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PDF-Download - Militärgeschichtliches Forschungsamt der ...

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190 Gebäude nie<strong>der</strong>gebrannt und über<br />

hun<strong>der</strong>t Verteidiger getötet worden.<br />

Die gescheiterten Angriffe auf Fort<br />

Ridgeley und Neu-Ulm bedeuteten das<br />

Ende des Aufstands, zumal zusätzliche<br />

Verbände <strong>der</strong> U.S. Army in das Gebiet<br />

verlegt wurden. Die meisten Dakota<br />

flohen in die westlichen Prärien, wo sie<br />

sich den verwandten Lakota anschlossen.<br />

Ein Farmer erschoss im Juni 1863<br />

Little Crow, als dieser zur Ergänzung<br />

seines Reiseproviants wilde Beeren<br />

pflücken wollte. Die übrigen ergaben<br />

sich auf Gnade o<strong>der</strong> Ungnade <strong>der</strong> Armee.<br />

Standgerichte verurteilten 303 Indianer<br />

zum Tode, dies waren beinahe<br />

alle wehrfähigen Männer. Bischof<br />

Whipple und an<strong>der</strong>e Kirchenmänner<br />

appellierten an Präsident Lincoln, <strong>der</strong><br />

eine Prüfung <strong>der</strong> Urteile anordnete.<br />

Aus den 303 wurden 38 Todesurteile.<br />

Die Amnestierten erwarteten mehrjährige<br />

Haftstrafen.<br />

Die Tage <strong>der</strong> Indianer in Minnesota<br />

waren gezählt. Die gefangenen 1300<br />

Frauen, Kin<strong>der</strong> und alten Männer <strong>der</strong><br />

Dakota wurden im Mai 1863 per<br />

Dampfboot in eine alkaliverseuchte<br />

Einöde am Missouri deportiert. Weniger<br />

als 1000 überlebten den ersten Winter.<br />

Gleichzeitig wurden die an dem<br />

Aufstand unbeteiligten Winnebagos<br />

ausgesiedelt. Allein die Chippewa<br />

durften bleiben, da ihre heimischen<br />

Sumpfgebiete im nördlichen Minnesota<br />

keine Siedler anzogen.<br />

Wirkungsgeschichte<br />

Indianerangriffe auf größere Ansiedlungen<br />

waren selten und ließen sich<br />

daher bei<strong>der</strong>seits des Atlantiks sehr<br />

gut in <strong>der</strong> Presse vermarkten. Bereits<br />

am 21. August 1862 veröffentlichte die<br />

»New York Times« eine erste Meldung.<br />

Bald darauf erschienen Berichte über<br />

die Kämpfe bei Fort Ridgeley und Neu-<br />

Ulm. Horace Greely, Herausgeber <strong>der</strong><br />

Wochenschrift »Harpers Weekly«, deutete<br />

den Aufstand als ein »diabolisches<br />

Komplott <strong>der</strong> Sezessionisten«, um Unionstruppen<br />

von den Fronten des Bürgerkrieges<br />

abzuziehen. Der Bürgerkrieg<br />

selbst war das alles dominierende<br />

Pressethema, sodass den Ereignissen<br />

in Minnesota insgesamt nur nachrangige<br />

Aufmerksamkeit zuteil wurde.<br />

Die spektakuläre Massenhinrichtung<br />

in Mankato sorgte noch ein letztes Mal<br />

für Schlagzeilen.<br />

5Die Belagerung von Neu-Ulm 1862. Zeitgenössischer kolorierter Stich.<br />

Die deutschen Medien übernahmen<br />

die Meldungen meist aus britischen<br />

Zeitungen. Im November 1862 erschien<br />

in <strong>der</strong> »Gartenlaube«, <strong>der</strong> auflagestärksten<br />

Zeitschrift, ein mehrseitiger »Original-Bericht«<br />

über »die Zerstörung<br />

<strong>der</strong> deutsch-amerikanischen Siedlung<br />

New-Ulm durch die Indianer«. Autor<br />

war ein unbekannter Augenzeuge mit<br />

den Initialen »R.F.«, <strong>der</strong> seinen Text per<br />

Schiff an die Leipziger Redaktion geschickt<br />

hatte. Angesichts <strong>der</strong> verübten<br />

Gräueltaten for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Verfasser die<br />

