auch für jeden <strong>ein</strong>e individuelle Art und Weise gefunden werden,<br />

<strong>ein</strong>e Steigerung des Wohlbefindens und <strong>der</strong> Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.<br />

21


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Das subjektive Wohlbefinden ist <strong>ein</strong>es <strong>der</strong> wichtigsten Indikatoren um festzustellen wie<br />

stark die <strong>Selbstregulation</strong> ausgeprägt ist. Personen die stark daran interessiert sind ihre<br />

persönlichen Ziele zu verfolgen, mit an<strong>der</strong>en über ihre Probleme reden, in <strong>ein</strong>er Art und<br />

Weise agieren, die ihnen sichtbar gut tut und durch ihr Verhalten <strong>ein</strong>e innere<br />

Selbstständigkeit bewahren, haben <strong>ein</strong>e gute <strong>Selbstregulation</strong>. Diese Menschen blicken<br />

hoffnungsvoll in die Zukunft und akzeptieren sich und ihren Lebenswillen. Ein weiteres<br />

Merkmal <strong>der</strong> gut ausgeprägten Fähigkeit sich selbst zu regulieren ist die Tatsache, dass<br />

Bedürfnisse geäußert und befriedigt werden. Das Verhalten findet auf <strong>ein</strong>er Ebene statt,<br />

auf <strong>der</strong> unterschiedliche Handlungen so lange erprobt werden, bis sich <strong>ein</strong><br />

Erfolgserlebnis <strong>ein</strong>stellt. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 44)<br />

Eine Person mit <strong>ein</strong>er guten <strong>Selbstregulation</strong> ist dazu in <strong>der</strong> Lage, ihr Verhalten so<br />

lange zu verän<strong>der</strong>n bis sich die gewünschten Ergebnisse <strong>ein</strong>stellen. Dabei achtet sie<br />

darauf, seelische wie auch körperliche Überfor<strong>der</strong>ungen zu registrieren und diese so<br />

weit wie möglich zu vermeiden. Innerhalb dieser Sequenz stellt sich beim Individuum<br />

<strong>ein</strong> erhöhtes Gefühl <strong>der</strong> Eigenkompetenz <strong>ein</strong>. Die Person ist davon überzeugt,<br />

auftretende Probleme durch ihr eigenes Verhalten lösen zu können. Bei manchen<br />

Menschen geht <strong>ein</strong>e gute <strong>Selbstregulation</strong> mit spontaner und emotional erlebter<br />

Religiosität <strong>ein</strong>her sowie dem erlebten Gefühl für an<strong>der</strong>e wichtig zu s<strong>ein</strong>. Sie sind in <strong>der</strong><br />

Lage <strong>ein</strong>e erwünschte Nähe o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>en erwünschten Abstand zu Menschen zu halten,<br />

die ihnen wichtig sind. Des Weiteren sind sie dazu fähig, Verhaltensweisen zu finden,<br />

die dabei behilflich s<strong>ein</strong> können, ihre Bedürfnisse o<strong>der</strong> Hemmungen in <strong>ein</strong>er sozial<br />

akzeptierten Weise zu befriedigen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 45)<br />

Weiter sind <strong>ein</strong>e fortgesetzte Selbstbeobachtung sowie die Orientierung an den<br />

auftretenden Konsequenzen des eigenen Verhaltens zusätzliche Kennzeichen <strong>ein</strong>er gut<br />

ausgeprägten <strong>Selbstregulation</strong>. Auch ausreichende körperliche Ertüchtigung und <strong>ein</strong>e<br />

Ernährung, die sowohl die Lust <strong>als</strong> auch das Wohlbefinden steigert und somit <strong>ein</strong><br />

Gefühl <strong>der</strong> Autonomie erzeugt, können <strong>als</strong> weitere Merkmale angeführt werden. In<br />

diesem Zusammenhang bedeutet Autonomie das Gefühl zu haben, sowohl mit <strong>als</strong> auch<br />

ohne emotional wichtige Bezugspersonen <strong>ein</strong> glückliches Leben führen zu können.<br />

22


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Die Merkmale <strong>ein</strong>er schlechten bzw. blockierten <strong>Selbstregulation</strong> lassen sich <strong>ein</strong>fach<br />

ableiten. Sie zeichnet sich durch allgem<strong>ein</strong>es Unwohls<strong>ein</strong> und <strong>ein</strong>em ausgeprägten<br />

inneren Ungleichgewicht aus. Dies kann durch das Vorhandens<strong>ein</strong> von <strong>ein</strong>er Hemmung<br />

o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>er Überregung zusammenhängen. Menschen mit <strong>ein</strong>er schlechten<br />

<strong>Selbstregulation</strong> sind meist nicht dazu in <strong>der</strong> Lage, die eigenen emotionalen Wünsche<br />

und Bedürfnisse wahrzunehmen, diese zuzulassen und aktiv zu befriedigen. Sie sind in<br />

ihrer Handlung gehemmt. Ursachen für <strong>ein</strong>e schlechte Selbstregulierung können sowohl<br />

in den aktuell hergestellten Bedingungen liegen o<strong>der</strong> bereits in <strong>der</strong> Kindheit gelegt<br />

worden s<strong>ein</strong>. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 45) Ist <strong>ein</strong> Mensch während s<strong>ein</strong>er<br />

Kindheit um s<strong>ein</strong>er selbst willen geliebt worden und wurde s<strong>ein</strong>e Eigenaktivität<br />

kontinuierlich geför<strong>der</strong>t, kommt dies <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> im späteren<br />

Erwachsenenleben zu Gute. Das heißt aber nicht, dass nicht auch Menschen mit <strong>ein</strong>er<br />

schlechteren Kindheit <strong>ein</strong>e gute <strong>Selbstregulation</strong> entwickeln können. Viele sind<br />

durchaus in <strong>der</strong> Lage, ihre Fähigkeiten auf diesem Gebiet zu stärken, sei es durch die<br />

eigene Anstrengung, glücklichere Lebensumstände o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>er Psychotherapie. In <strong>der</strong><br />

Kindheit <strong>ein</strong>es Menschen findet die Ausprägung von emotionalen Bedürfnissen statt. Es<br />

kann dabei zu positiven wie auch negativen Erfahrungen kommen, je nachdem ob <strong>ein</strong>e<br />

Befriedigung o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e Frustration aufgetreten ist. Erfahrungen die das Leben <strong>ein</strong>es<br />

Menschen prägen und für bestimmte Verhaltensweisen ausschlaggebend sind. Wurde<br />

die emotionale Bedürfnisbefriedigung in <strong>der</strong> Kindheit bedroht, bspw. durch erfahrene<br />

Abweisung o<strong>der</strong> Kälte <strong>der</strong> Eltern, besteht im Erwachsenenalter die Gefahr, dass diese<br />

Persönlichkeit immer wie<strong>der</strong> versucht Situationen herzustellen, in denen ihre<br />

Bedürfnisse erfolgreich befriedigt werden. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 45)<br />

Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass die Grundlagen für <strong>ein</strong>e gute<br />

o<strong>der</strong> schlechte Selbstregulierung bereits in <strong>der</strong> Kindheit gelegt werden.<br />

23


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

3.3 Entwicklung von <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten kann durch direkte o<strong>der</strong> indirekte<br />

Ansätze geför<strong>der</strong>t werden. Indirekte Ansätze zeichnen sich dadurch aus, dass hier<br />

Fähigkeiten angeregt werden, ohne <strong>ein</strong>e genaue Thematisierung <strong>der</strong> dahinterliegenden<br />

Prinzipien vorzunehmen. Nach <strong>der</strong> sozial-kognitiven Theorie Banduras, auf welche in<br />

<strong>ein</strong>em geson<strong>der</strong>ten Abschnitt <strong>der</strong> Arbeit genauer <strong>ein</strong>gegangen wird, kann die<br />

Entwicklung in vier verschiedene Stufen <strong>ein</strong>geteilt werden.<br />

Die erste Stufe befasst sich mit <strong>der</strong> Beobachtung. Hier wird die Person mit Hilfe des<br />

beobachtenden Lernens am Modell indirekt in <strong>ein</strong>e Fertigkeit <strong>ein</strong>geführt. Kann <strong>der</strong><br />

Lernende die Hauptbestandteile <strong>ein</strong>er Strategie o<strong>der</strong> Fähigkeit durch das r<strong>ein</strong>e<br />

Beobachten ableiten, ist diese Stufe erreicht. (vgl. Bleicher 2003, S. 40) Als zweite<br />

Stufe wird die Imitation angeführt. Während dieser Stufe geht es darum <strong>ein</strong>e neu<br />

modellierte Fähigkeit nachahmend auszuführen. Der Ausführende erhält dabei soziales<br />

Feedback. Einen Abschluss findet diese Phase, wenn die Ausführung des Lernenden <strong>der</strong><br />

generellen Form des Ausgangsmodells ähnelt. (vgl. Bleicher 2003, S. 40) Die dritte<br />

Stufe b<strong>ein</strong>haltet die Selbstkontrolle <strong>ein</strong>er Person. Hier geht es darum, dass die lernende<br />

Person in <strong>der</strong> Lage ist, die neu erworbenen Fähigkeiten auch dann anzuwenden, wenn<br />

das Modell nicht in <strong>der</strong> Nähe ist. In <strong>der</strong> vierten Phase geht es um die <strong>Selbstregulation</strong>.<br />

Ihr Ziel ist erreicht, wenn <strong>der</strong> Mensch die neu erlernten Fähigkeiten adaptiv unter den<br />

verschiedensten Bedingungen anwenden kann. Es besteh die Annahme, dass das<br />

Durchlaufen je<strong>der</strong> Stufe die Auffassungsgabe und Gewandtheit zur Lösung spezifischer<br />

Aufgaben steigert. Jedoch ist es nicht sicher, dass <strong>ein</strong>e Person, die spezielle<br />

<strong>Selbstregulation</strong>smöglichkeiten besitzt, diese auch automatisch anzuwenden weiß. Eine<br />

Entscheidung darüber wird sowohl von motivbestimmten wie auch Umgebungsfaktoren<br />

be<strong>ein</strong>flusst. (vgl. Bleicher 2003, S. 41)<br />

24


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Bei <strong>der</strong> direkten För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten werden die grundlegenden<br />

Prinzipien ausführlich dargestellt werden. Hierbei wird <strong>der</strong> Versuch unternommen, die<br />

normalerweise nicht beobachtbaren Abläufe explizit zu machen. Die ablaufenden<br />

kognitiven Prozesse können mit Hilfe von Modellen sichtbar gemacht werden. In <strong>ein</strong>em<br />

nächsten Schritt sollen die teilnehmenden Personen das Gelernte auf unterschiedlichste<br />

Weise <strong>ein</strong>üben. Ein Verfahren, welches dazu beiträgt, die Automatisierung zu stärken.<br />

Prozessbegleitende Verbalisierung stellt ebenso <strong>ein</strong>e weitere Hilfe für die Entwicklung<br />

von <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten dar, wie das Herausfiltern des Gesamtnutzens<br />

spezieller Fähigkeiten. Auch <strong>ein</strong> korrigierendes Feedback und kooperatives Lernen in<br />

kl<strong>ein</strong>eren Gruppen kann <strong>als</strong> <strong>ein</strong> zusätzlicher Unterstützungsfaktor angesehen werden.<br />

(vgl. Bleicher 2003, S. 41)<br />

3.4 Individuelle und soziale <strong>Selbstregulation</strong><br />

Die unterschiedliche Ausübung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten kann zu <strong>ein</strong>em Erfolg<br />

o<strong>der</strong> Misserfolg führen.<br />

Das Ziel in <strong>der</strong> Gegenwart <strong>ein</strong> Gefühl des Wohlbefindens, <strong>der</strong> Lust und <strong>der</strong> Sicherheit<br />

zu haben, versucht <strong>der</strong> Mensch durch s<strong>ein</strong>e Eigenaktivitäten zu erreichen. Bei <strong>ein</strong>em<br />

Erfolg gelingt es ihm, Bedingungen herzustellen, die zu <strong>ein</strong>er Bedürfnisbefriedigung<br />

führen. Bleibt <strong>ein</strong> Erfolg s<strong>ein</strong>er Bemühungen jedoch aus, kann dies dazu führen, dass<br />

systematisch negative Bedingungen entstehen, obwohl durch das Verhalten<br />

problemlösende und lusterzeugende Bedingungen angestrebt wurden. Das Resultat sind<br />

Konsequenzen, die sowohl subjektiver <strong>als</strong> auch objektiver Natur s<strong>ein</strong> können.<br />

Subjektive Konsequenzen haben ihre Wurzeln in <strong>der</strong> individuellen Sensibilisierung und<br />

Bedürfnisstruktur. Unter objektiven Konsequenzen können Resultate verstanden<br />

werden, bei denen <strong>ein</strong> bestimmtes Verhalten früher o<strong>der</strong> später bei unterschiedlichen<br />

Menschen die gleichen o<strong>der</strong> ähnlichen Folgen hervorruft. Die subjektive Konsequenz<br />

von lustbetontem Alkoholgenuss kann für den <strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>e Anregung zur Eigenaktivität<br />

s<strong>ein</strong>, <strong>ein</strong>e an<strong>der</strong>e Person wird jedoch durch ihn stark gehemmt.<br />

25


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Objektiv betrachtet ist übermäßiger Alkoholkonsum in beiden Fällen<br />

gesundheitsschädlich. Diese objektive Konsequenz ist ebenfalls beim Zigarettenrauchen<br />

<strong>der</strong> Fall. (vgl. Grossarth-Maticek 2003, S. 132) In beiden Fällen ist das Verhalten oft<br />

emotional gesteuert.<br />

Die Integration von emotionalen Empfindungen und Bedürfnissen, die auf rational<br />

begründeten Aktivitäten basieren, wird von Grossarth-Maticek <strong>als</strong> die individuelle und<br />

soziale <strong>Selbstregulation</strong> bezeichnet. Individuelle <strong>Selbstregulation</strong> befasst sich mit <strong>der</strong><br />

Stimulierung von Aktivitäten, die <strong>ein</strong>e Integration von individuellen Programmen und<br />

emotionalen Bedürfnissen mit Hilfe von rational geleiteten Verhalten ermöglichen.<br />

Innerhalb <strong>der</strong> sozialen <strong>Selbstregulation</strong> kommt es zur Analyse von gesellschaftlichen<br />

Aktivitäten. Diese werden angeregt, vor dem Hintergrund menschliche Bedürfnisse mit<br />

rational abgestimmten und gegenseitig koordinierten, gesellschaftlichen Handlungen zu<br />

ver<strong>ein</strong>en. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass beide Formen <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> in<br />

<strong>ein</strong>er Wechselwirkung zu<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> stehen und sich gegenseitig bedingen. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 141)<br />

Eine wichtige Erkenntnis im Rahmen <strong>der</strong> Gesundheitsmedizin ist, dass <strong>der</strong> Mensch<br />

innerhalb <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong>o in <strong>ein</strong>em System handelt, indem er s<strong>ein</strong>e<br />

Bedürfnisse subjektiv befriedigt o<strong>der</strong> hemmt. Ebenso agiert er in <strong>ein</strong>em eher<br />

übergeordneten System, indem s<strong>ein</strong> Verhalten auf sich und s<strong>ein</strong>e Umwelt<br />

Konsequenzen hat. Der Mensch ist <strong>als</strong> <strong>ein</strong> soziales Wesen und nicht nur damit<br />

beschäftigt, ständig s<strong>ein</strong>e Bedürfnisse zu befriedigen. Er ist genauso <strong>ein</strong> Gestalter,<br />

welcher die Auswirkungen <strong>der</strong> Formen von sozialer <strong>Selbstregulation</strong> aktiv erlebt.<br />

Innerhalb <strong>der</strong> sozialen <strong>Selbstregulation</strong> beschäftigen sich unterschiedliche Gruppen und<br />

sogar gesamte Gesellschaftsformationen damit, mit Hilfe von unterschiedlichen<br />

Bewertungssystemen und Aktivitäten individuelle und gesellschaftlich auftretende<br />

Probleme zu lösen. Gesundheitsmedizinisch gewinnen die spezifischen Prozesse <strong>der</strong><br />

gesellschaftlichen <strong>Selbstregulation</strong> in ihrer Auswirkung auf jeden Einzelnen an<br />

Bedeutung.<br />

26


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Misslungene soziale <strong>Selbstregulation</strong> kann erhöhten Arbeitsdruck, <strong>ein</strong> Gefühl <strong>der</strong><br />

sozialen Isolation, Eigenkompetenzverlust und die Erfahrung individueller<br />

Wertlosigkeit mit sich ziehen. Diese Folgen sind wesentliche Risikofaktoren, die bei<br />

<strong>der</strong> Entstehung von Krankheit <strong>ein</strong>e große Rolle spielen. Ein wichtiger<br />

Gesundheitsfaktor hingegen entsteht, wenn das Individuum es schafft, sich in Prozesse<br />

<strong>der</strong> sozialen <strong>Selbstregulation</strong> aktiv zu integrieren und somit die Möglichkeit bekommt<br />

s<strong>ein</strong>e individuellen Fähigkeiten und Interessen mit gesellschaftlichen o<strong>der</strong> bestimmten<br />

Gruppeninteressen zu ver<strong>ein</strong>en. Stellt sich dabei das Gefühl von Wohlbefinden und<br />

Sicherheit <strong>ein</strong>, ist die soziale <strong>Selbstregulation</strong> gelungen. Individuen mit <strong>ein</strong>er guten<br />

<strong>Selbstregulation</strong> sind hochmotiviert, wenn es darum geht sich <strong>ein</strong>er Gesellschaft<br />

anzuschließen, in <strong>der</strong> Gesundheit, Problemlösung und <strong>Selbstregulation</strong> oberste Priorität<br />

genießen. Menschen mit schlechter <strong>Selbstregulation</strong> hingegen bringen oft nicht die<br />

nötige Sensibilität und Aufmerksamkeit für <strong>ein</strong>e gestörte soziale <strong>Selbstregulation</strong> auf.<br />

Bei diesen Menschen besteht meist völliges Desinteresse <strong>ein</strong>er sich selbst<br />

regulierenden, problemlösungsfähigen Gesellschaft. (vgl. Grossarth-Maticek 2003, S.<br />

132)<br />

Mit dem Thema <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> haben sich mehrere Psychologen beschäftigt.<br />

Nachfolgend werden <strong>ein</strong>ige <strong>der</strong> Theorien genauer beschrieben.<br />

27


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

4. Theorien <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong><br />

4.1 Die sozial-kognitive Theorie nach Bandura<br />

Die sozial-kognitive Theorie b<strong>ein</strong>haltet die Auffassung, dass das menschliche<br />

Verhalten, Umwelt<strong>ein</strong>flüsse und kognitive, biologische Faktoren mit<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> in <strong>ein</strong>er<br />

Art Wechselwirkung agieren und sich gegenseitig be<strong>ein</strong>flussen. (vgl. Frey, Irle 2002, S.<br />

277)<br />

Nach dieser Theorie sind Menschen zur Symbolisierung, vorausschauendem Denken<br />

und zur Selbstreflexion fähig. Unter Symbolisierung sind die kognitiven Darstellungen<br />

extern <strong>ein</strong>treten<strong>der</strong> Ereignisse zu verstehen. Welche Bedeutung <strong>ein</strong> Mensch diesen<br />

Ereignissen zukommen lässt, hängt ganz entscheidend von <strong>der</strong> Repräsentation ab.<br />

Durch sie ist das Individuum in <strong>der</strong> Lage, neue Ideen zu kreieren, die über das gerade<br />

Erlebte hinausgehen. Sie ermöglichen <strong>ein</strong> kausales Verständnis <strong>der</strong> Situation sowie die<br />

innere Kommunikation des Menschen. Durch das vorausschauende Denken ist <strong>ein</strong>e<br />

Person dazu fähig, ihre Handlungen nach <strong>ein</strong>em Für und Wi<strong>der</strong> abzuwägen, sich<br />

Handlungsalternativen zu überlegen und sich <strong>der</strong> Konsequenzen <strong>der</strong>er bewusst zu<br />

werden. Diese Art des Denkens wäre ohne die Fähigkeit <strong>der</strong> Symbolisierung nicht<br />

möglich. Bandura versteht unter Selbstreflexion die Gabe über die<br />

Realitätsangemessenheit <strong>der</strong> eigenen Gedanken und die Reichweite <strong>der</strong> Kontrolle des<br />

eigenen Verhaltens nachdenken zu können. Für den Menschen ist es von großer<br />

Bedeutung und entscheidet in manchen Fällen auch über Leben und Tod, <strong>ein</strong>schätzen<br />

zu können, ob die eigenen Gedanken mit <strong>der</strong> physikalischen bzw. sozialen Realität<br />

über<strong>ein</strong>stimmen. Bandura beschäftigte sich insbeson<strong>der</strong>e mit den individuellen Urteilen<br />

die <strong>ein</strong> Mensch über die eigene Selbstwirksamkeit fällt. Diese ist <strong>der</strong> Grundbaust<strong>ein</strong> für<br />

die subjektive Überzeugung <strong>ein</strong>es Individuums <strong>ein</strong> bestimmtes Verhalten auszuüben<br />

o<strong>der</strong> sich dagegen zu entscheiden. (vgl. Frey, Irle 2002, S. 278)<br />

