Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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Prbf. Dr. A. S. Schultze: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> Urkundenbäweise. 101<br />
„Die etviirechtlichen Bestimuiiungen, durch welche die<br />
Beweiskraft einer Privaturkunde von weiteren Erfordernisseft<br />
abhängig gemacht ist, ferner die Vorschriften der Wechselgesetze<br />
über die Beweiskraft des Wechselsbleiben unberührt;<br />
Ebenso bleiben alle jene gesetzlichen . Bstimmungen<br />
unberührt, welche für das Datum einet Urkunde einen von<br />
der Erklärung des Ausstellers verschiedenen Beweis verlangen."<br />
Lassen wir zunächst den letzten Absatz ausser Betracht,<br />
so wird durch jenen Zusatz über die Aufrechterhaltung der<br />
„civilrechtlichen Bestimmungen", welche die Beweiskraft der<br />
Privaturkunden von noch „weiteren Erfordernissen" (als der<br />
Unterschrift) abhängig machen und über die Aufrechthaltung<br />
der die Beweiskraft des Wechsels betreffenden wechselrechtlichen<br />
Bestimmungen deutlich an die Hand gegeben, was übrigens in<br />
den „erläuternden Bemerkungen" zum Entwurf (5. 270) auch<br />
noch ausdrücklich ausgesprochen wird, dass der erste Satz des<br />
§. 305 nicht etwa nur wie §. 381 der CPO. die inhaltliche<br />
Echtheit der Privaturkunden, sondern die materielle Beweiskraft<br />
derselben betreffen soll, d. h. dass derselbe in der That<br />
sagen will und soll, dass die blosse Existenz einer Unterschrift<br />
unter einem Schriftstück beweise, dass mittelst desselben eine<br />
Erklärung abgegeben, insbesondere also, sofern es sich um den<br />
Inhalt einer Willenserklärung handelt, dass die Urkunde <strong>vom</strong><br />
Verfasser derselben begeben worden, dass der Wille erklärt, mithin<br />
dieses Haupterforderniss des Zustandekommens. des Rechtsgeschäfts<br />
erfüllt sei. Durch den §. 305 würde in der That die<br />
Ansieht zum Gesetz erhoben, die wir in den vorstehenden Er<br />
örterungen über §. 381 CPO. für unmöglich erklärt haben, weil<br />
sie den privatrechtlichen Satz enthalten würde, dass durch<br />
blosses Schreiben ohne Mittheilung des Geschriebenen Willenserklärungen<br />
abgegeben werden; denn wenn die blosse Existenz<br />
einer Schrift die stattgehabte Abgabe einer Willenserklärung<br />
beweisen soll, so muss vor Allem das blosse Schreiben eine<br />
solche Abgabe sein. Nach §. 305 würde ein Schriftstück, unter<br />
welchem ein Name steht, welches niemals den Schreibtisch des<br />
Schreibers verlassen hat, ein unabgcsandter Brief, ein niemals<br />
begebener Schuldschein u. s. w. beweisen, dass der Urheber<br />
desselben oiuc Offerte angenommen, ein Zahlungsversprechen,<br />
ein Schuldbckenntniss abgegeben habe u. s. w. und ein auf<br />
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