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Manuskript - Südwestrundfunk

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P R E S S E I n f o r m a t i o n<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.<br />

Thorben Becker, Energieexperte des BUND, gab heute,<br />

31.05.13, dem <strong>Südwestrundfunk</strong> ein Interview zum Thema<br />

„Boykott des Bürgerforums zur Atommüll-<br />

Endlagersuche“.<br />

Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Sabine Hackländer.<br />

SÜDWESTRUNDFUNK<br />

Anstalt des öffentlichen Rechts<br />

Radio • Fernsehen • Internet<br />

Chefredaktion Hörfunk<br />

Zentrale Information<br />

SWR Tagesgespräch<br />

Postadresse 76522 Baden-Baden<br />

Hausadresse Hans-Bredow-Straße<br />

76530 Baden-Baden<br />

Telefon 07221/929-23981<br />

Telefax 07221/929-22050<br />

Internet<br />

www.swr2.de<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Zentrale Information<br />

Datum: 31.05.2013<br />

BUND verteidigt Boykott am Bürgerforum zur Atommüllendlagersuche<br />

Baden-Baden: Der Energieexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland,<br />

BUND, Thorben Becker, hat den Boykott seines Verbandes am Bürgerforum zur<br />

Atommüllendlagersuche verteidigt. Der Protest richte sich keinesfalls grundsätzlich gegen ein<br />

Endlager in Deutschland. Alle Initiativen und Umweltverbände wollten im Gegenteil unbedingt<br />

eine Lösung im Inland, denn schließlich seien die Alternativen noch schlechter, sagte Becker im<br />

SÜDWESTRUNDFUNK (SWR). Wenn die Politik allerdings wirklich einen gesellschaftlichen<br />

Konsens anstrebe, reichten drei Tage Debatte über ein Gesetz, an dem keine Änderungen<br />

mehr möglich seien, nicht aus. Ein solcher Prozess dauere mindestens zwei Jahre so Becker.<br />

Wortlaut des Live-Gesprächs:<br />

Hackländer: Die Politik, genauer Umweltminister und Bundestagsfraktionen, veranstalten<br />

ein öffentliches Bürgerforum, um möglichst viele bei der Suche nach einem Atommüll-<br />

Endlager mitzunehmen, und der BUND geht nicht hin. Sie boykottieren die Veranstaltung<br />

in Berlin, ebenso wie etliche andere Umweltverbände. Warum nutzen Sie nicht die<br />

Gelegenheit, um ihre eigenen Vorstellungen von einer sinnvollen Endlagersuche<br />

einzubringen?<br />

Becker: Wir bringen unsere eigenen Vorstellungen gerne ein bei vielen Gelegenheiten, und wir<br />

sind auch zu einem konstruktiven Dialog bereit. Wir gehen zu dieser Veranstaltung an diesem<br />

Wochenende aus zwei Gründen nicht hin: das eine ist tatsächlich der Zeitpunkt dieses<br />

Bürgerdialogs, weil Ziel ist es tatsächlich, über das Standortauswahlgesetz zu sprechen. Und<br />

so ein Gespräch, so ein dreitägiges Forum macht natürlich nur Sinn, wenn ich an diesem<br />

Gesetz noch irgendetwas ändern kann. Wir haben aber einen Konsens zwischen vier Parteien,<br />

zwischen Bund und Ländern. Das Gesetz ist im Bundestag eingebracht. Es hat eine<br />

Regierungserklärung von Herrn Altmaier dazu gegeben. Alle Fraktionen sagen, zu allen<br />

Änderungsvorschlägen, auch wenn die vom Bundestagspräsidenten kommen, an diesem<br />

Gesetzentwurf kann sich nichts mehr ändern.<br />

Hackländer: Also, der Zug ist für Sie abgefahren?<br />

Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)


Becker: Vor so einem Hintergrund macht natürlich so eine dreitägige Debatte keinen Sinn mehr.<br />

Das ist aus unserer Sicht dann eher eine Farce von Bürgerbeteiligung. Natürlich können wir<br />

auch mit diesem kurzen Vorlauf uns als Umweltverband, der in Berlin präsent ist, an so etwas<br />

beteiligen. Das Ganze wird aber Bürgerforum genannt. Und das ist der zweite Grund. Wir<br />

brauchen, und das ist tatsächlich wichtig, wenn die Standortsuche nach einem Atommüll-<br />

Endlager irgendwann einmal erfolgreich sein soll, tatsächlich von Anfang an ein breites<br />

gesellschaftliches Einverständnis, einen Konsens über das Verfahren. Ansonsten wird es früher<br />

oder später vor die Wand fahren. Und die Experten haben mehrfach gesagt, wir brauchen für so<br />

einen Prozess zwei Jahre. Wenn ich tatsächlich die Bevölkerung, und die, die jetzt schon von<br />

Atommüll betroffen sind, und so mitnehmen will und da tatsächlich ein gemeinsames<br />

Verständnis über dieses Verfahren erzielen will. Und das kann ich natürlich nicht machen, wenn<br />

ich kurzfristig zu so einem Forum einlade, wo die Leute fünf Minuten Redezeit haben. Insofern,<br />

das ist aus unserer Sicht tatsächlich keine Bürgerbeteiligung. Und deshalb wollen wir bei so<br />

etwas nicht mitmachen.<br />

Hackländer: Was heißt für Sie Bürgerbeteiligung, dass jeder einzelne Bürger über den<br />

