Bundestags- wahlkampf - Zahnärztekammer Niedersachsen
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Gedanke, die Therapiefreiheit der Ärzte<br />
zu schützen, auch im Berufsrecht<br />
dem »Schutz« der Finanzen der<br />
Krankenkassen geopfert wird. Im Kern<br />
ist die Unabhängigkeit der ärztlichen<br />
Entscheidung zu schützen (§ 30 M-BO<br />
Ärzte), was nicht bedeutet, dass Ärzte<br />
keine Geschäftsbeziehung zu Dritten<br />
unterhalten dürfen, nur darf nicht der<br />
Eindruck entstehen, dass diese sie in der<br />
Entscheidung beeinflussen (§ 32 M-BO<br />
Ärzte). Erstaunlicherweise wird eine Beeinflussung<br />
dann nicht angenommen,<br />
wenn »sie einer wirtschaftlichen Behandlungs-<br />
oder Verordnungsweise auf<br />
sozialrechtlicher Grundlage dient...«.<br />
Mit anderen Worten: dient eine Beeinflussung<br />
dem Sparen der Krankenkassen,<br />
ist sie nicht mehr zu beanstanden.<br />
Dies erklärt sicherlich auch, warum<br />
Verträge der AOK BW nicht beanstandet<br />
werden, in denen Ärzte einen<br />
wirtschaftlichen Anreiz für die Verordnung<br />
von Rabattarzneimitteln in Form<br />
eines »Qualitätszuschlags« je Verordnung<br />
erhalten. Unerklärt bleibt allerdings,<br />
auf welcher ethischen und rechtlichen<br />
Grundlage derselbe Sachverhalt<br />
basiert, der eigentlich das Wohl des<br />
Patienten schützen sollte, indem Ärzte<br />
ihre Therapieentscheidung an primär<br />
wirtschaftlichen Anreizen ausrichten,<br />
wenn gleichzeitig eine gesetzliche<br />
Krankenkasse davon finanziell profitiert.<br />
Denn dasselbe Verhalten gegenüber<br />
einem Selbstzahler oder privat<br />
versicherter Patienten wäre im höchsten<br />
Maße rechtswidrig. Fünf Ärztekammern<br />
haben diese fragwürdige Regelung<br />
nicht in ihre Berufsordnung übernommen<br />
– dafür gebührt Respekt.<br />
Die von Politik und Krankenkassen<br />
angeprangerte Korruption wird gesetzlich<br />
legitimiert, wenn sie denn<br />
dem Sparen dient. Mit dem neuen, völlig<br />
unnötigen, weil vielfach bereits geregeltem<br />
Vorstoß der Politik, Korruptionstatbestände<br />
in das SGB V einzubringen,<br />
werden insbesondere folgende<br />
Trends erkennbar, denen Akteure des<br />
Gesundheitswesens entschlossen entgegen<br />
treten müssen: Der zunehmende<br />
Einfluss der Krankenkassen auf Politik<br />
im Hinblick auf die Ausgestaltung<br />
der Berufsausübung des Arztberufes<br />
muss der Kernkompetenz der Heilberufekammern<br />
weichen. Kostenüberlegungen<br />
und Begehrlichkeiten zu Preissenkungen<br />
der Krankenkassen sind gegenüber<br />
dem Patientenwohl, was seinen<br />
Schutz im ärztlichen Berufsrecht<br />
findet nachrangig zu behandeln. Das<br />
Anheizen einer subtilen Neiddiskussion<br />
durch Diskreditierung der medizinischen<br />
Berufe beschädigt das Gesundheitswesen<br />
und nimmt eine tatsächliche<br />
Innovationsfeindlichkeit durch<br />
Fehlsteuerung in Kauf. Die Verunsicherung<br />
der Heilberufe führt zu Sicherheitsdenken,<br />
was die Bereitschaft zu<br />
unternehmerischer Freiberuflichkeit<br />
senkt. Prof. Dr. Thomas Schlegel,<br />
Medizinrechtler<br />
_DER GELBE DIENST, NR. 10/2013,<br />
21.5.2013<br />
GESUNDHEITSPOLITIK<br />
Union setzt auf ein »Weiter so«<br />
Bei einem gemeinsamen Kongress von CDU und CSU wurde in Berlin das gemein same Wahlprogramm der Union<br />
für die <strong>Bundestags</strong>wahl am 22. September vorgestellt. Das 128-Seiten-Papier setzt auf ein »Weiter so!« bezüglich<br />
der bisherigen Gesundheitspolitik. Details dazu: Die PKV soll eigenständig blieben, keine Änderung bei<br />
den Hausarztverträgen, Garantie der ärztlichen Freiberuflichkeit<br />
Es wäre auch relativ erstaunlich,<br />
würden die Unionsschwestern,<br />
der Supertanker in der derzeitigen<br />
Berliner Koalition, zu<br />
einem radikalen Umschwenken<br />
im Bereich der Gesundheitspolitik<br />
aufrufen. Zwar ist das Gesundheitsministerium<br />
mit Daniel<br />
Bahr in FDP-Hand. Klar ist aber<br />
auch, dass keinerlei Gesundheitsgesetz<br />
im ehemaligen Reichstag<br />
beschlossen werden kann, wenn die<br />
Union das nicht abnickt.<br />
So ganz nebenbei hat Angela Merkel<br />
auch noch die Richtlinienkompetenz<br />
und kann Schwerpunkte der gesundheitlichen<br />
Versorgung bestimmen.<br />
Und so steht am Anfang des Kapitels<br />
zur Gesundheitspolitik des Wahlpro-<br />
gramms der Union (Ordnungsziffer<br />
4.7, S. 74 bis 79, Zwischentitel: »Gesundes<br />
Land – gute Versorgung für alle«)<br />
denn auch diese Nachricht: »CDU und<br />
CSU wollen, dass auch in Zukunft jeder<br />
Deutsche Zugang zu einer guten<br />
medizinischen<br />
Versorgung hat,<br />
unabhängig von<br />
seinem Einkommen, Alter oder gesundheitlichem<br />
Zustand.«<br />
Trotz der Vorgabe »keine Experimente«<br />
kann man im gemeinsamen Wahlprogramm<br />
der Union (Titel: »Gemein-<br />
sam erfolgreich für Deutschland – Regierungsprogramm<br />
2013 – 2017«) interessante<br />
Details registrieren:<br />
Die Union will ein »freiheitliches<br />
Gesundheitswesen«, das freie Arztund<br />
Krankenhauswahl umfasst, »die<br />
Therapiefreiheit und die Unabhängigkeit<br />
der freien Gesundheitsberufe«.<br />
Weiter: »Die Beschäftigten in den Kliniken,<br />
Praxen und ambulanten Diensten,<br />
niedergelassene freiberufliche<br />
Haus-, Fach- und Zahnärzte, Apotheker,<br />
selbstständige Gesundheitshandwerker,<br />
Hebammen und Heilmittelerbringer<br />
stehen für eine qualitativ hochwertige,<br />
patientennahe Versorgung.«<br />
Eine »staatliche Einheitsversicherung«<br />
(sprich: Bürger versicherung)<br />
lehnt die Union erwartungsgemäß ab.<br />
416 · ZKN MITTEILUNGEN 8 | 2013