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Erfassung von Integumentschäden bei Saugferkeln 28

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<strong>28</strong><br />

Schweinezucht aktuell 42 - 2013<br />

<strong>Erfassung</strong> <strong>von</strong> <strong>Integumentschäden</strong> <strong>bei</strong> <strong>Saugferkeln</strong><br />

Dr. D. Schäffer und N. Schmidt, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />

Bei der Bewertung <strong>von</strong> Abferkelbuchten stehen in aktuellen<br />

Untersuchungen vor allem die Zuchtsauen im Vordergrund,<br />

<strong>bei</strong> denen über verschiedene Boniturschlüssel<br />

Schäden am Integument (gesamte Hautoberfläche des<br />

Tieres) - wie z.B. Klauendefekte, Gelenkserkrankungen,<br />

Schulterläsionen und Gesäugeverletzungen - erfasst werden.<br />

Deshalb sollten die bisher <strong>bei</strong> Zuchtsauen angewandten <strong>Erfassung</strong>smethoden<br />

zur Integumentbewertung auch auf ihre<br />

Aussagefähigkeit im Hinblick auf technische Systemeinwirkungen,<br />

die das Wohlbefinden <strong>bei</strong> <strong>Saugferkeln</strong> beeinflussen,<br />

überprüft werden.<br />

Nachfolgend werden für zwei Ferkelerzeugerbetriebe (660<br />

bzw. 900 Zuchtsauen) mit unterschiedlichen Abferkelbuchten<br />

(Fußböden im Laufbereich der Ferkel: Betrieb 1 mit<br />

Dreikantwellenstahlboden und diagonaler Aufstallung der<br />

Sau; Betrieb 2 mit kunststoffummanteltem Wabenprofil des<br />

Bodens und gerader Aufstallung) ausgewählte Ergebnisse<br />

der Integumenterhebungen an 126 <strong>Saugferkeln</strong> (Betrieb 1<br />

= 80; Betrieb 2 = 46) vorgestellt.<br />

Jedes Ferkel wurde durch eine Person gefangen und durch<br />

eine zweite Person visuell beurteilt. Die Datenerhebungen<br />

erfolgten jeweils für zufällig ausgewählte Ferkel eines<br />

Wurfes. Alle Ferkel waren in der zweiten Lebenswoche.<br />

Vorab fand in einem Ferkelerzeugerbetrieb eine Erhebung<br />

mit den für Saugferkel relevanten Indikatoren des<br />

Bewertungssystems nach Welfare Quality® (http://www.<br />

welfarequality.net/everyone/43299/7/0/22) statt, um diese<br />

auf ihre praktische Anwendung zu überprüfen. Mit diesem<br />

Bewertungssystem werden Erkrankungen einzelner Ferkel<br />

durch die Beobachtung ausgesuchter Würfe während eines<br />

Stallrundganges quantitativ erfasst. An 69 <strong>Saugferkeln</strong> aus<br />

sieben Würfen erfolgte anhand der Welfare Quality®-Indikatoren<br />

die Erhebung <strong>von</strong> Lahmheiten, Niesen, Spreizen<br />

der Gliedmaßen, neuronalen Erkrankungen und Ausführung<br />

des Liegeverhaltens.<br />

Im Ergebnis konnten zwar Kümmerer (30,4 %), Ferkel mit<br />

Untergewicht (1,4 %), Durchfallerkrankungen (1,4 %) und<br />

Niesen (7,2 %) erfasst werden, aber eine vollständige Integumentbewertung<br />

der Ferkel ist mit dieser Methode nicht<br />

möglich. Erst nach dem Einfangen der Ferkel konnten z.T.<br />

erhebliche Schäden (fehlende Hauptklauen, Kopfverletzungen<br />

und Gliedmaßenschäden), die das Wohlbefinden<br />

des Einzeltieres beeinträchtigen, nachträglich festgestellt<br />

werden.<br />

Daher war es notwendig, zusätzlich zu der <strong>Erfassung</strong> <strong>von</strong><br />

