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Chirurgie Famulatur in Valladolid, Spanien - bvmd

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vmd-Austausch-Bericht: <strong>Famulatur</strong> <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong>, <strong>Spanien</strong><br />

<strong>Chirurgie</strong> <strong>Famulatur</strong> <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong>, <strong>Spanien</strong><br />

Motivation<br />

Eigentlich hatte ich mir <strong>in</strong> der Schule schon vorgenommen e<strong>in</strong> Auslandsjahr e<strong>in</strong>zulegen, doch me<strong>in</strong>e Eltern<br />

waren dagegen. Sie haben mich auf das Studium vertröstet. Und da mir das Organisieren e<strong>in</strong>es ERASMUS<br />

Jahres zu anstrengend war, habe ich mich für e<strong>in</strong>e Auslandsfamulatur entschieden. Als ich durch me<strong>in</strong>e<br />

Universität von der <strong>bvmd</strong> gehört habe, war ich restlos begeistert.<br />

Nach <strong>Spanien</strong> b<strong>in</strong> ich aus zwei Gründen gegangen. Ich habe mich schon <strong>in</strong> der Schule sehr für Late<strong>in</strong>amerika<br />

<strong>in</strong>teressiert und wollte me<strong>in</strong>e Spanischkenntnisse verbessern bevor ich nach dem PJ nach Chile reise.<br />

Zweitens war <strong>Spanien</strong> e<strong>in</strong> B-Land, d.h. man hat e<strong>in</strong>e reelle Chance genommen zu werden. E<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> hat sich<br />

für A-Länder beworben und hat dann letztendlich ihren Drittwunsch (e<strong>in</strong> C-Land) bekommen. Ich habe bewusst<br />

nicht Katalonien genommen, denn ich spreche ke<strong>in</strong> Catalan und die Patienten s<strong>in</strong>d selten bereit nur für e<strong>in</strong>en<br />

Studenten e<strong>in</strong>e andere Sprache zu sprechen. Von me<strong>in</strong>em Auslandsaufenthalt erwartete ich mal was Neues zu<br />

sehen und e<strong>in</strong>e andere Kultur zu erleben. Ich habe mir überlegt, dass e<strong>in</strong> Aufenthalt <strong>in</strong> Europa e<strong>in</strong>e Art<br />

E<strong>in</strong>steigeraustausch ist. Der Kulturschock ist nicht so groß, aber es ist trotzdem etwas anderes. Außerdem hoffte<br />

ich nach der Lektüre der Erfahrungsberichte auf e<strong>in</strong>en lockeren Partymonat. Über das Krankenhaus habe ich<br />

mir ehrlich gesagt nicht viele Gedanken gemacht.<br />

Vorbereitung<br />

Nachdem ich mir überlegt hatte, dass ich nach <strong>Spanien</strong> gehen wollte, musste ich überlegen <strong>in</strong> welche Stadt ich<br />

gerne wollte. Da ich me<strong>in</strong>e <strong>Famulatur</strong> im Mai gemacht habe, fielen e<strong>in</strong>ige Städte raus, so dass me<strong>in</strong> Erstwunsch<br />

Madrid war. Ich habe <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Liste wohl auch <strong>Valladolid</strong> angegeben, auch wenn ich mich daran nicht mehr<br />

er<strong>in</strong>nere.<br />

Die Zusage für die <strong>Famulatur</strong> <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> bekam ich im Oktober, doch <strong>in</strong> welche Stadt ich kommen sollte, wusste<br />

ich im April 2013 immer noch nicht. Also kontaktierte ich me<strong>in</strong>e NEO, die feststellte, dass die Unterlagen<br />

verloren gegangen waren. Mitte April war dann klar, dass ich nach <strong>Valladolid</strong> g<strong>in</strong>g. Macht euch also ke<strong>in</strong>e Sorgen,<br />

wenn nicht alles nach Plan verläuft.<br />

Also habe ich erst mal gegoogelt, wo <strong>Valladolid</strong> eigentlich liegt und den Wikipediae<strong>in</strong>trag zur Stadt gelesen. Dann<br />

natürlich e<strong>in</strong>en Flug gebucht und Kontakt mit me<strong>in</strong>er Kontaktperson <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong> aufgenommen.<br />

