PDF-Download - Militärgeschichtliches Forschungsamt der ...
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guläres Ereignis. Im Minnesota <strong>der</strong><br />
1850er und 1860er Jahre verhielten sich<br />
die deutschen Ansiedler nicht an<strong>der</strong>s<br />
als die Mehrheit <strong>der</strong> angloamerikanischen<br />
Grenzbevölkerung, für die<br />
eine Politik des »Vertreibens o<strong>der</strong> Ausrottens«<br />
gültige Maxime war.<br />
Deutsche Siedler in Minnesota<br />
Die deutsche Besiedlung Minnesotas<br />
fiel in die Zeit nach <strong>der</strong> schweren Wirtschaftskrise<br />
<strong>der</strong> 1840er Jahre und <strong>der</strong><br />
gescheiterten Revolution von 1848/49.<br />
Hun<strong>der</strong>ttausende Deutsche wan<strong>der</strong>ten<br />
in die USA aus. Ihre Hauptziele waren<br />
das Ohiotal und das Gebiet entlang <strong>der</strong><br />
Großen Seen mit seinen wachsenden<br />
Industriestädten: Cleveland, Cincinnati<br />
und Chicago. Für künftige Farmer<br />
war indes Minnesota beson<strong>der</strong>s interessant.<br />
Nach Verträgen mit den Dakota,<br />
Chippewa und Winnebago wurde<br />
<strong>der</strong> größte Teil des Staatsgebietes in<br />
den Jahren 1837 bis 1858 zur Besiedlung<br />
freigegeben. Hinzu kamen günstige<br />
Bodenpreise, eine gute Infrastruktur<br />
dank des Mississippi sowie die<br />
große Entfernung zu den Sklavenstaaten.<br />
Viele deutsche Ex-Bürger Missouris<br />
und von Kansas zogen nun<br />
nordwärts, um nicht in die teils gewalttätigen<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzungen zwischen<br />
den Gegnern und den Befürwortern<br />
<strong>der</strong> Sklaverei zu geraten. Der Bürgerkrieg<br />
warf seine Schatten bereits voraus.<br />
Religiöse Gründe spielten <strong>der</strong>weil<br />
bei <strong>der</strong> Ansiedlung in Stearns County<br />
in Zentral-Minnesota eine Rolle. In<br />
einem Artikel <strong>der</strong> in Cincinnati erscheinenden<br />
katholischen Wochenschrift<br />
»Der Wahrheitsfreund« vom 1. März<br />
1854 wandte sich Pater Franz Xaver<br />
Pierz an »Deutsche, die in überbevölkerten<br />
Städten leben und im Umgang<br />
mit Amerikanern und Protestanten zu<br />
sehr anglisiert würden«. Er versprach<br />
den Lesern eine Heimat, in <strong>der</strong> sie ihren<br />
Glauben frei vom herrschenden<br />
Anti-Katholizismus leben könnten,<br />
warnte aber davor, »irgendwelche Freidenker,<br />
rote Republikaner, Atheisten<br />
und Agitatoren mit ins Land zu bringen«.<br />
Als ein Ergebnis von Pierz`<br />
»leichter Fe<strong>der</strong>«, so schrieb John Ireland,<br />
Erzbischof von Cincinnati, einige<br />
Jahre später, »kamen Scharen von Siedlern,<br />
tatkräftige Söhne des Rheinlands,<br />
Bayerns und Westfalens, sodass in<br />
5Die Hinrichtung von 38 Sioux-Indianern 1862. Zeitgenössischer Stich.<br />
Stearns County ein neues Deutschland<br />
entstand«.<br />
Ausgerechnet »rote Republikaner«<br />
gründeten Neu-Ulm, Minnesotas bekannteste<br />
deutsche Siedlung. Der<br />
Braunschweiger Studienrat Ferdinand<br />
Beinhorn war im Jahr 1852 nach Amerika<br />
emigriert und wollte irgendwo im<br />
Westen eine deutsche Kolonie gründen.<br />
Gemeinsam mit an<strong>der</strong>en Englisch-Studenten<br />
rief er im August 1853 den<br />
»Chicago Land-Verein« ins Leben, <strong>der</strong><br />
im Juni 1854 rund 800 Mitglie<strong>der</strong><br />
zählte, hauptsächlich Handwerker und<br />
Arbeiter. Er plante eine Genossenschaft,<br />
finanziert durch Mitgliedsbeiträge.<br />