Standort eines Atommüll-Endlager mitbestimmen darf? Das kann es ja nicht sein, wenn<br />

es darum geht, den bestmöglichen, also den sichersten Standort zu finden?<br />

Becker: Nein, in der Phase sind wir überhaupt noch nicht, sondern es geht im Moment darum,<br />

dass von Anfang an ein möglichst breites Verständnis über das Verfahren hergestellt wird. Weil,<br />

es ist tatsächlich so, wenn das Gesetz, so wie es jetzt von den Fraktionen eingebracht wird,<br />

wenn das durch kommt, dann wird es ja Jahre dauern, bis sich tatsächlich konkrete Standorte<br />

herauskristallisieren.<br />

Hackländer: Aber da geht es doch um Transparenz und ausreichende Informationen und<br />

nicht um Mitbestimmung.<br />

Becker: Es geht nicht nur um Transparenz, weil dann bräuchte ich ja auch dieses Bürgerforum<br />

nicht machen, wo ich sage, ich beteilige euch oder ihr könnt etwas sagen, sondern es ist<br />

tatsächlich mehr. Weil es ist anders als ein normales Gesetz. Wenn ich ein Verfahren auf den<br />

Weg bringen will, das nur erfolgreich sein kann, wenn ich tatsächlich einen breiten<br />

gesellschaftlichen Konsens habe, der es dann auch ermöglichst, dieses Verfahren über Jahre<br />

durchzuziehen. Und das ist tatsächlich die entscheidende Voraussetzung, um so ein<br />

Suchverfahren erfolgreich werden zu lassen. Ansonsten habe ich zwar, trotz aller<br />

Veranstaltungen und aller Informationen, am Ende die übliche Situation, dass mit guten<br />

Gründen die Region vor Ort sich wehren wird und Widerstand leisten wird. Und dann habe ich<br />

letztendlich zumindest von diesem Verfahren unter Einbindung der Bevölkerung nicht viel<br />

gewonnen. Und deshalb brauchen wir tatsächlich etwas anderes – und das ist ja auch eine<br />

einmalige Situation.<br />

Hackländer: Was brauchen wir denn?<br />

Becker: Alle Anti-Atom-Initiativen, alle Umweltverbände sagen ja, wir brauchen eine Lösung.<br />

Wir wollen auch die Suche im Inland unbedingt, weil wir wissen, die Alternativen sind noch viel<br />

schlechter, sind dauerhafte Zwischenlagerung, sind Export ins Ausland.<br />

Hackländer: Der Naturschutzbund NABU und die Deutsche Umwelthilfe, die haben<br />

ebenfalls Kritik an diesem Bürgerforum, aber sie nehmen trotzdem teil. Wie klug ist das,<br />

wenn die Umweltverbände ohne gemeinsame Linie auftreten?<br />

Becker: Inhaltlich sind wir hier nahe beieinander. Also inhaltlich sozusagen in der Einschätzung<br />

dieses Forums und welchen Wert das eigentlich hat. Die Frage ist tatsächlich, gehe ich hin und<br />

äußere ich die Kritik an diesem Forum, auch dieser Veranstaltung, oder mache ich das<br />

außerhalb. Uns war wichtig zu sagen, wir – und das sind eben nicht nur die Verbände, sondern<br />

das ist im Prinzip die gesamte Anti-Atom-Bewegung und die Initiativen an den vielen<br />

Standorten, wo im Moment ja schon Atommüll lagert, die sagen, wir fühlen uns von diesem<br />

Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)


kurzfristigen Verfahren, die Parteien verhandeln anderthalb Jahre hinter verschlossenen Türen,<br />

und dann soll in drei Tagen Bürgerbeteiligung...<br />

Hackländer: Aber die Frage war ja, erleben wir hier eine Spaltung der Umweltverbände<br />

beim Thema Atommüll-Endlager?<br />

Becker: Nein, da sehe ich überhaupt keine Spaltung, weil wir uns tatsächlich in den Inhalten,<br />

also in der Frage, was ist von diesem Verfahren und was ist konkret von diesem Bürgerforum<br />

zu halten, weitgehend einig sind. Die Frage ist tatsächlich, wo äußere ich die Kritik. Das ist aber<br />

jetzt eher eine strategische Frage, das ist überhaupt keine inhaltliche Frage. Insofern sehe ich<br />

hier keine Spaltung, sondern sehe tatsächlich, dass die Umweltbewegung, die Anti-Atom-<br />

Bewegung bereit ist – das ist ja nicht selbstverständlich, weil in Anführungsstrichen, das ist ja<br />

nicht unser Müll, wir waren immer gegen diesen Müll - konstruktiv an einer Lösung, an der<br />

Suche nach einem Atommüll-Lager mitzumachen. Aber wenn die Politik tatsächlich einen<br />

gesellschaftlichen Konsens will, dann muss sie mehr als nur drei Tage Debatte über ein Gesetz<br />

ermöglichen, was beschlossen ist und an dem keine Änderungen mehr möglich sind.<br />

- Ende Wortlaut -<br />

Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)

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