28


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Die wahrgenommene Selbstwirksamkeit bestimmt, für welche Verhaltensweisen sich<br />

jemand entscheidet, wie viel er bereit ist von s<strong>ein</strong>en Ressourcen zur Erreichung des<br />

Verhaltens zu opfern und wie viel Ausdauer dieser angesichts von Hin<strong>der</strong>nissen o<strong>der</strong><br />

Misserfolgen aufbringt. Des Weiteren übt die wahrgenommene Selbstwirksamkeit<br />

<strong>ein</strong>en Einfluss darauf aus, ob während <strong>der</strong> Verhaltensausübung eher<br />

verhaltensunterstützende o<strong>der</strong> störende Kognitionen ablaufen und wie die Person mit<br />

Rückschlägen zurecht kommt.<br />

<strong>Selbstregulation</strong> ist nach Bandura die selbstbestimmte Steuerung von Motivation,<br />

Emotionen und Handeln. Sie läuft auf <strong>ein</strong>er Basis interner Standards und bewerten<strong>der</strong><br />

Selbstreaktionen auf das eigene Verhalten <strong>ein</strong>es Menschen ab. (vgl. Frey, Irle 2002, S.<br />

278) So kann das Erreichen <strong>ein</strong>es lang ersehnten Ziels <strong>ein</strong> Gefühl <strong>der</strong> Befriedigung<br />

hervorrufen, während <strong>ein</strong> Nichterreichen eher zu Unzufriedenheit führt. Allerdings ist<br />

es nicht die Auffassung Banduras, dass Menschen immer nur nach diesem Prinzip<br />

agieren und stets darauf bedacht sind, diese Diskrepanzen auszugleichen. S<strong>ein</strong>er<br />

M<strong>ein</strong>ung nach stecken sich Menschen von sich aus höhere Ziele und schaffen somit<br />

<strong>ein</strong>e gute Grundlage sich selbst zu motivieren. (vgl. Frey, Irle 2002, S. 279)<br />

<strong>Selbstregulation</strong> von Motivation und Verhalten läuft <strong>als</strong> <strong>ein</strong> dynamisches<br />

In<strong>ein</strong>an<strong>der</strong>greifen von selbstbezogenen Kognitionen, Aktionen und emotionalen<br />

Reaktionen ab. Dies spiegelt den Prozess <strong>der</strong> Selbstmotivierung wi<strong>der</strong>. Hierbei kann<br />

zwischen verschieden vermittelnden Faktoren unterschieden werden, welche in vier<br />

Bereiche <strong>ein</strong>geteilt werden können.<br />

Der erste Bereich befasst sich mit den kognitiven Prozessen. Ein Grundelement für<br />

vorausschauendes Denken sind kognitive Konstrukte <strong>ein</strong>es erfolgreichen Handelns<br />

<strong>ein</strong>schließlich dessen möglicher Konsequenzen. Die dauerhaft angepasste<br />

Fähigkeiten<strong>ein</strong>schätzung <strong>ein</strong>es Individuums übt <strong>ein</strong>en gewissen Einfluss auf die<br />

kognitiven Prozesse aus. Kann <strong>ein</strong>e Person ihre Rückschläge, Fehler o<strong>der</strong> schlechte<br />

Leistungen darauf zurückführen, dass sie nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt,<br />

besteht die Möglichkeit dass daraus <strong>ein</strong>e pessimistische Denkweise und <strong>ein</strong>e negative<br />

Selbstbewertung entstehen. (vgl. Frey, Irle 2002, S. 291; Bandura 1997, S. 117f)<br />

29


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Menschen die über <strong>ein</strong>e gute Selbstwirksamkeit verfügen, sind in <strong>der</strong> Formulierung<br />

ihrer Vorhaben meist anspruchsvoller und führen Misserfolge eher auf <strong>ein</strong>e mangelnde<br />

Anstrengung o<strong>der</strong> äußere Störfaktoren zurück. Personen mit <strong>ein</strong>er hohen<br />

Selbstwirksamkeit verstärken nach Nichterreichen ihres Ziels ihre Anstrengungen. (vgl.<br />

Frey, Irle 2002, S. 291; Bandura 1997, S. 117f)<br />

Der zweite Bereich beschäftigt sich mit <strong>der</strong> Motivation. Vorweggenommene<br />

Konsequenzen des eigenen Verhaltens und <strong>der</strong>en Wertschätzung sind ausschlaggebend<br />

dafür, welches Verhalten mit welcher Hingabe gezeigt wird. Erwartungen die sich auf<br />

mögliche Verhaltensergebnisse stützen, üben dann k<strong>ein</strong>en nennenswerten Einfluss auf<br />

das gezeigte Verhalten aus, wenn es bei <strong>der</strong> Erreichung des gewünschten Zustandes auf<br />

die Qualität <strong>der</strong> Ausführung ankommt. Hier spielt all<strong>ein</strong> die wahrgenommene<br />

Selbstwirksamkeit <strong>ein</strong>e ausschlaggebende Rolle. Die subjektive Einschätzung <strong>der</strong><br />

eigenen Fähigkeiten bestimmen dann, ob und mit welcher Intensität <strong>ein</strong> bestimmtes<br />

Verhalten ausgeführt wird. Je mehr bestimmte Ergebnisse mit <strong>ein</strong>em erfolgreichen<br />

Handeln verbunden sind, umso höher ist <strong>der</strong> Einfluss auf die Ergebniserwartung.<br />

Menschen mit <strong>ein</strong>er hohen wahrgenommenen Selbstwirksamkeit bemühen sich trotz<br />

auftreten<strong>der</strong> Störfaktoren eher ihr Ziel zu erreichen <strong>als</strong> Personen mit <strong>ein</strong>er weniger<br />

hohen wahrgenommen Selbstwirksamkeit. Übergeordnete Ziele müssen im<br />

Zusammenhang mit guten Leistungen in für die Person erreichbare Unterziele zerteilt<br />

werden. Dies ist vor allem <strong>der</strong> Fall, wenn es dem Individuum an Erfahrung mangelt und<br />

die gestellten Aufgaben sehr komplex und unstrukturiert wirken. Innerhalb <strong>ein</strong>er<br />

Lernphase dient die Zielsetzung somit <strong>der</strong> Entwicklung von Selbstwirksamkeit. In<br />

darauffolgenden Phasen <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> von motiviertem Verhalten bestimmt dann<br />

die wahrgenommene Selbstwirksamkeit die Zielsetzung. (vgl. Frey, Irle 2002, S. 292)<br />

Im dritten Bereich spielen die affektiven Prozesse <strong>ein</strong>e wesentliche Rolle. Bandura ist<br />

<strong>der</strong> Auffassung, das Angst und Stress wesentlich dazu beitragen, bestimmte Ereignisse<br />

und Situationen nicht meistern zu können. Eine hohe Selbstwirksamkeit bezogen auf<br />

das effektive Coping kann dazu beitragen, dass die erlebte Angst sowie die subjektiven<br />

und autonomen Stressreaktionen verringert werden.<br />

30


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Oft sind Vermeidung <strong>ein</strong>es bestimmten Verhaltens o<strong>der</strong> die Be<strong>ein</strong>trächtigung dieses die<br />

Folge aus niedrig wahrgenommener Selbstwirksamkeit. (vgl. Frey, Irle 2002, S. 293;<br />

Bandura 1997, S. 137f) Menschen gewinnen durch kognitive Kontrolle den Glauben,<br />

bedrohliche Ereignisse bewältigen zu können. Abhängig von <strong>der</strong> wahrgenommenen<br />

Selbstwirksamkeit und dem sozialen Umfeld <strong>ein</strong>er Person können verschiedene<br />

affektiver Reaktionen <strong>ein</strong>treten. Die fehlende Bereitschaft, von Personen auf <strong>ein</strong><br />

gezeigtes Verhalten mit positiven Reaktionen zu reagieren, kann bei <strong>ein</strong>em Menschen<br />

mit <strong>ein</strong>er niedrigen Selbstwirksamkeit langfristig zu Apathie o<strong>der</strong> erlernter Hilflosigkeit<br />

führen, während <strong>ein</strong> Mensch mit hoher wahrgenommener Selbstwirksamkeit eher<br />

Einspruch gegen dieses Verhalten <strong>ein</strong>legen würde.<br />

Der vierte Bereich umschreibt die Auswahl von Situationen. Je nachdem wie <strong>ein</strong><br />

Mensch s<strong>ein</strong>e eigene Selbstwirksamkeit <strong>ein</strong>schätzt, wird die Auswahl von bestimmten<br />

Verhaltensweisen und Situationen in denen bestimmte Anreize, Hemmungen und<br />

Kontrollmechanismen vorherrschen bestimmt. Menschen mit <strong>ein</strong>er hohen<br />

wahrgenommenen Selbstwirksamkeit sind eher in <strong>der</strong> Lage, aktiv auf ihre soziale<br />

Umwelt <strong>ein</strong>zuwirken und bemühen sich ihre Umgebung nach ihren Vorstellungen zu<br />

gestalten <strong>als</strong> Personen mit <strong>ein</strong>er niedrigeren Selbstwirksamkeit. Diese Menschen<br />

zeichnet <strong>ein</strong> bewusstes Aufsuchen von Situationen aus, in denen sie ihre Fähigkeiten <strong>als</strong><br />

angemessen erachten und ihre Ziele erreichen können. (vgl. Frey, Irle 2002, S. 293;<br />

Bandura 1997, S. 160f)<br />

Als <strong>ein</strong>e weitere Grundvorrausetzung für die <strong>Selbstregulation</strong> ist in dieser Theorie die<br />

Selbstbeobachtung angeführt. Fehlen die aktuellen Informationen kann von dem<br />

Individuum k<strong>ein</strong> Soll-Ist-Vergleich vorgenommen werden. Somit ist es dem Menschen<br />

nicht möglich <strong>ein</strong>e effektive Regulierung des Verhaltens durchzuführen. (vgl. Bleicher<br />

2003, S. 40 )<br />

Zusammenfassend zeigt sich, dass die sozial-kognitive Theorie <strong>ein</strong>en umfassenden<br />

Überblick über das Zusammenspiel und die Wechselwirkung <strong>der</strong> <strong>ein</strong>zelnen Faktoren<br />

gibt, die an <strong>der</strong> Be<strong>ein</strong>flussung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> beteiligt sind.<br />

31


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

4.2 Das <strong>Selbstregulation</strong>sstärke-Modell nach Baumeister<br />

Das <strong>Selbstregulation</strong>sstärke-Modell b<strong>ein</strong>haltet die Aussage, dass <strong>ein</strong> Mangel an<br />

<strong>Selbstregulation</strong>s-Ressourcen zu <strong>ein</strong>em Scheitern von <strong>Selbstregulation</strong> führen kann. Der<br />

Kerngedanke ist hierbei, dass sich die Fähigkeit s<strong>ein</strong>e Reaktionen aktiv zu kontrollieren<br />

auf die begrenzten Ressourcen <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> stützt. Je mehr es zu <strong>ein</strong>er<br />

Erschöpfung dieser Ressourcen kommt, umso wahrsch<strong>ein</strong>licher ist es, dass die<br />

Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> sinkt. Regulationsressourcen sind für den Menschen<br />

notwendig, damit er den selbstregulatorischen Herausfor<strong>der</strong>ungen gewachsen ist und sie<br />

erfolgreich lösen kann. Die Ausgaben <strong>der</strong> Ressourcen und die dadurch entstandene<br />

Verarmung dieser können auf lange Sicht zu <strong>ein</strong>em <strong>Selbstregulation</strong>sausfall führen.<br />

(vgl. Baumeister 2004, S. 85) Personen, die ihre Ressourcen ständig ausschöpfen und<br />

ihnen k<strong>ein</strong>e Zeit zur Regenerierung geben, besitzen dann k<strong>ein</strong>e Ressourcen mehr,<br />

welche für die <strong>Selbstregulation</strong> von Nöten sind.<br />

Viele Verhaltensweisen laufen automatisch ab. Dieser Automatismus setzt wichtige<br />

Grenzen für die regulatorischen und exekutiven Funktionen des Selbst. Regulierende<br />

Ressourcen werden jedoch nur bei Aktionen <strong>ein</strong>gesetzt die <strong>ein</strong>e aktive<br />

Selbstbeherrschung verlangen. (vgl. Baumeister 2004, S. 86) Zum Beispiel, wenn <strong>ein</strong>e<br />

Person sich verbietet mehr Süßigkeiten zu essen, o<strong>der</strong> nicht noch <strong>ein</strong>e Zigarette zu<br />

rauchen. Das automatische Verhalten ist allerdings nicht auf regulatorische Ressourcen<br />

angewiesen. Somit ist <strong>der</strong> Mensch trotz verbrauchter regulatorischer Ressourcen dazu<br />

in <strong>der</strong> Lage, automatische Reaktionen, wie das Abrufen von Informationen aus dem<br />

Gedächtnis o<strong>der</strong> nichtbewusstes, zielgerichtetes Verhalten ablaufen zu lassen. Nur die<br />

selbstregulierende Leistung ist be<strong>ein</strong>trächtigt, wenn die Ressourcen schwinden. (vgl.<br />

Baumeister 2004, S. 86)<br />

Selbstregulierung und exekutive Funktionen laufen im Alltag sehr häufig ab und<br />

b<strong>ein</strong>halten mehr <strong>als</strong> nur die flexible Informationsverarbeitung.<br />

32


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Das <strong>Selbstregulation</strong>sstärke-Modell sagt diesbezüglich aus, dass regulative Ressourcen<br />

bei <strong>der</strong> aktiven Wahl, <strong>der</strong> ausführenden Handlungen und <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> des<br />

Individuums verwendet werden. (vgl. Baumeister 2004, S. 86)<br />

<strong>Selbstregulation</strong>sressourcen sind ebenso an <strong>der</strong> emotionalen Kontrolle,<br />

zwischenmenschlicher Interaktionen sowie an <strong>der</strong> Impulskontrolle <strong>ein</strong>es Menschen<br />

beteiligt. Das Modell unternimmt hierbei den Versuch, das Selbst in <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> zu lokalisieren. Dabei filtert sich heraus, dass Emotionen und<br />

Gedanken nicht das Selbst an sich sind, wohl aber das Fühlen und Denken. Die<br />

Regulation des Selbst hat dabei immer das Ziel, <strong>ein</strong> gewünschtes Ergebnis zu erreichen,<br />

wie z.B. <strong>ein</strong>e Stimmungserheiterung o<strong>der</strong> die Vermeidung <strong>ein</strong>es unerwünschten<br />

Ergebnisses. (vgl. Baumeister 2004, S. 86)<br />

Das <strong>Selbstregulation</strong>sstärke-Modell bezieht sich auch auf, die Hemmung interner<br />

verfügbarer Ressourcen, <strong>der</strong> Überschreibung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Antwortenän<strong>der</strong>ung, die während<br />

psychologischer Prozesse, <strong>der</strong> Gewohnheit o<strong>der</strong> des Drucks <strong>ein</strong>er Situation entstehen<br />

können. Dabei stützt sie sich auf begrenzte und erschöpfbare Ressourcen des<br />

Menschen. (vgl. Baumeister 2004, S. 86) Ist das menschliche „Ich“ erschöpft, sind<br />

<strong>Selbstregulation</strong>sfehler wahrsch<strong>ein</strong>licher. Während <strong>ein</strong>er öffentlichen Rede s<strong>ein</strong>e<br />

zitternde Stimme unter Kontrolle zu halten, gestaltet sich mit <strong>ein</strong>em erschöpften „Ich“<br />

erheblich schwieriger. Hierbei wird deutlich, dass die selbstregulatorischen Ressourcen<br />

für alle Arten von Handlungen von großer Bedeutung sind. Damit ist nicht nur die<br />

emotionale Regulation und die Impulskontrolle gem<strong>ein</strong>t, son<strong>der</strong>n auch die exekutiven<br />

Funktionen. Sie sind für die aktive Entscheidungskontrolle, <strong>der</strong> Aufgabenvermittlung<br />

und das Lösen von komplexen Aufgaben zuständig und benötigen dabei die<br />

Unterstützung von regulatorischen Rücklagen. Der unabhängige Bereich dieser<br />

Ressourcen deutet auf <strong>ein</strong>e wichtige Beziehung zwischen den unterschiedlichen Formen<br />

<strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> und den exekutiven Funktionen hin. Das Unterdrücken von<br />

bestimmten Handlungen be<strong>ein</strong>trächtigt die nachfolgenden Versuche <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> erheblich. Wenn <strong>ein</strong>e Person z.B. den Impuls unterdrückt Süßigkeiten<br />

zu essen, o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e Zigarette zu rauchen, verbraucht sie dabei Ressourcen und kann<br />

diese dann nicht mehr für die erfolgreiche Aufgabenerledigung nutzen.<br />

33


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Dieser Zustand be<strong>ein</strong>trächtigt sie u.a. dabei <strong>ein</strong>e schwierige Wahl zu treffen. (vgl.<br />

Baumeister 2004, S. 87)<br />

Nach diesem Modell führt <strong>der</strong> Abbau von regulatorischen Ressourcen in praktisch jede<br />

Richtung dazu, dass die nachfolgende <strong>Selbstregulation</strong> sowie die exekutiven<br />

Funktionen anfälliger für Fehler werden. Dabei spielt die Form <strong>der</strong> regulativen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung k<strong>ein</strong>e Rolle. Das <strong>Selbstregulation</strong>sstärke-Modell unterscheidet sich<br />

von an<strong>der</strong>en Modellen <strong>der</strong> Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeitsmodelle beschäftigen<br />

sich typischerweise mit den kognitiven Defiziten <strong>ein</strong>es Menschen, wie die doppelte<br />

Aufgabenverarbeitung und die kognitive Belastung in Situationen. Ist die<br />

Aufmerksamkeit <strong>ein</strong>es Individuums be<strong>ein</strong>trächtigt, leidet die aktuelle Leistung. Wird<br />

<strong>der</strong> Störfaktor umgangen o<strong>der</strong> entfernt, pegelt sich die Aufmerksamkeit wie<strong>der</strong> auf ihre<br />

volle Kapazität <strong>ein</strong>. Im Gegensatz dazu braucht die <strong>Selbstregulation</strong> Zeit und Ruhe um<br />

sich wie<strong>der</strong> komplett aufzufüllen. Die Effekte, die bei <strong>ein</strong>er erschöpften<br />

<strong>Selbstregulation</strong> auftreten, werden in <strong>der</strong> Regel so lange anhalten, bis die<br />

ressourcensaugende Aufgabe beendet ist. Werden bei <strong>ein</strong>er komplexen Aufgabe bereits<br />

<strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Ressourcen <strong>ein</strong>es Individuums verbraucht, hat dieses für die<br />

nachfolgenden Aufgaben nicht mehr genügend Ressourcen übrig, um diese erfolgreich<br />

zu lösen. Dies ist <strong>der</strong> Fall, wenn <strong>ein</strong> Mensch mehrere Aufgaben versucht auf <strong>ein</strong>mal zu<br />

lösen. Baumeister stellte fest, dass sich die <strong>Selbstregulation</strong> von <strong>der</strong> Aufmerksamkeit<br />

unterscheidet, weil sie nicht den gleichen Mustern zu folgen sch<strong>ein</strong>t. (vgl. Baumeister<br />

2004, S. 87)<br />

Ein Gedanke, wie dieses Modell zu s<strong>ein</strong>em Namen gekommen ist, dass die<br />

<strong>Selbstregulation</strong> wie Stärke bzw. Kraft agiert. Strengt sich <strong>ein</strong> Mensch an, so ist die<br />

Kraft bzw. Stärke zunächst hoch. Im weiteren Verlauf nimmt sie jedoch ab, bis sie<br />

letztlich völlig erschöpft ist und die Person dann <strong>ein</strong>e Regenerationsphase benötigt.<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> Stärke deutet darauf hin, dass anfängliche Regulationsversuche aus<br />

<strong>ein</strong>em erschöpften „Ich“ resultieren und somit nachteilige Konsequenzen für weitere<br />

Handlungen, die auf begrenzte Ressourcen basieren, zieht.<br />

34


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Demzufolge würde sich die <strong>Selbstregulation</strong> über mehrere auf<strong>ein</strong>an<strong>der</strong>folgende<br />

Versuche immer weiter verschlechtern. Um erfolgreich bei <strong>der</strong> Bewältigung von<br />

komplexen Aufgaben zu s<strong>ein</strong>, erfor<strong>der</strong>t es <strong>ein</strong>e ausgewogene <strong>Selbstregulation</strong>sbasis von<br />

Augenblick zu Augenblick und von Tag zu Tag. (vgl. Baumeister 2004, S. 88)<br />

4.3 Die <strong>Selbstregulation</strong>stheorie nach Kuhl<br />

Die Theorie <strong>der</strong> gelernten Hilflosigkeit von Seligman (1975) stellt die Behauptung auf,<br />

dass Menschen auf <strong>ein</strong>e Folge von mehreren Misserfolgen mit <strong>ein</strong>er Art Resignation<br />

reagieren und das Gefühl haben, das Geschehene nicht mehr be<strong>ein</strong>flussen zu können.<br />