Anschließend habe ich e<strong>in</strong>e Auslandshaftpflichtversicherung bei der Deutschen Ärzte F<strong>in</strong>anz onl<strong>in</strong>e<br />

abgeschlossen. Später erfuhr ich, dass ich wenn ich dem Hartmann-Bund beigetreten wäre, automatisch<br />

kostenlos versichert gewesen wäre.<br />

Visum<br />

<strong>Spanien</strong> ist Mitglied <strong>in</strong> der EU, daher ist ke<strong>in</strong> Visum erforderlich<br />

Gesundheit<br />

Ich habe mir me<strong>in</strong>e Standardreiseapotheke mitgenommen, mit der ich auch <strong>in</strong> Deutschland im Urlaub verreise.<br />

Impfungen s<strong>in</strong>d für <strong>Spanien</strong> nicht erforderlich. Me<strong>in</strong>e Krankenversicherung gilt auch im Ausland, daher habe ich<br />

mir ke<strong>in</strong>e großen Sorgen gemacht.<br />

Sicherheit<br />

<strong>Spanien</strong> ist e<strong>in</strong> sicheres Land. Als Frankfurter Student<strong>in</strong> kann ich nur sagen, dass <strong>Valladolid</strong> deutlich sicherer ist<br />

als Frankfurt am Ma<strong>in</strong>. Ich habe mich <strong>in</strong> dem Monat nie unsicher gefühlt und b<strong>in</strong> auch <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e gefährliche<br />

Situation gekommen.<br />

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vmd-Austausch-Bericht: <strong>Famulatur</strong> <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong>, <strong>Spanien</strong><br />

Geld<br />

In <strong>Spanien</strong> zahlt man wie <strong>in</strong> Deutschland mit dem Euro. Insofern ist das ke<strong>in</strong> Problem. Und es gibt e<strong>in</strong>ige<br />

Filialen der Deutschen Bank, wo ich kostenlos Geld abheben konnte.<br />

Die Lebenshaltungskosten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> etwa 30% ger<strong>in</strong>ger als <strong>in</strong> Deutschland, was mich am Anfang sehr<br />

positiv überrascht hat. Wenn man wieder nach Hause fliegt, ist man entsetzt darüber, wie „teuer“ Obst und<br />

Gemüse hier ist.<br />

Sprache<br />

Ich hatte an der Uni Spanisch Kurse belegt und me<strong>in</strong> Sprachniveau lag irgendwo zwischen B1 und B2, als ich<br />

rüber geflogen b<strong>in</strong>. Da e<strong>in</strong> Kommilitone mir erzählt hatte, dass das Hauptproblem die Sprechgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

sei, habe ich mir e<strong>in</strong>e Staffel der Serie Emergency Room gekauft und sie zunächst mit und dann ohne Untertitel<br />

geschaut. Das war am Anfang schon schwer genug für mich. Ich hatte viel weniger Probleme damit Texte zu<br />

lesen (Bücher von Isabel Allende g<strong>in</strong>gen ohne größere Probleme) als Gesprochenes zu verstehen.<br />

Ich habe mir das Buch „Spanisch für Mediz<strong>in</strong>er“ von Thieme gekauft. Ich kann es euch nicht empfehlen, denn<br />

es ist teuer (fast 40 Euro) und hilft e<strong>in</strong>em, wenn man e<strong>in</strong>e konkrete Frage hat, meist nicht weiter. Zum<br />

Rumstöbern ist es nicht schlecht, aber eben auch nicht gut.<br />

Rückblickend kann ich euch nur empfehlen Serien, Filme oder Radiosendungen auf Spanisch anzusehen bzw<br />

anzuhören. Spart euch die Fachbücher, schaut lieber nochmal <strong>in</strong> eure Spanischbücher aus der Schule/der Uni.<br />

In <strong>Valladolid</strong> wird das re<strong>in</strong>ste Spanisch <strong>Spanien</strong>s gesprochen (Hochspanisch, wenn ihr so wollt), ähnlich wie <strong>in</strong><br />

