Bundestags- wahlkampf - Zahnärztekammer Niedersachsen
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BUNDESTAGSWAHLPROGRAMM DER GRÜNEN:<br />
»Grüne Bürgerversicherung ist<br />
keine Einheitsversicherung«<br />
Dass die Grünen ebenso wie die SPD und die Linke den Umbau des dualen<br />
Krankenversicherungs systems zu einer Bürgerversiche rung favorisieren,<br />
ist bekannt. Seit der Ordentlichen Bundes delegiertenkonferenz von<br />
Bündnis 90 / Die Grünen Ende April in Berlin steht es nun auch offiziell im<br />
<strong>Bundestags</strong>wahlprogramm 2013 der Partei<br />
Ob das Kalkül der<br />
Grünen, durch ihr Wahlprogramm<br />
bei ihrer Klientel<br />
zu punkten und ausreichend<br />
Stimmen für<br />
eine Regierungsbeteiligung<br />
einzuwerben, aufgeht,<br />
bleibt abzuwarten<br />
Die »grüne Bürgerversicherung«<br />
wird dort als Alternative<br />
zur derzeitigen<br />
»Zwei- Klassen-Medizin in<br />
unserem Gesundheitswesen«<br />
propagiert, frei nach dem Motto<br />
der »Drei Musketiere«: »Eine für Alle,<br />
statt jeder für sich«.<br />
Zur Begründung wird an landläufigen<br />
Klischees nicht gespart. Die Solidargemeinschaft<br />
sei nicht »vollständig«,<br />
heißt es im Beschluss der<br />
Bundesdelegiertenkonferenz, das<br />
Gesundheitssystem sei in »Schieflage«<br />
geraten. Damit ist nicht etwa die finanzielle<br />
Situation der Krankenversicherung<br />
gemeint – darüber, dass die Geldtöpfe<br />
der GKV derzeit gut gefüllt sind,<br />
können wohl auch die Grünen nicht<br />
hinwegsehen. Aber: »Privatversicherte<br />
sind häufig privilegiert und erhalten<br />
Vorzugsbehandlungen. Gut verdienende<br />
Angestellte, BeamtInnen, viele Abgeordnete<br />
und die meisten Selbstständigen<br />
gehören der privaten Krankenversicherung<br />
an. Als Privatversicherte<br />
versichern sie nur ihr eigenes, meist<br />
unterdurchschnittliches Krankheitsrisiko.<br />
Zum Solidarausgleich tragen sie<br />
so nicht bei.«<br />
Das wollen die Grünen nun ändern:<br />
Um mehr »Solidarität« zu erreichen,<br />
sollen nach ihrem Willen künftig alle<br />
Bürgerinnen und Bürger in die »Solidargemeinschaft«<br />
einbezogen werden.<br />
Gleichzeitig wollen die Grünen auch die<br />
paritätische Finanzierung zwischen Arbeitgebern<br />
und Arbeitnehmern wieder<br />
herstellen. Zuzahlungen sind im grünen<br />
Gesundheitswesen nicht mehr vorgesehen.<br />
Die »grüne Bürgerversicherung«<br />
sorge jedoch nicht nur für eine Stärkung<br />
der »Solidarität«, sie trage durch<br />
eine »Verbreiterung der finanziellen<br />
Basis« auch zu einer »soliden Finanzierung<br />
des Gesundheitswesens«<br />
bei, heißt<br />
es weiter. Dazu sollen<br />
künftig alle Einkommensarten<br />
»gleich behandelt«<br />
und zur Finanzierung<br />
herangezogen<br />
werden, also nicht nur Arbeitseinkommen<br />
und Renten, sondern auch Kapitaleinkommen,<br />
etwa durch Aktiengewinne,<br />
Zinsen, Spekulationsgewinne und<br />
Mieteinnahmen. Die kostenlose Mitversicherung<br />
von Kindern soll erhalten<br />
bleiben, zeitlich begrenzt werden in<br />
der »grünen Bürgerversicherung« auch<br />
nicht erwerbstätige Verheiratete bzw.<br />
Lebenspartner, die Kinder erziehen<br />
oder Pflegeleistungen erbringen, kostenlos<br />
mitversichert. Für alle anderen<br />
Ehepaare und eingetragenen Lebensgemeinschaften<br />
planen die Grünen ein<br />
»Beitragssplitting«: »Damit wird die<br />
Bevorzugung von Alleinverdienerpaaren<br />
mit einem überdurchschnittlichen<br />
Haushaltseinkommen beendet und die<br />
negativen Erwerbsanreize für Ehefrauen<br />
abgeschafft«. Gleichzeitig wollen die<br />
Grünen die Beitragsbemessungsgrenze<br />
auf das in der Rentenversicherung geltende<br />
Niveau heben.<br />
Überraschen wird so manchen<br />
die Behauptung, die »grüne Bürgerversicherung«<br />
sei »keine Einheitsver -<br />
sicherung«. Die Begründung: Schließlich<br />
können nach dem Willen der Grünen<br />
sowohl die gesetzlichen als auch<br />
die privaten Krankenversicherer die<br />
Bürgerversicherung anbieten. Allerdings<br />
wird dafür eine gemeinsame<br />
Honorarordnung gelten. Dabei wollen<br />
die Grünen sicherstellen, »dass die<br />
höheren Honorare, die heute über die<br />
Privatversicherten an die Ärzteschaft<br />
und an die anderen Gesundheitsberufe<br />
fließen, insgesamt erhalten bleiben«<br />
– aber »gerechter verteilt« sollen<br />
sie werden. Wie genau man sich<br />
das wohl vorzustellen hat, wird nicht<br />
ausgeführt. Ebenso wenig wird im<br />
Übrigen thematisiert,<br />
was in einer »grünen«<br />
Bürgerversicherung<br />
mit den Altersrückstellungen<br />
der PKV geschehen<br />
soll.<br />
Klar jedoch ist, dass<br />
die Grünen die Krankenversicherungen<br />
als »Interessenvertreter« der Patienten<br />
sehen. Der Wettbewerb unter den<br />
Anbietern der Bürgerversicherung dürfe<br />
nicht über den Beitragssatz, sondern<br />
müsse vor allem über die Qualität und<br />
die Patientenorientierung geführt werden,<br />
heißt es im Wahlprogramm. Keinesfalls<br />
dürfe es eine »Risikoselektion«<br />
geben.<br />
Die »wohnortnahe Versorgung«<br />
wollen die Grünen laut Wahlprogramm<br />
»weiter verbessern« und den »Zugang«<br />
unabhängig von »Alter, Einkommen,<br />
Geschlecht, Herkunft, Behinderung, so-<br />
418 · ZKN MITTEILUNGEN 8 | 2013