Sie verlieren die Lust weiterzumachen und ihre Aufmerksamkeit weiter auf das bereits<br />

zum Scheitern verurteilte Handeln zu legen. Kuhl zweifelt an dieser Theorie. Menschen<br />

die <strong>ein</strong>e Reihe von Misserfolgen miterleben mussten, befinden sich s<strong>ein</strong>er Ansicht nach<br />

eher in <strong>ein</strong>er Phase des Nachdenkens, Grübelns o<strong>der</strong> Zweifelns. Sie werden durch<br />

dieses Verhalten meist so abgelenkt, dass sie nicht mehr dazu in <strong>der</strong> Lage sind,<br />

hun<strong>der</strong>tprozentige Leistungen zu erbringen. Durch das Nachdenken und Grübeln<br />

kommt es zu Situationen, in denen das Individuum von störenden Gedanken befallen<br />

und somit die Verhaltensroutine unterbrochen wird. Dieser Zustand motiviert den<br />

Menschen noch mehr, dieses Ärgernis zu beseitigen. Kuhl bezeichnet dieses paradoxe<br />

Zusammenspiel von erhöhter Motivation und gleichzeitiger Leistungsstörung, <strong>als</strong><br />

funktionale Hilflosigkeit. Diese ist in verschiedenen Gradstufen <strong>ein</strong>zuteilen, denn je<strong>der</strong><br />

Mensch neigt in <strong>ein</strong>er an<strong>der</strong>en Stärke dazu funktional hilflos zu werden. Personen, die<br />

zu <strong>ein</strong>em solchen abwartenden Grübeln neigen, nennt Kuhl „lageorientiert“. Diese<br />

Individuen neigen dazu Gedanken lange nachzuhängen o<strong>der</strong> länger zu zögern <strong>als</strong><br />

an<strong>der</strong>e, wenn es darum geht etwas endlich in Angriff zu nehmen. Sie wechseln dabei<br />

meist unbeständig zwischen unterschiedlichen Aktivitäten hin und her. (vgl. Schwarzer<br />

1993, S. 226)<br />

35


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Die Theorie <strong>der</strong> Lageorientierung spielt auch in <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> <strong>ein</strong>e<br />

Rolle. Kuhl unterscheidet in s<strong>ein</strong>er <strong>Selbstregulation</strong>stheorie zwischen <strong>Selbstregulation</strong><br />

und Selbstkontrolle. Selbstkontrolle muss <strong>ein</strong> Mensch zum Beispiel aufbringen, wenn<br />

er sich dazu entschieden hat den Frühjahrsputz zu machen aber große Mühe aufbringen<br />

muss, dieses Vorhaben auch in die Tat umzusetzen. Überwindung bedeutet auch immer<br />

<strong>ein</strong>en inneren Konflikt zu erleben. Muss die Person sich allerdings nicht zu solchen<br />

Vorhaben überwinden, befindet sie sich in <strong>ein</strong>er Art Fließgleichgewicht. Dieser Zustand<br />

wird eher <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> zugeschrieben. (vgl. Schwarzer 1993, S. 227)<br />

Für <strong>ein</strong> besseres Verständnis <strong>der</strong> beiden psychischen Subsysteme unterscheidet Kuhl<br />

zwischen <strong>der</strong> holistischen und <strong>der</strong> analytischen Darstellungsweise. Ganzheitliches<br />

Wissen kann <strong>als</strong> <strong>ein</strong> „im Gefühl haben“ gesehen werden. In vielen Fällen ist<br />

Wissensreichtum ganzheitlich (holistisch) repräsentiert, im Gegenteil zur impliziten<br />

o<strong>der</strong> analytischen Darstellungsweise. Eine logische Denkweise, bei <strong>der</strong> sich die Person<br />

<strong>der</strong> Sprache o<strong>der</strong> Symbolik bedient und sich für ihre Ziele anstrengt ist <strong>ein</strong> Merkmal des<br />

analytischen Modus des Erkennens und Verarbeitens. Begreift <strong>ein</strong> Mensch jedoch eher<br />

auf <strong>der</strong> Gefühlsbasis und denkt ohne Symbole, befindet er sich auf <strong>der</strong> holistischen<br />

Modusebene. Personen die sich in diesem Modus befinden zeichnen sich unter an<strong>der</strong>em<br />

dadurch aus, dass sie Erfahrungen langsam verarbeiten, dafür aber Muster und<br />

Ereignisse schnell wie<strong>der</strong>erkennen. Sie nehmen fast beiläufig wissen auf und<br />

integrieren dies in ihrem Gedächtnis. Beide Formate können somit auf ihre eigene<br />

Weise zu <strong>ein</strong>er Affektauslösung beitragen, weil auf <strong>der</strong> <strong>ein</strong>en Ebene ganz an<strong>der</strong>e<br />

Lernerfahrungen im Leben gemacht wurden <strong>als</strong> auf <strong>der</strong> andren. Kuhl führt hierfür das<br />

Wissen über die Risikofaktoren des Rauchens an. Ein Raucher weiß auf <strong>der</strong><br />

analytischen Ebene, dass s<strong>ein</strong> Verhalten gesundheitsschädlich ist. Während dieser<br />

Situation denkt er länger über s<strong>ein</strong> Verhalten nach und verspürt dann <strong>ein</strong>e negative<br />

Gemütsbewegung. Stärkere positive Affekte erlebt <strong>der</strong> Mensch dann, wenn die<br />

holistisch repräsentierten Erfahrungen mit dem Rauchverhalten gleichzeitig mit<br />

positiven Gefühlsregungen, wie z. B. <strong>ein</strong>em Gem<strong>ein</strong>schaftsgefühl, Gemütlichkeit o<strong>der</strong><br />

Entspannung assoziiert werden. Der Wechsel zwischen beiden Ebenen beruht jedoch<br />

nicht auf r<strong>ein</strong>em Zufall. (vgl. Schwarzer 1993, S. 227)<br />

36


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Diese Theorie unterstützt das Verständnis, wenn es darum geht zwischen<br />

<strong>Selbstregulation</strong> und Selbstkontrolle zu unterscheiden. Eine Art Überwachungssystem<br />

steuert die analytischen und holistischen Modi. Währens <strong>der</strong> Selbstkontrolle empfängt<br />

das Überwachungssystem analytische Signale. Zum Beispiel besteht <strong>der</strong> Wunsch,<br />

endlich für <strong>ein</strong>en Test zu lernen o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e schriftliche Arbeit zu Ende zu bringen aber<br />

gleichzeitig besteht auch <strong>der</strong> Wunsch, sich in die Sonne zu legen o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e Party zu<br />

besuchen. In diesem Fall stehen beide Wünsche in <strong>ein</strong>em Konflikt zu<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> und <strong>ein</strong><br />

negativer Affekt folgt. (vgl. Schwarzer 1993, S. 228)<br />

Jetzt liegt es am Überwachungssystem, die nötige Stärke aufzubringen und <strong>ein</strong>e<br />

Strategie aufzurufen, die es ermöglicht die störenden Gefühle zu kontrollieren und auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite dafür zu sorgen, dass die Handlung auch wirklich gegen den<br />

Wi<strong>der</strong>stand ausgeführt wird. Dazu nutzt <strong>der</strong> Mensch dann Strategien, die sich bereits in<br />

<strong>der</strong> Vergangenheit bewährt haben. Um den negativen Affekt unter Kontrolle zu halten<br />

stellt die Person sich <strong>ein</strong>e spätere Belohnung für ihre Mühen in Aussicht.<br />

Selbstkontrolle findet <strong>als</strong>o eher <strong>ein</strong>seitig auf analytischer Ebene statt. (vgl. Schwarzer<br />

1993, S. 228)<br />

Dagegen beruht die <strong>Selbstregulation</strong> sowohl auf dem analytischen wie auch dem<br />

holistischen Verarbeitungsmodi. Es besteht dabei <strong>ein</strong> gleichzeitiger Kontrollfluss in<br />

beide Richtungen. Allerdings ist auch nicht auszuschließen, dass Konflikte auftauchen<br />

können. Diese sind aber durch die Anwendung von bestimmten Strategien schnell zu<br />

beseitigen. Auch während <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> treten unterschiedliche Affekte auf. Auf<br />

analytischer Ebene finden sich zum Beispiel Argumente, die <strong>ein</strong>e Handlungsausführung<br />

verhin<strong>der</strong>n können. Ein Student, <strong>der</strong> an s<strong>ein</strong>er Hausarbeit schreiben will, wird dann zum<br />

Beispiel immer wie<strong>der</strong> von <strong>ein</strong>em Fernsehfilm abgelenkt. Ein Fließgleichgewicht<br />

zwischen beiden Verarbeitungsmodi führt letztlich dazu, dass diese Affektdiskrepanz<br />

überwunden wird und die Person sich auf ihr eigentliches Vorhaben konzentrieren<br />

kann. Um die Ausführungswahrsch<strong>ein</strong>lichkeit zu erhöhen könnte sich die Person auf<br />

strategische Weise (holistisch) motivieren, indem sie sich vorstellt, wie befriedigend es<br />

ist, wenn die Arbeit fertig geschrieben ist.<br />

37


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite hat die Person allerdings auch die Möglichkeit diese Intention<br />

(analytisch) zu deaktivieren und sich voll und ganz <strong>der</strong> Alternativhandlung hinzugeben.<br />

Bei <strong>der</strong> Selbstkontrolle stehen diese beiden Subsysteme in Konflikt zu<strong>ein</strong>an<strong>der</strong>. Sie ist<br />

eher mit Strategien verbunden, die die bestehenden Unstimmigkeiten aufrechterhalten.<br />

Die <strong>Selbstregulation</strong> zeichnet sich im Gegensatz dazu durch Konfliktreduzierung aus.<br />

(vgl. Schwarzer 1993, S. 228)<br />

Die Theorie <strong>der</strong> Lageorientierung ist ebenfalls <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong>stheorie<br />

untergeordnet und befasst sich vor<strong>der</strong>gründig mit den individuellen Unterschieden im<br />

Unvermögen <strong>ein</strong>es Menschen, selbstgewählte Intentionen in ausgeführte Aktionen<br />

umzusetzen und diese dann trotz auftretenden Wi<strong>der</strong>stands weiter aufrecht zu erhalten.<br />

(vgl. Schwarzer 1993, S. 229)<br />

Der gegensätzliche Part zur Lageorientierung ist die Handlungsorientierung. An<br />

bestimmten Eigenschaften lassen sich diese beiden Arten unterscheiden. Die Neigung<br />

dazu, gedanklich vor<strong>ein</strong>genommen o<strong>der</strong> besorgt zu s<strong>ein</strong>, länger über <strong>ein</strong>e Sache zu<br />

grübeln anstatt endlich zu <strong>ein</strong>em Entschluss zu kommen und diesen dann auszuführen,<br />

ist <strong>ein</strong> Merkmal <strong>der</strong> Lageorientierung. Handlungsorientierte besitzen hingegen die<br />

Fähigkeit des rechtzeitigen Lösens von bestimmten Unternehmungen, die auf lange<br />

Sicht wenig erfolgversprechend sind. (vgl. Schwarzer 1993, S. 229) Auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />

Entscheidungs- und Handlungsplanung variiert das Verhalten zwischen Zögern und<br />

Initiative. Lageorientierte Menschen neigen dazu, sich schwer entscheiden zu können<br />

und nicht so schnell zu <strong>ein</strong>er Ausführungsintention zu gelangen, während<br />

handlungsorientierte Personen zügig dabei vorgehen, Entscheidungen zu treffen und die<br />

Initiative zu ergreifen. Eine Person die Ausdauer beweist, wenn es darum geht <strong>ein</strong>e<br />

Aufgabe zu bearbeiten, dabei immer bei <strong>der</strong> Sache bleibt und sich durch abschweifende<br />

Gedanken nicht ablenken lässt, ist handlungsorientiert. Diese Menschen gehen in ihrer<br />

Tätigkeit auf und fühlen sich bei dem was sie tun wohl. Ein Mensch <strong>der</strong> hingegen<br />

ständig von <strong>ein</strong>er Aufgabe zur nächsten springt, mal hier mal dort <strong>ein</strong>e Tätigkeit ausübt<br />

und vor lauter Betriebsamkeit nicht mehr dazu in <strong>der</strong> Lage ist, sich tiefer in <strong>ein</strong>e Sache<br />

her<strong>ein</strong> zu denken, ist eher lageorientiert. Diese Eigenschaft wird auch <strong>als</strong> Aktionismus<br />

bezeichnet.<br />

38


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Drängen sich unkontrollierbare Gedanken auf und hin<strong>der</strong>n den Menschen daran <strong>ein</strong>er<br />

Intention nachzugehen, indem sie ihn zum Grübeln o<strong>der</strong> aufgeben verleiten, hat das<br />

negative Konsequenzen. (vgl. Schwarzer 1993, S. 230) Die <strong>Selbstregulation</strong> wird in<br />

diesem Fall be<strong>ein</strong>trächtigt.<br />

Die Hemmung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> führt dann zu verschiedenen Auswirkungen. Eine<br />

Folge ist das ständige Grübeln (Rumination). Hierbei kommt es zu <strong>ein</strong>er Überaktivität<br />

<strong>der</strong> kognitiven Fähigkeit in Verbindung mit <strong>der</strong> Passivität des Handelns. Gegensätzlich<br />

dazu kann aber auch <strong>ein</strong>e Hyperaktivität auftreten bei <strong>der</strong> die Person beschäftigt von<br />

<strong>ein</strong>er Aufgabe zur nächsten eilt und dabei das gründliche Nachdenken in den<br />

Hintergrund rutscht. Des Weiteren kann es zu <strong>ein</strong>em Leistungsabfall trotz erhöhter<br />

Motivation kommen. (vgl. Schwarzer 1993, S. 231)<br />

Neben <strong>der</strong> Hemmung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> hat <strong>der</strong> Mensch auch die Möglichkeit von<br />

dieser überhaupt k<strong>ein</strong>en Gebrauch zu machen. Dies ist beim Zögern gegenüber <strong>der</strong><br />

Initiativergreifung <strong>der</strong> Fall. Eine Ursache für das Zögern bei Lageorientierten kann<br />

erlebte Langeweile o<strong>der</strong> Eintönigkeit s<strong>ein</strong>. Diese Personen handeln nicht nach ihren<br />

eigenen Intentionen, son<strong>der</strong>n warten ab, bis sie von außen gesteuert werden. Dabei kann<br />

es zusätzlich zum sogenannten Entfremdungseffekt kommen, wonach diese Person sich<br />

nicht dazu aufraffen kann, etwas gegen die Langeweile zu unternehmen und weiter in<br />

dieser Situation verharrt. Eine weitere Folge des Zögerns ist das Nachhängen an<br />

unrealistischen Intentionen und gleichzeitig auftreten<strong>der</strong> Aufmerksamkeitsstörung.<br />

Dieser Zustand tritt oft bei <strong>ein</strong>em Handlungsaufschub <strong>ein</strong>, bei dem <strong>ein</strong>e hohe<br />

Intentionsstärke aufrecht erhalten wird, die nötige Ausführung dieser allerdings<br />

ausbleibt. Ein Mensch <strong>der</strong> zum Beispiel ständig davon redet s<strong>ein</strong>en Artikel zu Ende zu<br />

bringen, es aber nicht tut, zeigt <strong>ein</strong> Symptom <strong>der</strong> Lageorientierung bei <strong>der</strong> die<br />

<strong>Selbstregulation</strong> nicht in Anspruch genommen wird. (vgl. Schwarzer 1993, S. 231)<br />

39


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

4.4 Die <strong>Selbstregulation</strong>stheorie nach Bagozzi<br />

Die Gedanken <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong>stheorie von Bagozzi basieren auf <strong>der</strong><br />

Weiterentwicklung <strong>der</strong> „Theory of Reasoned Action“. Hierbei liegt das<br />

Hauptaugenmerk auf <strong>der</strong> Analyse von kognitiv-emotionalen Zwischenprozessen, die<br />

das Verhalten be<strong>ein</strong>flussen. Die Einstellung zu <strong>ein</strong>er Sache und die subjektive Norm<br />

sind Ausgangsfaktoren für die Entstehung von Intentionen und diese ist <strong>der</strong><br />

ausschlaggebende Punkt für <strong>ein</strong> bestimmtes Verhalten. Hinsichtlich dessen werden die<br />

Fragen aufgeworfen, durch welche psychologischen Abläufe aus <strong>der</strong> Einstellung <strong>ein</strong>es<br />

Menschen sowie <strong>der</strong> subjektiven Norm <strong>ein</strong>e Intention entsteht und wie es anschließend<br />

von dieser zu <strong>ein</strong>em bestimmten Verhalten kommt. (vgl. Schwarzer 1993, S. 218)<br />

Bei den psychologischen Vorgängen handelt es sich jeweils um<br />

<strong>Selbstregulation</strong>svorgänge, die in drei Schritten ablaufen. In erster Instanz wird <strong>ein</strong>e<br />

kognitive Einschätzung <strong>der</strong> Situation vorgenommen. Darauf folgen dann die emotionale<br />

Reaktion und anschließend die Bewältigung des Problems. (vgl. Schwarzer 1993, S.<br />

219)<br />

Zwischen <strong>der</strong> Einstellung und <strong>der</strong> Intention wird <strong>ein</strong>e Beziehung aufgebaut, die auf<br />

<strong>ein</strong>er Folge von erwünschten Zuständen (outcome desire units) basiert. Beispiele hierfür<br />

sind, wenn <strong>ein</strong> Mensch daran denkt sich bestimmte Wünsche zu erfüllen,<br />

unerwünschten Konsequenzen entgegenzuwirken o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>en Konflikt aktiv miterlebt.<br />

All diese Situationen können mit verschiedenen Emotionen, wie z.B. Angst, Freude,<br />

Befriedigung o<strong>der</strong> Hoffnung <strong>ein</strong>hergehen. Dabei ergibt sich dann die Absicht, positive<br />

Situationen aufzusuchen o<strong>der</strong> dem Negativen auszuweichen. (vgl. Schwarzer 1993, S.<br />

219)<br />

40


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Eine Folge von wahrgenommenen Identitätskonsequenzen (outcome identity units) sind<br />

an <strong>der</strong> Beziehungsgestaltung zwischen subjektiver Norm und Intention beteiligt. Bei<br />

diesem Faktor geht es um die kognitive Einschätzung <strong>ein</strong>er Person, welche Handlung<br />

zur Persönlichkeit dieser und zu dessen sozialer Bezugsgruppe passt o<strong>der</strong> eher nicht<br />

geeignet ist. Außerdem befasst sich <strong>der</strong> Mensch damit, welche Gefühle bei ihm selbst<br />

und bei s<strong>ein</strong>en Mitmenschen aus dieser Aktion heraus entstehen und wie er mit diesen<br />

am besten umgehen bzw. sie bewältigen kann. (vgl. Schwarzer 1993, S. 219)<br />

Hat <strong>der</strong> Mensch anschließend <strong>ein</strong>e Zielintention für sich gebildet, entstehen kognitive<br />

Prozesse, die sich mit den Mitteln <strong>der</strong> Realisierung beschäftigen. Eine Person greift<br />

dabei auf <strong>ein</strong> bereits bekanntes Verhalten, welches zum Erfolg geführt hat zurück. Im<br />

Gegensatz dazu kann es aber auch vorkommen, dass die Person k<strong>ein</strong>e Erfahrungen<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Situation hat und daher auch k<strong>ein</strong> bekanntes Verhalten abrufen kann. Ist<br />

dies <strong>der</strong> Fall greift <strong>der</strong> Mensch oft auf die Methoden zurück, die ihm <strong>als</strong> <strong>ein</strong>fachste<br />

vorkommt. Bei <strong>ein</strong>er neuen, komplexen o<strong>der</strong> schwierigen Aufgabe ist das nicht so<br />

<strong>ein</strong>fach. (vgl. Schwarzer 1993, S. 221) Hier ist <strong>ein</strong>e aufwendigere Planung erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Das Abwiegen von verschiedenen Handlungsmöglichkeiten sowie das gedankliche<br />

Durchlaufen dieser, sind Bestandteile dieses Planungsprozesses. Die Person stellt sich<br />

die Frage, ob sie über die nötigen Fähigkeiten verfügt und prüft, ob es Handlungen gibt,<br />

die für die Erreichung des Ziels erfolgversprechend und funktional sind. Bagozzi nennt<br />

dies instrumentelle Überzeugungen (instrumental beliefs). Diese sind identisch mit den<br />

Konsequenzerwartungen (outcome expectancies). Aufgrund dieser kognitiven<br />

Einschätzungen ist <strong>der</strong> Mensch dazu in <strong>der</strong> Lage <strong>ein</strong>e Entscheidung zwischen den<br />

Mitteln zu treffen, die er dann für die Zielerreichung <strong>ein</strong>setzt. Nachdem die persönliche<br />

Wahl dieser getroffen wurde, folgen Ausführungsprozesse wie das Planen, überwachen<br />

und Steuern. Auf <strong>der</strong> Motivationsebene sind für die Handlungsdurchführung die<br />

