1 Konzept einer ehrlichen Unternehmensethik ... - HWWI
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Um das Wesen der <strong>ehrlichen</strong> Ethik zu konkretisieren, soll in Anlehnung an den Philosophen<br />
HANS LEISEGANG (1969) dessen Unterscheidung von sittlichen Werten in sogenannte<br />
„niedere“ und „höhere“ Werte herangezogen werden, die er allerdings in einem<br />
individualethischen Kontext vornimmt. Die gesellschaftliche Anerkennung „niederer“ Werte<br />
(u.a Respektierung der Menschenrechte) sei stets Voraussetzung für die Entwicklung<br />
„höherer“ Werte (u.a. Liebe, Freundschaft).<br />
Tatsächlich sind LEISEGANGS Ausführungen auch für die <strong>Unternehmensethik</strong> und im<br />
Besonderen für das <strong>Konzept</strong> <strong>einer</strong> <strong>ehrlichen</strong> Ethik von großer Relevanz: Sehr viele<br />
Unternehmen zogen bei der Beantwortung der ersten gesellschaftlichen Leitfrage („Verfügt<br />
ein Unternehmen über ethische Werte“) ausschließlich die „niederen“ Werte (u.a.<br />
Respektierung der Menschenrechte, Ablehnung von Diskriminierung, nachhaltiges<br />
Wirtschaften) heran. Deshalb ähneln sich unternehmerische Ethik- Kodizes sehr, wirken über<br />
alle Maßen standardisiert und unaufrichtig, denn auch ohne Kodifizierung würden<br />
Unternehmen nicht gegen die „niederen“ Werte handeln, weil die Gesellschaft deren<br />
Einhaltung als selbstverständlich erachtet und schlicht erwartet. Würde das Unternehmen<br />
dagegen verstoßen, hätte es negative Konsequenzen seitens der Gesellschaft befürchten –<br />
kein Mensch würde mit einem Unternehmen interagieren, das beispielsweise die<br />
Menschenrechte nicht achtet (dieser Aspekt wird so auch in dem Gedankenexperiment<br />
besprochen).<br />
Das <strong>Konzept</strong> der <strong>ehrlichen</strong> Ethik beendet diese oberflächliche <strong>Unternehmensethik</strong>, da sich in<br />
ihr die „höheren“ Werte eines Unternehmens (u.a. Wahrhaftigkeit, die ihm das Mitgehen<br />
kurzfristiger gesellschaftlicher Trends verbietet; Bestreben, eine echte Gemeinschaft<br />
darzustellen, der die Stakeholder gerne angehören) ausdrücken. Sie entsteht auf der<br />
Grundlage der „niederen“ Werte, die als gesellschaftlicher Konsens für alle Mitglieder<br />
verbindlich gelten, geht aber mit der Formulierung unternehmensindividueller<br />
Wertevorstellungen darüber hinaus.<br />
Das Wesen der <strong>ehrlichen</strong> Ethik wirft jedoch zwei Fragen auf, die abschließend betrachtet<br />
werden sollen:<br />
Erstens: Wer bestimmt die ethischen Werte eines Unternehmens? Es ist hier zu<br />
unterscheiden zwischen inhaber- und managergeführten Unternehmen. Im erstgenannten<br />
Falle konzentrieren sich Eigentums- und Verfügungsrechte in der Hand des Inhabers. Eine<br />
Verwirklichung der <strong>ehrlichen</strong> Ethik scheint angesichts dessen sehr leicht. Weil der Inhaber<br />
die alleinige Verantwortung trägt, sind unternehmens- und individualethische Werte meist<br />
kongruent. Und sie sind glaubhaft, da der Inhaber sie vorlebt.<br />
Im letztgenannten Falle, der eine getrennte Ausübung von Eigentums- und<br />
Verfügungsrechten vorsieht, ist die Verwirklichung der <strong>ehrlichen</strong> Ethik dagegen weniger<br />
einfach, weil Unternehmens- und individualethische Werte und Interessen disgruent sind<br />
(Ansatzpunkt der Principal-Agent-Theorie). Die institutionelle Herausbildung „höherer“ Werte<br />
ist hier stets aufzufassen als Konsens zwischen den Interessengruppen und damit der<br />
Individuen innerhalb eines Unternehmens.<br />
Zweitens: Wie steht die ehrliche Ethik zum wirtschaftlichen Gewinnprinzip? Diese Frage<br />
nimmt Bezug auf das Spannungsverhältnis zwischen ökonomischen Notwendigkeiten und<br />
moralischen Überzeugungen eines Unternehmens. Sie erkennt das wirtschaftliche<br />
Gewinnprinzip ausdrücklich an, das aber unter dem Eindruck der neuen gesellschaftlichen<br />
Leitfrage und der Konsequenzen daraus verwirklicht wird.<br />
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