Deutschland <strong>in</strong> Hannover das re<strong>in</strong>ste Hochdeutsch gesprochen wird. Also könnt ihr euch freuen, denn ihr<br />

werdet nach 4 Wochen zum<strong>in</strong>dest an das beste Spanisch gewöhnt se<strong>in</strong>.<br />

Mich hat sprachlich überrascht, wie viel <strong>in</strong> Zentralspanien geflucht wird. Es ist normal, dass Ärzte vor ihrem<br />

Patienten „joder“ (wichtige Vokabel! Bedeutet wörtlich übersetzt „ficken“, wird aber eher so benutzt wie im<br />

Deutschen „Mist“) oder „coño“ (wörtlich Fotze, S<strong>in</strong>n „Vollidiot“) sagen. Angeblich wird <strong>in</strong> Nordspanien noch<br />

mehr geflucht, auf den Kanarischen Inseln aber überhaupt nicht.<br />

Verkehrsverb<strong>in</strong>dungen<br />

Ich b<strong>in</strong> von Frankfurt nach Madrid mit Iberia Airl<strong>in</strong>es geflogen für etwa 200 Euro (das ist sicherlich deutlich<br />

billiger, wenn man die Zusage früher bekommt. Vom Madrider Flughafen aus fährt e<strong>in</strong> Bus von ALSA direkt<br />

nach <strong>Valladolid</strong>. Die Fahrt dauert etwa 3 Stunden und kostet 15 Euro.<br />

Das Autobusnetz ist <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> fantastisch ausgebaut und auch sehr günstig. In Nordspanien heißt die Firma<br />

ALSA. Man kauft die Tickets am Busbahnhof, doch ich glaube das wird gerade geändert. Informiert euch da<br />

besser nochmal auf der Homepage.<br />

Schneller kommt man mit der Bahn vorwärts, die für deutsche Begriffe auch billig ist. Und spanische Züge<br />

haben ke<strong>in</strong>e Verspätung! Man kann die Karten onl<strong>in</strong>e kaufen und am Bahnhof ausdrucken (wenn man wie die<br />

meisten Austauschstudenten ke<strong>in</strong>en Drucker hat) oder aufs Handy schicken lassen, was bei mir allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />

funktioniert hat. <strong>Valladolid</strong> ist die Hauptstadt des „Bundeslandes“ Castilla y Leon und als solche<br />

verkehrstechnisch sehr gut angebunden.<br />

Das Stadtbusnetz fand ich etwas verwirrend, ich wollte eigentlich von me<strong>in</strong>em Wohnheim zum Bahnhof mit<br />

dem Bus fahren, aber ich habe die Homepage nicht so ganz verstanden und b<strong>in</strong> daher lieber gelaufen. Das war<br />

aber wahrsche<strong>in</strong>lich me<strong>in</strong> Fehler, ich hätte e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>en Busfahrer fragen sollen.<br />

Kommunikation<br />

Ich hatte <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Wohnheimzimmer Internetanschluss per LAN-Kabel. Leider hat me<strong>in</strong> Laptop gesponnen<br />

und nur Skype durch die Firewall gelassen. Ich hab es nicht h<strong>in</strong>bekommen das zu ändern. Es lag aber an me<strong>in</strong>em<br />

Laptop. Wenn ihr euren Laptop mitbr<strong>in</strong>gt, habt ihr also Internet <strong>in</strong> eurem Zimmer. Das LAN Kabel wurde vom<br />

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vmd-Austausch-Bericht: <strong>Famulatur</strong> <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong>, <strong>Spanien</strong><br />

Wohnheim gestellt.<br />

WLAN gab es im Studierzimmer im 2. Stock. Da b<strong>in</strong> ich dann e<strong>in</strong>mal pro Tag h<strong>in</strong> um Whatsapp Nachrichten zu<br />

verschicken.<br />

Skypen funktioniert sehr gut, Emails und Facebook auch, es lebe das Internet.<br />

