Zur Lehre vom Urkundenbeweise
Zur Lehre vom Urkundenbeweise
Zur Lehre vom Urkundenbeweise
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
prof. Dr. A. S. Sehnftze: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> <strong>Urkundenbeweise</strong>. 25<br />
Also auch hi& it die'Reü, nicht die Schrift die Willenserklärung;<br />
die letztere gibt nur den Inhalt der Erklärung an<br />
und wird zur Verhiltüng der Fälschung zugesiegelt. Auch hier<br />
kann daher die stattgehabte Abgabe der Erklärung nicht durch<br />
die Urkunde s6ndeiSn nur durch ausser ihr liegende Beweismittel,<br />
nämlich . durch die Zeugen bewiesen werden, in deren Gegenwärt<br />
die entsprccbende Erklärung abgegeben ist.<br />
Lediglich in diesem Sinne, dass der Inhalt der Schrift nur,<br />
soweit er als Theil der mündlichen oratio erscheint, von Bedeutung<br />
ist vermag ich auch den Ausspruch des Paulus zu verstehen in<br />
L. 38, D; de 0. et A. 44, 7: non figwra litterarum sed oratiohe,<br />
quam .cxprimunt litterae, oMigamur, guatenus placuit non<br />
minus ‚vale'te, quod .scrlptura, quam quod vccibus Ungua figuratis<br />
significarsur. . ...-<br />
:‚Denn .wöllte'mau dic-Stelle wie üblich auf dispositive<br />
TJrkiiiiden 'ihl heutign Sinne beziehen und in ihr lediglich die<br />
llJnteFscheiduhg einerseits d'ersichtbäi,enWottzeichen.und andereteits<br />
des dütch diese gegrebenen Sinnes £ndii 31*), so wäre nicht<br />
nur. diese Unterclieidung eine völlig früssige und bedeutungslose<br />
: .„,weil ja mit deif-Worten: ohn&Weiteres auch ihr Sinh'<br />
gegeb.S, ist;. sondern auch die: aus iht:gezogeneSchlusfoIgerung<br />
eine logisch gan± verke1irt.<br />
Ans döm Vorstehenden ergibt .sich endlich, dass auch beim<br />
Testainejit die: Untersehrift kein Effordemis ist; vielmehr ist<br />
dieselbe : , als solche erst mit. :Entwicklung der dispositiven<br />
Urkunde. 1 durch spätere. ‚Kaiserconstitntionen eingeführt 88),<br />
und zwar, wie B r u n s 89) nachgewiesen hat, als allgemeine Regel<br />
durch das Gesetz Theodosiüs IL <strong>vom</strong> Jahre 439 nach Ohr. 3)<br />
Erst im dritten Jahrhundert nach Chr. beginnt eine<br />
alirnälige. Umgestaltung dS Urkundenwesens.. In Anknüpfung<br />
an die gewöhnliche (ebenfalls unteisehriftslose) epitula entwickelt<br />
sich alhnälig die' dispositive IJrkundo.°) Mit dem<br />
3) §o z. B. Bfthr Anerkennung, §. 34, Anm. 2.<br />
.' 3 Ihst., 2. 10. . .<br />
SO) A. a. 0. S. 77 f.<br />
00') ‚Nov. Thcod. Ut. 76 (cd. HueneV.<br />
40) Ueber diese Entwielifung Bruns, 5. a. 0. 5.105ff. - Brsnner,<br />
a. a. 0. S. 49 IF. Auf dispositive Urkunden deuten schon die in den Quellen nicht<br />
seltenen Ausdrücke: nve,,irc per epistula.n ‚ per litteras; vende,'e ‚ donare<br />
per epietidain, in Ubcrtateni produceie per epit ulum u, dgl..<br />
94