Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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40 Prof. Dr. A. S: Schult ze: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> von, Urknndbnhew&jge.<br />
Es gilt dies aber nur 'lllr . Urkunden im engeren Sinne<br />
(Diplome, Prvilegien, Verträ , e' v:Gerichtsarkunden), nicht für<br />
allgemeine Anordnungen und Verfügungen (Gesetze im heutigen<br />
Sinne), So entbehren namentlich die Capitularien des Siegels<br />
und wenigstens regelmässig auch 'der Unterdchrift, sowie jedes<br />
sonstigen Zeichens der Beglaubigung und der Publication. 70)<br />
Es könnte das auffallen. Allein die allgemeinen Rechtssatzungen<br />
werden den Beamten, die sie anwenden sollen, mitgetheilt und<br />
finden durch den Mund dieser ihren alleinigen Weg zum Volke<br />
Die Autorität der königlichenBeamten, denen das Volk Gehorsam<br />
schuldet, steht für sie ein. Dem Volke steht kein Recht zu, behufs<br />
'Controle der Beamten Brief und Siegel darüber zu begehren. 77)<br />
Anders verhält es sich mit den Urkunden.' Sie betreffen<br />
die Rechte bestimmter einzelner Personen und werden nur diesen,<br />
hicht den Beamten mitgetheilt;-' aber dennoch ist die Frage<br />
ihrer Rechtskraft für Dritte, sowohl für Private als - für die<br />
Gerichte und andere Behörden von entscheidender Bedeutung.<br />
Eier bedarf es also eines sichtbaren und untrüglichen Zeichens<br />
? des hinausgegebenen Befehles; und dieses -ist das anhängende<br />
Siegel ' des Königs. -' -<br />
Diese Bedeutung des Siegels sdhint mir auch zum Ausdruck<br />
'zu kommen in der nachträglichen Siegelung solcher- Urkunden,<br />
die früher ein Siegel nicht bekommen oder dasselbe<br />
verloren haben, , sofern nur die stattgehabte Hinausgabe derselben<br />
nicht zu bezweifeln war. - - -'<br />
- Das ‚wird ausdrücklich hervorgehoben in einem Nachsiegelnngsvermerk<br />
Kaiser Heinrich IV. (a. 1196): quod privilegium<br />
vidimus, legimus et plenarn auetorftatem votumus et decernimus<br />
'habere, non- obstantc, quod sigillum impressum eereuM vet1atate et<br />
'rac(ura lesum peri€t et sigiW sollernpnitas defuit consueta. 78)<br />
Die Bedeutung -des Siegels wi?d hier darin gefunden, dass es<br />
das Zeichen des hinausgegebenen Rechtsbefehles, der plena auctorüas<br />
des privileqU war, und die Bedeutung des neuen Siegels<br />
darin, dass dasselbe diesen ertheilten Rechtsbefehl - wieder sieht'<br />
70)<br />
Seo-liger, Die capitularien der Karoinger. 1893, 824ff. -<br />
- 77)<br />
Als die Italiener, einst ein Capitulare Karls d. Or. nicht befolgen<br />
wollen, weil sie den kaiserlichen Ursprung ‚eugnen, begnügt sich Karl damit, seinen<br />
Sohn Pipin aufzufordern: ca nota facias. Seeliger, a, a. 0. 8.27.<br />
70) )?ieher, 1, S,234. Bressian, S. 520.<br />
'101)