Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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Prof. Dr. A. S. Schultz 0: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> <strong>Urkundenbeweise</strong>. 49<br />
die Begebung bewiesen, und es wird kein Einwand zugelassen.<br />
Der Beklagte kann also entweder nur die Echtheit des Siegels verneinen<br />
102); dann hat er die Echtheit des Siegels eidlich abzuleugnen<br />
101); der Kläger kann ihm jedoch den Eineid durch Beweis<br />
mittelst Siegelvergleichung verlegen. 104) Oder der Beklagte erkennt<br />
zwar die Echtheit des Siegels an, bestreitet aber, dass dasselbe mit<br />
seinem Wissen und Willen angehängt worden; dann hat er diese<br />
Negative zu beschwören, und zwar nach Goslar, a. a. 0.<br />
immer, nach Magdeburger Recht nur dann selbdritt, wenn der<br />
Kläger ihn mit Zeugen angesprochen, dass das Siegel mit seinem<br />
Wissen . und Willen angehängt worden sei. '°') .<br />
So bei der Parteiurkunde. War dagegen die . Urkunde<br />
von einem Dritt ö n .gesiegelt, dessen Siegelzeugniss als beweiskräftig<br />
galt, so kommt nach dem oben (5. lii) ff.) Gesagten überhaupt<br />
nur die Echtheit dieses Siegels in Frage, zu deren Feststellung<br />
man im Falle der Ableugnung bei . Schöffenbriefen auf<br />
das Zeugniss der Schöffen und auch sonst vielleicht gegebenen<br />
Falls auf das .Zeugniss des Sieglcrs zurückging. 100)<br />
Vermöge dieser symbolischen Bedeutung, welche die mittelalterliche<br />
Anschauung dem Siegel beilegte, indem sie in demselben<br />
ein dauerndes und untrügliches Beweismittel zu finden glaubte<br />
für den einmaligen der Vergangenheit angehörigen Vorgang<br />
der Abgabe einer Erklärung, hatte das mittelalterliche Recht<br />
sich im Gegensatz zum römischen und den Stammesrechten<br />
eine Privaturkunde geschaffen, welche nicht nur den Inhalt<br />
einer möglicherveise abgegebenen Erklärung beweist, sondern<br />
welche diesen einmaligen Vorgang, nämlich den Act der ihr<br />
selbst widerfahrenen Bgebung dauernd sinnlich wahrnehmbar<br />
macht. „Brief und Siegel" haben eine geheimnissvolle Kraft<br />
erhalten. In ihnen kann Jeder für alle Ewigkeit und in jedem<br />
beliebigen Momente jenen vergangenen Vorgang der Erklärung<br />
eines Willens mit eigenen Sinnen wahrnehmen, so gut als ob<br />
101) Goslar, Statuten cd. Gösehen, S. 71.: lt ne si sin nielt,, de rede si enic<br />
nnwitlic, lau ne lache des breves nicht ghcgheven. Hier wird ausdrücklich Siegelun<br />
und Begebung der Urkunde identificirt. .<br />
101 Goslar, a. 5. o Vgl. Kulm, IIJ, 74: dat det segel sin nicht en<br />
iioelo nü sin were.<br />
104) So nach dein neueren Zusatz zu Goslar, a. a. 0.<br />
101) Planck, Deutsch. Gerichtsv. 11, S. 207 ff. Bressl alt, S. 547 ff.<br />
106) Planeh an. a. 0. 8. 198 ff., 210 1'. Bresolau, S. 546.<br />
Schuntza. 116 4