Herrn Ministerialrat Thomas Blöink Bundesministerium der ... - IdW
Herrn Ministerialrat Thomas Blöink Bundesministerium der ... - IdW
Herrn Ministerialrat Thomas Blöink Bundesministerium der ... - IdW
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Herrn</strong><br />
<strong>Ministerialrat</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Blöink</strong><br />
<strong>Bundesministerium</strong> <strong>der</strong> Justiz<br />
Mohrenstraße 37<br />
10117 Berlin<br />
Düsseldorf, 10. Juni 2013<br />
415/622<br />
Vorschlag einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates<br />
zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates im<br />
Hinblick auf die Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffen<strong>der</strong><br />
Informationen durch bestimmte große Gesellschaften und Konzerne<br />
vom 17. April 2013 KOM (2013) 207 endg.<br />
Sehr geehrter Herr <strong>Blöink</strong>,<br />
für die Möglichkeit <strong>der</strong> Stellungnahme zum o.g. Vorschlag bedanken wir uns.<br />
Da die Vorschläge für die Fortentwicklung <strong>der</strong> 4. und <strong>der</strong> 7. EU-Richtlinie gleichlautend<br />
formuliert sind, gehen wir im Folgenden lediglich auf die Berichterstattung<br />
im Lagebericht ein. Die Einschätzungen gelten aber ebenso für die Konzernlageberichterstattung.<br />
Grundsätzliche Überlegungen<br />
Die von <strong>der</strong> EU-Kommission vorgeschlagene Berücksichtigung von nichtfinanziellen<br />
Belangen im Lagebericht ist nur insoweit sinnvoll, als hiermit entsprechend<br />
<strong>der</strong> Zielsetzung <strong>der</strong> Lageberichterstattung Informationen über Sachverhalte<br />
vermittelt werden, die sich wesentlich auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens<br />
ausgewirkt haben bzw. auswirken werden. Es muss sich mithin um<br />
entscheidungsrelevante Sachverhalte handeln. Eine Überfrachtung des Lageberichts<br />
mit für das Verständnis <strong>der</strong> wirtschaftlichen Lage unwesentlichen Informationen<br />
muss vermieden werden, um die Berichtseffizienz zu wahren.
Seite 2/5 zum Schreiben vom 10.06.2013 an <strong>Herrn</strong> <strong>Ministerialrat</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Blöink</strong>, Berlin<br />
Nichtfinanzielle Belange sind zu verstehen als Sachverhalte, die sich nicht unmittelbar<br />
bzw. noch nicht als Aufwand o<strong>der</strong> Ertrag im Unternehmen nie<strong>der</strong>geschlagen<br />
haben, die aber sehr wohl geeignet sind, dessen wirtschaftliche Lage<br />
zu beeinflussen. Die Berichterstattung über wesentliche nichtfinanzielle Belange<br />
sollte aber nicht lediglich in den Lagebericht integriert werden; vielmehr ist sie<br />
mit <strong>der</strong> darin enthaltenen Finanzberichterstattung zu verbinden, sodass deutlich<br />
wird, wie die wirtschaftliche Lage des Unternehmens durch dessen nichtfinanzielle<br />
Leistung beeinflusst wurde und wird.<br />
Bei <strong>der</strong> Überarbeitung <strong>der</strong> 4. und 7. EU-Richtlinie muss sichergestellt werden,<br />
dass neue Regelungen nicht ausschließlich zu mehr Berichterstattung führen,<br />
son<strong>der</strong>n zu einer aus Sicht <strong>der</strong> Adressaten besseren, d.h. aussagefähigeren<br />
Berichterstattung. Mit diesem Ziel entwickelt <strong>der</strong> International Integrated Reporting<br />
Council (IIRC) ein International Integrated Reporting Framework, welches<br />
<strong>der</strong>zeit als Consultation Draft vorliegt. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Arbeit des IIRC sollten<br />
bei <strong>der</strong> Überarbeitung <strong>der</strong> 4. und 7. EU-Richtlinie berücksichtigt werden. Bis<br />
dahin sollte auf die Schaffung neuer Vorschriften verzichtet werden.<br />
Das IDW arbeitet eng mit dem IIRC zusammen und hat beispielsweise einen<br />
Mitarbeiter an den IIRC abgestellt, <strong>der</strong> für diesen als Relationships Manager im<br />
deutschsprachigen Raum tätig ist. Gerne diskutieren wir mit Ihnen Gemeinsamkeiten<br />
und Unterschiede zwischen Finanzberichterstattung (vor allem im Lagebericht),<br />
Integrated Reporting (gemäß IIRC-Framework) und Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