Willensstärke (Commitment) und die Anstrengung <strong>ein</strong>er Person ausschlaggebend. Die<br />

<strong>Selbstregulation</strong>stheorie von Bagozzi schärft durch das Einbringen von<br />

Zwischenprozessen den Blick für psychologische Mechanismen und erhöht damit die<br />

Erklärungskraft <strong>der</strong> Theory of Reasoned Action. (vgl. Schwarzer 1993, S. 221)<br />

41


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

5. Selbstmanagement-Therapie<br />

5.1 Grundannahmen<br />

Die Selbstmanagement-Therapie wurde von Kanfer et al. entwickelt und setzt<br />

grundlegend bei den <strong>Selbstregulation</strong>sprozessen des Menschen an (vgl. Kanfer et al.<br />

2000, S. 33).<br />

Das Selbstmanagement des Klienten therapeutisch zu för<strong>der</strong>n, bedeutet ihm zu <strong>ein</strong>em<br />

höheren Maß an Autonomie und selbstregulatorischem Verhalten zu verhelfen (vgl.<br />

Kanfer et al. 2000, S. 6). Kanfer et al. gehen davon aus, dass <strong>der</strong> Mensch grundsätzlich<br />

nach <strong>ein</strong>em selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und unabhängigen Leben strebt<br />

(vgl. Kanfer et al. 2000, S. 15) und für gewöhnlich über <strong>ein</strong> Repertoire an alltäglichen<br />

Bewältigungsmöglichkeiten verfügt, die ihm dieses auch ermöglichen (vgl. Kanfer et al.<br />

2000, S. 21). Ist <strong>der</strong> Mensch jedoch mit s<strong>ein</strong>en vorhandenen Möglichkeiten unter den<br />

gegebenen Bedingungen überfor<strong>der</strong>t, könnten therapeutische Interventionen helfen, die<br />

belastende Situation zu bewältigen (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 21). Daher stellen das<br />

Erlangen von Autonomie und <strong>Selbstregulation</strong> grundlegende Ziele <strong>der</strong><br />

Selbstmanagement-Therapie dar (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 15). Dem Klienten sollen<br />

Hilfen bei <strong>der</strong> Entwicklung verschiedener Kompetenzen und Fähigkeiten z.B. zur<br />

Lösung alltäglicher Probleme gegeben werden, sodass <strong>ein</strong> Leben ohne therapeutische<br />

Unterstützung möglich wird (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 6). Die therapeutische<br />

Beziehung strebt demzufolge aus langfristiger Sicht danach, sich selbst aufzulösen und<br />

überflüssig zu machen.<br />

Der therapeutische Ansatz basiert auf <strong>der</strong> Annahme, dass die <strong>Selbstregulation</strong> <strong>ein</strong>e<br />

erlernbare Fähigkeit ist (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 16). In <strong>der</strong> Selbstmanagement-<br />

Therapie steht <strong>der</strong> Therapeut dem Klienten dabei unterstützend zur Seite (vgl. Kanfer et<br />

al. 2000, S. 17).<br />

42


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Dabei achtet <strong>der</strong> Therapeut darauf, die Autonomie des Klienten mit Hilfe des Prinzips<br />

<strong>der</strong> minimalen Intervention optimal zu för<strong>der</strong>n (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 16).<br />

Auf diese Weise wird so wenig wie möglich in den Entwicklungsprozess des Klienten<br />

<strong>ein</strong>gegriffen, sodass er schrittweise lernt, eigenverantwortlich zu entscheiden und zu<br />

handeln (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 16). Der Klient soll dabei lernen, s<strong>ein</strong>en Lebensweg<br />

aktiv zu be<strong>ein</strong>flussen, soweit dies im Rahmen des Möglichen liegt (vgl. Kanfer et al.<br />

2000, S. 15). Wichtiger Bestandteil <strong>der</strong> therapeutischen Anleitung ist die Abkehr von<br />

Eingeschliffenem zugunsten <strong>ein</strong>es größtmöglichen Maßes an persönlicher Freiheit (vgl.<br />

Kanfer et al. 2000, S. 16). Dabei spielen die individuellen Zielvorstellungen des<br />

Klienten <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle. Diese werden von Therapeut und Klient<br />

gem<strong>ein</strong>schaftlich erarbeitet. Bei <strong>der</strong> Zielformulierung gilt neben <strong>der</strong> ganzheitlichen<br />

Betrachtungsweise <strong>der</strong> Person (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 17) auch das Prinzip des<br />

vorsichtigen Optimismus. Der Therapeut geht grundlegend von <strong>ein</strong>em<br />

Verbesserungspotential des Klienten aus, achtet aber gleichzeitig auf realistische<br />

Zielsetzungen. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 16)<br />

Zum grundlegenden Verständnis dieses Therapieansatzes gehört die Vorstellung des<br />

menschlichen Verhaltens <strong>als</strong> System. Die systembezogene Betrachtungsweise stellt<br />

dabei den meta-theoretischen Hintergrund <strong>der</strong> therapeutischen Arbeit dar. (vgl. Kanfer<br />

et al. 2000, S. 22) Systeme „…stellen hypothetische Konstrukte und Hilfsmittel für das<br />

(aktive) Erkennen von Mustern, Strukturen und Zusammenhängen in <strong>ein</strong>er komplexen<br />

und dynamischen Umgebung dar. Genaugenommen heißt das, daß […] Wissenschaftler<br />

bzw. Therapeuten so tun, <strong>als</strong> ob die Welt <strong>ein</strong> System wäre.“ (Kanfer et al. 2000, S. 23)<br />

Bedeutende Schlüsselwörter sind hierbei Komplexität und Dynamik. Diese sollen <strong>als</strong><br />

wesentliche Merkmale des Lebens auch in <strong>der</strong> therapeutischen Arbeitsweise<br />

berücksichtigt werden. Demzufolge findet zum <strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>e Abkehr von monokausalen<br />

Betrachtungsweisen zugunsten <strong>ein</strong>er Multikausalität statt, die die Vielfältigkeit und<br />

Wechselseitigkeit menschlicher Probleme anerkennt. Zum an<strong>der</strong>en werden menschliche<br />

Probleme und Ziele nicht <strong>als</strong> Konstanten betrachtet, son<strong>der</strong>n <strong>als</strong> etwas, dass im Laufe<br />

<strong>der</strong> Zeit <strong>ein</strong>er Vielzahl von Verän<strong>der</strong>ungen unterlegen s<strong>ein</strong> kann. (vgl. Kanfer et al.<br />

2000, S. 23)<br />

43


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Dies erfor<strong>der</strong>t unter Umständen, dass <strong>der</strong> Therapeut flexibel auf diese Verän<strong>der</strong>ungen<br />

reagiert und den Therapieverlauf entsprechend ausrichtet (vgl. Kanfer et al. 2000, S.<br />

16). Der Therapeut nutzt in diesem komplexen und dynamischen Behandlungsverlauf<br />

bestimmte Theorien, die s<strong>ein</strong>e Wahrnehmung und damit Neutralität be<strong>ein</strong>flussen, aber<br />

wichtige Orientierungspunkte darstellen. Er begreift sich selbst im therapeutischen<br />

Prozess <strong>als</strong> <strong>ein</strong> Teil des Systems, wodurch <strong>ein</strong>e wechselseitige Be<strong>ein</strong>flussung zwischen<br />

Therapeut und Klient unumgänglich ist. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 23f)<br />

Kanfer et al. vertreten die Ansicht <strong>ein</strong>es ganzheitlichen Person-Modell (vgl. Kanfer et<br />

al. 2000, S. 16). Entscheidende Einflussgrößen für das menschliche Verhalten sind nach<br />

diesem Modell drei Variablenbereiche: Alpha-, Beta- und Gamma-Variablen. Sie<br />

können <strong>als</strong> Determinanten für das menschliche Verhalten verstanden werden, da ihr<br />

Zusammenspiel dieses entscheidend be<strong>ein</strong>flusst. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 28)<br />

Unter dem Begriff Alpha-Variablen werden solche Einflussgrößen zusammengefasst,<br />

die von außen auf den Menschen <strong>ein</strong>wirken. Dabei handelt es sich um Reize aus <strong>der</strong><br />

physikalischen und/ o<strong>der</strong> soziokulturellen Umwelt des Individuums. (vgl. Kanfer et al.<br />

2000, S. 28) Beta-Variablen weisen <strong>ein</strong>e größere Unabhängigkeit gegenüber externen<br />

Bedingungen auf. Hierbei handelt es sich um Prozesse, die im Inneren des Menschen<br />

ablaufen wie Denken, Planen und Entscheidungsfindung. Sie werden vom Individuum<br />

selbst bewirkt und bleiben auch ohne äußere Einwirkungen dauerhaft erhalten. Häufig<br />

sind die Verhaltensweisen Resultat <strong>der</strong> individuellen Sozialisation und des<br />

individuellen Kontakts mit <strong>der</strong> jeweiligen Umwelt. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 28f)<br />

Gamma-Variablen beziehen sich auf die Genetik und Biologie des Menschen.<br />

Eingeschlossen sind beispielsweise Einflüsse durch Wahrnehmungsvorgänge sowie<br />

motorische Funktionen. Diese im Organismus ablaufenden Ereignisse können unter<br />

Umständen Einfluss auf kognitive Prozesse haben wie etwa Schmerzreize im Falle<br />

<strong>ein</strong>er organischen Schädigung. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 29)<br />

Menschliche Verhaltensweisen entstehen <strong>als</strong> Produkt <strong>der</strong> genannten Variablenbereiche.<br />

Dabei resultieren sie nicht aus <strong>ein</strong>er Variablen all<strong>ein</strong>, son<strong>der</strong>n sind durch verschiedene<br />

Variablen zur gleichen Zeit determiniert.<br />

44


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Alpha-, Beta- und Gamma-Variablen wirken stets auf<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> und auf das Individuum<br />

<strong>ein</strong>. Verhaltensbestimmend ist dabei vor allem in welchem Maß diese Einfluss auf die<br />

Person in <strong>der</strong> jeweiligen Situation haben. Der Therapeut hebt die Variablen, die für<br />

Problematik des Klienten beson<strong>der</strong>s prägend zu s<strong>ein</strong> sch<strong>ein</strong>en aus dem Kontext heraus,<br />

verliert das System <strong>als</strong> Ganzes dabei jedoch nicht aus den Augen. (vgl. Kanfer et al.<br />

2000, S. 30f)<br />

5.2 <strong>Selbstregulation</strong>smodell<br />

Der Ansatz <strong>der</strong> Selbstmanagement- Therapie basiert grundlegend auf den Kenntnissen<br />

über <strong>Selbstregulation</strong>sprozesse. Diese lassen sich den Beta-Variablen zuordnen, werden<br />

aber von Alpha- und Gamma-Variablen be<strong>ein</strong>flusst. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 33)<br />

Nach Kanfer et al. zeigt <strong>ein</strong> Individuum vor allem dann selbstregulatorisches Verhalten,<br />

wenn es s<strong>ein</strong>e Aufmerksamkeit auf das eigene Verhalten lenkt, um es hinsichtlich<br />

bestimmter Zielvorstellungen zu steuern. Dies ist beson<strong>der</strong>s dann möglich, wenn<br />

Alpha- und Gamma-Variablen weniger dominant sind und in den Hintergrund treten.<br />

(vgl. Kanfer et al. 2000, S. 34) „<strong>Selbstregulation</strong> setzt immer dann <strong>ein</strong>, wenn <strong>ein</strong><br />

gewohnter Verhaltensfluß unterbrochen wird; <strong>ein</strong>e solche Unterbrechung kann viele<br />

Gründe haben, z.B. plötzliche Hin<strong>der</strong>nisse bei <strong>der</strong> Verfolgung bisheriger Interessen,<br />

Unsicherheit <strong>der</strong> Person über den nächsten Schritt in <strong>der</strong> Verhaltenskette, Konflikte<br />

zwischen mehreren Verhaltensweisen o<strong>der</strong> Schwierigkeiten beim Erreichen <strong>ein</strong>es<br />

angestrebten Zieles aufgrund fehlen<strong>der</strong> Verhaltenskompetenzen.<br />

<strong>Selbstregulation</strong>sverhalten setzt kontinuierliche Aufmerksamkeit auf das eigene<br />

Verhalten, auf die Verhaltensprodukte und auf externe Ereignisse voraus.“ (Kanfer et<br />

al. 2000, S. 34) Anhand dessen wird deutlich, dass <strong>Selbstregulation</strong> immer im<br />

Zusammenhang mit kognitiven Abläufen steht, welche <strong>als</strong> kontrollierte<br />

Informationsverarbeitung bezeichnet werden. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 34) Dem<br />

gegenüber steht die automatisierte Informationsverarbeitung.<br />

45


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Eine Vielzahl von Automatismen erleichtert dem Menschen die Bewältigung s<strong>ein</strong>es<br />

Alltags und ermöglicht es, mehreren Beschäftigungen gleichzeitig nachgehen zu<br />

können. Sie schaffen Routine und haben damit <strong>ein</strong>en positiven Nutzen für die<br />

Menschheit. Problematisch kann die automatisierte Informationsverarbeitung bei<br />

Verhaltensstörungen s<strong>ein</strong> z.B. bei Alkohol- o<strong>der</strong> Drogenkonsum. Diese automatisch<br />

ablaufenden Verhaltensmuster müssen dem Klienten in <strong>der</strong> Therapie bewusst gemacht<br />

und mit Hilfe <strong>der</strong> kontrollierten Informationsverarbeitung aufgehoben werden. Hierzu<br />

sind die Aktivierung von <strong>Selbstregulation</strong>sprozessen und <strong>ein</strong> hohes Maß an<br />

Aufmerksamkeit und Energie notwendig. Dies bedeutet, dass <strong>der</strong> Klient das neue<br />

Verhalten zunächst erlernen und <strong>ein</strong>üben muss, bevor es automatisiert ablaufen kann.<br />

Dies schließt auch diesbezüglich die gleichzeitige Beschäftigung mit mehreren<br />

Aktivitäten vorübergehend aus. Sind die neuen Verhaltensweisen automatisiert, wurden<br />

die pathogenen Automatismen aufgehoben und das Ziel somit erreicht. (vgl. Kanfer et<br />

al. 2000, S. 35f)<br />

Die theoretischen Modelle zur <strong>Selbstregulation</strong>, die Kanfer et al. ihrem therapeutischen<br />

Ansatz zugrunde legen, wurden bereits mehrere Male überarbeitet und dabei im Laufe<br />

<strong>der</strong> Zeit immer komplexer (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 36).<br />

Ausgangspunkt war zunächst das in <strong>der</strong> Verhaltenstherapie verbreitete klassische<br />

lineare Modell (Abb. 3). Hauptbestandteile dieses Modells sind <strong>der</strong> Stimulus, die<br />

Reaktion und die daraus folgende Konsequenz. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 36)<br />

Zwischen Stimulus und Reaktion ist die Variable des Organismus geschaltet, wodurch<br />

die individuellen Bedingungen zur Auslösung <strong>ein</strong>er Reaktion mit berücksichtigt<br />

werden. Zwischen <strong>der</strong> Reaktion und <strong>der</strong> Konsequenz besteht <strong>ein</strong> Kontingenzverhältnis.<br />

Dieses Verhältnis gibt an, in welchem Verhältnis <strong>ein</strong>e Konsequenz auf <strong>ein</strong> bestimmtes<br />

Verhalten folgt. (vgl. Jungnitsch 2009, S. 75)<br />

46


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Abb. 3: Lineares Modell (aus Kanfer et al. 2000, S. 37)<br />

Auf <strong>der</strong> Basis dieses Modells entwickelte Kanfer zunächst <strong>ein</strong> lineares<br />

<strong>Selbstregulation</strong>smodell. Dieses b<strong>ein</strong>haltet zusätzlich zum klassischen Modell die drei<br />

Bestandteile Selbstbeobachtung, Selbstbewertung und Selbstverstärkung (Abb. 4).<br />

Während <strong>der</strong> Selbstbeobachtung richtet das Individuum s<strong>ein</strong>e Aufmerksamkeit auf die<br />

ablaufenden Handlungen. Anschließend findet die Selbstbewertung statt, d.h. das<br />

Individuum stellt Vergleiche zwischen diesen Handlungen und bestimmten Standards<br />

an. Bei <strong>der</strong> darauffolgenden Selbstverstärkung führt das Verhalten schließlich zu<br />

positiven bzw. negativen Konsequenzen. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 37f)<br />

Abb. 4: Lineares <strong>Selbstregulation</strong>smodell (aus Kanfer et al. 2000, S. 38)<br />

Dieses Modell kann <strong>als</strong> Grundmodell betrachtet werden, das anschließend<br />

weiterentwickelt wurde. Zunächst ging man zu <strong>ein</strong>em nonlinearen Modell über, dem<br />

<strong>ein</strong>e Feedforward-Schleife und zwei Feedback-Schleifen hinzugefügt wurden (Abb. 5).<br />

47


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Im ersten Feedback wird <strong>ein</strong> Vergleich zwischen <strong>der</strong> Handlung und bestimmten<br />

Standards angestellt. Das zweite Feedback orientiert sich an den gegebenen<br />

Handlungskonsequenzen im Vergleich zu den zuvor erwarteten Konsequenzen und<br />

kann somit korrigierend wirken. Die Feedforward-Schleife bezieht sich auf gemachte<br />

Erfahrungen des Individuums, die <strong>ein</strong>serseits Einfluss auf die Wahrnehmung haben und<br />

an<strong>der</strong>erseits bestimmte Erwartungen entstehen lassen.(vgl. Kanfer et al. 2000, S. 38f)<br />

Abb. 5: Nonlineares <strong>Selbstregulation</strong>smodell (aus Kanfer et al. 2000, S. 38)<br />

In <strong>ein</strong>er folgenden Weiterentwicklung ging man zu <strong>ein</strong>em dynamischen<br />

<strong>Selbstregulation</strong>smodell über, in welchem zusätzlich die Alpha-, Beta- und Gamma-<br />

Variablen <strong>ein</strong>gebaut wurden (Abb. 6). (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 39)<br />

Abb. 6: Dynamisches Sebstregulationsmodell (aus Kanfer et al. 2000, S. 39)<br />

48


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Im Laufe <strong>der</strong> Zeit wurden den <strong>Selbstregulation</strong>smodellen stetig mehr Variablen<br />

hinzugefügt (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 41). Damit wird „[…] versucht, <strong>der</strong><br />

Komplexität und Vielschichtigkeit <strong>der</strong> menschlichen Existenz insofern gerecht zu<br />

werden, <strong>als</strong> die Bedeutung <strong>der</strong> multiplen Regulation des Verhaltens anerkannt wird.“<br />

(Kanfer et al. 2000, S. 41) Die Abb. 7 gibt <strong>ein</strong>en Vorstellung von dieser beschriebenen<br />

Komplexität (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 41).<br />

Abb. 7: Komplexes <strong>Selbstregulation</strong>smodell (aus Kanfer 1987, S. 293/296)<br />

Als Spezialfall von <strong>Selbstregulation</strong> bezeichnen Kanfer et al. die Selbstkontrolle.<br />

Charakteristisches Merkmal <strong>der</strong> Selbstkontrolle ist die Konflikthaftigkeit <strong>der</strong><br />

vorhandenen Verhaltensalternativen. Diesbezüglich werden zwei Grundmuster<br />

unterschieden. Zum <strong>ein</strong>em verlockenden Reizen zu wi<strong>der</strong>stehen und zum an<strong>der</strong>en das<br />

Aushalten <strong>ein</strong>er unliebsamen Situation. Das Wi<strong>der</strong>stehen des Reizes bedeutet zwar den<br />

Verzicht auf <strong>ein</strong>en positiven Verstärker, führt aber aus langfristiger Sicht zu <strong>ein</strong>em<br />

positiven Ergebnis. Ein Beispiel hierfür könnte <strong>der</strong> Verzicht auf Genussmittel aus<br />

gesundheitlichen Gründen s<strong>ein</strong>. Das zweite Grundmuster ist ähnlich: Hält des<br />

Individuum die aversive Situation kurzzeitig aus, kann es damit langfristig <strong>ein</strong> positives<br />

Ergebnis erzielen. Dies könnte beispielsweise das Schreiben <strong>ein</strong>er angstbeladenen<br />

Prüfung s<strong>ein</strong>, um langfristig den angestrebten Abschluss zu erreichen. (vgl. Kanfer et al.<br />

2000, S. 41)<br />

49


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Neben <strong>der</strong> Unterscheidung nach Grundmustern können Situationen, in denen<br />

selbstkonrolliertes Verhalten ausgelöst wird, auch anhand ihrer zeitlichen Ausdehnung<br />

unterschieden werden.<br />

Man differenziert hier zwischen <strong>ein</strong>em bestimmten Entscheidungspunkt (decisional<br />

self-control) und <strong>der</strong> dauerhaften Selbstkontrolle (protaced self-control). Der<br />

