Was wir gemeinsam gescha en - Zahnärztekammer Niedersachsen
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Dr. Julius<br />
Beischer,<br />
Chefredakteur der<br />
ZKN Mitteilung<strong>en</strong><br />
EDITORIAL<br />
Sturm im <strong>Was</strong>serglas<br />
Ein Hausarzt-Ehepaar Ziegler aus Nehr<strong>en</strong><br />
in Bad<strong>en</strong>-Württemberg war vor vier Jahr<strong>en</strong><br />
zusamm<strong>en</strong> mit mehrer<strong>en</strong> Ärzt<strong>en</strong> und<br />
einem Apotheker in d<strong>en</strong> Verdacht des gemeinschaftlich<strong>en</strong><br />
gewerbsmäßig<strong>en</strong> Betrugs<br />
gerat<strong>en</strong> – Vorwurf: Sie hätt<strong>en</strong> sich Scheinrezepte<br />
zugeschob<strong>en</strong> und abgerechnet.<br />
Eine aufseh<strong>en</strong>erreg<strong>en</strong>de polizeiliche Durchsuchung<br />
der Praxisräume und die Beschlagnahmung<br />
taus<strong>en</strong>der Pati<strong>en</strong>t<strong>en</strong>akt<strong>en</strong> hatt<strong>en</strong> regional für ein<br />
großes Presse-Echo gesorgt.<br />
Jetzt berichtet das »Schwäbische Tagblatt« aus<br />
Tübing<strong>en</strong>, es habe sich nach vier Jahr<strong>en</strong> Ermittlungstätigkeit<br />
herausgestellt, dass die Verschreibung<strong>en</strong><br />
des Arzt-Ehepaars korrekt gewes<strong>en</strong> sei<strong>en</strong>.<br />
Dazu komme, dass die Praxis noch nie durch eine<br />
Überschreitung der Arzneimittelrichtgröß<strong>en</strong><br />
aufgefall<strong>en</strong> sei. Die Erk<strong>en</strong>ntnis – zu der die Polizei<br />
vier Jahre Recherchearbeit b<strong>en</strong>ötigte – verwundert<br />
doch sehr, meint das »Tagblatt«, zumal die<br />
KV-Bad<strong>en</strong>-Württemberg und die dortig<strong>en</strong> Kontrollinstanz<strong>en</strong><br />
zwar nie dazu befragt wurd<strong>en</strong>, aber<br />
am ehest<strong>en</strong> diese Auskunft hätte geb<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>.<br />
Der verständlicherweise erzürnte Hausarzt<br />
Ziegler <strong>wir</strong>d in der Zeitung mit d<strong>en</strong> Wort<strong>en</strong> zitiert:<br />
»W<strong>en</strong>n unsere Erfahrung die Realität darstell<strong>en</strong><br />
sollte, dann ist mit der Realität etwas nicht<br />
in Ordnung«.<br />
Die Memminger-Staatsanwaltschaft bezeichnet<br />
in der selb<strong>en</strong> Ausgabe d<strong>en</strong> Vorgang als eine<br />
»völlig normale Untersuchung«.<br />
In einem ander<strong>en</strong> Fall wiss<strong>en</strong> <strong>wir</strong> jetzt auch<br />
ohne staatsanwaltschaftliche Untersuchung Bescheid:<br />
Bei Wurzelkanalbehandlung<strong>en</strong> kommt es<br />
»häufig zu Behandlungsfehlern«. Das stand jed<strong>en</strong>falls<br />
groß aufgemacht in der Presse. Hintergrund:<br />
MDK-Bilanz 2012 der Begutachtung von<br />
Behandlungsfehlern. Dieser Jahresbericht weist<br />
bundesweit 156 (einhundertsechsundfünfzig) bestätige<br />
Behandlungsfehler bei der Wurzelbehandlung<br />
aus.<br />
Bei Hüft- und Kniegel<strong>en</strong>ksersatz fall<strong>en</strong> die absolut<strong>en</strong><br />
Zahl<strong>en</strong> geringer aus.<br />
Die Wurzelspitze also gewissermaß<strong>en</strong> an der<br />
Spitze der Fehler-Zahl<strong>en</strong>?<br />
Macht man sich allerdings die Mühe, diese Zahl<strong>en</strong><br />
etwas g<strong>en</strong>auer unter Anw<strong>en</strong>dung einfacher<br />
Grundrechnungsart<strong>en</strong> (4. Klasse Grundschule) zu<br />
betracht<strong>en</strong>, dann sieht das Ganze folg<strong>en</strong>dermaß<strong>en</strong><br />
aus: D<strong>en</strong> 156 bestätigt<strong>en</strong> Behandlungsfehlern<br />
steh<strong>en</strong> rund acht Million<strong>en</strong> (8.000.000) Wurzelbehandlung<strong>en</strong><br />
inklusive Wurzelspitz<strong>en</strong>resektion<strong>en</strong><br />
geg<strong>en</strong>über. Tatsächlich beweg<strong>en</strong> <strong>wir</strong> uns hier<br />
im 10tel Promillebereich, nämlich bei 0,2 Promille<br />
oder 0,02 %. Noch anders ausgedrückt: 1 Fehler auf<br />
rund 53.000 Behandlung<strong>en</strong>.<br />
W<strong>en</strong>n man weiß, dass im gleich<strong>en</strong> Zeitraum<br />
»nur« rund 200.000 Hüftgel<strong>en</strong>ksprothes<strong>en</strong> eingesetzt<br />
wurd<strong>en</strong>, liegt das Risiko eines Fehlers anhand<br />
der tatsächlich<strong>en</strong> Fehler-Fallzahl<strong>en</strong> dort 38-<br />
mal höher als bei einer Endo-Behandlung. D<strong>en</strong>n<br />
– so die KZBV in einer Stellungnahme – »erst die<br />
Relation zur Gesamtbehandlungszahl ermöglicht<br />
ein<strong>en</strong> zuverlässig<strong>en</strong> Blick auf die Häufigkeit von<br />
Behandlungsfehlern.«<br />
Fazit: Die Journalist<strong>en</strong>, die d<strong>en</strong> MDK-Fehlerbericht<br />
so interpretier<strong>en</strong>, als wäre das für die<br />
Zahn ärzte ein grott<strong>en</strong>schlechtes Ergebnis, könn<strong>en</strong><br />
<strong>en</strong>tweder nicht rechn<strong>en</strong> oder sind unserer<br />
Berufsgruppe geg<strong>en</strong>über »echt« voreing<strong>en</strong>omm<strong>en</strong>.<br />
D<strong>en</strong>n, mal ganz ehrlich: W<strong>en</strong>n ich mit 0,2 Promille<br />
53.000 Endo-Fälle behandle und dabei höchst<strong>en</strong>s<br />
ein<strong>en</strong> Fehler mache – dann ist das doch ein<br />
berausch<strong>en</strong>des Ergebnis, oder?<br />
ZKN MITTEILUNGEN 6 | 2013 · 289