Gesundheitsmanagement im Schweine
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<strong>Schweine</strong>zucht aktuell 42 - 2013<br />
<strong>Gesundheitsmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Schweine</strong>bestand – heute aktueller denn je<br />
Dr. E. Kessler, Hallbergmoos<br />
Gerade in der heutigen Zeit, in der Tierhalter unter anderem<br />
<strong>im</strong> Rahmen der Antibiotikadiskussion <strong>im</strong> Fokus der<br />
Öffentlichkeit stehen, nehmen ein ausgeklügeltes <strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />
und dazugehörige Biosecurity-, Hygiene-<br />
und Prophylaxemaßnahmen eine <strong>im</strong>mer größer werdende<br />
Bedeutung ein.<br />
Zur Verbesserung der Tiergesundheit sowie zur Gesunderhaltung<br />
der <strong>Schweine</strong>bestände und damit auch zur Reduktion<br />
des Antibiotikaeinsatzes sind Maßnahmen wie konsequente<br />
Endo- und Ektoparasitenbekämpfung, Rein-Raus-Belegung<br />
mit Reinigung und Desinfektion des Stalles, Schadnagerund<br />
Fliegenbekämpfung, Abschirmung des <strong>Schweine</strong>bestandes<br />
durch Biosicherheitsmaßnahmen sowie regelmäßige Untersuchungen<br />
auf das Vorhandensein von Krankheitserregern<br />
essentiell.<br />
Im Rahmen der Krankheitsvorbeuge kommt besonders Impfmaßnahmen<br />
eine sehr wichtige Bedeutung zu. Neben den<br />
seit Jahren erfolgreich bewährten und etablierten Impfungen<br />
der Ferkel gegen Mykoplasma hyopneumoniae oder bei<br />
den Sauen gegen das porzine Parvovirus und Rotlauf, gehört<br />
mittlerweile auch die Impfung gegen das porzine Circovirus<br />
Typ 2 (PCV2) aufgrund seiner weltweiten Verbreitung und<br />
den enormen ökonomischen Schäden, die es verursachen<br />
kann, <strong>im</strong>mer mehr zum Standard.<br />
PCV2-Impfungen sind essentiell<br />
PCVD (Porcine Circovirus Diseases bzw. Circovirus-bedingte<br />
Erkrankungen) gehören mit zu den bedeutendsten Erkrankungen<br />
bei <strong>Schweine</strong>n. Sie verursachen durch Verluste<br />
<strong>im</strong> Flatdeck und in der Mast weltweit erhebliche wirtschaftliche<br />
Einbußen, die allein in Europa <strong>im</strong> Bereich von mehreren<br />
hundert Millionen Euro pro Jahr liegen.<br />
Kümmerer mit<br />
Nachweis von<br />
PCV2, PRRSV<br />
und bakteriellen<br />
Sekundärerregern<br />
(Foto: Keßler)<br />
Am häufigsten wird das Krankheitsbild des sogenannten<br />
PMWS beobachtet. Betroffen können sowohl Ferkel nach<br />
dem Absetzen als auch <strong>Schweine</strong> während der Mastperiode<br />
sein. Charakteristisch für diese Erkrankungsform sind Kümmern<br />
mit deutlichem Auseinanderwachsen, höhere Tierverluste,<br />
geringere Tageszunahmen und eine längere Mastdauer.<br />
Bisher unterschätzt wurde die Bedeutung von PCV2-bedingten<br />
Erkrankungen bei Sauen, da diese nicht ohne weiteres<br />
sichtbar sind. Mittlerweile ist jedoch nachgewiesen, dass Circoviren<br />
bei Sauen Fruchtbarkeitsstörungen in unterschiedlicher<br />
Form (Aborte, vermehrt mumifizierte, totgeborene oder<br />
lebensschwache Ferkel) verursachen können.<br />
Eine Therapie von PCVD ist aussichtslos, da der zugrunde<br />
liegende Erreger (Virus!) nicht durch Antibiotika bekämpfbar<br />
ist. Mittels Antibiotikaeinsatz kann nur gegen die bakteriellen<br />
Sekundärerreger vorgegangen werden. Sinnvoller ist es,<br />
durch Impfmaßnahmen einer klinischen Erkrankung vorzubeugen.<br />
Es wurde verschiedentlich bereits gezeigt, dass seit<br />
Einführung der Circovirus-Impfung in vielen Betrieben eine<br />
Senkung des Antibiotikaaufwandes erzielt werden konnte.<br />
Zurzeit stehen verschiedene PCV2-Impfstoffe zur Verfügung.<br />
2007 wurde der PCV2-Impfstoff von MERIAL als erste<br />
PCV2-Vakzine von der europäischen Behörde zugelassen<br />
und viele Betriebe konnten damit hohe Schäden und Verluste<br />
durch PCV2 verhindern. Seit Ende 2010 ist dieser Impfstoff<br />
zusätzlich zur Impfung von Sauen auch zur Ferkel<strong>im</strong>pfung<br />