Unterschied besteht darin, dass nach dem Entscheidungspunkt k<strong>ein</strong><br />

selbstkontrollierendes Verhalten mehr notwendig ist, während das Individuum bei<br />

dauerhafter Selbstkontrolle auch längerfristig <strong>ein</strong>em Reiz wi<strong>der</strong>stehen o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e<br />

aversive Situation ertragen muss. Dies erfor<strong>der</strong>t in <strong>der</strong> Regel <strong>ein</strong>e große Anstrengung.<br />

Kanfer et al. betonen, dass ihr Verständnis von Selbstkontrolle k<strong>ein</strong>er<br />

Charaktereigenschaft gleich kommt, son<strong>der</strong>n <strong>ein</strong> Handlungsmerkmal in <strong>ein</strong>er<br />

bestimmten Situation darstellt (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 42)<br />

An <strong>ein</strong>em konkreten Beispiel lässt sich selbstkontrollierendes Verhalten wie folgt<br />

definieren: „Man spricht dann davon, daß <strong>ein</strong>e Person Selbstkontrolle (kontrollierende<br />

Reaktion) über ihr Zigarettenrauchen ausübt, wenn sie trotz <strong>der</strong> ständigen Versuchung<br />

zum Rauchen (=Konflikt) abstinent bleibt. Bei <strong>ein</strong>em Nichtraucher würde man beim<br />

Ablehnen <strong>ein</strong>er Zigarette deswegen nicht von Selbstkontrolle sprechen, weil für diesen<br />

das Merkmal des Konfliktes nicht vorhanden ist.“ (Kanfer et al. 2000, S. 42)<br />

Die Auslösung des selbstkontrollierenden Verhaltens wird vom Individuum selbst<br />

veranlasst. Dabei spielen innere Prozesse <strong>ein</strong>e große Rolle. Externe Einflüsse sind in<br />

<strong>der</strong> Regel zu Beginn noch nebensächlich und gewinnen erst an Bedeutung, wenn das<br />

Selbstkontrolle-Verhalten langfristig aufrecht erhalten wird.<br />

Eine grundlegende Vorstellung des Selbstmanagement-Therapieansatzes ist, dass <strong>der</strong><br />

Klient selbstregulatorisches und selbstkontrollierendes Verhalten erlernen kann. Dafür<br />

muss <strong>der</strong> Klient sowohl bei <strong>der</strong> Zielsetzung <strong>als</strong> auch im weiteren Therapieverlauf aktiv<br />

mitarbeiten. Die gem<strong>ein</strong>sam formulierten Ziele sollten positiv und konkret formuliert<br />

sowie realisierbar s<strong>ein</strong>. Diese Aspekte sind entscheidend für die Motivation des<br />

Klienten und damit für den Behandlungserfolg. Im Mittelpunkt <strong>der</strong> therapeutischen<br />

Arbeit steht nicht das Verstehen des Vergangenem, son<strong>der</strong>n die Verbesserung <strong>der</strong><br />

zukünftigen Situation des Klienten.<br />

50


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Er soll ihm nicht vor<strong>der</strong>gründig dabei geholfen werden zu begreifen was war, son<strong>der</strong>n<br />

dabei s<strong>ein</strong> zukünftiges Leben besser meistern können. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 43f)<br />

5.3 Sieben-Phasen-Modell<br />

Die Selbstmanagement-Therapie verläuft in sieben Stufen. Diese werden aus<br />

theoretischer Sicht <strong>der</strong> Reihe nach durchlaufen. In <strong>der</strong> praktischen Umsetzung ist dies<br />

nicht immer <strong>der</strong> Fall. Häufig ist im therapeutischen Prozess notwendig, bereits passierte<br />

Phasen erneut zu durchlaufen, da bestimmte Phasenziele nicht erreicht wurden. (vgl.<br />

Kanfer et al. 138)<br />

Die erste Phase stellt die Eingangsphase dar. In dieser geht es zunächst um den<br />

therapeutischen Rahmen sowie die Therapeut-Klient-Beziehung. Diese müssen <strong>ein</strong><br />

Bündnis <strong>ein</strong>gehen, in dem sie kooperativ und effektiv an <strong>der</strong> vorliegenden Problematik<br />

arbeiten können. Dabei kommt es zu <strong>ein</strong>er bestimmten Rollenverteilung: Der Therapeut<br />

nimmt die Rolle des professionellen Helfers <strong>ein</strong>. Die Rolle des Klienten zeichnet sich<br />

durch Eigenaktivität und Verantwortung aus. Weiterhin wird das therapeutische Setting<br />

besprochen. Hierbei werden unter an<strong>der</strong>em externe und organisatorische<br />

Therapieschwerpunkte thematisiert. (vgl. Kanfer et al. 2000, S.138)<br />

In <strong>der</strong> zweiten Phase geht es vor allem darum zu motivieren. Der Klient soll aus s<strong>ein</strong>er<br />

lethargischen Haltung befreit werden. An die Stelle von Entmutigung und Resignation<br />

soll Än<strong>der</strong>ungsmotivation treten. Dies versucht <strong>der</strong> Therapeut zu erreichen, indem<br />

vorläufige Än<strong>der</strong>ungsbereiche ausgewählt werden und er auf die positiven Effekte<br />

<strong>der</strong>artiger Verän<strong>der</strong>ungen aufmerksam macht. Die Herstellung <strong>der</strong><br />

Än<strong>der</strong>ungsmotivation bei dem Klienten stellt <strong>ein</strong>en wesentlichen Schritt <strong>der</strong><br />

Selbstmanagement-Therapie dar, weil sie die Voraussetzung für das erfolgreiche<br />

Voranschreiten in die folgenden Phasen ist. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 138f)<br />

In <strong>der</strong> dritten Phase geht es nun darum, das Verhalten des Klienten zu analysieren und<br />

aus den erhaltenen Ergebnissen <strong>ein</strong> funktionales Bedingungsmodell zu erstellen.<br />

51


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Dafür werden zunächst die bereits ausgewählten Än<strong>der</strong>ungsbereiche und die darin<br />

enthaltenen Probleme vorerst genauer definiert. Weiterhin wird das Verhalten des<br />

Klienten in Hinblick auf die jeweilige Situation und den jeweiligen Kontext analysiert.<br />

Bei <strong>der</strong> situativen Analyse erforscht <strong>der</strong> Therapeut unter an<strong>der</strong>em wie das<br />

problematische Verhalten entstanden ist und in welcher Weise <strong>der</strong> Klient dem bereits<br />

entgegenwirken wollte. Die kontextuelle Analyse gibt dem Therapeuten beispielsweise<br />

Auskunft darüber, ob und wie das problematische Verhalten von an<strong>der</strong>en Personen o<strong>der</strong><br />

persönlichen Zielen und Plänen be<strong>ein</strong>flusst wird. Das aus diesen verschiedenen<br />

Informationen zusammengestellte Bedingungsmodell dient dem Therapeuten <strong>als</strong><br />

Orientierung, da er daraus schließen kann, wodurch die Probleme bedingt sind und was<br />

verän<strong>der</strong>t werden muss. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 140)<br />

In <strong>der</strong> vierten Phase werden die therapeutischen Ziele besprochen und festgelegt.<br />

Wichtig ist hierbei, dass die Therapieziele mit den Lebenszielen des Klienten konform<br />

gehen. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 141)<br />

Anhand <strong>der</strong> erhaltenen Informationen erfolgt in <strong>der</strong> fünften Phase die Therapieplanung.<br />

Hierfür werden an die Problematik des Klienten angepasste Methoden ausgewählt und<br />

anschließend in die Tat umgesetzt. (vgl. Kanfer et al. 2000, S. 141)<br />

Für <strong>ein</strong>e erfolgreiche Durchführung ist <strong>ein</strong>e fortwährende Evaluation <strong>der</strong><br />

therapeutischen Fortschritte notwendig. Diese findet in <strong>der</strong> sechsten Phase <strong>der</strong><br />

Selbstmanagement-Therapie statt. Durch <strong>ein</strong>e wie<strong>der</strong>holte Beurteilung <strong>der</strong><br />

therapeutischen Effekte können mögliche Fehler entdeckt und korrigiert werden. Dies<br />

bedeutet häufig, dass frühere Phasen erneut durchlaufen werden müssen. (vgl. Kanfer et<br />

al. 2000, S. 141)<br />

Die siebte Phase ist die Endphase und damit <strong>der</strong> Abschluss <strong>der</strong> therapeutischen<br />

Behandlung. Der Klient sollte nun über Selbstmanagement-Kompetenzen verfügen und<br />

zu <strong>ein</strong>em eigenständigeren Leben fähig s<strong>ein</strong>. Im Mittelpunkt <strong>der</strong> letzten Phase steht<br />

neben <strong>der</strong> Optimierung <strong>der</strong> therapeutischen Erfolge die Rückfallprophylaxe <strong>als</strong><br />

Vorbereitung des Klienten auf das Leben nach <strong>der</strong> Therapie. (vgl. Kanfer et al. 2000, S.<br />

142)<br />

52


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

An den beschriebenen Phasen kann sich <strong>der</strong> Therapeut im Therapieverlauf orientieren.<br />

Sie stellen Problemlöseschritte dar und sind rekursiv angelegt d.h. <strong>ein</strong>e Rückkehr zu<br />

früheren Phasen ist trotz gegebener Reihenfolge möglich. Sind die Ziele <strong>ein</strong>er Phase<br />

erreicht, können Therapeut und Klient zum nächsten Schritt übergeben. (vgl. Kanfer et<br />

al. 2000, S. 142f)<br />

Eine Phase kann Erhaltungs- und Vorbereitungsziele b<strong>ein</strong>halten. Erhaltungsziele<br />

standen in früheren Phasen im Mittelpunkt <strong>der</strong> therapeutischen Arbeit und wurden in<br />

spätere Phasen übernommen. Vorbereitungsziele werden erst in folgenden Phasen<br />

Schwerpunkt s<strong>ein</strong>, jedoch ist <strong>ein</strong>e Vorbereitung darauf notwendig. Anhand dessen wird<br />

deutlich, dass in <strong>der</strong> Selbstmanagement-Therapie an mehreren Zielen gleichzeitig<br />

gearbeitet wird. Sie stellt daher <strong>ein</strong> Mehrfachhandlungsmodell dar. (vgl. Kanfer et al.<br />

2000, S. 143)<br />

53


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

6. Das Autonomietraining<br />

6.1 Grundannahmen<br />

Eine Methode die <strong>der</strong> Mensch zur Verbesserung <strong>der</strong> eigenen <strong>Selbstregulation</strong> nutzen<br />

kann ist das Autonomietraining. Es hilft ihm dabei, bestimmte Stresssituationen besser<br />

zu bewältigen. Dies geschieht durch das Erlernen von neuen, oft kreativen<br />

Verhaltensweisen. Durch das Erlernen und entwickeln dieser, stellt das Individuum<br />

neue Bedingungen und Zustände her, die dann zu neuen Einsichten, Reaktionen,<br />

Erleben und Gefühlen führen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 47) Der Entwickler des<br />

Trainings ist Ronald Grossarth-Maticek.<br />

Die Grundannahme des Autonomietrainings ist es, dass <strong>ein</strong> Mensch nicht nur <strong>ein</strong>e<br />

Verhaltensalternative und Motivation besitzt, son<strong>der</strong>n mehrere. Diese können<br />

entgegengesetzt wirken und schließen sich in manchen Fällen auch gegenseitig aus. Die<br />

verschiedenen Verhaltensweisen können sich manchmal nur in winzigen Teilen<br />

von<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> unterscheiden aber somit <strong>ein</strong>e völlig an<strong>der</strong>e Wirkung erzielen. Menschen<br />

denen alternative Verhaltensweisen fehlen, neigen oft zu problematischen Verhalten,<br />

wie z.B. erhöhtem Alkohol- o<strong>der</strong> starkem Nikotinkonsum. Aus den Beobachtungen des<br />

Autonomietrainings stellt sich heraus, dass <strong>der</strong> Mensch <strong>ein</strong> Lust, Wohlbefinden und<br />

inneres Gleichgewicht suchendes Lebewesen ist und somit immer auf die Befriedigung<br />

<strong>der</strong> eigenen Bedürfnisse ausgerichtet. Mit diesem Verhalten versucht er die Spannung<br />

zwischen dem Ist- und <strong>ein</strong>em erstrebten Zustand zu erreichen. Eine zentrale Rolle<br />

spielen dabei die Bedürfnisse die <strong>ein</strong>e große gefühlsmäßige Bedeutung für das<br />

Individuum haben. Werden diese auf längere Zeit nicht befriedigt, können<br />

unterschiedlich stark ausgeprägte negative Erlebnisse und Symptome, wie<br />

Hoffnungslosigkeit, Überreizung und auch <strong>ein</strong>e Depression auftreten.<br />

54


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Mit dem Autonomietraining wird <strong>der</strong> Versuch unternommen, irrationale<br />

Realisierungserwartungen in Bezug auf nicht erreichbare Bedürfnisbefriedigungen<br />

abzubauen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 155) Es schafft neue Bedingungen, die<br />

dem Menschen dabei behilflich sind, s<strong>ein</strong>e innere Balance, die Lust und das<br />

Wohlbefinden wie<strong>der</strong> zurück zu erlangen. Das Autonomietraining sieht den Menschen<br />

<strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>maliges, sich kurzfristig und langfristig selbstregulierendes Lebewesen, dass<br />

dazu in <strong>der</strong> Lage ist, individuelle, spezifische Bedürfnisse und Zielsetzungen zu<br />

entwickeln. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 155) Der Versuch s<strong>ein</strong>e Bedürfnisse zu<br />

befriedigen gelingt dem Individuum dabei nicht immer, da es sich oft in den gewählten<br />

Verhaltensweisen täuscht, um s<strong>ein</strong>e Erwartungen, Wohlbefinden und Sicherheit zu<br />

erlangen. Dabei agiert <strong>der</strong> Mensch häufig emotionsgesteuert und wirft dabei schon mal<br />

s<strong>ein</strong>e Prinzipien und guten Vorsätze über den Haufen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S.<br />

155)<br />

Das Autonomietraining kann dabei behilflich s<strong>ein</strong>, für jeden Menschen spezifische, auf<br />

ihn ausgerichtete Verhaltensalternativen zu entwickeln, von denen mehr Wohlbefinden<br />

und <strong>ein</strong>e Stärkung des inneren Gleichgewichts erwartet werden. Des Weiteren werden<br />

innerhalb dieser Trainingsmethode die Ressourcen, die Motive und die Fähigkeiten <strong>der</strong><br />

Person angeregt und stabilisiert. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 155)<br />

6.2 Ablauf und Zielsetzung<br />

Ein guter Autonomietrainer zeichnet sich dadurch aus, dass er selbst hochmotiviert ist,<br />

Wohlbefinden, Lust und Sicherheit zu erreichen. Nur dieser Zustand ermöglicht es ihm<br />

diese Ziele bei den Menschen im Training sensibel anzuregen. Während s<strong>ein</strong>er<br />

Ausbildung wird er dahingehend geschult, die eigene Selbstständigkeit sowie die selbst<br />

regulierende Autonomie s<strong>ein</strong>er Schüler während des Trainings nicht aufzugeben.<br />

55


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Dies würde sich zum Beispiel darin zeigen, dass <strong>der</strong> Trainer <strong>ein</strong>e übertriebene<br />

Helferhaltung entwickelt. Der Lehrende bringt während des Ablaufs s<strong>ein</strong>e eigenen<br />

Erfahrungen und s<strong>ein</strong>e Persönlichkeit mit <strong>ein</strong>. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 155)<br />

Diese Art des Trainings ist hauptsächlich auf kurze Interventionen ausgerichtet und<br />

dauert nur in Ausnahmefällen länger <strong>als</strong> <strong>ein</strong>e Sitzung. Es ist sehr gut für Personen<br />

geeignet, die bereits seit <strong>ein</strong>iger Zeit <strong>ein</strong> Problem mit sich tragen, welches sie nicht im<br />

Stande sind durch <strong>ein</strong> geeignetes Alternativverhalten zu lösen. (vgl. Grossarth-Maticek<br />

2000, S. 155) Ein Beispiel kann hierfür <strong>ein</strong> Mensch mit Nikotinsucht s<strong>ein</strong>, <strong>der</strong> seit<br />

Jahren erfolglos versucht mit dem Rauchen aufzuhören, es aber von selbst nicht schafft,<br />

weil ihm die nötige Handlungsalternative dazu fehlt.<br />

Um die Interventionsmaßnahmen zu entwickeln wird auf bestimmte Prozeduren<br />

zurückgegriffen. Diese Trainingsmethode kann individuell gestaltet, <strong>als</strong> <strong>ein</strong> Training in<br />

<strong>der</strong> Gruppe o<strong>der</strong> in <strong>ein</strong>er schriftlichen Beratungsform absolviert werden. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 160) Die Person die das Training beginnt, stellt ihr Problem<br />

vor, jedoch nur soweit, wie sie motiviert ist. Durch bestimmte Fragen seitens des<br />

Therapeuten wird die problemlösende Eigenaktivität des Menschen angeregt. Der<br />

Trainer kann zum Beispiel Fragen über negativ o<strong>der</strong> positiv erlebte Gefühle in diesem<br />

Zustand stellen. Auch die Frage nach <strong>der</strong> Vorgehensweise die, das Wohlbefinden<br />

verbessern soll, ist <strong>ein</strong>e Möglichkeit. In dem Moment, wo die Person nicht weiter weiß,<br />

hat <strong>der</strong> Therapeut die Aufgabe, fragend verschiedene Veraltensalternativen für die<br />

Person zu entwickeln. Der Trainer konzipiert dabei neue Bedingungen, die darauf<br />

ausgerichtet sind, die Ziele <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> zu stärken. In je<strong>der</strong> Phase des Trainings<br />

werden die Teilnehmer über den Sinn und die Absichten des Autonomietrainings<br />

aufgeklärt, so dass <strong>ein</strong>e Zusammenarbeit mit den Lernenden auch vom Lustmotiv<br />

getragen wird. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 156)<br />

56


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Die gesamte Gesprächsführung des Verfahrens ist darauf ausgerichtet, alternative<br />

Verhaltensweisen zu finden, die es dem Menschen ermöglichen, s<strong>ein</strong>e Bedürfnisse aktiv<br />

zu äußern, diese anschließend auch zu befriedigen und damit <strong>ein</strong>e Steigerung des<br />

Wohlbefindens zu erreichen. Während des Gesprächs findet <strong>ein</strong>e Analyse statt. Diese<br />

stützt sich auf <strong>der</strong> vom Klienten wahrgenommenen Struktur <strong>der</strong> Umwelt, <strong>der</strong><br />

Verhaltensfunktion sowie den erlebten Emotionen, positiver o<strong>der</strong> negativer Natur.<br />

Außerdem orientiert sie sich zusätzlich an den wahrgenommenen Problemen und<br />

Konflikten. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 161)<br />

Die Art des Verhaltens wird dahingehend analysiert, inwieweit die Person mit ihrem<br />

Verhalten Schuldgefühle kompensiert o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e lustvolle Befriedigung erreicht. Zur<br />

Orientierung bildet <strong>der</strong> Trainer während des Gesprächs Hypothesen, die im Normalfall<br />

dem Teilnehmer zum Zwecke <strong>der</strong> eigenen Beurteilung mitgeteilt werden. Dadurch<br />

findet <strong>ein</strong>e Einbeziehung des Klienten in den therapeutischen Prozess statt. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 161) Anschließend können folgende auf dem Vorgespräch<br />

basierende Trainingsschritte unternommen werden: Der Trainer stellt immer wie<strong>der</strong><br />

Fragen zu den eigenen Alternativen und Methoden und versucht dadurch die<br />

Eigenkompetenz und Eigeninitiative des Teilnehmers zu stärken. Weiter stellt er<br />

alternative Verhaltensweis- und Interpretationsweisen dar, indem er z.B. konkrete<br />

Vorschläge gibt o<strong>der</strong> abstrakte Beispiele benutzt. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 170)<br />

Der Therapeut hilft bei <strong>der</strong> Bedürfnisbefriedigung bisher nicht befriedigter Bedürfnisse,<br />

indem er dem Klienten <strong>ein</strong>e hohe Anerkennung <strong>der</strong> neuen Verhaltensweisen zollt und<br />

stellt neue Reizkonstellationen her, die das Alternativverhalten zusätzlich anregen. Des<br />

Weiteren werden individuelle Fähigkeiten, wie die <strong>der</strong> Selbstbeobachtung angeregt,<br />

welche <strong>ein</strong>en Grundbaust<strong>ein</strong> für die weitere Entwicklung <strong>der</strong> Eigenaktivität bildet. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 171)<br />

Durch das Autonomietraining sollen alternative Verhaltensweisen mit positiven Folgen<br />

angeregt und problematisches Verhalten mit negativen Folgen abgebaut werden.<br />

57


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Der Mensch soll s<strong>ein</strong>e Flexibilität bei <strong>der</strong> Eigenaktivierung erwünschter Zustände<br />

erhöhen und Ursachen, die für die Hemmung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> zuständig sind, sollen<br />

vermin<strong>der</strong>t werden. Die Teilnehmer sollen ihr autonomes Verhalten gegenüber<br />

