Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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Prof. Dr. A. 8. Schultz e '<strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> Urktrndenbewoise. 69<br />
Wort zum Beweistittel geworden äei. Allein nicht die S Rede<br />
ist dauernd wahrnehmbar gemacht, sondern nur , die Möglichkeit<br />
gewährt, dieselbe mehr oder weniger ähnlich zu reproduciren.<br />
Nicht die Rede ist zum Beweismittel geworden, sondern<br />
der Phonograph zu einem mehr oder minder verlässlichen Beweismittel<br />
für eine der Vergangenheit angehörige Rede; diese ist<br />
bei dem phonographischen so gut wie beim Zeugenbeweise nicht<br />
Mittel, sondern Gegenstand des Beweises. Aber ist das Phonogramm<br />
nicht wenigstens Urkunde, der Beweis mittelst Phonographen<br />
nicht Urkundenbeweis? Auch das ist zu verneinen.<br />
Denn aus dem Phonogramme können die Worte und mithin<br />
ihr Sinn nicht unmittelbar wahrgenommen, sondern es kann<br />
nur ihr verhallter Klang mit einer complicirten Maschine<br />
mehr oder minder ähnlich reproducirt iverden. Der Beweis<br />
mittelst Phonographen ist nicht' Urkunden-, sondern Augenscheinbeweis,<br />
nicht Augenscheineinnahme der stattgehabten<br />
Rede, sondern einer mehr oder weniger zutreffenden, künstliehen<br />
Reproduction derselben, welche je nach den Umständen<br />
einen Schluss auf die der Vergangenheit angehörige und<br />
sähleähterdings nicht mehr wahrnehmbare Thatsache' möglich<br />
machen kann. Dass auch sonst die 'Augehscheineinnahme der<br />
künstlichen Reproduction eines vergangenen Ereignisses ein<br />
Indiz für die Beschaffenheit des letzteren liefern kann, ist an<br />
anderem Orte ausgeführt worden. ')<br />
Doch kehren wir nach dieser Abschweifung zum Gang<br />
der Darstellung zurück. Während die Rede niemals Beweismittel<br />
sein kann, sondern immer nur Gegenstand des Beweises,<br />
ist die Urkunde, und zwar die dispositive so gut' wie die reine<br />
Beweisurkunde immer Beweismittel und nur Beweismittel.<br />
Dem Satze Bähr's: Die dispositive Urkunde ist, iisoferne<br />
sie die Willenserklärung enthält, nicht Beweismittel, ist der<br />
'°') Nachträglich habe ich gesehen, dass v. Krie g , Lehrbuch des Strafprocesses,<br />
S. 413 das Phonogramm für eine Urkunde erklärt. Er will daher im<br />
Strafprocess die Zultssigkeit eines Beweises mittelst Phonograph von den Voraussetzungen<br />
der Urkundenvorlesung abhängig wachen. Allein meines Erachtens<br />
greifen in keiner Richtung die Bestimmungen über TJrk,mdenbeweis (über Echtheit,<br />
Edition, Beweiskraft, im Strafprocess über Verlesung ete.), sondern überall<br />
die Grundsätze des Augenscheinbeweires, also die freie Beurtlieitrnig des Richters<br />
sowohl in Bezug auf die Zulässigkeit als das Resultat des Platz.<br />
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