Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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Prof. Dr. A. S . Sehultzd; <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> vnin Urkundonbewei ge. 51<br />
Uiid auch alles, *äs die Urkunde sonst berichtet, stellt sie für<br />
den Richter so gut fest, als ob dieser es selbst mit eigenen<br />
Augen geschaut hätte.<br />
Aus diesen Gründen gibt es zwar eine Anfechtung der<br />
formellen Echtheit, aber keinen Gegenbeweis gegen die echte<br />
Urkunde weder dafür, dass das fragliche Reehtsgeschäft nicht<br />
zu Stande gekommen sei, noch gegen den bios berichtenden<br />
Inhalt derselben, los)<br />
Endlich ergibt sich hieraus, dass zwischen der materiellen<br />
Beweiskraft der echten gesiegelten Parteiurkunde und derjenigen<br />
einer öffentlichen Zeugnissurkunde im Grunde genommen kein<br />
Unterschied besteht. Denn jene bringt den beurkundeten Vorgang<br />
so gut zur unmittelbaren Erscheinung wie diese. Nur<br />
rücksichtlich der. Anfechtung der Echtheit besteht der oben<br />
erwähnte Unterschied.<br />
Die Legaltheorie nun ist es, welche wie vielfach so auch<br />
hier deutschrechtliche Anschauungen in das gemeine Processrecht<br />
übernommen und fortgesponnen und dann der modernen Doctrin<br />
überliefert hat. Von »Brief und Siegel" galt nach mittelalterlicher<br />
Anschauung in der That Alles, was die Legaltheorie und<br />
zum Theil die heutige Doctrin von der echten Urkunde überhaupt<br />
behauptet. Deutschrechtlichen Ursprungs ist es, wenn der Satz<br />
aufgestellt wird, die echte Urkunde bringe den beurkundeten<br />
Vorgang »zur unmittelbaren Erscheinung", sie mache im Gegensatz<br />
zu allem anderen Beweise, der nur „Wahrscheinlichkeit" oder<br />
so genannte „menschliche Wahrheit" hervorbringe, „juristische<br />
Gewissheit" ‚ welche der durch eigene sinnliche Wahrnehmung<br />
des Richters hervorgebrachten „anschauenden Gewissheit" gesetzlich<br />
gleich stehe. 110) Man schreibt dann dieselbe Wirkung<br />
auf Grund bekannter canonischer Quellen auch noch dein<br />
»vollen" Zeugenbeweis, d. h. der übereinstimmenden Aussage<br />
obiisse, si qld8 succedefltium iii velit infrii,gere tel timm/arg, ipsa lilteralis<br />
co,nn,e,,dationis auctoritas in ‚nediu,n prolata, et precipue si subU'nitate<br />
i;nperiali rat confinnata, ha j eatur pro teste ad inflrrnanda ‚nolirnina partis<br />
udversae. Vgl. auch Fick er, 1, S. 94, 95.<br />
III)<br />
Blume von Magdeburg 1, 89 e(l. Bhlau, 8.47); Kaiser Ludwig's<br />
Rechtsbuch, Art. 318 (ed. v. Freyherg, 4, 490); Münchner Stadtrecht, Art. 463<br />
(ed. Auer, S. 177); Steiermark. Landrecht Art. 52 (cd. Bischoff, 8.98); Magdeburg.<br />
Fragen, 2, 9, 1 (ed. Behrend, 8.1;?) und dazu Bresslan, S. 545, 546.<br />
110)<br />
Schneider, Vollstilndige <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> Beweise. 2 Aufl., 1842,<br />
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