(vor allem gemäß dem Berichtsrahmen G4 <strong>der</strong> Global Reporting<br />
Initiative) – diese drei Entwicklungen dürfen nicht losgelöst voneinan<strong>der</strong> betrachtet<br />
werden.<br />
Anstelle <strong>der</strong> vorgeschlagenen Ergänzung des Artikels 46 <strong>der</strong> 4. EU-Richtlinie<br />
könnte zu den bereits bestehenden Vorschriften klargestellt werden, inwieweit<br />
aufgrund dieser Vorschriften auch über nichtfinanzielle Belange zu berichten ist,<br />
sofern hierdurch entscheidungsrelevante Informationen über die wirtschaftliche<br />
Lage des Unternehmens vermittelt werden. Die folgenden Regelungen stehen<br />
dabei im Vor<strong>der</strong>grund:<br />
<br />
<br />
Berichterstattung über nichtfinanzielle Belange, die sich in <strong>der</strong> abgelaufenen<br />
Berichtsperiode wesentlich auf den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis<br />
bzw. auf die Lage des Unternehmens ausgewirkt haben.<br />
Artikel 46 Abs. 1 (a) und (b).<br />
Berichterstattung über nichtfinanzielle Belange, die sich voraussichtlich wesentlich<br />
auf die künftige Entwicklung des Unternehmens auswirken sowie<br />
Angabe, wieweit diese nichtfinanziellen Belange für das Unternehmen Risi-
Seite 3/5 zum Schreiben vom 10.06.2013 an <strong>Herrn</strong> <strong>Ministerialrat</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Blöink</strong>, Berlin<br />
<br />
<br />
ken o<strong>der</strong> Chancen darstellen.<br />
Artikel 46 Abs. 1 (a) und 2 (b).<br />
Berichterstattung über vom Unternehmen eingeleitete bzw. abgeschlossene,<br />
wesentliche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mit Nachhaltigkeitsbezug.<br />
Artikel 46 Abs. 2 (c).<br />
Berichterstattung über das Vergütungssystem des Unternehmens, vor allem<br />
darüber, ob für dessen Führungskräfte wesentliche Anreize für eine<br />
nachhaltige Unternehmensführung bestehen.<br />
Empfehlung <strong>der</strong> EU-Kommission vom 14.12.2004 zur Einführung einer<br />
angemessenen Regelung für die Vergütung von Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Unternehmensleitung<br />
börsennotierter Gesellschaften, Abschnitt II.<br />
Stellungnahme zu den einzelnen Vorschlägen <strong>der</strong> EU-Kommission<br />
Nach Artikel 46 Abs. 1 (b) soll <strong>der</strong> Lagebericht eine nichtfinanzielle Erklärung<br />
enthalten. Dabei soll gemäß Artikel 46 Abs. 1 (b) über (i) die Unternehmenspolitik<br />
in Bezug auf Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, soziale Belange, Menschenrechte,<br />
Korruption und Bestechung, (ii) die Ergebnisse dieser Unternehmenspolitiken<br />
und (iii) die Risiken hinsichtlich dieser Belange berichtet werden.<br />
Konzeptionell ist die Schaffung einer „nichtfinanziellen Erklärung“ nicht sinnvoll.<br />
Nach unserem Verständnis wird mit <strong>der</strong> vorgeschlagenen Regelung ein separater<br />
Teilbericht innerhalb des Lageberichts gefor<strong>der</strong>t. Dieser stünde neben den in<br />
<strong>der</strong> Berichtspraxis häufig vorzufindenden Teilberichten „Grundlagen des Konzerns“,<br />
„Wirtschaftsbericht“, „Risikobericht“, „Prognosebericht“ etc. Die Schaffung<br />
eines zusätzlichen Teilberichts „Nichtfinanzielle Erklärung“ würde zwar zu<br />
einer integrierten, nicht aber zu einer verbundenen Berichterstattung im Lagebericht<br />
führen. So ist fraglich, warum über die in Artikel 46 Abs. 1 (b) (iii) genannten<br />
Risiken in Zusammenhang mit Umweltbelangen, Arbeitnehmerbelangen etc.<br />
im neu geschaffenen Teilbericht „Nichtfinanzielle Erklärung“ und nicht wie bisher<br />
an den relevanten Stellen im Lagebericht, vor allem im Risikobericht, berichtet<br />
werden soll. Eine solche nichtfinanzielle Erklärung dürfte zwar die Sichtbarkeit<br />
<strong>der</strong> nichtfinanziellen Informationen erhöhen, die Qualität <strong>der</strong> Berichterstattung<br />
würde sich – aufgrund <strong>der</strong> fehlenden Verbindung zur wirtschaftlichen Lage des<br />
Unternehmens – möglicherweise aber verschlechtern. Ferner ist das Verhältnis<br />
zwischen <strong>der</strong> nichtfinanziellen Erklärung (Artikel 46 Abs. 1 (b)) und <strong>der</strong> Berichtspflicht<br />
für wesentliche nichtfinanzielle Leistungsindikatoren (Artikel 46<br />
Abs. 1 (c)) zu hinterfragen.