Annahmen und Erwartungen von außen verbessern.<br />

Für die Erreichung diese Ziele ist es wichtig zu wissen, warum <strong>ein</strong> Mensch fehlerlernte<br />

Verhaltensweisen aufrecht erhält und wie Verhaltensalternativen mit positiven Folgen<br />

erreicht werden können. Ein Beispiel für <strong>ein</strong> fehlerlerntes Verhalten mit negativ<br />

erlebten und objektiv feststellbaren negativen Folgen, ist <strong>ein</strong>e Person, die übermäßig<br />

viel und ungesund isst. Sie zeichnet sich meist dadurch aus, dass sie nicht dazu in <strong>der</strong><br />

Lage ist, ihren Appetit zu zügeln, obwohl sie von Tag zu Tag an Gewicht und<br />

Körperumfang zunimmt, sich unwohl fühlt und durch ihr Verhalten das Risiko für<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen vergrößert. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 157) Ein<br />

weiteres Beispiel ist <strong>ein</strong>e Person, die die Trennung <strong>ein</strong>es geliebten Menschen nicht<br />

überwindet und stattdessen ständig in schönen, anregenden Erinnerungen schwelgt.<br />

Weil diese Person das Zielobjekt jedoch nicht erreichen kann, besteht die Gefahr, dass<br />

<strong>ein</strong>e Depression <strong>ein</strong>tritt, welche mit Hoffnungslosigkeit <strong>ein</strong>hergeht. (vgl. Grossarth-<br />

Maticek 2000, S. 158)<br />

Es bestehen ganz unterschiedliche Gründe, warum <strong>ein</strong>ige Menschen ihr fehlerlerntes<br />

Verhalten aufrechterhalten und nicht dazu in <strong>der</strong> Lage sind, <strong>ein</strong>e meist offensichtliche<br />

Alternative anzuwenden. Ein Grund kann das Fehlen <strong>ein</strong>er erlernten und<br />

ausformulierten Alternative s<strong>ein</strong>. Hier wie<strong>der</strong>holt die Person <strong>ein</strong>e negative<br />

Verhaltensweise aufgrund dessen, weil sie nie <strong>ein</strong>e an<strong>der</strong>e bessere Alternativhandlung<br />

erlernt hat um <strong>ein</strong>e bestimmte Situation bewältigen zu können. Dass sich die bereits<br />

erwähnte Person fettreich und ungesund ernährt kann <strong>als</strong>o damit zusammen hängen,<br />

dass sie nie gelernt hat auf die Produkte zu achten, die sie zu sich nimmt und sich<br />

gesund zu ernähren. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 158)<br />

58


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Eine weitere Ursache findet sich in den unbefriedigten Bedürfnissen. Diese führen<br />

dazu, dass die Person versucht sie symbolisch zu befriedigen. Erfährt <strong>ein</strong> Mensch<br />

während s<strong>ein</strong>er Kindheit Abweisung durch <strong>ein</strong> Elternteil, kann es im Erwachsenenalter<br />

dazu kommen, dass diese Person versucht durch übermäßig passives und abhängiges<br />

Verhalten, Annerkennung und Liebe zu erreichen. Meist wird aber <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong><br />

Abweisung durch <strong>ein</strong> solches Verhalten nur wie<strong>der</strong>holt. Es ist allerdings auch möglich,<br />

dass <strong>ein</strong> Alternativverhalten mit positiven Folgen bereits ausgebildet wurde, aber<br />

aufgrund <strong>ein</strong>er fehlenden Bedingung nicht angeregt und ausgelöst wurde. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 158) Das Autonomietraining kann <strong>ein</strong>e gute Hilfe dabei<br />

s<strong>ein</strong>, neue Verbindungen zwischen solchen problematischen und den alternativen<br />

Verhalten herzustellen.<br />

Das Training befasst sich dabei mit <strong>der</strong> Herstellung von neuen Reizkonstellationen, die<br />

<strong>ein</strong> alternatives Verhalten auslösen können, wirkt unterstützend bei <strong>der</strong><br />

Bedürfnisbefriedigung und verfolgt dabei das Ziel problematisches Verhalten<br />

abzubauen und neue Möglichkeiten für <strong>ein</strong> Alternativverhalten zu schaffen. Außerdem<br />

werden neue Sicht- und Interpretationsweisen stimuliert. Das Autonomietraining<br />

berücksichtigt dabei die Individualität <strong>ein</strong>es Menschen. Diese zeigt sich u.a. in <strong>der</strong> Art,<br />

wie <strong>ein</strong>e Person auf bestimmte Situationen und Bedingungen reagiert, sich in diesen<br />

verhält und diese interpretiert. Hierbei zeigt sich, dass verschiedene Menschen über<br />

ganz unterschiedliche Wege ihr Alternativverhalten erreichen. So kann es zum Beispiel<br />

vorkommen, dass <strong>ein</strong> Klient <strong>ein</strong> alternatives, problemlösendes Verhalten in wenigen<br />

Trainingsstunden erlernt und <strong>ein</strong> an<strong>der</strong>er Jahre braucht um diese Stufe <strong>der</strong><br />

<strong>Selbstregulation</strong> zu erreichen. Oft durchschreitet so <strong>ein</strong>e Person Zeiten des Versuchs<br />

und Irrtums, des Erfolgs und Misserfolgs und spürt dabei immer wie<strong>der</strong> die negativen<br />

Konsequenzen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 159)<br />

Innerhalb des Autonomietrainings werden die Ziele nicht beliebig definiert, son<strong>der</strong>n<br />

individuell auf den Teilnehmer abgestimmt. Die Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> und<br />

somit zur Herstellung von anhaltenden Wohlbefinden und innerem Gleichgewicht ist<br />

ausschlaggebend für die Gesundheit bis ins hohe Alter.<br />

59


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Somit ist das Autonomietraining <strong>ein</strong> idealer Grundbaust<strong>ein</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong>. Allerdings<br />

darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das subjektive Gefühl und die persönliche<br />

Zielsetzung <strong>ein</strong>es Menschen dabei <strong>ein</strong>en erheblichen Einflussfaktor trägt. Ebenso<br />

wichtig sind die persönliche Kompetenz und die eigene Kontrollfähigkeit. Der<br />

Autonomietrainer sollte es daher möglichst vermeiden, s<strong>ein</strong>em Klienten<br />

vorzuschreiben, was für ihn wichtig o<strong>der</strong> nicht wichtig ist. Vielmehr geht für ihn darum<br />

zu verstehen, in welche Richtung <strong>der</strong> Klient s<strong>ein</strong>e individuelle <strong>Selbstregulation</strong>,<br />

Eigenkompetenz, Zielsetzung und Entwicklung anstrebt. Das hilft beim Abbau von<br />

Verhaltensweisen, die vom Teilnehmer selbst <strong>als</strong> eher störend wahrgenommen werden<br />

und för<strong>der</strong>t gleichzeitig den Aufbau von <strong>ein</strong>em Verhalten, welches das Individuum<br />

innerlich bereits anstrebt, aber noch nicht verwirklichen kann. Dabei kann es<br />

vorkommen, dass es dem Menschen nicht möglich ist, <strong>ein</strong>deutige Alternativen zu<br />

formulieren. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 159)<br />

Dieser Zustand wird innerhalb des Trainings völlig akzeptiert. In diesem Fall wird das<br />

Alternativverhalten nur soweit angeregt, wie <strong>der</strong> Klient dazu bereit ist. Ein Misserfolg<br />

des Autonomietrainings bleibt somit aus. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 159)<br />

Während <strong>der</strong> Gesprächsführung geht <strong>der</strong> Trainer nicht nur auf die individuelle Situation<br />

<strong>der</strong> Person <strong>ein</strong>, son<strong>der</strong>n er bezieht auch ihre Integration ins soziale und familiäre<br />

System mit <strong>ein</strong>. Hierbei nimmt er wie<strong>der</strong> Bezug zu den Konsequenzen und das erlebte<br />

Wohlbefinden. Es ist möglich, dass auch Partner o<strong>der</strong> Familienmitglie<strong>der</strong> am Training<br />

teilnehmen, wenn es sich für die Entwicklung des Klienten <strong>als</strong> hilfreich erweist. Die<br />

Herausbildung von alternativen Verhaltensweisen kann in unterschiedlichen sozialen<br />

Systembeziehungen entwe<strong>der</strong> erfolgreich o<strong>der</strong> gehemmt s<strong>ein</strong>. Zum Beispiel kann <strong>ein</strong><br />

Familienmitglied entwe<strong>der</strong> die Entwicklung von alternativen Verhaltensweisen, die zu<br />

mehr Wohlbefinden führen unterstützen und sich so selbst mit in den Lernprozess<br />

integrieren o<strong>der</strong> diese hemmen, weil die Sorge <strong>der</strong> Vernachlässigung besteht. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 163)<br />

60


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Die Therapie kann dann <strong>als</strong> erfolgreich angesehen werden, wenn das aktivierte,<br />

alternative Verhalten bei dem Teilnehmer zu mehr erlebten Wohlbefinden führt, <strong>als</strong> das<br />

alte problematische Verhalten. Misserfolge hingegen sind z.B. dann zu erwarten, wenn<br />

sich für die Person emotional wichtige Personen den neuen Verhaltensweisen<br />

entgegenstellen und zusätzlich mit angstbetonten Konsequenzen drohen (Trennung,<br />

Scheidung etc.) Ist die Person wenig bereit <strong>ein</strong> alternatives Verhalten anzustreben und<br />

sich <strong>ein</strong>zugestehen, dass das gezeigte Verhalten bereits negative Auswirkungen zeigt,<br />

ist <strong>ein</strong> Misserfolg sehr wahrsch<strong>ein</strong>lich. Ebenso spielen bestimmte<br />

Persönlichkeitseigenschaften bei <strong>der</strong> Erfolgswahrsch<strong>ein</strong>lichkeit <strong>ein</strong>e erhebliche Rolle.<br />

So haben zum Beispiel Menschen mit <strong>ein</strong>er kognitiven und emotional guten<br />

Vorstellungskraft bessere Erfolgsaussichten, <strong>als</strong> Personen bei denen diese Eigenschaft<br />

weniger stark ausgeprägt ist. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 163)<br />

Das Training wurde bereits bei Spitzensportlern, bei Menschen mit ausgeprägten<br />

physischen Risikofaktoren, z.B. für Krebs- o<strong>der</strong> Herz-Kreislauf-Erkrankungen und<br />

ebenso bei Krebspatienten selbst und Patienten die unter <strong>ein</strong>er chronischen Krankheit<br />

leiden <strong>ein</strong>gesetzt. Das Ziel bestand darin, das Wohlbefinden zu verbessern und somit<br />

<strong>ein</strong>e allgem<strong>ein</strong>e psychophysiologische Stabilisierung zu erreichen. Anschließende<br />

Analysen brachten bei 40% <strong>der</strong> Teilnehmer zum Vorsch<strong>ein</strong>, dass sie dazu in <strong>der</strong> Lage<br />

waren, ihr Wohlbefinden aktiv zu verbessern und somit <strong>ein</strong>en besseren<br />

Krankheitsverlauf aufwiesen. Zusätzlich litten sie seltener an <strong>ein</strong>er chronischen<br />

Krankheit. Dadurch zeigt sich das die Stimulierung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> durch das<br />

Autonomietraining auch <strong>ein</strong>e hervorragende Methode für die primäre und sekundäre<br />

<strong>Prävention</strong> chronischer Erkrankungen ist. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 160)<br />

61


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

7. Stress und <strong>Selbstregulation</strong><br />

7.1 Transaktionale Definition<br />

Stress ist zum Bestandteil des alltäglichen Lebens geworden. Niemand kann von sich<br />

behaupten, völlig stressfrei zu s<strong>ein</strong>. Für <strong>ein</strong>ige Menschen ist dies mit gesundheitlichen<br />

Problemen verbunden, während an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>rum wi<strong>der</strong>standsfähiger zu s<strong>ein</strong> sch<strong>ein</strong>en.<br />

Der Unterschied zwischen diesen Menschen ist nicht <strong>der</strong> Stress selbst, dem sie<br />

ausgesetzt sind, son<strong>der</strong>n die Art und Weise, wie sie damit umgehen. Dabei spielen die<br />

individuellen selbstregulatorischen Fähigkeiten <strong>ein</strong>e große Rolle.<br />

Stress ist mittlerweile <strong>ein</strong> viel diskutiertes Phänomen in den Wissenschaften. Daher<br />

existiert bereits <strong>ein</strong>e Vielzahl unterschiedlicher Definitionen des Stressbegriffs. (vgl.<br />

Eppel 2007, S. 2) Dabei können drei wesentliche Ansätze unterschieden werden: die<br />

Reaktionsdefinition, die Stimulusdefinition sowie die transaktionale Definition.<br />

Berühmter Vertreter <strong>der</strong> Reaktionsdefinition ist Hans Seyle. Er beschrieb die Vorgänge<br />

im Organismus beim Kontakt mit <strong>ein</strong>em Stressor, bekannt unter dem Begriff<br />

Stressreaktion. Dabei ließ er auslösende Faktoren noch gänzlich außer Acht. Die<br />

Stimulusdefinition wie<strong>der</strong>rum beschreibt den Stressbegriff hauptsächlich aus externer<br />

Sicht. Die transaktionale Sicht dagegen berücksichtigt beide Faktoren <strong>der</strong><br />

Stressentstehung. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 54)<br />

Zum Verständnis des Phänomens Stress wird im Folgenden die transaktionale<br />

Sichtweise näher erläutert, da in ihr sowohl externe <strong>als</strong> auch interne Bedingungen <strong>der</strong><br />

Stressentstehung berücksichtigt werden. Das transaktionale Modell nach dem<br />

amerikanischen Psychologen Richard S. Lazarus ist „[…] seit mehreren Jahrzehnten<br />

wahrsch<strong>ein</strong>lich die <strong>ein</strong>flussreichste und meistzitierte Stresstheorie in <strong>der</strong> Psychologie.“<br />

(Knoll et al. 2005, S. 98) Zur damaligen Zeit wurde <strong>der</strong> Person selbst im<br />

Stressgeschehen noch zu wenig Bedeutung beigemessen (vgl. Knoll et al. 2005, S. 98).<br />

62


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Mit <strong>der</strong> Entwicklung dieser Theorie im Jahre 1974 beschritt Lazarus daher neue Wege<br />

in <strong>der</strong> Stressforschung (vgl. Baum 2003, S. 15).<br />

Grundlegende Annahmen dieses Modells sind, dass Stress <strong>als</strong> Prozess abläuft (vgl.<br />

Eppel 2007, S. 18) und im Rahmen von Transaktionen zwischen Mensch und Umwelt<br />

entsteht (vgl. Kaluza 1996, S. 27).<br />

Nach den Annahmen des Modells finden zwischen Mensch und Umwelt ständige<br />

Wechselwirkungen statt (vgl. Kaluza 1996, S. 27). Stress entsteht dann, wenn dieses<br />

Zusammenspiel aus dem Gleichgewicht gerät (vgl. Baum 2003, S. 15). Das ist dann <strong>der</strong><br />

Fall, wenn die Umweltbedingungen und ihre Anfor<strong>der</strong>ungen nicht o<strong>der</strong> nur schwer mit<br />

den Routinehandlungen, Möglichkeiten, Vorstellungen und Bedürfnissen des Menschen<br />

ver<strong>ein</strong>bar sind (vgl. Eppel 2007, S. 12). Um das Ungleichgewicht zu korrigieren,<br />

bedient sich <strong>der</strong> Mensch verschiedener Bewältigungsstrategien, die im transaktionalen<br />

Modell <strong>als</strong> Coping bezeichnet werden und in unterschiedlicher Weise verlaufen können<br />

(vgl. Kaluza 1996, S. 31ff).<br />

Der prozesshafte Charakter <strong>der</strong> Stressentstehung wird anhand <strong>der</strong> ablaufenden<br />

Bewertungen, Bewältigungsversuche und Neubewertungen deutlich (vgl. Eppel 2007,<br />

S. 18). Bewertungsprozesse stellen dabei <strong>ein</strong>en entscheidenden Part in <strong>der</strong><br />

Stressentstehung dar (vgl. Baum 2003, S. 15) und finden statt, wenn Anfor<strong>der</strong>ungen aus<br />

<strong>der</strong> Umwelt an die Person herangetragen werden. Ihr Ablauf b<strong>ein</strong>haltet drei Schritte: die<br />

primäre Bewertung, die sekundäre Bewertung und die Neubewertung. An diesem Punkt<br />

des Prozesses stellt sich heraus, ob <strong>ein</strong> Reiz <strong>als</strong> Stressor empfunden wird o<strong>der</strong> nicht<br />

(vgl. Kaluza 1996, S. 28). Anhand dessen wird deutlich, dass individuelle Faktoren im<br />

Umgang mit Stressoren <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle spielen und Stress <strong>als</strong> etwas<br />

Subjektives betrachtet wird, das nicht objektiv entstehen kann (vgl. Eppel 2007, S. 12).<br />

Die primäre Bewertung wird auch <strong>als</strong> Ereignis<strong>ein</strong>schätzung (vgl. Thivissen 2006, S. 30)<br />

bezeichnet und findet bei Eintreten <strong>ein</strong>er Situation spontan statt (vgl. Eppel 2007, S.<br />

17). Die Person prüft inwieweit die Situation für sie selbst relevant ist (vgl. Lazarus<br />

2005, S. 236). Irrelevantem wird k<strong>ein</strong>e weitere Bedeutung beigemessen (vgl. Baum<br />

2003, S. 17), Relevantes kann <strong>als</strong> positiv o<strong>der</strong> potentiell gefährlich bewertet werden<br />

(vgl. Kaluza 1996, S. 28).<br />

63


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Potentiell gefährliche Situationen haben die Qualitäten <strong>ein</strong>es Stressors und können <strong>ein</strong>e<br />

Schädigung bzw. <strong>ein</strong>en Verlust, <strong>ein</strong>e Bedrohung o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung darstellen<br />

(vgl. Baum 2003, S. 16).<br />

In <strong>der</strong> sekundären Bewertung, auch <strong>als</strong> Ressourcen<strong>ein</strong>schätzung bezeichnet (vgl.<br />

Thivissen 2006, S. 30), betrachtet die Person ihre eigenen Möglichkeiten im Umgang<br />

mit <strong>der</strong> Situation (vgl. Kaluza 1996, S. 29). Es wird geprüft, welche Ressourcen<br />

vorhanden sind und ob sich diese zur Situationsbewältigung eignen (vgl. Lazarus 2005,<br />

S. 238). Nur wenn die eigenen Möglichkeiten <strong>als</strong> nicht ausreichend bewertet werden,<br />

kommt es zu <strong>ein</strong>er Stressreaktion (vgl. Neuhaus 2009, S. 6). Daran wird deutlich, dass<br />

Ressourcen sowie das Vertrauen darin, <strong>ein</strong>en entscheidenden Schutz vor Stress<br />

darstellen können (vgl. Eppel 2007, S. 82f). Durch ausreichende Ressourcen können die<br />

zunächst <strong>als</strong> potentiell gefährlich <strong>ein</strong>geschätzten Situationen <strong>als</strong> angenehm und das<br />

eigene Wohlbefinden för<strong>der</strong>nd erlebt werden (vgl. Lazarus 2005, S. 239). Die<br />

sekundäre Bewertung findet zeitgleich mit <strong>der</strong> primären Bewertung statt, weshalb es zu<br />

<strong>ein</strong>er gegenseitigen Be<strong>ein</strong>flussung kommt (vgl. Eppel 2007, S. 17). Anschließend daran<br />

findet die Neubewertung statt. Hier werden die Bewältigungsversuche hinsichtlich ihrer<br />

Effektivität überprüft. Die aus diesen Bewältigungsversuchen resultierenden<br />

Situationsän<strong>der</strong>ungen werden in <strong>der</strong> primären und sekundären Bewertung erneut<br />

beurteilt. (vgl. Kaluza 1996, S. 31)<br />

Wie bereits erwähnt wird das Bemühen <strong>ein</strong>er Person, <strong>ein</strong>e belastende Situation zu<br />

bewältigen <strong>als</strong> Coping bezeichnet (vgl. Baum 2003, S. 18). Dies umfasst jegliches<br />

Bewältigungsverhalten <strong>der</strong> Person. Eine Einteilung in erfolgreich und erfolglos wird<br />

nicht vorgenommen. (vgl. Eppel 2007, S. 44) Lazarus unterscheidet zwischen zwei<br />

Arten des Copings: instrumentelles (problemorientiertes) und palliatives<br />

(emotionsorientiertes) Coping. Ziel des instrumentellen Copings ist das Wie<strong>der</strong>erlangen<br />

<strong>der</strong> verlorenen Handlungsfähigkeit (vgl. Eppel 2007, S. 48) und damit die Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> belastenden Situation (vgl. Kaluza 1996, S. 32). Palliatives Coping bezieht sich auf<br />

das Wohlbefinden <strong>der</strong> Person (vgl. Eppel 2007, S. 48) und die Auswirkungen <strong>der</strong><br />

Belastung auf <strong>der</strong>en Körper, Gefühle, Gedanken und Verhalten (vgl. Kaluza 1996, S.<br />

