Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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66 Prof. Dr. A. S. Sehultze: Zür <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> Urknodenbeweise.<br />
schluss' beweist. Ist also z. B. vor dein Notär allein eine ihrem,<br />
logischen inhalte nach eine Willenserklärung darstellende Erklärung<br />
abgegeben, ein Zahlungsversprechen, eine Verpfändungserklärung<br />
etc., so wird durch die hierüber ausgefertigte<br />
Notariatsurkunde nur bewiesen, dass der Erschienene dieses<br />
dem Notar erklärt hat, nicht aber die Abgabe eine Willens-.<br />
erklärung im Rechtssinne, d. h. eine Willensdisposition. . Eine<br />
solche kommt erst zu Stande durch die Begebung der Urkunde,<br />
und kann also auh nur bewiesen werden durch den Beweis<br />
dieser Begebung, wofür natürlich regelmässig der Besitz der<br />
Urkunde seitens des Destinatärs nach dem oben Gesagten ein<br />
ausreichendes Indizium sein kann.<br />
Anders verhält es sich, wenn beide Contrahenten vordem<br />
Notar erschienen sind und der letztere die Erklärungen, welche<br />
beide sich abgegeben haben, bezeugt. Hier beweist das Zegniss<br />
des Notars über den ganzen Hergang natürlich den stattgegeliabten<br />
Vertragsshlnss. Allein hier liegt, genau betrachtet, ein<br />
schriftlicher Vertragsschluss gar nickt vor, sondern ein mUndlicher,<br />
über dessen Hergang der Notar eine. Beweisurkunde<br />
aufgenommen hat. Dass ein so beurkundeter mündlicher Vortragsschluss<br />
auch da genügt, wo das Gesetz etwa schriftliche<br />
Form des Vertrages vorgeschrieben hat, kann wohl nicht<br />
zweifelhaft sein, weil die Zwecke, welche das Gesetz mit solcher<br />
Vorschrift verfolgt, reiflichere Ueberlegung und sicherer Beweis<br />
.des Inhaltes der abgegebenen Erklärung, durch Vcr]autbarung<br />
vor dem Notar noch besser erreicht werden als durch<br />
den Abschluss mittelst Begebung einer Privaturkunde, und<br />
weil eine solche dispositive Privaturkunde, sobald sie in einem<br />
einzigen Momente der Uebermittlung einer Willenserklärung<br />
gedient hat, ja immer und in allen Fällen auch nur noch<br />
lediglich und ausschliesslich die Bedeutung eines Beweismittels<br />
hat. Eine Gesetzesvorschrift welche schriftliche Form für<br />
einen bestimmten Vertrag erfordert, hat, sofern nicht das<br />
Gegcntheil etwa klar vorgeschrieben sein sollte, überhaupt nur<br />
die rechtspolitisehe Bedeutung, dass eine Beweisurkunde über<br />
denselben: aufgenommen werden soll; nur dass hier von der<br />
Befolgung dieser Vorschrift die Giltigkeit des Vertrages abhängig<br />
gemacht wird. Ob die Contrahenten sich, ihre Willenserklärungen<br />
schon vorher in anderer Form, z.. B. mündlich<br />
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