Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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109 Prof. Dr. A. S. Schultz c <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> <strong>Urkundenbeweise</strong>.<br />
Edition eines solchen unbegebenen Schriftstückes gerichteter<br />
Antrag wäre eine erhebliche Beweisantretung dafür.<br />
Nicht minder bedenklich erscheint der Schlusssatz des<br />
§. 305 mit Rücksicht auf seinen besonderen Inhalt; denn in ihm<br />
ist die Bstinmiung enthalten, dass die unterschriebene Privaturkunde<br />
auch die Richtigkeit ihres Datums beweisen soll, sofern<br />
nicht etwa „gesetzliche Bestimmungen' noch einen „verschiedenen",<br />
d. h. anderen Beweis dafür verlangen. Wenigstens<br />
scheint mir der Satz nicht anders aufgefasst werden zu können.<br />
Nun kann man aber als in der hentigrn Theorie und Praxis<br />
feststehend wohl den Satz betrachten, dass die Datirung einer<br />
Privatiirknnde, und zwar auch einer solchen mit dem Inhalte<br />
einer Willenserklärung, immer nur ein aussergerichtliches Zeugniss<br />
über die Zeit ihrer Ausstellung ist; denn über den Zeitpunkt<br />
einer der Vergangenheit angehörigen Thatsache kann<br />
man nicht verfügen, sondern nur die Wahrheit oder Unwahrheit<br />
sagen. Ein solches Zeugniss hat zwar dem Aussteller selbst<br />
gegenüber, wenn die Urkunde begeben ist, die Beweiskraft eines<br />
aussergcrichtliehen Geständnisses; Drittn gegenüber aber beweist<br />
es, eben weil es ein Zeugniss ist, regelmässig nichts.<br />
Dritte können daher, auch wenn sie die Echtheit der Urkunde<br />
anerkennen, trotzdem die Richtigkeit des Datums bestreiten,<br />
und den Beweis derselben erwarten. Praktisch wird die Frage<br />
ja sehr häufig dann, wennes sich um durch die Zeit bedingte<br />
Vorrechte mehrerer Gläubiger desselben Schuldners handelt.<br />
Bekanntlich pflegen bedrängte Schuldner, um sieh noch Credit<br />
zu virschaffen, häufig antedatirte Vorrechte zu gewähren. Die<br />
coneurrirenden Mitgläubiger haben oft gar keine Veranlassung<br />
die Echtheit der Urkunde zu bezweifeln, aber sie bestreiten die<br />
Richtigkeit des Datums, behaupten Antedatirung. Nach dem<br />
SchhiSäatze des §. 305 müssten sie die Antedatiruug beweisen;<br />
nach der in der deutschen Theorie und Praxis feststehenden<br />
Ansicht dagegen liegt in solchem Falle dem Urkundenproducenten<br />
der Beweis der Richtigkeit des bestrittenen Datums ob,<br />
obschon die echtheit der Urkunde nicht bestritten ist."')<br />
"')<br />
Gerau, %eitschr. f. Civilr. ii. Proc. E8.20, S. 76 ff., 97 ff. —Wetzefl,<br />
Syst., §. 24, Nr. 1, S. 222 lt EG. in dem sehr gut begründeten Urtheil v. 27. Sept.<br />
1882. Entseh. Ed. 8, S. 328 lT.; ferner dasselbe Ed. 13, 5. 366. Ed. iC, S. 438,<br />
Ed. 26, S. 3. Vgl. auch Krit. Vierteljahrssdir., Rd. XVIII, S. 233. Bähr,<br />
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