Aufstellung einer »Kriegsmacht zum<br />

Ausrottungskriege gegen die Rothäute<br />

[...], unter <strong>der</strong>en Schutze allein das <strong>der</strong><br />

Kultur verloren gegangene Land wie<strong>der</strong><br />

erobert werden kann«. Vermutlich<br />

hat Karl May, selbst Autor für die »Gartenlaube«,<br />

den Text gekannt und den<br />

Namen Neu-Ulm in »Winnetou 2« verwendet,<br />

ohne jedoch auf Details zu<br />

achten. Der Drehbuchautor Harald G.<br />

Petersson griff die Neu-Ulm-Erwähnung<br />

auf und gab ihr 1964 dramaturgische<br />

Bedeutung. Die wirkungsmächtigste<br />

literarische Verarbeitung <strong>der</strong><br />

Schlacht stammt von einem US-Autor.<br />

In seinem 1970 erschienenen Welterfolg<br />

»Begrabt mein Herz an <strong>der</strong> Biegung<br />

des Flusses« behandelt Dee Brown in<br />

Kapitel 2 den Sioux-Aufstand in Minnesota.<br />

Helden sind hier allerdings nicht<br />

die Weißen, son<strong>der</strong>n die Indianer.<br />

Neu-Ulm selbst entwickelte sich <strong>der</strong>weil<br />

zu einem blühenden Gemeinwesen.<br />

Im Oktober 1897 kamen über<br />

10 000 Deutsch-Amerikaner in die<br />

Stadt, um die feierliche Einweihung<br />

eines Hermansdenkmals zu begehen.<br />

Es war etwas kleiner als das 1876 bei<br />

Detmold errichtete Vorbild, das den<br />

Sieg <strong>der</strong> Germanen im Jahre 9 n.Chr.<br />

über drei römische Legionen verherrlichte.<br />

»Mag dieses Denkmal spätere Generationen<br />

daran erinnern«, so Festredner<br />

Julius Schütze, »dass es von<br />

Männern errichtet wurde, die sowohl<br />

dem Land ihrer Geburt als auch dem<br />

Vaterland ihrer Wahl die Treue hielten.«<br />

Die doppelte Loyalität wurde alsbald<br />

auf eine harte Probe gestellt. Im Zeitalter<br />

<strong>der</strong> Weltkriege wurden die Deutsch-<br />

Amerikaner zu Amerikanern ohne Bindestrich;<br />

»Hermann the German«, so<br />

die populäre Bezeichnung für das<br />

Denkmal, diente als Zielscheibe für<br />

Schusswaffen jeglichen Kalibers.<br />

Mittlerweile erlebt das deutsche Erbe<br />

wie<strong>der</strong> eine kleine Renaissance. Im<br />

Jahre 2000 wurde das Hermann<br />

Heights Monument, so <strong>der</strong> offizielle<br />

Name, in die Liste <strong>der</strong> nationalen Monumente<br />

<strong>der</strong> Vereinigten Staaten aufgenommen.<br />

Deutsche Gemütlichkeit<br />

hat wie<strong>der</strong> Konjunktur und unter<br />

»www.germanshavemorefun.com«<br />

erfährt man den Termin für das Neu-<br />

Ulmer Oktoberfest. Auch Indianern ist<br />

<strong>der</strong> Besuch gestattet.<br />

Literaturtipps<br />

Holger Bütow<br />

Don Heinrich Tolzmann (Hrsg.), Memories of the Battle of<br />

New Ulm. Personal Accounts of the Sioux Uprising. L.A.<br />

Fritzsche´s History of Brown County, Minnesota (1916),<br />

Westminster, CO 2007.<br />

Gary Clayton An<strong>der</strong>son, Kinsmen of Another Kind. Dakota-<br />

White Relations in the Upper Mississipi Valley, 1650-1862,<br />

St. Paul, MN 1997.<br />

Kenneth Carley, The Dakota War of 1862, St. Paul, MN<br />

1976.<br />

Public Domain, über Library of Congress: Library<br />

of Congress, Prints & Photographs Division, LC-USZC4-2995<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 3/2013<br />

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