Seite 4/5 zum Schreiben vom 10.06.2013 an <strong>Herrn</strong> <strong>Ministerialrat</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Blöink</strong>, Berlin<br />
Die Notwendigkeit <strong>der</strong> Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung würde den<br />
Rechnungslegungs- und Prüfungsaufwand deutlich erhöhen, ohne dass dem<br />
ein adäquater zusätzlicher Nutzen <strong>der</strong> Adressaten gegenüberstünde. Es sollte<br />
eine Situation vermieden werden, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Abschlussprüfer ein positives Prüfungsurteil<br />
insb. zur Einhaltung von Gesetzen abgibt, die nur mittelbar die Lage<br />
des Unternehmens betreffen. Dies gilt z.B. für Anti-Korruptionsgesetze und<br />
Geldwäschevorschriften. Zwar wäre es grundsätzlich möglich, zu einem solchen<br />
Urteil durch sog. Compliance-Prüfungen zu gelangen, die Kosten solcher Prüfungen<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Abschlussprüfung würden aber <strong>der</strong>en Nutzen für die Adressaten<br />
des Lageberichts bei Weitem übersteigen.<br />
Die vorgesehene Berichterstattung über die jeweilige Unternehmenspolitik (Artikel<br />
46 Abs. 1 (b) (i)) kann sich positiv auswirken, indem Unternehmen faktisch<br />
gezwungen werden, die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die genannten<br />
Belange zu hinterfragen und sich für diese eine Unternehmenspolitik zu geben.<br />
Diesem positiven Effekt steht angesichts bisheriger Erfahrungen <strong>der</strong> mögliche<br />
Nachteil gegenüber, dass sich die Beschreibung solcher Vorgaben auf Allgemeinplätze<br />
beschränkt. Ferner sind im Zeitablauf weitgehend gleichbleibende<br />
Beschreibungen von Systemen und Strukturen zu erwarten. Aufgrund dieser<br />
Erwägungen sollte die Darstellung nicht im Lagebericht erfolgen, son<strong>der</strong>n im Internet.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Möglichkeit, die Erklärung zur Unternehmensführung gemäß<br />
Artikel 46a Abs. 2 auf <strong>der</strong> Website des Unternehmens abzugeben, schlagen<br />
wir daher vor, die entsprechende Berichtspflicht nicht in Artikel 46, son<strong>der</strong>n<br />
in Artikel 46a aufzunehmen – Artikel 46a Abs. 1 (a) (iii) könnte wie folgt ergänzt<br />
bzw. klargestellt werden:<br />
„alle relevanten Angaben zu Unternehmensführungspraktiken, die sie über die<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen des nationalen Rechts hinaus anwendet, z.B. <strong>der</strong> vom Unternehmen<br />
verfolgten Unternehmenspolitik in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange,<br />
Achtung <strong>der</strong> Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption<br />
und Bestechung.“<br />
Die Ergebnisse <strong>der</strong> jeweiligen Unternehmenspolitik (Artikel 46 Abs. 1 (b) (ii))<br />
sollten nur insoweit berichtspflichtig sein, wie sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs,<br />
des Geschäftsergebnisses und <strong>der</strong> Lage wesentlich sind. Die<br />
jeweiligen Auswirkungen sollten im Sinne einer integrierten und verbundenen<br />
Berichterstattung deutlich werden.<br />
Die Einführung eines neuen Größenkriteriums für die Abgabe einer nichtfinanziellen<br />
Erklärung könnte dahingehend fehlinterpretiert werden, dass Unternehmen,<br />
die diese Schwellenwerte unterschreiten, aber mindestens mittelgroß im<br />
Sinne von Artikel 27 sind, nicht verpflichtet sind, wesentliche nichtfinanzielle Be-
Seite 5/5 zum Schreiben vom 10.06.2013 an <strong>Herrn</strong> <strong>Ministerialrat</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Blöink</strong>, Berlin<br />
lange in ihre Finanzberichterstattung zu integrieren und mit dieser zu verbinden.<br />
Dies sollte jedoch nicht <strong>der</strong> Fall sein. Hierauf sollte in den Erwägungsgründen<br />
zum Vorschlag <strong>der</strong> EU-Kommission hingewiesen werden.<br />
Der Vorschlag <strong>der</strong> EU-Kommission sieht vor, Artikel 46 Abs. 4 dahingehend zu<br />
än<strong>der</strong>n, dass Unternehmen auf die Abgabe <strong>der</strong> nichtfinanziellen Erklärung verzichten<br />
können, sofern die danach erfor<strong>der</strong>lichen Angaben aufgrund einer sonstigen<br />
Berichterstattung im Lagebericht erfolgen, wie dies <strong>der</strong> Fall ist, wenn <strong>der</strong> –<br />
beispielsweise nach dem Rahmenwerk <strong>der</strong> Global Reporting Initiative aufgestellte<br />
– Nachhaltigkeitsbericht in den Lagebericht integriert wird. Wir begrüßen<br />
diese Regelung insoweit, als hierdurch die Möglichkeit geschaffen wird, die gemäß<br />
Artikel 46 Abs. 1 (b) erfor<strong>der</strong>lichen Angaben nicht in einem eigenen Teilbericht<br />
zu machen, son<strong>der</strong>n an einer an<strong>der</strong>en, konzeptionell sinnvollen Stelle des<br />
Lageberichts.<br />
Für eine vertiefende Erörterung unserer Anmerkungen stehen wir Ihnen gerne<br />
zur Verfügung.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Prof. Dr. Naumann<br />
Dr. Breker, WP StB<br />
Fachleiter Rechnungslegung und<br />
Prüfung