32). In <strong>der</strong> Regel werden beide Formen des Copings zur gleichen Zeit genutzt (vgl.<br />

Eppel 2007, S. 48).<br />

64


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

War das Bewältigungsverhalten erfolgreich, so konnte das bestehende Ungleichgewicht<br />

zwischen individuellen Möglichkeiten und situativen Anfor<strong>der</strong>ungen beseitigt werden<br />

(vgl. Eppel 2007, S. 68). Die Auswirkungen des Copings werden in kurzfristige und<br />

langfristige <strong>ein</strong>geteilt und können sehr unterschiedlich s<strong>ein</strong>.<br />

Kurzfristige Auswirkungen beziehen sich direkt auf die belastende Situation. Das kann<br />

beispielsweise die Lösung des vorliegenden Problems o<strong>der</strong> die Min<strong>der</strong>ung negativer<br />

Gefühle s<strong>ein</strong>. Langfristige Auswirkungen b<strong>ein</strong>halten <strong>ein</strong>e dauerhafte Problemlösung<br />

bzw. Steigerung des Wohlbefindens. (vgl. Thivissen 2006, S. 30f)<br />

Stress hat <strong>als</strong>o drei ausschlaggebende Bestandteile:<br />

Auslöser sind die Stressoren, die auf den Menschen <strong>ein</strong>wirken und belastend sind. Das<br />

können unter an<strong>der</strong>em physikalische, soziale o<strong>der</strong> mentale Reize s<strong>ein</strong>. Dabei spielt, wie<br />

beschrieben, die subjektive Bewertung <strong>der</strong> Person <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle. Nicht je<strong>der</strong><br />

Stressor führt <strong>als</strong>o automatisch zur Stressentstehung. Dies ist erst dann <strong>der</strong> Fall, wenn<br />

die Person sich von <strong>der</strong> Situation bedroht fühlt und an <strong>ein</strong>er erfolgreichen Bewältigung<br />

zweifelt. (vgl. Kaluza 2012, S. 7ff)<br />

Zweiter Bestandteil sind die persönlichen Stressverstärker. Diese sind sehr individuell<br />

und bestehen aus persönlichen Motiven, Bewertungen und Einstellungen. Durch sie<br />

wird bestimmt, ob und in welchen Maß Stress entsteht. (vgl. Kaluza 2012, S. 7/ 14)<br />

Letzter Bestandteil ist die Stressreaktion. Sie stellt die physische, kognitive und<br />

behaviorale Antwort auf Stressoren dar. (vgl. Kaluza 2012, S. 7/ 10) Ziel dieser<br />

Reaktion ist seit jeher die Vorbereitung des Menschen auf Kampf o<strong>der</strong> Flucht. Dafür<br />

werden alle körperlichen Reserven mobilisiert. Steht <strong>der</strong> Mensch dann dauerhaft unter<br />

diesen negativen Einflüssen, verbrauchen sich die Reserven gänzlich und fehlen<br />

beispielsweise bei wichtigen Gesundheitsfaktoren wie <strong>der</strong> Immunabwehr. Die Folgen<br />

sind Krankheit und Erschöpfung. Gesundheitliche Probleme wie Depression, Burnout,<br />

Herzinfarkte usw. lassen sich auf dauerhafte Stresszustände zurückführen.<br />

Wirtschaftlich gesehen stellt das <strong>ein</strong>en hohen Kostenfaktor dar. (vgl. König 2010, S.<br />

20f)<br />

65


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

7.2 Stress und Gesundheit<br />

Wissenschaftlich wird <strong>der</strong> Begriff Stress in zwei Arten <strong>ein</strong>geteilt: Disstress und<br />

Eustress. Der Eustress kann mit <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung verglichen werden, die bereits im<br />

transaktionalen Modell beschrieben wurde und zwar Anstrengungen von <strong>der</strong> Person<br />

erfor<strong>der</strong>t, aber <strong>als</strong> das Wohlbefinden för<strong>der</strong>nd erlebt wird. Disstress dagegen ist die Art<br />

von Überfor<strong>der</strong>ung und Bedrohung, die dauerhaft zu Krankheit führt, solange sie nicht<br />

durch Verhaltensän<strong>der</strong>ungen ausreichend bewältigt werden kann. (vgl. Grossarth-<br />

Maticek 2000, S. 54) Grossarth-Maticek definiert Disstress und Eustress wie folgt:<br />

„Streß (Disstreß) ist jede Überfor<strong>der</strong>ung des Individuums durch physische, soziale und<br />

physiologische Reize (Stressoren), die aufgrund <strong>ein</strong>er funktionalen Unzulänglichkeit<br />

<strong>der</strong> sozio-psycho-biologischen Regulationsmechanismen entsteht. Eustreß ist das<br />

Erlebnis <strong>ein</strong>er erfolgreichen sozio-psycho-biologischen Regulation des Individuums,<br />

die <strong>als</strong> Antwort auf starke Herausfor<strong>der</strong>ungen im Reiz-Reaktionsverhältnis entsteht und<br />

Wohlbefinden, Lust und Sicherheitsgefühle hervorruft.“<br />

(Grossarth-Maticek 2000, S. 55)<br />

Stressoren können <strong>als</strong>o sowohl von <strong>der</strong> Person selbst ausgehen <strong>als</strong> auch durch die<br />

Umweltbedingungen gegeben s<strong>ein</strong>. In beiden Fällen kommt es zu <strong>ein</strong>er Überfor<strong>der</strong>ung,<br />

sodass die Person nicht angemessen reagieren kann. Daran sind verschiedene Faktoren<br />

(u.a. biologische, soziale, kognitiv-emotionale) beteiligt, die bei Stressfreiheit zu <strong>ein</strong>em<br />

funktionierenden System reguliert werden. Bedeutendster Faktor bei <strong>der</strong><br />

Stressentstehung ist die subjektive Bewertung des Reizes. Die Stressursachen können<br />

dabei bekanntlich sehr unterschiedlich s<strong>ein</strong>. Überfor<strong>der</strong>ung entsteht <strong>als</strong>o immer dann,<br />

wenn die Funktionen <strong>der</strong> Regulationssysteme gestört sind und die Person nicht dazu in<br />

<strong>der</strong> Lage ist, die verschiedenen Subsysteme so zu regulieren, dass sie <strong>als</strong> <strong>ein</strong><br />

funktionierendes System zusammenwirken und damit Stressfreiheit ermöglichen. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S.55f) „Regulation bedeutet immer, daß <strong>ein</strong> Mangelzustand in<br />

<strong>ein</strong>em Subsystem durch <strong>ein</strong>e Aktivität im Subsystem o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Systemen<br />

kompensiert wird mit dem Ziel, den Mangelzustand zu beheben und somit die<br />

Spannung zwischen dem Ist- und <strong>ein</strong>em Soll-Zustand zu verringern.<br />

66


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Es gibt physiologische, soziale und kognitiv-emotionale Regulationssysteme, die<br />

gegenseitig mit dem Ziel in ihre Prozesse <strong>ein</strong>greifen, die Regulation zu verbessern.“<br />

(Grossarth-Maticek 2000, S. 56)<br />

Ein weiterer wichtiger Faktor im Umgang mit Stressoren ist das Verhalten des<br />

Menschen. Lazarus betont die Bedeutung des Bewältigungsverhaltens bei <strong>der</strong><br />

Stressentstehung. Da <strong>der</strong> Mensch dazu in <strong>der</strong> Lage ist, die herrschenden Bedingungen<br />

durch s<strong>ein</strong> Verhalten aktiv zu be<strong>ein</strong>flussen, spielen auch Prozesse <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong><br />

<strong>ein</strong>e Rolle. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 57) „<strong>Selbstregulation</strong> ist <strong>als</strong>o die Fähigkeit<br />

<strong>ein</strong>es jeden Menschen, durch s<strong>ein</strong> aktives Verhalten Bedingungen <strong>der</strong>art zu verän<strong>der</strong>n<br />

und herzustellen, daß dabei Streßsituationen verhin<strong>der</strong>t, überwunden o<strong>der</strong> gemil<strong>der</strong>t<br />

werden können.“ (Grossarth-Maticek 2000, S. 57)<br />

Neben <strong>der</strong> Unterteilung in Eustress und Disstress kann auch zwischen individuellem<br />

und sozialem Stress unterschieden werden, <strong>der</strong> im eigenen Organismus o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

sozialen Umwelt bestehen kann. Individuelle Stressoren werden von <strong>der</strong> Person selbst<br />

erzeugt. Soziale Stressoren dagegen werden von <strong>der</strong> Person so vorgefunden und haben<br />

bestimmte Auswirkungen auf sie. Sowohl individuelle <strong>als</strong> auch soziale Stressoren<br />

müssen von <strong>der</strong> Person aktiv bewältigt werden, damit sie Wohlbefinden und <strong>ein</strong> inneres<br />

Gleichgewicht erreichen kann. Dazu ist es zum <strong>ein</strong>en notwendig, die äußeren<br />

Bedingungen entsprechend anzupassen, dass sie <strong>ein</strong>en positiven Einfluss auf das Selbst<br />

haben. Zum an<strong>der</strong>en muss solches Verhalten, das zu negativen Konsequenzen führt,<br />

abgebaut und durch positivere Verhaltensweisen ersetzt werden. (vgl. Grossarth-<br />

Maticek 2000, S. 57)<br />

Beispiele für fehlerhafte Verhaltensweisen, die langfristig erhebliche Stressfaktoren<br />

darstellen können sind unter an<strong>der</strong>em:<br />

<strong>ein</strong>e zu starke Orientierung an Handlungen mit kurzfristig positiven Folgen, die<br />

mit langfristig negativen Konsequenzen verbunden sind. Hierzu zählt unter<br />

an<strong>der</strong>em das Zigarettenrauchen mit dem kurzfristig positiven Effekt, sich<br />

(angeblich) entspannen zu können.<br />

67


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

<br />

<br />

Manche Menschen setzten dieses gesundheitsschädliche Verhalten über lange<br />

Zeiträume hinfort, obwohl sie um die langfristig negativen Auswirkungen wie<br />

beispielsweise Atembeschwerden wissen und bei sich selbst bereits<br />

wahrnehmen. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 57)<br />

die Fixierung auf <strong>ein</strong> Objekt aus <strong>der</strong> Vergangenheit, welches beson<strong>der</strong>s starke<br />

positive Gefühle ausgelöst hat. Dies können Elternteile, Partner o<strong>der</strong><br />

gesellschaftliche Positionen s<strong>ein</strong>. Die Vergangenheit wird <strong>als</strong> befriedigen<strong>der</strong><br />

empfunden <strong>als</strong> die Gegenwart und daher vorgezogen, was Unzufriedenheit und<br />

Krankheit nach sich zieht. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 58)<br />

wie<strong>der</strong>holte Versuche, Erfahrungen von Abweisung aus <strong>der</strong> Vergangenheit in<br />

<strong>der</strong> Gegenwart zu reparieren. Die erlebten Abweisungen stammen aus <strong>der</strong><br />

Kindheit und haben <strong>ein</strong>e traumatisierende Wirkung. Das Kind wird in s<strong>ein</strong>em<br />

Grundbedürfnis nach bedingungsloser Liebe <strong>der</strong> Eltern enttäuscht und sucht<br />

diese im weiteren Lebensverlauf immer wie<strong>der</strong> aufs Neue in emotionalen<br />

Beziehungen. Hierfür werden ähnliche Situationen wie die in <strong>der</strong> Kindheit<br />

geschaffen und auf bedingungslose Liebe gehofft. Häufig führt das jedoch zu<br />

noch tieferen traumatischen Erfahrungen, weil die Person durch starke<br />

Angstgefühle <strong>ein</strong>e positive Rückmeldung blockiert. (vgl. Grossarth-Maticek<br />

2000, S. 58f)<br />

Anhand <strong>der</strong> beschriebenen negativen Verhaltensweisen wird deutlich, dass <strong>der</strong> Mensch<br />

unter Umständen dazu neigt, sich selbst negative und stressende Bedingungen zu<br />

schaffen und s<strong>ein</strong>e Reaktionen darauf automatisiert erfolgen. Der Schlüssel zum Erfolg<br />

bzw. <strong>der</strong> Ausweg aus diesen Automatismen ist, diese Bedingungen zunächst aktiv zu<br />

verän<strong>der</strong>n. (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 60) Dabei spielt die individuelle und<br />

soziale <strong>Selbstregulation</strong> <strong>ein</strong>e große Rolle, d.h. „[…] jede individuelle o<strong>der</strong> soziale<br />

Aktivität, die Bedürfnisbefriedigung, Wohlbefinden und Problemlösung herbeiführt.“.<br />

(Grossarth-Maticek 2000, S. 60)<br />

Störungen im komplexen System Mensch sind nicht auszuschließen, wodurch es im<br />

Laufe des Lebens immer wie<strong>der</strong> zu Stresssituationen kommen wird (vgl. Grossarth-<br />

Maticek 2000, S. 60).<br />

68


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Entscheidend für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Einzelnen sind Fähigkeiten<br />

zur Bewältigung dieser Situationen (vgl. Grossarth-Maticek 2000, S. 57). Stress stellt<br />

nachweislich <strong>ein</strong> erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Die Ausbildung verschiedener<br />

chronischer Erkrankungen wird mit häufig erlebtem negativem Stress und schlechter<br />

<strong>Selbstregulation</strong> in Verbindung gebracht. Je schlechter <strong>der</strong> Mensch sich selbst<br />

regulieren kann und je geringer s<strong>ein</strong> Wohlbefinden ist, desto häufiger erkrankt er.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e wenn sie gleichzeitig physische Risikofaktoren aufweisen. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 61)<br />

„Der Streß stört vor allem die <strong>Selbstregulation</strong>. […] Extrem gestreßte Personen, die sich<br />

in starker Intensität Stressoren ausgeliefert fühlen und dabei hilflos sind […] haben<br />

beispielsweise sechsmal häufiger Bluthochdruck, 21x häufiger Herzrhythmusstörungen<br />

und bekommen um <strong>ein</strong> Mehrfaches häufiger Diabetes, Krebs, Herzinfarkt und<br />

Hirnschlag.“ (Grossarth-Maticek 2000, S. 64)<br />

Neben Stressfaktoren wie Überfor<strong>der</strong>ung und negative Lebenserfahrungen konnten<br />

auch <strong>ein</strong>e Reihe sogenannter Antistressfaktoren nachgewiesen werden. Diese wirken<br />

sich positiv und stressverhin<strong>der</strong>t auf das Individuum aus. Zu diesen Faktoren gehört<br />

neben Wohlbefinden durch familiäre und berufliche Erfüllung, Hobbies und <strong>ein</strong>em<br />

positivem Selbstbild auch <strong>ein</strong>e gute <strong>Selbstregulation</strong>. Je größer das Repertoire an<br />

Antistressfaktoren ist und je geringer das <strong>der</strong> Stressfaktoren, desto weniger lassen sich<br />

chronische Krankheiten nachweisen. Mit vielfältigen und effektiven<br />

Bewältigungsstrategien können Menschen folglich lange Zeit gesund bleiben. (vgl.<br />

Grossarth-Maticek 2000, S. 64f)<br />

7.3 Autogenes Training<br />

Da <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten <strong>ein</strong>en großen Einfluss auf die Stressentstehung haben,<br />

kann das Erlernen von <strong>Selbstregulation</strong>stechniken <strong>ein</strong>en positiven Beitrag zur<br />

Gesundheit leisten. Eine Möglichkeit stellt das Autogene Training dar.<br />

69


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Das Autogene Training ist <strong>ein</strong>e Entspannungsmethode, die in den 1920er Jahren von<br />

dem Psychiater und Neurologen H<strong>ein</strong>rich Schultz entwickelt wurde. Ziel dieser<br />

Strategie ist es, je<strong>der</strong>zeit <strong>ein</strong>en Zustand tiefer Entspannung erreichen zu können, um<br />

damit Erholungsprozesse in Gang zu setzten. Dies bedarf zunächst <strong>ein</strong>iger Übung, da<br />

Erregung und Entspannung vom vegetativen Nervensystem gesteuert werden, welches<br />

sich größtenteils nicht willentlich be<strong>ein</strong>flussen lässt. Kernelement des Autogenen<br />

Trainings und <strong>der</strong> Schlüssel zum Erfolg ist die Vorstellungskraft des Menschen. Über<br />

gezielte Vorstellungen sollen vegetative Vorgänge be<strong>ein</strong>flussbar gemacht werden,<br />

sodass <strong>der</strong> Mensch in <strong>ein</strong>en Zustand <strong>der</strong> Erholung umschalten kann.<br />

Dieser Prozess wird <strong>als</strong> Autosuggestion bezeichnet und hat sowohl therapeutischen <strong>als</strong><br />

auch präventiven Effekt. Durch gezielte Entspannung wird die Stressbewältigung<br />

verbessert. Die Gesundheitsrisiken durch negativen Stress können somit verringert<br />

werden. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 8, Stand: 01.05.2013)<br />

Bevor jedoch positive Effekte erzielt werden können, ist es zunächst notwendig, die<br />

eigene Körperwahrnehmung zu schulen. Die Konzentration richtet sich zu diesem<br />

Zweck, auf sonst unbewusst ablaufende körperliche Prozesse. Das können das Spüren<br />

des Herzschlags o<strong>der</strong> Pulses sowie das bewusste Wahrnehmen von<br />

Muskelverspannungen s<strong>ein</strong>. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 6f, Stand: 01.05.2013)<br />

Die Übungen des Autogenen Trainings orientieren sich an verschiedenen Formeln.<br />

Diese Formeln unterstützen den Übenden in s<strong>ein</strong>en intensiven Vorstellungen, lösen<br />

Gefühle von Entspannung aus und beziehen sich auf verschiedene Körperbereiche, wie<br />

Arme und B<strong>ein</strong>e, und verschiedene Körperfunktionen, wie <strong>der</strong> Atmung, <strong>der</strong> Verdauung<br />

und dem Kreislauf. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 8, Stand: 01.05.2013)<br />

Zu Beginn des Trainings ist es sinnvoll, die Übungen unter möglichst gleichen<br />

Rahmenbedingungen abzuhalten, beispielsweise bezogen auf die Räumlichkeit,<br />

Sitzgelegenheit o<strong>der</strong> die Tageszeit. Auf diese Weise entstehen Rituale, die den Einstieg<br />

in den Ruhezustand erleichtern. Als Körperhaltung eignet sich am besten die liegende<br />

Position, da diese Haltung bereits erfahrungsgemäß mit Entspannung verbunden ist.<br />

Dabei wird sich flach auf <strong>ein</strong>e weichere Unterlage gelegt. Die Arme befinden sich leicht<br />

angewinkelt neben dem Körper. Die B<strong>ein</strong>e liegen locker und leicht gespreizt.<br />

70


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Kopf und Körper bilden <strong>ein</strong>e Linie. Auch <strong>ein</strong>e sitzende Körperhaltung ist bei den<br />

Übungen möglich, wenn diese <strong>als</strong> angenehm empfunden wird. Eine typische<br />

Sitzhaltung ist die Droschkenkutscherhaltung.<br />

Hierbei setzt die Person sich locker hin, jedoch ohne sich anzulehnen. Die Arme liegen<br />

auf den Oberschenkeln, die Hände hängen herunter. Die B<strong>ein</strong>e sind leicht gespreizt und<br />

die Füße berühren den Boden mit ganzer Sohle. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 9f,<br />

Stand: 01.05.2013)<br />

Um den Einstieg in das Autogene Training zu erleichtern, können <strong>ein</strong>ige Tricks<br />

angewendet werden. Eine Möglichkeit ist gezielte Anspannung <strong>der</strong> Muskulatur, die<br />

<strong>ein</strong>ige Sekunden gehalten werden sollte, bevor sie dann wie<strong>der</strong> bewusst entspannt wird.<br />

Dies kann mehrm<strong>als</strong> wie<strong>der</strong>holt werden.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit ist das Schauen nach innen-oben. Die Augen werden dabei<br />

geschlossen und die anspannende Blickrichtung nicht aufgegeben. Der Atem wird kurz<br />

angehalten. Anschließend gehen die Augen wie<strong>der</strong> zurück in die normale Stellung und<br />

die Atmung wird entspannt fortgeführt. Eine dritte Möglichkeit bilden Formeln und<br />

Bil<strong>der</strong>. Diese sind wesentlicher Bestandteil <strong>der</strong> Übungen und helfen dabei, sich auf die<br />

jeweils dabei benötigten Vorstellungen zu konzentrieren. Sie sind <strong>als</strong>o <strong>ein</strong> Schlüssel für<br />

die Vorstellungen und sollten, sobald <strong>ein</strong>mal festgelegt, nicht wie<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>t werden.<br />

Außerdem ist es hilfreich, die Bil<strong>der</strong> und Formeln auf Grundlage bisheriger<br />

Erfahrungen auszuwählen. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 11f, Stand: 01.05.2013)<br />

Zum Autogenen Training gehören sechs verschiedene Grundübungen. Diese sollten in<br />

