Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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10 Prof. Dr1 Ä, 5. Schultze: so: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> <strong>Urkundenbeweise</strong>.<br />
'baren, äusseren Zustand, nicht in dem, was der Richter allein<br />
mit seinen äusseren Sinnen wahriilmmt, sondern in dem durch<br />
Schriftzeichen ausgedrückten gedanklichen Inhalt, gerade so<br />
wie beim Zeugenbeweise der Beweisgrund nicht in der 'Wahrifehmung<br />
mit dem Gehörssinn liegt, dass der Zeuge überhaupt<br />
-spricht, sondern in dem, was der Zeuge inhaltlich bekundet.<br />
Auch das Augenscheinsohject ist Beweismittel, aber der Bcweis<br />
grund, den es abgibt, liegt lediglich dai'in, dass es ist und<br />
(lass es so ist, wie es sich in den Sinnen äusserlich, darstellt,<br />
nicht in einem von ihm ablösbaren Gedankeninhalt;' das Augenscheinsobject<br />
kann nichts hergeben als- das, was und wie es den<br />
äusseren Sinnen erscheint. Die Urkunde und die Zeugen dagegen<br />
-geben etwas her, was nicht lediglich durch die fünf<br />
Sinne, sondern als sprachlich ausgedrückter Gedankeninhalt nur<br />
durch den Gedanken erfasst werden kann.<br />
..Urkundenbeweis ist der 'Beweis mittelst eines schriftlich<br />
ausgedrückten Gedankeninhaltes: 15)<br />
Aus dieser inneren Verschiedenheit, welche den lJrkniidenbeweis<br />
einerseits <strong>vom</strong>Augenscheinsbewcise in Bezug 'auf den Inhalt<br />
und andrerseits <strong>vom</strong> Zeugenbeweise rücksichtlich der Form der<br />
Uebermittlung des sprachlichen Gedankenausdruckes -- durch das<br />
todte Wort (vox mortun) im Gegensatz zur 'vox viva - scheidet,<br />
ergibt sich die Nothwendigkeit der besonderen Bestimmungen<br />
und Grundsätze über den Urkundenbewis, welche eben deshalb<br />
nicht ohne Weiteres auf, andere Beweismittel übertragbar sind.<br />
H. Die der Urkunde zu entnehmenden Beweisgründe."')<br />
- Die Urkunde ist immer nur Beweismittel, welches<br />
den von ihm gebotenen Gedankeninhalt einen Beweisgrund für<br />
Im Resultat wesentlich übereinstimmend v, K r ies • Lehrbuch des<br />
trafprocesses, S. 143.<br />
"*) Bi der unendlichen Verschiedenheit der Terminologie erscheint es<br />
zweckmässig, hier meinen a. 5. 0. ausführlich dargelegten Standpunkt kurz zu<br />
bezeichnen. Unter Beweismittel verstehe ich die sinnlich Fahrnehmbaren Objecte,<br />
an welchen der Richter zwecks Bildung einer Ueberzeugung von That.<br />
sachenwahrheit Wahrnehmungen machen kann, also z. B. Zeugen, unter Umständen<br />
die Parteien, Urkunden, Augenscheinsnhjecte; unter Beweisgründen die Gründe,<br />
aus deren Kette der Richter auf die Wahrheit einer Thatsache schliessen kann. -<br />
Der Parteieid in seiner hentiken Gestalt ist weder Beweismittel, noch Beweis-<br />
.grnnd sondern Mittel formellei Feststellung, wie auch das gerichtliche Geständniss.