Späher hatten zuvor mehrere Regionen<br />
Michigans und Iowas erkundet,<br />
befanden aber, dass das waldreiche<br />
Gebiet des schiffbaren Minnesota-<br />
River sich am besten zur Ansiedlung<br />
eignete.<br />
Eine Genossenschaft von rund 1300<br />
Turnverein-Mitglie<strong>der</strong>n aus Cincinnati<br />
schloss sich dem Vorhaben an. Nach<br />
den Worten des Vorsitzenden Wilhelm<br />
Pfändtner suchten sie nach einem Platz<br />
für eine deutsche Ansiedlung mit »dem<br />
Verbot <strong>der</strong> Spekulation und Erziehungsmöglichkeiten<br />
für die Kin<strong>der</strong><br />
von Liberalen und Freidenkern«. Die<br />
1817 gegründete Turnerbewegung verband<br />
deutschen Nationalismus und<br />
Antiklerikalismus mit Elementen des<br />
Sozialismus. Durch die zahlreichen<br />
Exilanten <strong>der</strong> 48er-Revolution gewann<br />
die Bewegung in vielen deutsch-amerikanischen<br />
Milieus an Popularität.<br />
Der Traum einer kooperativen, sozialistischen<br />
Ansiedlung erfüllte sich<br />
nicht. Nach dem finanziellen Zusammenbruch<br />
<strong>der</strong> Vereinigung erfolgte<br />
1859 <strong>der</strong>en Auflösung. Die Siedlung<br />
Neu-Ulm indes überlebte. Von ihren<br />
635 Einwohnern waren 1860 nur zwei<br />
Nicht-Deutsche. Auch die Umgebung<br />
wurde zunehmend von Deutschen<br />
besiedelt. Brown County wurde zum<br />
Unwillen <strong>der</strong> benachbarten Angloamerikaner<br />
zu einem teutonisch dominierten<br />
Bezirk. »Es ist traurig zu sagen«,<br />
so eine puritanische Amerikanerin,<br />
dass »eine Klasse von gottlosen<br />
Deutschen als erste hier ihre Heimstätten<br />
errichtet hat [...] Sie haben einen<br />
Tanzsaal gebaut und begehen ihre<br />
Sonnabende mit Trinken und Tanzen«.<br />
Jenseits des Neu-Ulmer Tanzsaales auf<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite des Minnesota-River<br />
lebten die Dakota. Ihr Groll auf die<br />
Deutschen hatte an<strong>der</strong>e Gründe.<br />
Die Dakota<br />
Mitte des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts kamen die<br />
Dakota mit den ersten Europäern in<br />
Berührung: französische Trapper und<br />
Pelzhändler. Diese erkundeten von<br />
Quebec aus die Gebiete westlich <strong>der</strong><br />
Großen Seen, errichteten Handelsposten,<br />
schickten Missionare und gaben<br />
den dortigen Indianern den Namen<br />
»Sioux«, eine Verkürzung des Chippewa-Wortes<br />
»Nadessioux« (»Feind«).<br />
Beide Seiten profitierten: Die Franzosen<br />
erhielten Pelze, die Dakota<br />
Gewehre, mit denen sie ihre Feinde bekämpften:<br />
die Chippewa. Ab 1763<br />
übernahm die britische Hudson Bay<br />
Company die Geschäfte. Für die Dakota<br />
verän<strong>der</strong>te sich wenig, die Waffen<br />
waren nun britische Produkte.<br />
Große Verän<strong>der</strong>ungen hingegen<br />
brachten die neu gegründeten Vereinigten<br />
Staaten von Amerika, die Minnesota<br />
1849 zu ihrem Territorium<br />
erklärten. Gegen die Zahlung von 1,6<br />
Millionen Dollar und jährliche Lebensmittellieferungen<br />
gaben die Dakota<br />
den größten Teil ihres Stammesgebietes<br />
auf. Zwischen 1850 und 1858<br />
wuchs die euroamerikanische Bevölkerung<br />
von 6000 auf über 150 000, denen<br />
lediglich 20 000 Indianer gegenüberstanden,<br />
davon 7000 Dakota. Der Wildbestand<br />
schrumpfte dramatisch, sodass<br />
Public Domain, über Library of Congress: Library of Congress<br />
Prints & Photographs Division, LC-USZ63-193<br />
Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 3/2013<br />
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