Me<strong>in</strong> IPhone habe ich <strong>in</strong> dem Monat nicht benutzt. Ich hatte überlegt mir e<strong>in</strong>e Prepaid Karte zu kaufen, aber da<br />

man für das IPhone 5 e<strong>in</strong>e Nano SIM Karte braucht, war mir das zu umständlich. Es gibt aber Angebote für<br />

etwa 10 Euro für e<strong>in</strong>e tarjeta prepago bei Movistar.<br />

Unterkunft<br />

Ich war <strong>in</strong> der Residencia Alberto Magno <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Zimmer (etwa 8 m²) mit eigenem Bad untergebracht.<br />

Es war sehr zweckmäßig. Es gab <strong>in</strong> dem Wohnheim e<strong>in</strong> Fernsehzimmer, e<strong>in</strong> Studierzimmer (sala de estudiar),<br />

e<strong>in</strong>en Essensraum, e<strong>in</strong>en Waschraum (mit Waschmasch<strong>in</strong>en, Wäscheständern und sogar e<strong>in</strong>em Bügeleisen) und<br />

e<strong>in</strong>en Aufenthaltsraum.<br />

Bettwäsche und Handtücher hatte ich selbst mitgebracht, aber man hätte sie auch ausleihen können.<br />

Ich konnte jeden Tag im Wohnheim frühstücken. Man konnte auswählen zwischen Cornflakes, Toast, Keksen,<br />

Obst und Joghurt.<br />

Mittags hatte ich Gutsche<strong>in</strong>e für e<strong>in</strong>en Kiosk, wo es sowohl warmes Essen wie Paella, Empanada,<br />

Hackfleischbällchen <strong>in</strong> Tomatensoße als auch Sandwiches gab.<br />

Denkt dran, dass ihr die Unterkunft erst am 1. des <strong>Famulatur</strong>monats beziehen könnt. Wenn ihr wie ich e<strong>in</strong>en Tag<br />

früher anreist, müsst ihr e<strong>in</strong>e Nacht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Unterkunft schlafen. Das war mir nicht bewusst.<br />

Literatur<br />

Wie bereits erwähnt „Spanisch für Mediz<strong>in</strong>er“ von Thieme (nicht empfehlenswert), e<strong>in</strong>en Madrid-Führer von<br />

Marco Polo (sehr empfehlenswert) und e<strong>in</strong> Wörterbuch (gut, hat mir aber bei den Schimpfwörtern nicht<br />

weitergeholfen).<br />

Mitzunehmen<br />

Es war gar nicht so leicht den Koffer zu packen, denn Ende April waren es <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong> 6 ° C. Ende Mai habe<br />

ich mit sommerlichen Temperaturen gerechnet. Also hatte ich sowohl e<strong>in</strong>en W<strong>in</strong>terpulli und me<strong>in</strong>e W<strong>in</strong>terjacke<br />

als auch dünne Klamotten dabei.<br />

Doch 2013 war der Mai e<strong>in</strong> extrem kühler und nasser Monat <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong>, so dass me<strong>in</strong>e Sommerkleidung nicht<br />

zum E<strong>in</strong>satz kam. Das hilft euch fürs Packen jedoch nicht weiter, denn das Wetter ist nicht berechenbar. Ich<br />

hatte mir <strong>Spanien</strong> im Mai auf alle Fälle nicht so kalt vorgestellt.<br />

Nehmt e<strong>in</strong>en Laptop mit, sonst habt ihr ke<strong>in</strong> Internet <strong>in</strong> eurem Wohnheimzimmer.<br />

Reise und Ankunft<br />

Ich b<strong>in</strong> mit Iberia Airl<strong>in</strong>es von Frankfurt am Ma<strong>in</strong> nach Madrid geflogen. Vom Flughafen aus fuhr direkt e<strong>in</strong> Bus<br />

nach <strong>Valladolid</strong>. Am Busbahnhof <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong> hat mich e<strong>in</strong>e Student<strong>in</strong> der IFMSA abgeholt und zu me<strong>in</strong>em<br />