Erkrankungen, für die Integumentbewertung der Ferkel<br />

ein entsprechendes Bonitursystem aufzustellen. So werden<br />

vier Klauenmerkmale (Zustand der Ballen bzw. des Wandhorns<br />

<strong>bei</strong> Haupt- und Afterklauen sowie Verletzungen im<br />

Kronrand) berücksichtigt, deren Beeinträchtigungen<br />

(Verletzungen) mit vier Noten quantifiziert<br />

werden. Die Beurteilung der Gliedmaßen<br />

und Gelenke berücksichtigt vier Merkmale<br />

(Schwielen, Druckstellen, Schleimbeutel, offene<br />

Wunden und Entzündungen), die nach Größe und<br />

Ausprägung erfasst werden. Zusätzlich werden<br />

für jedes Ferkel die Hautverletzungen an Kopf,<br />

Ohren, Schultern, Flanken und Schwanz in drei<br />

Ausprägungen (punktförmige Wunden, Kratzer<br />

und flächige Wunden) vermerkt.<br />

Frühzeitig erhebliche Klauenverletzungen feststellbar<br />

In <strong>bei</strong>den Betrieben waren keine Unterschiede zwischen<br />

den Klauenmerkmalen der männlichen und weiblichen<br />

Ferkel zu verzeichnen. Im Vergleich der Einblutungen in<br />

der Hornsubstanz der Klauen und Afterklauen der Ferkel<br />

waren die Ergebnisse ähnlich, allerdings traten <strong>bei</strong> einigen<br />

Ferkeln bereits Risse und Abbrüche im und am Wandhorn<br />

(Note 2,5 bis 2,9) auf.<br />

Im Betrieb 2 (Tabelle 1) wiesen an allen Gliedmaßen der<br />

Ferkel vor allem die Ballen in Form <strong>von</strong> Blutergüssen, blutunterlaufenen<br />

Stellen, Schwellungen und teilweise bereits<br />

punktförmigen offenen Wunden die stärksten Veränderungen<br />

auf. Die Ballen der Hintergliedmaßen wurden bereits<br />

<strong>bei</strong> fast allen Ferkeln mit Note 3 bewertet.<br />

Derartige Verletzungen an den Klauen beeinträchtigen die<br />

Klauenentwicklung des Einzeltieres auch während seiner<br />

Betrieb 1: Eine zu<br />

geringe Auftrittsbreite<br />

der Spalten<br />

führt zu Blutergüssen<br />

und Blutungen<br />

im Wandhorn und<br />

im Kronrand<br />

(Fotos: Schäffer)<br />

Tab. 1: Mittlere Boniturnoten für Klauenmerkmale <strong>von</strong> <strong>Saugferkeln</strong><br />

(n = 46, 6 Würfe, Betrieb 2)<br />

Ferkel männliche (n = 23) weibliche (n = 23)<br />

Gliedmaßen/Klauen<br />

Ballen Afterklauen<br />

Wandhorn<br />

Kronrand<br />

Ballen Afterklauen<br />

Wandhorn<br />

Kronrand<br />

vorn rechts 2,96 2,30 2,96 2,43 2,91 2,26 2,96 2,26<br />

vorn links 2,96 2,26 2,70 2,22 3,00 2,30 2,91 2,26<br />

hinten rechts 3,00 2,39 2,91 2,26 3,09 2,39 2,96 2,26<br />

hinten links 3,00 2,39 2,87 2,09 3,17 2,39 2,87 2,09


Schweinezucht aktuell 42 - 2013 29<br />

weiteren Entwicklung, da sie zu Folgeverletzungen führen<br />

und <strong>bei</strong> fortlaufender mechanischer Belastung auf hartem<br />

Untergrund durch zunehmendes Körpergewicht nicht ausheilen<br />

können.<br />

Rangkämpfe führen vor allem zu Kopfverletzungen<br />

Beim Vergleich der Verletzungen am Kopf fallen hingegen<br />

Unterschiede zwischen den Geschlechtern der Ferkel auf.<br />

Während im Betrieb 1 vor allem die weiblichen Ferkel (n<br />

= 42) quantitativ vermehrt Kratzer (linke und rechte Kopfseite<br />

je 26,19 %, Note 1) und auch flächige Wunden (links<br />

und rechts je 9,52 %, Note 2) am Kopf hatten, waren dies<br />

im Betrieb 2 auch die männlichen Ferkel, die zusätzlich<br />

mehr Wunden am Kopf (<strong>bei</strong>dseitig 30,43 %, Note 2) aufwiesen<br />

