PDF-Download - Militärgeschichtliches Forschungsamt der ...
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Völkerschlacht bei Leipzig<br />
schaftlich relevanten Gruppen hervorgehoben<br />
worden sind. Die Abkehr<br />
hiervon ist selbst wie<strong>der</strong>um Folge des<br />
Epochenumbruchs um 1990. Insofern<br />
bietet die Perspektive von »1813« über<br />
»1913« zum eigenen Standpunkt<br />
»2013« eine Vergleichsfolie, die sich<br />
weit über die militärische Geschichte<br />
hinaus erstreckt.<br />
Dieser Abriss weist auf die erfor<strong>der</strong>liche<br />
»Betrachtung <strong>der</strong> Betrachter«.<br />
Und »Leizpig 1813« liefert reichlich<br />
Anschauungsmaterial für diverse<br />
Betrachtungsstandpunkte in ihren jeweiligen<br />
Zeiten. Die Ereignisse vom<br />
Oktober 1813 selbst wurden im Lauf<br />
von 200 Jahren durch Literaten, Erinnerungspolitiker<br />
und Historiker mehrfach<br />
überformt. Die »Verläufe« sind<br />
von den »Erfahrungen«, von den »Folgen«<br />
und »Bedeutungen« kaum zu<br />
trennen. Sowohl die diversen »nationalen«<br />
Konnotationen als auch die unterschiedlichen<br />
zeitlichen Ebenen in<br />
<strong>der</strong> 200-jährigen Bewertung zwischen<br />
1813 und 2013 machen die Leipziger<br />
Völkerschlacht zum »Erinnerungsort«,<br />
und zwar in regionaler, in nationaler<br />
wie in europäischer Hinsicht.<br />
sollten die »Kriegsleute und alle waffenfähige[n]<br />
Männer […] im feierlichem<br />
Aufzuge« erscheinen, die Veteranen<br />
von 1813/14 geehrt sowie Ehrengastmahle<br />
für die »verwundeten und<br />
verkrüppelten Krieger dieser Jahre«<br />
gegeben werden. Außerhalb <strong>der</strong> Stadt,<br />
»wo so viel Blut floß«, for<strong>der</strong>te Arndt<br />
die Errichtung eines monumentalen<br />
Denkmals von ca. 60 Meter Höhe, »wobei<br />
die Kunst keine Aeffereien anbringen«<br />
solle. Arndt schlug ein »kolossales<br />
aus Eisen gegossenes« Kreuz mit<br />
großer vergoldeter Kugel vor. Um<br />
dieses Denkmal herum sollten 15 Morgen<br />
»für ein geheiligtes Land erklärt«<br />
und mit Eichen bepflanzt werden. Mit<br />
seiner For<strong>der</strong>ung nach einem Denkmal<br />
propagierte Arndt eine Idee, die tatsächlich<br />
in ähnlicher Weise realisiert<br />
wurde, allerdings erst 100 Jahre nach<br />
<strong>der</strong> Völkerschlacht – und 30 Meter höher.<br />
Arndts Denkmalidee verfolgte<br />
letztlich das Ziel, die noch »heißen« Ereignisse<br />
von Krieg und Schlacht in die<br />
»kalte« Form alltäglicher Erinnerung zu<br />
überführen. Als gemeinsamer Platz sollte<br />
das Denkmal den Ort für Gedenkveranstaltungen<br />
bieten und so für die Selbstvergewisserung<br />
einer »nationalen« Gemeinschaft<br />
dienen – mit religiösen Formen.<br />
Die Ausformung des Nationalgefühls<br />
zu einer Art Ersatzreligion kennzeichnet<br />
den Gesamttrend im 19. Jahr<br />
ullstein bild - Conrad Huenich<br />
Leipzig und sein Denkmal<br />
Ein Jahr nach <strong>der</strong> Schlacht, im Jahr<br />
1814, veröffentlichte Ernst Moritz<br />
Arndt »Ein Wort über die Feier <strong>der</strong><br />
Leipziger Schlacht«. Nicht nur von seiner<br />
Diktion her war die Schrift im Stil<br />
einer Predigt gehalten. Auch inhaltlich<br />
verband Arndt die Völkerschlacht als<br />
Werk Gottes im Sinne von Sühne und<br />
Erlösung: »Da griff Gott <strong>der</strong> Herr, <strong>der</strong><br />
wegen unserer Sünden lange geschwiegen<br />
hatte, mit seinem allmächtigen<br />
Arm darein, er erweckte den Geist <strong>der</strong><br />
Völker und Herrscher, beseelte die<br />
Heere mit seiner Zuversicht, und zerschmetterte<br />
den wilden Tyrannen und<br />
seine gräulichen Räuberhorden.« Mit<br />
dem Ende <strong>der</strong> napoleonischen »Fremdherrschaft«<br />
sah Arndt »in Europa die<br />
Weltordnung <strong>der</strong> Gerechtigkeit« wie<strong>der</strong>hergestellt<br />
– auf »dass wir wie<strong>der</strong><br />
ein ganzes Volk werden können«. Als<br />
»ein starkes und mächtiges Bindungsmittel<br />
aller Teutschen in ächter und<br />
alter teutscher Brü<strong>der</strong>lichkeit und Redlichkeit«<br />
for<strong>der</strong>te Arndt die Einrichtung<br />
eines deutschen Nationalfeiertages für<br />
den Abend des 18. und den ganzen<br />
19. Oktober. Im Rahmen dieser Feier<br />
5Einweihungsfeier des Völkerschlachtdenkmals am 18. Oktober 1913.<br />
Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 3/2013