zugelassen. Damit sind nun betriebsindividuelle, maßgeschneiderte<br />
Impfprogramme für jeden Bestand möglich.<br />
Drei weitere PCV2-Impfstoffe sind erhältlich, die ausschließlich<br />
für die Ferkel<strong>im</strong>pfung vorgesehen sind.<br />
Bei Impfung der Muttersauen mit dem entsprechend zugelassenen<br />
Impfstoff werden die Ferkel über die Aufnahme<br />
von Biestmilch passiv <strong>im</strong>munisiert und damit von Anfang<br />
an geschützt.<br />
Als positiver Zusatznutzen der Sauen<strong>im</strong>pfung wurde in der<br />
Praxis und in Studien festgestellt, dass mit dem Muttertier<strong>im</strong>pfstoff<br />
ge<strong>im</strong>pfte Sauen bessere Fruchtbarkeitsleistungen<br />
(u.a. mehr lebendgeborene und abgesetzte Ferkel, höhere<br />
Absetzgewichte) erbrachten.<br />
Bei der aktiven Immunisierung werden die Ferkel selbst ge<strong>im</strong>pft,<br />
um einen aktiven Schutz durch das eigene Immunsystem<br />
aufzubauen. Sowohl in Studien als auch in der Praxis<br />
konnte gezeigt werden, dass ge<strong>im</strong>pfte Tiere bis zum Ende<br />
der Mast sehr gut gegen PCV2-bedingte Erkrankungen geschützt<br />
sind.<br />
In Beständen mit hohem Infektionsdruck und früher Infektion<br />
der Ferkel hat es sich bewährt, sowohl die Muttertiere<br />
als auch die Ferkel zu <strong>im</strong>pfen, um auch den frühen Schutz
<strong>Schweine</strong>zucht aktuell 42 - 2013 51<br />
Circo<strong>im</strong>pfung maßgeschneidert für Ihren Betrieb –<br />
der PCV2-Impfstoff von MERIAL<br />
Freude<br />
am Erfolg!<br />
*Einziger PCV2-Impfstoff ohne Einschränkung<br />
für die Anwendung während<br />
der Trächtigkeit<br />
Fragen Sie Ihre Tierärztin/Ihren Tierarzt!
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der Ferkel zu gewährleisten. Insbesondere, wenn die Sauen<br />
Circovirus-bedingte Fruchtbarkeitsstörungen haben, kann<br />
als Zusatznutzen die Reproduktionsleistung deutlich verbessert<br />
werden.<br />
Nicht nur virale oder bakterielle Erreger können den <strong>Schweine</strong>n<br />
schaden, sondern auch Parasiten.<br />
Parasitenbefall führt zu hohen wirtschaftlichen Schäden<br />
In Bezug auf ihre ökonomische Bedeutung gehören Räudemilben<br />
(Sarcoptes scabiei var. suis) und Spulwürmer (Ascaris<br />
suum) zu den wichtigsten be<strong>im</strong> Schwein vorkommenden<br />
Parasiten.<br />
Spulwürmer<br />
Häufig fallen Spulwurm-infizierte Tiere nicht auf, gegebenenfalls<br />
erscheinen einige <strong>Schweine</strong> blass oder aber es stellen sich<br />
bei der betriebswirtschaftlichen Auswertung Fragen, warum<br />
sich die durch die Genetik zu erwartenden Leistungen trotz<br />
vermeintlich idealer Bedingungen nicht realisieren ließen. Im<br />
Extremfall kann es aber durch starken Befall mit Spulwürmern<br />
durchaus auch zum Verenden von Tieren kommen.<br />
Aktuelle Erhebungen von Leistungsdaten durch den rheinischen<br />
Erzeugerring für Mastschweine haben ergeben, dass<br />
in Beständen mit einer hohen Wurmbürde <strong>im</strong> Vergleich zu<br />
Topbetrieben mit wirtschaftlichen Schäden von bis zu 9,- €<br />
pro verkauftem Mastschwein zu rechnen ist. Diese entstehen<br />
durch erhöhte Tierverluste, eine schlechtere Futterverwertung,<br />
geringere Tageszunahmen und eine längere Mastdauer.<br />
Zusätzlich kommen noch Tierarztkosten für Behandlungen<br />
bzw. Medikamente hinzu, denn durch die Wanderphase der<br />
Askariden werden die Darmwand, die Lunge und die Leber<br />
der Tiere geschädigt. Solche vorbelasteten <strong>Schweine</strong> sind<br />
empfänglicher für weitere Erreger wie z. B. Bakterien oder<br />
Viren, die Lungen- und Darmentzündungen verursachen<br />
können. Außerdem werden Schlachtkörper dieser Tiere häufig<br />
schlechter eingestuft. Nicht zu vernachlässigen sind die<br />
Kosten von bis zu 1,50 € pro verworfener Leber. Daher sollte<br />
jeder Betriebsleiter überprüfen, ob und welche Wurmbelastung<br />
