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PDF-Download - Militärgeschichtliches Forschungsamt der ...

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Militärgeschichte im Bild<br />

150 Jahre Befreiungshalle Kelheim<br />

Anlässlich des einhun<strong>der</strong>tsten Jahrestages<br />

<strong>der</strong> Völkerschlacht bei<br />

Leipzig besuchten Kaiser Wilhelm II.<br />

und <strong>der</strong> bayerische Prinzregent Ludwig<br />

am 25. August 1913 die Befreiungshalle<br />

in Kelheim. Anschließend nahmen sie<br />

gemeinsam die Parade <strong>der</strong> angetretenen<br />

Formationen <strong>der</strong> bayerischen<br />

Armee ab und demonstrierten damit<br />

Einigkeit. Dies war ganz im Sinne <strong>der</strong><br />

schwarz-gelben Inschrift aus Siena-<br />

Marmor, die im Zentrum des Bodens<br />

<strong>der</strong> Befreiungshalle steht: »Moechten<br />

die Teutschen nie vergessen, was den<br />

Befreiungskampf nothwendig machte<br />

und wodurch sie gesiegt«. Auftraggeber<br />

und Finanzier war <strong>der</strong> bayerische<br />

König Ludwig I. (1825–1848). Sein monumentales<br />

Bauwerk auf dem Michelsberg<br />

oberhalb <strong>der</strong> Donau soll an den<br />

gemeinsamen Sieg <strong>der</strong> deutschen Staaten<br />

und ihrer Verbündeten über die<br />

französische Armee in <strong>der</strong> Völkerschlacht<br />

bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober<br />

1813 erinnern. Der militärische<br />

Erfolg und das damit einhergehende<br />

Ende <strong>der</strong> napoleonischen Besatzungsherrschaft<br />

in Deutschland waren ein<br />

einschneidendes historisches Ereignis,<br />

das die deutschen Territorialstaaten<br />

sich politisch wie<strong>der</strong> annähern ließ. Indem<br />

<strong>der</strong> bayerische Monarch das gemeinsame<br />

Siegeserlebnis betonte,<br />

brachte er seinem Wunsch nach einer<br />

erneuten politischen Einheit Deutschlands<br />

zum Ausdruck.<br />

5Innere Ansicht <strong>der</strong> Befreiungshalle.<br />

Lithographie (1897) nach Leo von Klenze.<br />

bpk/Bayerische Staatsbibliothek<br />

So kam es, dass am 18. Oktober 1842<br />

<strong>der</strong> Grundstein gelegt wurde. (Das Datum<br />

ist Ausdruck <strong>der</strong> geschichtsträchtigen<br />

Symbolik um die in <strong>der</strong> Gebäudearchitektur<br />

omnipräsente Zahl 18,<br />

die die Verbindung zur Völkerschlacht<br />

herstellen soll.) Der Bauplatz war dabei<br />

bewusst gewählt. Der felsige Michelsberg<br />

bei Kelheim, südwestlich<br />

von Regensburg gelegen und 126 Meter<br />

über dem Donauspiegel aufragend,<br />

bot die angemessene topografische<br />

Lage für ein monumentales Nationaldenkmal.<br />

Auch in <strong>der</strong> klassizistischen Architektur<br />

<strong>der</strong> Gedenkstätte wird <strong>der</strong> Bezug<br />

zum Befreiungskampf gegen Napoleon<br />

mehrfach deutlich. Die Halle ist ein<br />

rundliches Polygon mit einem dreistufigen<br />

Sockelbau. Über dem gewaltigen<br />

Hauptportal prangt die Widmungsinschrift<br />

in eisernen Großbuchstaben:<br />

»Den Teutschen Befreiungskämpfern /<br />

Ludwig I. / König von Bayern«.<br />

Die Außenfassade wird eingerahmt<br />

von 18 Stützpfeilern, die gleichzeitig<br />

als Podest für jeweils eine überlebensgroße<br />

Kalksteinfigur dienen – jede <strong>der</strong><br />

sogenannten Kolossalstatuen repräsentiert<br />

als Allegorie einen <strong>der</strong> am Befreiungskrieg<br />

beteiligten deutschen<br />

Stämme. Und selbst das kegelförmige<br />

Kupferdach wird eingerahmt von 18<br />