(Abbildung 1).<br />

Abbildung 1: Hautwunden <strong>bei</strong> <strong>Saugferkeln</strong> unterschieden<br />

nach rechter (re) und linker (li) Körperseite<br />

sowie nach Geschlecht im Betrieb 2 (linke Balkenreihe<br />

= 23 weibliche, rechte Balkenreihe = 23 männliche<br />

Ferkel)<br />

Für die Ohren und Schultern waren keine geschlechtsspezifischen<br />

Unterschiede feststellbar, aber im Trend traten<br />

<strong>bei</strong> den Ferkeln im Betrieb 2 insgesamt mehr Verletzungen<br />

(Kratzer = Note 1) auf. In <strong>bei</strong>den Betrieben waren die Ohren<br />

häufiger zerbissen, als die Schulterpartien.<br />

Alle festgestellten Verletzungen und Wunden waren die<br />

Folge <strong>von</strong> Bissverletzungen <strong>bei</strong> Rangauseinandersetzungen<br />

und Kämpfen um die Zitzen des Gesäuges während<br />

des Säugens.<br />

Betrieb 2:<br />

Großflächige<br />

offene Bisswunde<br />

am<br />

Kopf<br />

Die flächigen Wunden am Kopf betrafen vor allem den Bereich<br />

vom Rüsselansatz bis zu den Augen. Dies kann bis<br />

zum Verlust der Augen führen. Da in <strong>bei</strong>den Betrieben die<br />

Eckzähne der Ferkel nicht abgeschliffen werden, dürften<br />

die intakten Zähne ursächlich zu derartigen Wunden <strong>bei</strong>tragen.<br />

Schürfwunden treten an den Vorder<strong>bei</strong>nen aller Ferkel<br />

auf<br />

Die flächenhaften Scheuerwunden im vorderen Karpalund<br />

Fesselbereich entstehen <strong>bei</strong> <strong>Saugferkeln</strong> besonders in<br />

zu großen Würfen sowie <strong>bei</strong> Milchmangel und dies sowohl<br />

<strong>bei</strong> zu geringem Anteil an Einstreu als auch in strohloser<br />

Haltung. Sie werden durch die Streckbewegungen mit den<br />

Gliedmaßen <strong>bei</strong>m Säugen verursacht. Diese Hautwunden<br />

verschorfen zwar, führen aber bis dahin <strong>bei</strong> einer keimangereicherten<br />

Umwelt zu vermehrten Ferkelabgängen, verursacht<br />

durch Gelenkserkrankungen (Entzündungen) und<br />

Allgemeininfektionen. Die verschorften Stellen bleiben<br />

bestehen und sind fortlaufend in allen Altersstadien nachweisbar.<br />

Bei allen Ferkeln (100 %) im Betrieb 1 und 2 waren an<br />

<strong>bei</strong>den Vordergliedmaßen Schürfwunden an den Karpalgelenken<br />

festzustellen und <strong>bei</strong> einigen Ferkeln (11,9 %) im<br />

Betrieb 1 bereits Gelenksentzündungen in unterschiedlicher<br />

Ausprägung. Erhebungen auf Betonböden mit Minimaleinstreu<br />

in einem weiteren Betrieb ergaben auch für<br />

diesen Fußbodentyp quantitativ erfassbare Schürfwunden,<br />

die als verschorfte Druckstellen ebenso in allen Altersstadien<br />

nachweisbar waren.<br />

Fazit<br />

In <strong>bei</strong>den Betrieben waren nicht unerhebliche Verletzungen<br />

am Integument der Saugferkel festzustellen. Vor allem die<br />

Ergebnisse der Klauen- und Gelenkserfassungen zeigen,<br />

dass die Böden in <strong>bei</strong>den untersuchten Abferkelbuchten<br />

keine idealen Systeme darstellen. Sowohl auf Dreikantwellenstahlboden<br />

als auch auf kunststoffummanteltem Wabenprofil<br />

traten Einblutungen in der Hornsubstanz der Klauen<br />

und Afterklauen der Ferkel sowie Ballenverletzungen auf.<br />

Die bisher in allen Abferkelbuchten bekannten Schürfwunden<br />

an den Karpalgelenken der Saugferkel waren <strong>bei</strong> allen<br />

bonitierten Ferkeln der <strong>bei</strong>den Betriebe in unterschiedlicher<br />

Ausprägung nachweisbar.<br />

Die starken Bissverletzungen im Betrieb 2 lassen sich auch<br />

auf ein erhöhtes Aggressionspotenzial der Saugferkel zurückführen,<br />

das sich durch vermehrtes Umsetzen der Ferkel<br />

entwickelt.<br />

Es ist daher notwendig, die <strong>Erfassung</strong>en in weiteren Abferkelbuchten<br />

mit anderen Bodentypen durchzuführen und<br />

dazu auch die Managementmaßnahmen (z.B. Zähneschleifen<br />

und Umsetzungen innerhalb der Würfe) sowie die zeitliche<br />

Entwicklung der Schäden während des Wachstums<br />

der Tiere und im Wechsel der Produktionsstufen zu berücksichtigen.

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