<strong>im</strong> Bestand gegeben ist. Am einfachsten geschieht dies<br />
über die Auswertung der Schlachtbefunde in Zusammenarbeit<br />
mit dem Tierarzt.<br />
Als Faustregel gilt: ab 5 % beanstandeter Lebern mit den sogenannten<br />
Milk Spots macht sich eine konsequente Entwurmung<br />
auf jeden Fall bezahlt. Diese erfolgt idealerweise <strong>im</strong><br />
Ferkelerzeuger oder –aufzuchtbetrieb als Maßnahme gegen<br />
Endo- und Ektoparasiten (Würmer und Räudemilben/Läuse),<br />
so dass der Mäster Qualitätsferkel <strong>im</strong> Sinne von „Wurm- und<br />
Räudefreiheit“ geliefert bekommt, die er dann in opt<strong>im</strong>al gereinigte<br />
und desinfizierte Mastabteile einstallt. Bei der Wahl<br />
des Desinfektionsmittels ist unbedingt darauf zu achten, dass<br />
dieses in der Lage ist, die gegen Umwelteinflüsse ungemein<br />
widerstandsfähigen Spulwurmeier abzutöten.<br />
Wo dies nicht machbar ist, muss das Ziel sein, möglichst<br />
zum Einstallen in die Mast mittels Wurmbekämpfung eine<br />
<strong>Schweine</strong>zucht aktuell 42 - 2013<br />
Verbreitung der Spulwürmer durch den raschen Stopp der<br />
Eiausscheidung infizierter <strong>Schweine</strong> zu reduzieren. Somit<br />
kann es gelingen, den Infektionsdruck <strong>im</strong> Bestand zu senken.<br />
Bei der Wahl der Applikationsart hat sich die Behandlung<br />
per Injektion als sehr sinnvoll erwiesen, da so auch Tiere<br />
erfolgreich entwurmt und enträudet werden, die am Tag der<br />
Behandlung nicht fressen. Nicht zu vernachlässigen ist auch<br />
die Dauer der Wartezeit, die bei dem originalen Ivermectin-<br />
Injektionspräparat der Firma MERIAL nur 14 Tage beträgt.<br />
Mit Einsatz des Wirkstoffes Ivermectin werden die <strong>Schweine</strong><br />
wie gefordert gleichzeitig auch gegen Räude behandelt.<br />
Räude<br />
Die Räude ist die bedeutendste Hauterkrankung des <strong>Schweine</strong>s<br />
aufgrund der wirtschaftlichen Verluste, die unter anderem<br />
durch verminderte Fruchtbarkeit bei Sauen, durch geringere<br />
Tageszunahmen und schlechtere Futterverwertung<br />
bei Mastschweinen entstehen. So kann beispielsweise der<br />
ökonomische Schaden bei Sauen bis zu 115,- € pro Tier und<br />
Jahr betragen. Die Bekämpfung der Räude zur Reduktion der<br />
Leistungseinbußen wird <strong>im</strong> Hinblick auf einen zunehmenden<br />
europäischen Wettbewerb <strong>im</strong>mer wichtiger, da einige Nachbarländer<br />
bereits mehr oder weniger intensive Maßnahmen<br />
zur Tilgung dieser Erkrankung mit zusätzlicher Zertifizierung<br />
als Qualitätsmerkmal unternommen haben.<br />
An Räude erkrankte<br />
Sau mit<br />
borkigen Hautveränderungen<br />
<strong>im</strong> Ohr<br />
(Foto: Merial)<br />
Der Verursacher der Räude ist eine Milbe, die sich in die<br />
Haut des <strong>Schweine</strong>s bohrt und durch ihre Aktivitäten bei<br />
akutem Befall zu starkem Juckreiz des Wirtes führt. Chronisch<br />
erkrankte Tiere sind leicht durch ihre verborkte Haut<br />
an charakteristischen Stellen wie der Ohrmuschel oder der<br />
Außenseite der Sprunggelenke zu erkennen. Bei starkem<br />
Befall kann der gesamte Körper betroffen sein. Für die Kontrolle<br />
der Räude kommen zwei Maßnahmen in Frage: die<br />
Tilgung oder die regelmäßige Behandlung. Für Sauenbetriebe,<br />
in denen die wirtschaftlichen Einbußen auf ein akzeptables<br />
Maß gesenkt werden sollen empfiehlt sich – analog zur<br />
Behandlung gegen Askariden - eine Bestandsbehandlung in<br />
regelmäßigem Abstand mit einem Ivermectin-haltigen Präparat,<br />
beispielsweise mit dem originalen Injektionspräparat<br />
der Firma MERIAL. Wird eine Tilgung bzw. Sanierung der<br />
Räude angestrebt, müssen alle Sauen behandelt werden.<br />
Zeitgleich werden auch die Ferkel ab dem 7. Lebenstag sowie<br />
alle Läufer, Mastschweine und auch die Eber, die sich<br />
auf dem Hof befinden, behandelt. 14 Tage später werden die<br />
Maßnahmen wiederholt.