Hostel gebracht. Ich b<strong>in</strong> schon am 29.04 gekommen, obwohl das Praktikum erst am 01.05 losgehen sollte. Ich<br />

dachte es wäre besser Zeit zum E<strong>in</strong>gewöhnen zu haben. Doch da am 01.05 auch <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> e<strong>in</strong> Feiertag war,<br />

hätte es vollkommen ausgereicht, wenn ich am 30.04 oder 01.05 gekommen wäre.<br />

E<strong>in</strong>e Student<strong>in</strong> der spanischen Austauschorganisation hat mich dann auch vom Hostel zum Wohnheim gebracht<br />

und mir die Essensgutsche<strong>in</strong>e gegeben.<br />

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vmd-Austausch-Bericht: <strong>Famulatur</strong> <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong>, <strong>Spanien</strong><br />

Tätigkeitsbeschreibung und fachliche E<strong>in</strong>drücke<br />

Am ersten Tag brachte mich me<strong>in</strong>e Kontaktstudent<strong>in</strong> <strong>in</strong>s Hospital Cl<strong>in</strong>ico Universitario de <strong>Valladolid</strong>. Ich war<br />

für die laparoskopische Viszeralchirurgie e<strong>in</strong>geteilt. Mich hat e<strong>in</strong> Arzt der Abteilung im Sekretariat abgeholt und<br />

mich mit auf Station genommen. Die Ärzte (<strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Abteilung nur Männer) waren alle sehr nett und höflich<br />

zu mir. Am Anfang hatte ich Probleme sie zu verstehen, denn für mich haben alle viel zu schnell gesprochen.<br />

Das wurde mit der Zeit aber immer besser. Englisch haben die Ärzte nicht gerne gesprochen, aber das war mir<br />

sehr recht, denn ich wollte me<strong>in</strong> Spanisch verbessern.<br />

Von Dienstag bis Donnerstag waren meist spanische Mediz<strong>in</strong>studenten des 3. Jahres da, die mit im OP oder auf<br />

Station waren. Zusammen hat es natürlich mehr Spaß gemacht, denn die Ärzte haben dann sehr ausführliches<br />

bed side teach<strong>in</strong>g gemacht. Und man konnte während langweiliger OPs quatschen.<br />

An Tagen ohne Operationen sollte ich meist um 10 Uhr kommen. Die Ärzte erschienen zwar schon gegen 8:30<br />

Uhr, doch die Zeit dazwischen wurde für ausgiebiges Kaffeetr<strong>in</strong>ken <strong>in</strong> der Cafeteria genutzt. Ich habe lieber<br />

ausgeschlafen. Von 10-12 Uhr war dann Visite. In <strong>Spanien</strong> ähnelt e<strong>in</strong>e chirurgische Visite e<strong>in</strong>er deutschen<br />

<strong>in</strong>ternistischen Visite <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Krankenhaus. Ich kannte aus Deutschland nur chirurgische Visiten, die<br />

um 7 Uhr morgens vor den OPs stattfanden und <strong>in</strong>sgesamt vielleicht 30 M<strong>in</strong>uten dauerten. Das war <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong><br />

ganz anders. Es wurde sich für jeden Patienten Zeit genommen und nachdem man aus dem Zimmer kam,<br />

wurden die dort wartenden Angehörigen über jeden Behandlungsschritt <strong>in</strong>formiert. Die Kommunikation hat mir<br />

sehr gut gefallen, <strong>in</strong> puncto Gesprächsführung habe ich sehr viel gelernt.<br />

An Tagen, an denen operiert wurde, sollte ich um 9 Uhr <strong>in</strong> den OP kommen. Die Operationen begannen meist<br />

gegen 9:30 Uhr, denn es gab im Universitätskrankenhaus ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>leitungsräume und der OP-Betrieb startete<br />

erst um 8:30 Uhr. Organisationstechnisch s<strong>in</strong>d die D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> viel entspannter, es standen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />

Abteilung nie mehr als zwei Operationen auf dem Plan, so dass um spätestens 15:00 Uhr Feierabend war.<br />

E<strong>in</strong>e Besonderheit <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> ist noch, dass es ke<strong>in</strong>e Oberärzte gibt. Es gibt noch nicht mal e<strong>in</strong> Wort für die<br />