<strong>der</strong> Lernphase <strong>der</strong> Reihenfolge nach mehrm<strong>als</strong> täglich durchgeführt werden. Dabei ist<br />

es wichtig zunächst <strong>ein</strong>ige Zeit nur die erste Übung abzuhalten und das persönliche<br />

Trainingsprogramm nach und nach mit den weiteren Übungen zu ergänzen. (vgl. IKK-<br />

Ratgeber Gesundheit, S. 13, Stand: 01.05.2013) Die Übungsfolgen können beliebig oft<br />

wie<strong>der</strong>holt werden. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 12, Stand: 01.05.2013) Zum<br />

Zweck <strong>der</strong> Rückmeldung und Erfolgsmessung sollten die Empfindungen in den<br />

Übungen anschließend reflektiert werden. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 13, Stand:<br />

01.05.2013)<br />

71


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Eine Übung wird immer mit <strong>der</strong> Rücknahme abgeschlossen. Dazu werden zunächst die<br />

Arme angespannt und die Muskulatur durch Strecken gedehnt (Formel: Arme fest).<br />

Anschließend atmet <strong>der</strong> Übende mehrm<strong>als</strong> tief <strong>ein</strong> und aus (Formel: Tief <strong>ein</strong>atmen).<br />

Zum Schluss werden die Augen geöffnet und <strong>ein</strong> entspannter Zustand wurde erreicht<br />

(Formel: Augen auf). (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 12, Stand: 01.05.2013)<br />

Zu Beginn je<strong>der</strong> Übung wird <strong>ein</strong>e entspannende Haltung <strong>ein</strong>genommen und <strong>der</strong> Übende<br />

schließt die Augen (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 14ff, Stand: 01.05.2013).<br />

Die sechs Grundübungen sind:<br />

1. Schwereübung<br />

2. Wärmeübung<br />

3. Atemübung<br />

4. Herzübung<br />

5. Leibübung<br />

6. Stirnübung<br />

Bei <strong>der</strong> Schwereübung geht es zunächst darum, die Muskulatur durch die Vorstellung<br />

von Schwere zu entspannen. Hierzu wird gedanklich die Formel „Ich bin ruhig, ganz<br />

ruhig und entspannt.“ gesprochen. Um die Schwere bewusst wahrzunehmen, wird die<br />

Aufmerksamkeit zunächst auf den dominanten Arm gelenkt. Dabei wird gedanklich die<br />

Formel „M<strong>ein</strong> rechter (linker) Arm ist schwer, angenehm schwer.“ mindestens zehnmal<br />

wie<strong>der</strong>holt. Behilflich s<strong>ein</strong> können hier Bil<strong>der</strong> von Glockenschlägen o<strong>der</strong> fallenden<br />

Kugeln. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 14, Stand: 01.05.2013)<br />

Den nächsten Schritt bildet die Wärmeübung. Zunächst wird die Schwereübung<br />

wie<strong>der</strong>holt, wobei nun beide Arme <strong>ein</strong>bezogen werden und die Formel entsprechend<br />

erweitert wird. Die Blutgefäße erweitern sich, wodurch die Haut sich erwärmt. Im<br />

Folgenden wird die Aufmerksamkeit nun wie<strong>der</strong> auf den dominanten Arm gelenkt.<br />

Gedanklich wird die Formel „Der rechte (linke) Arm ist warm, wohlig warm.“<br />

gesprochen und mindestens fünfmal wie<strong>der</strong>holt.<br />

72


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Um die Wärme bewusst wahrzunehmen, hilft beispielsweise die Vorstellung von Sonne<br />

o<strong>der</strong> Feuer. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 15, Stand: 01.05.2013)<br />

Darauf folgt die Atemübung. Schwere- und Wärmeübung werden vorher ausgeübt und<br />

wie<strong>der</strong> auf weitere Körperbereiche (z.B. B<strong>ein</strong>e) erweitert. Anschließend richtet sich die<br />

Aufmerksamkeit auf die Atmung. Die <strong>ein</strong>- und ausströmende Atemluft soll bewusst<br />

wahrgenommen werden (mindestens fünfmal zu wie<strong>der</strong>holende Formel: Ich überlasse<br />

mich dem Rhythmus m<strong>ein</strong>es Atems. Der Atem geht ruhig und gleichmäßig.). Hierbei<br />

helfen Vorstellungen von rhythmischen Bewegungen wie Wellenbewegungen. (vgl.<br />

IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 16, Stand: 01.05.2013)<br />

Nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> ersten Grundübungen, folgt in <strong>ein</strong>em nächsten Schritt die<br />

Herzübung. Dabei wird die Aufmerksamkeit auf den Herzschlag gelenkt. Hierzu wird<br />

<strong>der</strong> Puls ertastet bzw. die Hand auf die Brust gelegt. Gedanklich wird die Formel „Der<br />

Puls ist ruhig und fest.“ gesprochen. Bei dieser Übung helfen beruhigende Bil<strong>der</strong> wie<br />

etwa <strong>ein</strong>e langsame Melodie. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 17, Stand: 01.05.2013)<br />

Die fünfte Grundübung ist die Leibübung und wird wie<strong>der</strong> anschließend an die<br />

vorangegangenen Übungen durchgeführt. Hier soll das Wärmegefühl im Leib<br />

wahrgenommen werden. Dafür wird die Aufmerksamkeit auf die Körperregion<br />

zwischen Bauchnabel und Rippenbogen gelenkt. Der hin<strong>ein</strong>strömende warme Atem soll<br />

verspürt werden (Formel: Der Leib ist strömend warm.). Auch hier helfen<br />

Vorstellungen von Wärme wie die <strong>der</strong> Sonne o<strong>der</strong> des Feuers. (vgl. IKK-Ratgeber<br />

Gesundheit, S. 18, Stand: 01.05.2013)<br />

Die letzte Grundübung ist die Stirnübung. Wie gewohnt werden die vorangegangenen<br />

Schritte zuerst durchgeführt. Hier geht es nun darum, das Gefühl von Wärme im<br />

Bereich <strong>der</strong> Stirn <strong>ein</strong>zuschränken, sodass diese <strong>als</strong> kalt und klar wahrgenommen wird.<br />

Dafür wird die Aufmerksamkeit auf den Bereich <strong>der</strong> Stirn gelenkt. Die Vorstellungen<br />

vom vorbeiströmenden Atem o<strong>der</strong> <strong>ein</strong>es Luftzugs und die Formel „Die Stirn ist<br />

angenehm frisch und klar, frisch und klar.“ unterstützen den Übenden. (vgl. IKK-<br />

Ratgeber Gesundheit, S. 19, Stand: 01.05.2013)<br />

73


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Fortgeschrittene, die diese Grundübungen beherrschen, können zu <strong>der</strong> Kurzform des<br />

Autogenen Trainings übergehen. Hierbei kann <strong>der</strong> Entspannungszustand schneller<br />

erreicht werden, sodass die Kurzübungen in je<strong>der</strong> Situation durchgeführt werden<br />

können. Da Entspannung in <strong>ein</strong>em engen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Ausatmung steht,<br />

werden die Formeln während des Ausatmens gedanklich gesprochen. Sechs Atemzüge<br />

sind <strong>als</strong>o notwendig, in denen nach<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> die Vorstellungen schwer, warm, ruhig und<br />

entspannt, Leib warm, Kopf kühl, ruhig und entspannt gedacht werden. Abschließend<br />

wird <strong>der</strong> Entspannungszustand wie<strong>der</strong> durch mehrmaliges tiefes Atmen<br />

zurückgenommen. (vgl. IKK-Ratgeber Gesundheit, S. 20, Stand: 01.05.2013)<br />

74


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

8. Zusammenfassung<br />

Die Fähigkeit zur <strong>Selbstregulation</strong> ist jedem Menschen gegeben. Unterschiede finden<br />

sich jedoch in <strong>der</strong> Art und Intensität <strong>der</strong> Ausübung. Wohlbefinden, inneres<br />

Gleichgewicht und die Bedürfnisbefriedigung stehen hierbei im Fokus. Eine gut<br />

ausgeprägte <strong>Selbstregulation</strong> ist an verschiedenen Merkmalen zu erkennen. Die<br />

Fähigkeit, s<strong>ein</strong> Verhalten so lange zu verän<strong>der</strong>n bzw. zu be<strong>ein</strong>flussen, dass sich <strong>der</strong><br />

gewünschte Zustand <strong>ein</strong>stellt, ist <strong>ein</strong>es <strong>der</strong> wichtigsten. Auch die Selbstbeobachtung,<br />

welche <strong>ein</strong>e Grundvoraussetzung für die <strong>Selbstregulation</strong> ist, kann <strong>als</strong> <strong>ein</strong> wichtiges<br />

Merkmal gesehen werden.<br />

Eine gehemmte bzw. blockierte <strong>Selbstregulation</strong>, verbunden mit Unwohls<strong>ein</strong> und<br />

innerem Ungleichgewicht, stellt nachweislich <strong>ein</strong> erhebliches Gesundheitsrisiko dar.<br />

Vor allem negativer Stress, sogenannter Disstress, steht im Zusammenhang mit<br />

schlechten <strong>Selbstregulation</strong>sfähigkeiten und ist beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> heutigen Zeit an <strong>der</strong><br />

Entstehung verschiedener Krankheiten beteiligt. Präventive Maßnahmen zielen in Folge<br />

dessen auf die För<strong>der</strong>ung des individuellen Umgangs mit Belastungen ab, um Disstress<br />

weitestgehend zu vermeiden. Eine Methode sind <strong>Selbstregulation</strong>stechniken wie das<br />

Autogene Training. Hier soll <strong>der</strong> Mensch dazu befähigt werden, bewussten Einfluss auf<br />

s<strong>ein</strong> vegetatives Nervensystem zu nehmen und somit gezielt Entspannungszustände<br />

herbeirufen zu können.<br />

Auch in an<strong>der</strong>en <strong>Prävention</strong>sprogrammen, wie z.B. dem Rauchentwöhnungsprogramm<br />

ist die <strong>Selbstregulation</strong> <strong>ein</strong> wesentlicher Bestandteil. Bei <strong>der</strong> Auswertung verschiedener<br />

Studien konnte festgestellt werden, dass gesundheitsgefährdendes Verhalten wie<br />

Alkohol-, Drogen- und auch Nikotinkonsum beson<strong>der</strong>s häufig bei Menschen mit<br />

schlechten selbstregulatorischen Fähigkeiten vorkommt. Auch erkranken diese<br />

Menschen häufiger in Folge ihres gefährdenden Verhaltens <strong>als</strong> Menschen mit gleichen<br />

Risiken aber gleichzeitig guter <strong>Selbstregulation</strong>.<br />

75


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Bezogen auf ihren Wirkungskreis kann zwischen <strong>der</strong> individuellen und <strong>der</strong> sozialen<br />

<strong>Selbstregulation</strong> unterschieden werden. Beide Formen stehen in <strong>ein</strong>er Art<br />

Wechselwirkung zu<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> und haben erheblichen Einfluss auf die menschliche<br />

Gesundheit. Bei <strong>ein</strong>em Misserfolg <strong>der</strong> sozialen <strong>Selbstregulation</strong> etwa kann es zu<br />

erhöhtem Arbeitsdruck und dem Gefühl sozialer Isolation kommen.<br />

Als <strong>ein</strong> komplexes Gebiet <strong>der</strong> Psychologie wurde die <strong>Selbstregulation</strong> in verschiedenen<br />

Theorien dargestellt. Nennenswert sind hierbei u.a. die Theorie von Bandura,<br />

Baumeister, Kuhl und Bagozzi. Kanfer et al. entwickelten aus <strong>ein</strong>em komplexen<br />

<strong>Selbstregulation</strong>smodell die Selbstmanagement-Therapie. Sie stellt <strong>ein</strong>e Methode zur<br />

Verbesserung <strong>der</strong> selbstregulatorischen Fähigkeiten dar und verläuft in sieben Phasen.<br />

Kanfer und s<strong>ein</strong>e Mitarbeiter haben mit diesem Ansatz, basierend auf <strong>der</strong> Annahme,<br />

dass jede Person grundsätzlich fähig ist, sich selbst zu regulieren, <strong>ein</strong>e Methode<br />

entwickelt, Menschen in <strong>der</strong> Bewältigung <strong>ein</strong>es eigenständigeren Lebens zu<br />

unterstützen.<br />

Zur Verbesserung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> eignen sich <strong>als</strong>o unterschiedliche präventive<br />

Konzepte. Eine weiteres ist das Autonomietraining nach Grossarth-Maticek. Es stärkt<br />

die Entwicklung <strong>der</strong> Verhaltensalternativen, die dann wie<strong>der</strong>um zu <strong>ein</strong>em gesün<strong>der</strong>en<br />

Leben und Wohlbefinden sowie <strong>ein</strong>er erhöhten Bedürfnisbefriedigung führen können.<br />

Ziele die <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong> zugesprochen werden.<br />

76


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

9. Literaturverzeichnis<br />

Baum, Roland: Wie unterscheiden sich Berichte über daily hassels und uplifts nach<br />

Inhalt, Intensität und Rollenbezug bei Personen mit risikoreichen Mustern<br />

arbeitsbezogenen Erlebens und Verhaltens (gemessen mit <strong>der</strong> Kurzform des AVEM)?<br />

Examensarbeit. Grin-Verlag: Nor<strong>der</strong>stedt, 2003<br />

Baumeister, Roy F.; Voß, Kathleen D.: Handbook of Self-Regulation. Research, Theory<br />

And Applications. The Guilford Press: New York 2004<br />

Bandura, Albert: Self-Efficiacy. The exercise of control. W.H. Freeman and Company:<br />

New York 1997<br />

Bleicher, Michael: Physiologische und emotionale <strong>Selbstregulation</strong>. Entwicklung und<br />

Evaluation <strong>ein</strong>es Interventionsprogramms für Jugendliche. Waxmann Verlag: Münster<br />

2003<br />

Eppel, Heidi: Stress <strong>als</strong> Risiko und Chance. Grundlagen von Belastung, Bewältigung<br />

und Ressourcen. W. Kohlhammer GmbH: Stuttgart, 2007<br />

Frey, Dieter; Irle, Martin (Hrsg.): Theorien <strong>der</strong> Soziolpsychologie Band 2. Gruppen-<br />

Interaktions- und Lerntheorien. Hans Huber Verlag: Bern 2002<br />

Grossarth-Maticek, Ronald: Systemische Epidemiologie und präventive<br />

Verhaltensmedizin chronischer Erkrankungen. Strategien zur Aufrechterhaltung <strong>der</strong><br />

Gesundheit. Walter de Gruyter: Berlin 1999<br />

Grossarth-Maticek, Ronald: Autonomietraining. Gesundheit und Problemlösung durch<br />

Anregung <strong>der</strong> <strong>Selbstregulation</strong>. Walter de Gruyter: Berlin 2000<br />

77


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Grossarth-Maticek, Ronald: <strong>Selbstregulation</strong>, Autonomie und Gesundheit.<br />

Krankheitsfaktoren und soziale Gesundheitsressourcen im Sozio-psycho-biologischen<br />

System. Walter de Gruyter: Berlin 2003<br />

Hurrelmann, Klaus: Gesundheitssoziologie. Eine Einführung in sozialwissenschaftliche<br />

Theorien von Krankheitsprävention und Gesundheitsför<strong>der</strong>ung.<br />

Juventa Verlag: W<strong>ein</strong>heim und Basel 2006<br />

Hurrelmann, Klaus; Laaser, Ulrich; Richter, Matthias: Gesundheitsför<strong>der</strong>ung und<br />

Krankheitsprävention. In: Hurrelmann, Klaus; Razum, Oliver (Hrsg.): Handbuch<br />

Gesundheitswissenschaften. Beltz Juventa: W<strong>ein</strong>heim und Basel 2012, 5. Auflage (S.<br />

661-691)<br />

Jungnitsch, Georg: Klinische Psychologie. Kohlhammer GmbH: Stuttgart 2009, 2.<br />

Auflage<br />

Kaluza, Gert: Gelassen und sicher im Streß. Springer Verlag: Berlin Heidelberg, 1996,<br />

2. Auflage<br />

Kaluza, Gert: Gelassen und sicher im Stress. Springer Verlag: Berlin Heidelberg 2007,<br />

3. Auflage<br />

Kaluza, Gert: Gelassen und sicher im Stress. Springer Verlag: Berlin Heidelberg 2012,<br />

4. Auflage<br />

Kanfer, Fre<strong>der</strong>ick, H.: <strong>Selbstregulation</strong> und Verhalten. In: Heckhausen, H<strong>ein</strong>z;<br />

Gollwitzer, Peter M.; W<strong>ein</strong>ert, Franz E. (Hrsg.): Jenseits des Rubikon: Der Wille in den<br />

Humanwissenschaften. Springer-Verlag GmbH: Berlin 1987, S. 286-299<br />

78


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Kanfer, Fre<strong>der</strong>ick, H.; R<strong>ein</strong>ecker, Hans; Schmelzer, Dieter: Selbstmanagement-<br />

Therapie. Ein Lehrbuch für die klinische Praxis. Springer-Verlag GmbH: Berlin<br />

Heidelberg 2000, 3. Auflage<br />

Knoll, Nina; Scholz, Urte; Rieckmann, Nina: Einführung in die<br />

Gesundheitspsychologie. Ernst R<strong>ein</strong>hardt Verlag: München, 2005<br />

König, Claudia Leandra. Der Stress-Knigge. Raus aus <strong>der</strong> Falle. Ratgeber mit Spirit.<br />

Books on Demand GmbH. Nor<strong>der</strong>stedt 2010, 2. Auflage<br />

Lazarus, Richard S.: Stress, Bewältigung und Emotionen. Entwicklung <strong>ein</strong>es Modells.<br />

In: Hill Rice, Virginia (Hrsg.): Stress und Coping. Hans Huber Verlag: Bern, 2005, S.<br />

231-263<br />

Neuhaus, Tobias: Stress und Stressverarbeitung im Lehrerberuf. Analyse im Hinblick<br />

auf Stress und Stressverarbeitung <strong>ein</strong>er Lehrerperson. Studienarbeit. Grin-Verlag:<br />

Nor<strong>der</strong>stedt, 2009<br />

Schwarzer, Ralf: Streß, Angst und Handlungsregulation. Kohlhammer GmbH: Stuttgart<br />

Berlin Köln 1993, 3. Auflage<br />

Thivissen, Jan: Psychosoziale Beratung – Neue Konzepte und Entwicklungen.<br />

Diplomarbeit. Grin-Verlag: Nor<strong>der</strong>stedt, 2006<br />

Waller, Heiko: Gesundheitswissenschaft. Eine Einführung in Grundlagen und Praxis.<br />

Kohlhammer GmbH: Stuttgart 1995<br />

Waller, Heiko: Sozialmedizin. Grundlagen und Praxis. Kohlhammer GmbH: Stuttgart<br />

2007<br />

79


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

10. Internetquellenverzeichnis<br />

Brandes, Sven; Stark, Wolfgang: Empowerment/ Befähigung.<br />

http://www.bzga.de/leitbegriffe/?uid=0de1ffb4c982875e2ea89d6c6215dac1&id=angeb<br />

ote&idx=169 (Stand: 25.04.2013)<br />

Franzkowiak, Peter: <strong>Prävention</strong> und Krankheitsprävention.<br />

http://www.bzga.de/leitbegriffe/?uid=d1d2ca16ed63797b6261bb7a90a28792&id=ange<br />

bote&idx=130 (Stand: 25.04.2013)<br />

Ikk-Rategeber Gesundheit<br />

http://www.ikk-classic.de/uploads/tx_moveelevatorikkbooklet/IKKC_520040_<br />

AutogenesTraining.pdf (Stand: 01.05.2013)<br />

Kaba-Schönst<strong>ein</strong>, Lotte: Gesundheitsför<strong>der</strong>ung I:Definition, Ziele, Prinzipien,<br />

Handlungsebenen und –strategien.<br />

http://www.bzga.de/leitbegriffe/?uid=fb86803442e94d9846849614a8bc9361&id=ange<br />

bote&idx=200 (Stand: 25.04.2013)<br />

80


Bachelorarbeit<br />

<strong>Selbstregulation</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> <strong>Basiskonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Prävention</strong><br />

11. Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1: <strong>Prävention</strong> und Gesundheitsför<strong>der</strong>ung: Strategien und Methoden, S. 11 (aus:<br />

Waller 1995, S. 136)<br />

Abb. 2: Gesundheits-Krankheits-Kontinuum, S. 12 (aus: Hurrelmann 2006, S. 125)<br />

Abb. 3 Lineares Modell, S. 47 (aus Kanfer et al. 2000, S. 37)<br />

Abb. 4: Lineares <strong>Selbstregulation</strong>smodell, S. 47 (aus Kanfer et al. 2000, S. 38)<br />

Abb. 5: Nonlineares <strong>Selbstregulation</strong>smodell, S. 48 (aus Kanfer et al. 2000, S. 38)<br />

Abb. 6: Dynamisches Sebstregulationsmodell, S. 48 (aus Kanfer et al. 2000, S. 39)<br />

Abb. 7: Komplexes <strong>Selbstregulation</strong>smodell, S. 49 (aus Kanfer 1987, S. 293/296)<br />

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