mit Helm, Harnisch und Armschild<br />

»bewaffneten« Steinbüsten, die an <strong>der</strong><br />

Übergangsstelle von Dach und Außenmauer<br />

an die Kolossalstatuen anknüpfen<br />

und die Fassade nach oben hin abschließen.<br />

Auch das imposante Gebäudeinnere<br />

<strong>der</strong> Halle führt dem Besucher vor Augen,<br />

dass die Erinnerung an den Befreiungskampf<br />

im Mittelpunkt <strong>der</strong> architektonischen<br />

Gestaltung steht. Das in<br />

mehreren Farben gehaltene Bodenmosaik<br />

aus Marmor umschließt im<br />

Zentrum die von Ludwig selbst entworfene<br />

Inschrift. Der Innenraum wird<br />

zudem umrahmt von einem kreisförmigen<br />

Sockel, auf dem 34 sich gegenseitig<br />

die Hände haltende Viktorien<br />

platziert sind. Diese aus weißem<br />

Schlan<strong>der</strong>s- und Carrara-Marmor gefertigten<br />

Siegesgöttinnen stehen dabei<br />

wie<strong>der</strong> allegorisch für die deutschen<br />

Staaten zur Zeit <strong>der</strong> Erbauung <strong>der</strong> Befreiungshalle.<br />

Auf den Bronzeschil<strong>der</strong>n<br />

dazwischen sind die Ortsnamen<br />

<strong>der</strong> siegreichen Schlachten <strong>der</strong> Verbündeten<br />

aus den Befreiungskriegen eingraviert<br />

– die meisten davon wurden<br />

im Herbst 1813 ausgetragen. Lässt man<br />

den Blick von den Viktorien über die<br />

Marmorstichbögen – natürlich wie<strong>der</strong>um<br />

18 – die Wand hinauf schweifen,<br />

so stößt man auf die Feldherrentafeln,<br />

die wie ein Schriftband rundum verlaufen.<br />

Darin geehrt werden die Namen<br />

<strong>der</strong> bedeutendsten alliierten Truppenkommandeure,<br />

die sich im Kampf<br />

gegen Napoleon Ruhm erwarben. Weiter<br />

oben, wo die Rundwand in die verzierte<br />

Gewölbekuppel übergeht, sind<br />

schließlich die vergoldeten Namen <strong>der</strong><br />

eroberten Festungen auf Stuckmarmor<br />

verewigt.<br />

Als die Befreiungshalle schließlich<br />

1863, genau 50 Jahre nach <strong>der</strong> Völkerschlacht,<br />

in einer feierlichen Festveranstaltung<br />

eingeweiht wurde, war<br />

Ludwig, <strong>der</strong> im Revolutionsjahr 1848<br />

zugunsten seines Sohnes Maximilian<br />

II. abgedankt hatte, bereits nicht mehr<br />

Staatsoberhaupt. Und auch <strong>der</strong> Architekt<br />

Friedrich von Gärtner hatte bereits<br />

schon vor Vollendung des Projekts das<br />

Zeitliche gesegnet, sodass sein Nachfolger<br />

(und Konkurrent) Leo von<br />

Klenze mit <strong>der</strong> Weiterführung und<br />

Vollendung beauftragt wurde. Nichtsdestoweniger,<br />

in einer Traditionslinie<br />

zusammen mit <strong>der</strong> Walhalla, dem<br />

«Geisteshimmel <strong>der</strong> Germanen» (Jörg<br />

Traeger) und <strong>der</strong> Bayerischen Ruhmeshalle<br />

in München stehend, zählt die<br />

Befreiungshalle Kelheim sicherlich zu<br />

den wichtigsten Bauvorhaben König<br />

Ludwigs. Fertiggestellt noch vor ihrem<br />

deutlich größeren Pendant, dem Leipziger<br />

Völkerschlachtdenkmal (Einweihung<br />

1913), in <strong>der</strong>en Schatten das bayerische<br />

Nationaldenkmal oftmals zu<br />

Unrecht steht, verkörpert sie ein im<br />

kollektiven, antinapoleonischen Kampf<br />

generiertes Nationalbewusstsein <strong>der</strong><br />

deutschen Völker und Stämme und ist<br />

somit gleichzeitig Appell und Mahnung<br />

an ein neues Gefühl <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Einheit und Eintracht.<br />

Tobias Graef<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 3/2013<br />

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