Funktion. Assistenzärzte s<strong>in</strong>d Residentes, Fachärzte s<strong>in</strong>d adjuntos, es gibt auch e<strong>in</strong>en jefe, aber eben ke<strong>in</strong>e<br />

Oberärzte. Insgesamt ist alles viel weniger hierarchisch und hat mir daher besser gefallen als <strong>in</strong> Deutschland, wo<br />

ich speziell <strong>in</strong> der <strong>Chirurgie</strong> oft das Gefühlt habe beim Militär zu se<strong>in</strong>.<br />

Mediz<strong>in</strong>studenten beobachten <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> hauptsächlich, ab und zu darf man mal e<strong>in</strong>en Patienten untersuchen,<br />

aber <strong>in</strong>sgesamt hat man weniger direkten Patientenkontakt. Blut wird von den Schwestern abgenommen, die viel<br />

autonomer agieren als <strong>in</strong> Deutschland. Ich hatte den E<strong>in</strong>druck, dass die ärztliche Ausbildung <strong>in</strong> Deutschland<br />

etwas strenger ist, wir dafür aber auch über e<strong>in</strong> profunderes Wissen verfügen.<br />

Land und Leute<br />

Ich habe an den Wochenenden Kurzreisen <strong>in</strong> umliegende Städte unternommen. So habe ich e<strong>in</strong> Wochenende <strong>in</strong><br />

der Hauptstadt Madrid verbracht. Außerdem habe ich Tagesausflüge nach Salamanca, Segovia (sehr zu<br />

empfehlen), Burgos und Penafiel gemacht. Die Bahnanb<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong> ist super, so dass man sehr gut<br />

morgens losfahren und abends wieder zurückfahren konnte.<br />

Ich habe mir vor me<strong>in</strong>er Reise Gedanken gemacht, ob es Probleme geben würde wegen der Eurokrise. Diese<br />

Sorgen haben sich aber als unbegründet herausgestellt. Frau Merkel ist im Moment <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> extrem unpopulär<br />

und man wird als Deutsche gefragt, warum sie so entscheidet, wie sie entscheidet. Wenn man sich allerd<strong>in</strong>gs von<br />

ihrem politischen Kurs distanziert oder zum<strong>in</strong>dest die Nöte der Spanier Ernst nimmt, s<strong>in</strong>d alle sehr nett und<br />

entspannt. So wurde mir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Diskussion vorgeschlagen, dass die Deutschen doch e<strong>in</strong>fach Fabriken <strong>in</strong><br />

<strong>Spanien</strong> aufbauen sollen, denn es gäbe genug gut ausgebildete Arbeitskräfte, die so nicht nach Deutschland<br />

ziehen müssten. Me<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis, die Ausbildung könne sich doch etwas unterscheiden, ließ man nicht gelten.<br />

Insgesamt haben die Deutschen e<strong>in</strong>en sehr guten Ruf und deutsche Produkte werden fast ehrfürchtig betrachtet.<br />

Wir gelten aber auch als sehr arbeitsam und wenig partybegeistert (mucho trabajo, poco fiesta).<br />

Die Spanier, die ich <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong> und auf me<strong>in</strong>en Reisen getroffen habe, waren alle sehr warmherzige und<br />

freundliche Menschen, die immer e<strong>in</strong> freundliches Wort auf den Lippen hatten und sich auch über stockende<br />

Fragen auf Spanisch sehr gefreut haben.<br />

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vmd-Austausch-Bericht: <strong>Famulatur</strong> <strong>in</strong> <strong>Valladolid</strong>, <strong>Spanien</strong><br />

Fazit<br />

Ich kann nur jedem, der darüber nachdenkt e<strong>in</strong>e Auslandsfamulatur zu machen, dies raten. Ob <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> oder<br />

nicht, müsst ihr daran entscheiden, ob ihr fachlich viel lernen wollt. Wenn ja, geht besser nach Großbritannien<br />

oder Skand<strong>in</strong>avien. Wenn euch das Fachliche nicht so wichtig ist und ihr eher menschliche Erfahrungen sammeln<br />

wollt, seid ihr <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> genau richtig. Und nur mal so: Das Land ist der kulturelle Hammer.<br />

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