Zur Lehre vom Urkundenbeweise
Zur Lehre vom Urkundenbeweise
Zur Lehre vom Urkundenbeweise
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Prof. Dr. A. S. S chh1tze: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> <strong>Urkundenbeweise</strong>. 77<br />
geschlossen werden. Dabei ist - aber zu bemerken 1 dass hier die<br />
Absieht, eine Erklärung abzugeben, weil es sieh nicht um<br />
Willensdispositionen handelt, nicht nothwendig in der Mittheilung<br />
der Schrift an den Interessenten oder überhaupt an<br />
eini andere Person zur Erscheinung zu kommen braucht. Vielmehr<br />
kommt es hier nur darauf an, dass der Schreiber da<br />
Geschriebene in irgend einer erkennbaren Weise von seinen<br />
lediglich inneren Gedanken hat ablösen, in diesem Sinne einer<br />
Erklärung sich hat entäussern wollen. Ferner ist das, was ich<br />
oben die Ernstlichkeit der Erklärung genannt habe, hier nicht<br />
ihre Uebereinstimmung mit einem rechtsbegründenden Willen,<br />
sondern besteht hier in der Absicht, die Wahrheit zu sagen,<br />
in der subjectiven Wahrhaftigkeit als der ersten Voraussetzung<br />
der etwaigen objectiven Wahrheit des Gesagten. Für Zeugnisse<br />
und Geständnisse ist das ja ohne Weiteres klar; für die etwa<br />
sonst in Betracht kommenden Indicien besteht die Ernstliehkeit<br />
der Erklärung darin, dass die Schrift der Ausdruck der wirklichen<br />
und wahren Geistesaffection des Schreibers war, also<br />
seiner wirklichen Absicht und Willensrichtung entsprach, nicht<br />
zum Scherz geschrieben ist u. s. w. -<br />
Beides, die Entäusserung der Erklärung und ihre Ernstlichkeit,<br />
kann durch die mannigfaltigsten, die Niederschi'ift begleitenden<br />
oder ihr nachfolgenden, durch keine Casjiistik zu erschöpfenden<br />
Umstände indicirt werden, und da hier alle solche<br />
Umstände meist für Beides zugleich sprechen, so kann hier auch<br />
Beides zugleich behandelt werden.<br />
Vor Allem kommt auch hier natürlich die Aushändigung<br />
der Urkunde an den an ihrem Inhalt Interessirten, z. B. beiGe-.<br />
ständnissen, in Betracht, für welche auch hier der Besitz derselben<br />
wieder ein wesentliches Indicium ist. Aber auch an dritte<br />
Personen gerichtete Erklärungen der Art können eine wesentliche<br />
Beweiskraft haben.<br />
Das noch im Besitz des Schreibers befindliche oder wider<br />
seinen Willen aus demselben gekommene Schuldbekenntniss beweist<br />
gar nichts, denn es ist eine Erklärung nicht abgegeben;<br />
ebensowenig ist der nicht abgesandte, wenn auch unterschriebene<br />
Brief, der verlorene Zettel geeignet, das, was etwa darauf steht,<br />
zu beweisen. Hat aber Jemand einem vertrauten Freunde Mittheilung<br />
gemacht voll Darlehen, das er bei X habe auf-<br />
146