Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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Prof. Dr, A. SS et ui t z c: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> vorn 81<br />
Richter können nicht ein Mehreres zum Beweise einer tattge-'<br />
habten W:illenserkliirung erfordern, als den Beweis dessen, was<br />
zu ihrem Zustandekömmen gehörte. Wenn daher ein Recht<br />
sagt: eine schriftliche Willenserklärung kann nur durch den<br />
Nachweis der Begebung einer, unterschriebenen Urkunde bewiesen<br />
werden, so steckt darin, zugleich der privatrechtliche.<br />
Satz: eine schriftliche Willenserklärung kann nur durch Begebung<br />
einer unterschriebenen Urkunde zu Stande kommen. '"):<br />
Man möchte etwa glauben, die rein processualische, das<br />
materielle Recht nicht berührende Beweisnatur einer derartigen<br />
Vorschrift in der Weise deduciren zu können: zur Giltigkeit der<br />
Willenserklärung sei zwar die Unterschrift nicht erfo'rderlich,<br />
aber dass dieselbe auch wirklich abgegeben worden, könne:<br />
nur durch die unterschriebene Urkunde bewiesen werden. Allein<br />
hierin würde eine Selbsttäuschung liegen, denn die Abgabe der<br />
Erklärung ist eben das Haupterforderniss der Willenserklärung<br />
öder richtiger diese selbst, und der Satz, diese könne nicht<br />
ohne unterschriebene Urkunde bewiesen werden, würde nichts<br />
Anderes sagen, als sie könne rechtswirksam nur in dieser Form<br />
erfolgen. Ueberdies aber ist, wie sich im Folgenden zeigen wird,<br />
gerade die Unterschrift durchaus untauglich, überhaupt die<br />
stattgehabte Abgabe einer Erklärung zu beweisen.<br />
Die Unterschrift kann als Beweiserforderniss mithin immer<br />
nur da aufgestellt werden, wo durch Rechtssatz die Existenz<br />
einer schriftlichen Willenserklärung von ihr abhängig gemacht<br />
ist. Dieses kann bekanntlich in doppelter Weise geschehen. Entweder<br />
in Verbindung mit der Vorschrift, dass ein bestimmtes<br />
Rechtsgeschäft überhaupt nur schriftlich und mithin in dieser<br />
Form abgeschlossen werden kann, wie z. B. beim Wechsel,<br />
143) Auf diesem rein praktischen Gesichtspunkt der gleichen Wirkung beruht<br />
auch die Ausdrucksweise des so Übersus formalistischen französischen •Ur-<br />
Jcuudenrechtes, Code civ. a. 1.322 fl'. Bald heisst 63 : nur die so geartete Urkunde<br />
.beweist" (aJbV, bald : nur sie ist „gültig" ('vuloble), bald heisst es überhaupt<br />
nur: „sie muss" so und so geschrieben sein ('dait &fre icniQ, natürlich kein<br />
glücklicher, sondern viel Streit veranlassender Mechanismus der Geselzgebnng.<br />
Viel seh'drfor die Vorschrift des röm. Rechtes in pr. lust 3, 23 : non aliter nc<br />
fcaan esse ernptionem ei rendit.ione,n, nisi ist; daraus ergibt sich dann von<br />
selbst, dass der schriftliche AbschLuss auch nur durch so geartete Urkunde be<br />
wiesen werden kann.<br />
Schultzo. 150